European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:010OBS00013.16H.0222.000
Spruch:
Die außerordentliche Revision der klagenden Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Begründung
In seiner außerordentlichen Revision wendet sich der 1975 geborene, als Maurer berufstätig gewesene Kläger gegen die von den Vorinstanzen bejahte Verweisbarkeit auf Berufe wie Baustofffachmarktberater, Baustofffachberater oder Baustofffachproduktberater. Er habe keine Ausbildung als Einzelhandelskaufmann. Außerdem sei eine Verweisung eines qualifizierten Arbeiters auf eine Angestelltentätigkeit, wodurch er den Berufsschutz (hier: als Maurer) verlieren würde, unzulässig.
Rechtliche Beurteilung
Dem Argument des Klägers, er habe keine kaufmännische Ausbildung, steht entgegen, dass der Kläger nach den erstgerichtlichen Feststellungen die als Maurer erworbenen Kenntnisse und Erfahrungen in den genannten Verweisungsberufen bestens verwerten kann. Der Kläger ist umschulbar; die Einschulungszeit beträgt in der Regel drei bis sechs ‑ beim Kläger nach den Feststellungen ca vier ‑ Monate. Dieser Zeitraum wird von der höchstgerichtlichen Rechtsprechung als dem Versicherten zumutbar angesehen (RIS‑Justiz RS0050891 [T6 und T7], RS0050900 [T11 und T12]).
Der Oberste Gerichtshof hat jüngst zu 10 ObS 146/14i seine ständige Rechtsprechung bekräftigt, dass ein qualifizierter Arbeiter auch auf einen verwandten Angestelltenberuf verwiesen werden kann, wenn eine entsprechende Nahebeziehung zum bisher ausgeübten Beruf besteht. In diesem Sinn können gelernte Handwerker auf den Beruf eines Fachmarktberaters in der jeweiligen Branche verwiesen werden (zum Maurer RIS‑Justiz RS0084541 [T8]; siehe dazu auch die Judikaturnachweise bei Födermayr in SV‑Komm [Stand 1. 12. 2015] § 255 ASVG Rz 127 ff und bei Sonntag in Sonntag [Hrsg], ASVG 6 [2015] § 255 Rz 95). In diesem Sinn wurde in der Rechtsprechung insbesondere auch die Verweisbarkeit eines gelernten Maurers auf die Tätigkeit eines Bauproduktefachberaters in Kombimärkten bejaht (vgl 10 ObS 101/10s, SSV‑NF 25/51 = DRdA 2011/52, 555 [ M. Weißensteiner ] mwN ua; zuletzt 10 ObS 142/13z, SSV‑NF 27/75). Begründet wurde diese Rechtsauffassung vor allem damit, dass die handwerkliche Ausbildung und die dabei erworbenen Kenntnisse und Fähigkeiten ein Anstellungs- und Ausübungskriterium des Verweisungsberufs bilden, die aus der handwerklichen Tätigkeit erworbenen Kenntnisse und Fähigkeiten daher im Verweisungsberuf verwertet werden können und diese qualifizierten Facharbeiter als Kunden‑ und Verkaufsberater auch tatsächlich Verwendung finden. Auch wenn es sich bei der Verweisungstätigkeit um eine Angestelltentätigkeit handelt, wird diese doch wesentlich vom erlernten Handwerksberuf mitbestimmt, sodass es sich dabei um eine qualifizierte Teiltätigkeit des jeweiligen Lehrberufs handelt. Damit kommt es auch nicht zu dem in der außerordentlichen Revision angesprochenen Verlust des Berufsschutzes.
Mangels erheblicher Rechtsfrage ist die außerordentliche Revision des Klägers zurückzuweisen.
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