OGH 10ObS127/12t

OGH10ObS127/12t20.11.2012

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten Dr. Hradil als Vorsitzenden, den Hofrat Dr. Fellinger und die Hofrätin Dr. Fichtenau sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Monika Lanz (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Mag. Andreas Hach (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei M*****, vertreten durch Dr. Eugen Amann, Rechtsanwalt in Bregenz, gegen die beklagte Partei Pensionversicherungsanstalt, 1021 Wien, Friedrich-Hillegeist-Straße 1, vertreten durch Dr. Josef Milchram und andere, Rechtsanwälte in Wien, wegen Berechnung des besonderen Höherversicherungsbetrags nach § 248c ASVG, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 26. Juni 2012, GZ 25 Rs 74/12m‑11, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichts Feldkirch als Arbeits- und Sozialgericht vom 16. März 2012, GZ 33 Cgs 9/12v‑6, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Die angefochtene Entscheidung wird dahin abgeändert, dass das Ersturteil wiederhergestellt wird.

Die klagende Partei hat die Kosten des Berufungs- und des Revisionsverfahrens selbst zu tragen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die am 25. 11. 1947 geborene Klägerin bezieht seit 1. 1. 2010 von der beklagten Partei eine Alterspension. Sie ist weiterhin als Sekretärin berufstätig und in der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung pflichtversichert. 2010 verdiente sie monatlich 2.775 EUR brutto (14 mal jährlich), somit 38.850 EUR brutto jährlich. Seit 1. 1. 2011 beträgt ihr Bruttogehalt monatlich 2.875 EUR (14 mal jährlich).

Mit Bescheid vom 28. 10. 2012 gewährte ihr die beklagte Partei den besonderen Höherversicherungsbetrag nach § 248c ASVG in Höhe von monatlich 14,34 EUR brutto (14 mal jährlich); seit 1. 1. 2012 in Höhe von 14,73 EUR brutto (14 mal jährlich). Bei der Berechnung des Höherversicherungsbetrags legte die beklagte Partei den von der Klägerin zu leistenden Beitragsteil von 10,25 % der allgemeinen Beitragsgrundlage von 38.850 EUR, das sind 3.982,12 EUR, zugrunde und gelangte durch Vervielfachung dieses Betrags mit dem sich aus der Verordnung BGBl II 2004/523 ergebenden Faktor von 0,0036 zum Höherversicherungsbetrag von 14,34 EUR.

Die Klägerin bekämpft diesen Bescheid und bringt vor, nach § 248c Abs 2 ASVG seien für die Bemessung des besonderen Höherversicherungsbetrags die aufgrund einer Pflichtversicherung geleisteten Beiträge zur Pensionsversicherung, die auf den (die) Versicherte(n) entfallen, mit einem Faktor zu vervielfachen. Diese Bestimmung sei vom Wortlaut her und nach dem Willen des Gesetzgebers so auszulegen, dass bei der Berechnung der Höherversicherung nicht nur der auf den Dienstnehmer entfallende Beitragsteil zur Pensionsversicherung von 10,25 % der allgemeinen Beitragsgrundlage (§ 44 ASVG) zugrunde zu legen sei, sondern auch der auf den Dienstgeber entfallende Beitragsteil nach § 51 Abs 1 Z 3 und Abs 3 Z 2 ASVG in Höhe von 12,55 %, somit insgesamt 22,8 %. Unter Anwendung des Vervielfachungsfaktors von 0,0036 ergebe sich ein Höherversicherungsbetrag von 31,89 EUR. In § 248c Abs 2 ASVG sei allgemein von „geleisteten Beiträgen zur Pensionsversicherung“ und nicht von einem Beitragsteil die Rede. Demgegenüber enthielten die §§ 51 Abs 3 Z 2, 53 Abs 2, 54a Abs 1, 60 Abs 1, 61 Abs 1, 572 Abs 7 Z 2 und 589 Abs 4 ASVG jeweils Regelungen über den Beitragsteil des versicherten Dienstnehmers bzw den Beitragsteil des Dienstgebers. Schon aus dem Wortlaut sei daher ableitbar, dass sich § 248c Abs 2 ASVG nicht auf den Beitragsteil des Dienstnehmers beschränke, sondern auch den Beitragsteil des Dienstgebers einschließe. Für diese Ansicht spreche weiters die Überlegung, dass ein pflichtversicherter Dienstnehmer mit seiner Arbeit und seinem Arbeitsverdienst die faktischen und rechtlichen Voraussetzungen nicht nur für seinen Beitragsteil schaffe, sondern auch jene für den Beitragsteil des Dienstgebers. In wirtschaftlicher Betrachtungsweise entfielen deshalb (sämtliche) aufgrund einer Pflichtversicherung geleisteten Beiträge zur Pensionsversicherung iSd § 248c Abs 2 ASVG auf den versicherten Dienstnehmer. Im weiteren Sinn gehöre somit auch der Beitragsteil des Dienstgebers zum Erwerb des Dienstnehmers. Zudem ergebe sich aus der Regierungsvorlage, dass die Anrechnung der entrichteten Pensionsversicherungsbeiträge zu einer besonderen Höherversicherung eine kostenneutrale Maßnahme sei. Auch damit komme zum Ausdruck, dass bei der Bemessung des Höherversicherungsbetrags der Beitragsteil des Dienstgebers zu berücksichtigen sei, weil andernfalls ein in der Regierungsvorlage nicht vorgesehener Beitragsüberschuss erzielt werde. Dies ergebe sich daraus, dass ein Anfangskapital von 8.857,80 EUR (gesamter Versicherungsbetrag) nach 24 Jahren (der statistischen Lebenserwartung der Klägerin) einem Endwert von 14.247,22 EUR entspreche und die Summe der jährlich angepassten Höherversicherungsbeträge von 31,89 EUR (14 mal jährlich) nach 24 Jahren 13.582,14 EUR und die Summe der jährlich angepassten Höherversicherungsbeträge von 14,34 EUR (14 mal jährlich) nach 24 Jahren 6.107,49 EUR betrage. Nicht der Höherversicherungsbetrag von 14,34 EUR, sondern ein solcher von 31,89 EUR entspreche somit der Kostenneutralität laut Regierungsvorlage. Es ergäbe sich ein Widerspruch zu dem in der Sozialversicherung im Vordergrund stehenden Versorgungsgedanken und dem funktionellen Zusammenhang zwischen Beiträgen und Leistungen, wollte man davon ausgehen, dass der Dienstgeberanteil von 4.875,68 EUR zwar zu entrichten sei, bei der Bemessung des Höherversicherungsbetrags aber dennoch außer Betracht zu bleiben habe. Im Bereich des GSVG hätten die Pflichtversicherten als Beitrag zur Pensionsversicherung 22,8 % der Beitragsgrundlage zu leisten (§ 27 Abs 1 Z 2 GSVG), wobei dieser Beitrag ab 1. 1. 2011 durch Leistungen der Pflichtversicherten in Höhe von 17,5 % der Beitragsgrundlage und in Höhe von 5,3 % durch eine Leistung aus dem Steueraufkommen der Pflichtversicherten aufgebracht wird (§ 27 Abs 2 Z 2 GSVG ‑ „Partnerleistung“ des Bundes). Wenngleich diese Partnerleistung des Bundes im Bereich des GSVG bei der Berechnung des Höherversicherungsbetrags nicht zu berücksichtigen sei (siehe auch § 24 BSVG), sei im Bereich des ASVG der Beitragsteil des Dienstgebers nach § 51 ASVG sehr wohl einzubeziehen.

Die beklagte Partei bestritt und vertrat den Standpunkt, nach dem eindeutigen und nicht auslegungsbedürftigen Text des § 248c Abs 2 ASVG hätten ausschließlich die vom Versicherten entrichteten Beiträge ohne den Beitragsteil des Dienstgebers in die Höherversicherung einzufließen.

Das Erstgericht erkannte die beklagte Partei schuldig, der klagenden Partei zur Alterspension ab 1. 1. 2011 einen besonderen Höherversicherungsbetrag von 14,34 EUR zu gewähren und wies das darüber hinausgehende, auf Gewährung eines besonderen Höherversicherungsbetrags von weiteren 17,55 EUR brutto monatlich zuzüglich Sonderzahlungen gerichtete Klagebegehren ab. Rechtlich ging das Erstgericht davon aus, dass sich nicht nur aus dem Wortlaut des § 248c Abs 2 ASVG, sondern auch aus den Erläuterungen in der Regierungsvorlage („die von diesen Pensionisten … entrichteten Pensionsversicherungsbeiträge zu einer besonderen Höherversicherung angerechnet werden ...“), ergebe, dass lediglich die vom Versicherten entrichteten Beiträge zu berücksichtigen seien. Die beklagte Partei habe die besondere Höherversicherung daher richtig mit 14,34 EUR errechnet.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Klägerin Folge und änderte das Ersturteil dahin ab, dass es der Klage stattgab. Schon nach der Wortinterpretation sei der Standpunkt der Klägerin richtig. Die grammatikalische Auslegung des § 248c ASVG ergebe, dass das Verb „entfallen“ im zu beurteilenden Kontext die Bedeutung von „einen bestimmten Anteil jemandem zuordnen, etwas als Anteil von oder an etwas zukommen lassen“ habe. Wie sich aus der Rechtsprechung zu den Lohnfortzahlungsfällen ergebe, würden die Sozialversicherungsbeiträge im Interesse des Arbeitnehmers erbracht, damit dieser in den Genuss der entsprechenden Leistung komme, weshalb sie im weiteren Sinn zum Erwerb zählten. Sowohl die von der Klägerin selbst als auch die von ihrem Dienstgeber erbrachten Beiträge zur Pensionsversicherung hingen somit grundsätzlich davon ab, dass die Klägerin überhaupt erwerbstätig sei, sodass sowohl die von ihr als auch ihrem Dienstgeber bezahlten Beiträge zur Pensionsversicherung auf sie „entfallen“. Dass sich aus den Erläuterungen zur Regierungsvorlage ergebe, die gesetzliche Regelung sehe vor, dass die „von diesen Pensionisten entrichteten Pensionsversicherungsbeiträge zu einer besonderen Höherversicherung angerechnet werden“ führe zu keinem anderen Ergebnis, weil letztlich sämtliche Beiträge von „diesen Pensionisten“ entrichtet werden. Gemäß den Erläuterungen zur Regierungsvorlage sei auch der Gesetzgeber offenbar davon ausgegangen, dass es zu einer versicherungsmathematisch adäquaten Erhöhung der Leistung kommen werde, die durch die einbezahlten Beiträge gedeckt sei, weshalb diese Maßnahme kostenneutral sei. Das Vorbringen der Klägerin dazu, dass nicht der Höherversicherungbetrag von 14,34 EUR, sondern ein solcher von 31,89 EUR der Kostenneutralität laut der Regierungsvorlage entspreche, sei mangels substanziierter Bestreitung durch die beklagte Partei für wahr zu halten. Auch die Erläuterungen zur Regierungsvorlage sprächen somit für die Richtigkeit des von der Klägerin vertretenen Standpunkts. Hätte der Gesetzgeber § 248c Abs 2 ASVG tatsächlich die von der beklagten Partei angenommene Bedeutung zumessen wollen, wäre zu erwarten gewesen, dass er diesem Willen durch die Aufnahme eines ausdrücklichen Hinweises in den Gesetzestext ‑ etwa durch den Hinweis auf den vom Versicherten nach § 51 Abs 3 Z 2 ASVG zu tragenden Beitragsteil ‑ Ausdruck verleiht.

Das Berufungsgericht sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei, weil keine höchstgerichtliche Rechtsprechung zu der Frage vorhanden sei, welches Verständnis der Bestimmung des § 248c Abs 2 ASVG beizumessen sei.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Revision der beklagten Partei aus dem Berufungsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, das Urteil des Berufungsgerichts dahin abzuändern, dass das Ersturteil wiederhergestellt wird; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Klägerin beantragt in ihrer Revisionsbeantwortung, der Revision nicht Folge zu geben und das Urteil des Berufungsgerichts zu bestätigen.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision der beklagten Partei ist aus dem vom Berufungsgericht genannten Grund zulässig. Sie ist auch berechtigt.

Die Revisionswerberin macht im Wesentlichen geltend, der Gesetzgeber habe durch die Formulierung „... geleisteten Beiträge zur Pensionsversicherung, die auf den (die) Versicherte(n) entfallen ...“ eine ausdrückliche Regelung getroffen, die dahin zu interpretieren sei, dass nicht sämtliche geleisteten Beiträge, sohin Arbeitnehmer- und Arbeitgeberbeiträge der Bemessung zu Grunde zu legen seien, sondern eben nur diejenigen, die vom (von der) Versicherten selbst geleistet wurden. Gemäß § 51 Abs 1 Z 3 ASVG seien für vollversicherte Dienstnehmer in der Pensionsversicherung als allgemeiner Beitrag 22,8 % der allgemeinen Beitragsgrundlage zu leisten. Dieser allgemeine Beitrag gliedere sich gemäß § 51 Abs 3 Z 2 ASVG in den auf den Versicherten entfallenden Beitragsteil mit 10,25 % und in den Beitragsteil des Dienstgebers mit 12,55 % auf. Nach erfolgter Leistung beider Beitragsteile lägen somit „geleistete“ Beiträge iSd § 248c ASVG vor. Der Gesetzgeber habe ‑ abgehend von der allgemeinen Norm, nach der sowohl Arbeitgeber‑ als auch Arbeitnehmerbeiträge einer Pensionsbemessung zu Grunde zu legen seien ‑ zum Ausdruck bringen wollen, dass im besonderen Fall der Bemessung des Höherversicherungsbetrags eben nicht alle Beiträge, sondern nur solche heranzuziehen seien, die auf den Versicherten entfallen, also dessen Beitragsleistung zuzuordnen seien. Mit § 248c Abs 2 ASVG seien demnach nur Arbeitnehmerbeiträge gemeint.

Dazu ist auszuführen:

Mit der am 1. 1. 2004 in Kraft getretenen Bestimmung des § 248c ASVG in der Fassung des Budgetbegleitgesetzes 2003, BGBl I 2003/71, in der mittlerweile geltenden Fassung BGBl I 2009/83 und BGBl I 2011/52 wurde eine besondere Höherversicherung für erwerbstätige Pensionsbezieher geschaffen. Wird neben dem Bezug einer Alterspension eine pensionsversicherungspflichtige Erbwerbstätigkeit ausgeübt, so kommt es dadurch zu einer Erhöhung der Pension aus dem Titel der Höherversicherung, wenn Beiträge nach dem 31. 12. 2003 geleistet wurden. Für die Beiträge gibt es jeweils ab dem 1. 1. des folgenden Kalenderjahres einen nach versicherungsmathematischen Grundsätzen berechnenden besonderen Höherversicherungsbetrag, der zusätzlich zur Pension ausbezahlt wird. Dieser Betrag wird in der Folge jährlich ‑ den entrichteten Beiträgen folgend ‑ angepasst.

Der Gesetzestext lautet auszugsweise in den hier interessierenden Passagen wie folgt:

„§ 248c

1. Wird neben dem Bezug einer Alterspension ... ab dem Monatsersten nach Erreichung des Regelpensionsalters eine die Pflichtversicherung nach diesem Bundesgesetz ... begründende Erwerbstätigkeit ausgeübt …, so gebührt dem (der) Versicherten ... ein besonderer Höherversicherungsbetrag, der nach Abs 2 zu berechnen ist ...

2. Für die Bemessung des besonderen Höherversicherungsbetrages sind die aufgrund einer Pflichtversicherung nach Abs 1 nach dem 31. Dezember 2003 geleisteten Beiträge zur Pensionsversicherung, die auf den (die) Versicherte(n) entfallen, mit einem Faktor zu vervielfachen. Dieser Faktor ist durch Verordnung des Bundesministers für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz nach versicherungsmathematischen Grundsätzen unter Berücksichtigung des Lebensalters bei geschlechtsneutraler Bewertung des Einkommens festzusetzen ...“

Mit der VO des Bundesministers für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz über den Faktor für die Bemessung des besonderen Höherversicherungsbetrags BGBl 2004/523 wurde (ua) aufgrund des § 248c Abs 2 ASVG verordnet, dass der Faktor, mit dem die nach § 248c Abs 1 ASVG geleisteten Beiträge zur Pensionsversicherung, die auf die versicherte Person entfallen, zu vervielfachen sind, das Produkt des ersten und zweiten Faktors gemäß der folgenden Tabelle ist, wobei das Ergebnis auf Dezimalstellen zu runden ist. Gleichlautende Bestimmungen über die besondere Höherversicherung wurden zeitgleich im Bereich des GSVG mit § 143 GSVG und im Bereich des BSVG mit § 134 BSVG eingeführt.

Die Erläuterungen zur Regierungsvorlage zum BGBl I 2003/71, mit dem § 248c ASVG eingeführt wurde (ErläutRV 59 BlgNR 22. GP 336) enthalten folgende Erwägungen:

„Vielfach ist von Personen, die neben dem Bezug einer Regelalterspension (ab dem 65. Lebensjahr bei Männern, ab dem 60. Lebensjahr bei Frauen) einer versicherungspflichtigen Erwerbstätigkeit nachgehen, kritisiert worden, dass sie zwar weiterhin Pensionsversicherungsbeiträge zahlen, dafür aber keine entsprechende Leistung erhalten. Gegen diese im Rahmen der Solidaritätsgemeinschaft erfolgende Beitragsleistung parallel zum Pensionsbezug ohne direkte Leistungsauswirkung bestehen zwar keine verfassungsrechtlichen Bedenken, da diese Personen trotz ihrer Erwerbstätigkeit die volle Pension beziehen, obwohl diese nicht durch eigene Beitragsleistungen im versicherungsmathematischen Sinn gedeckt ist. Dennoch soll dem Argument Rechnung getragen werden, älteren Personen die Bereitschaft, weiterhin berufstätig zu sein, auch pensionsrechtlich zu honorieren:

Der Entwurf sieht daher vor, dass die von diesen Pensionisten nach dem 31. Dezember 2003 entrichteten Pensionsversicherungsbeiträge zu einer besonderen Höherversicherung angerechnet werden. Die aufgrund der besonderen Höherversicherung versicherungsmathematisch ermittelte Leistung gebührt ab dem der Aufnahme der Erwerbstätigkeit folgenden Kalenderjahr. Sie wird in der Folge jährlich ‑ den entrichteten Beiträgen folgend ‑ angepasst.“

Unter der Überschrift „Anrechnung von Beiträgen erwerbstätiger PensionsbezieherInnen für die Höherversicherung“ ergibt sich aus den Erläuterungen zur Regierungsvorlage weiters, dass eine neben dem Bezug einer Alterspension die Pflichtversicherung begründende Erwerbstätigkeit in Hinkunft pensionserhöhend wirken soll, indem die entrichteten Beiträge als Beiträge zu einer besonderen Höherversicherung gewertet werden (ErläutRV 59 BlgNR 22. GP 329). In den finanziellen Erläuterungen zur Regierungsvorlage wird noch ausgeführt, dass diverse kleine Maßnahmen im Bereich der Pensionsversicherung ebenfalls finanzielle Auswirkungen haben, die allerdings marginal seien bzw von allfälligen Verhaltensänderungen der Betroffenen abhingen und daher ex ante nicht quantifizierbar seien. Dazu zählten ua die Möglichkeit der Erwerbstätigkeit während des Bezugs einer Pension nach dem Regelpensionsalter: hier komme es nach Beendigung der Tätigkeit zu einer versicherungsmathematisch adäquaten Erhöhung der Leistung, die durch die einbezahlten Beiträge gedeckt sei. Daher sei diese Maßnahme kostenneutral (ErläutRV 59 BlgNR 22. GP, 340).

Mit der 69. Novelle zum ASVG wurde klargestellt, dass die Höherversicherung nicht auch für die Schwerarbeits- und Korridorpension gelte, indem die Einschränkung auf das Regelpensionsalter in den (damaligen) Gesetzestext eingefügt wurde. Die Erläuternden Bemerkungen führen dazu aus, dass der Gesetzgeber mit der Einführung der besonderen Höherversicherung für erwerbstätige PensionsbezieherInnen nach § 248c ASVG samt Parallelrecht die Honorierung der neben dem Bezug der Alterspension geleisteten Beiträge zur Pensionsversicherung beabsichtigte, wobei selbstverständlich von einer (regulären) Alterspension nach Erreichung des Regelpensionsalters ausgegangen wurde (abgedruckt in Teschner/Widlar/Pöltner, MGA-ASVG Anm 1 zu § 248c ASVG).

§ 248c ASVG war bisher nur einmal Gegenstand einer höchstgerichtlichen Entscheidung (10 ObS 61/08f, SSV‑NF 22/41). Es wurde ausgesprochen, dass keine verfassungsrechtlichen Bedenken dagegen bestehen, für die Bemessung des besonderen Höherversicherungsbetrags nur die aufgrund einer Pflichtversicherung nach dem 31. 12. 2003 in der Pensionsversicherung geleisteten Beiträge zu berücksichtigen (RIS-Justiz RS0123630). Eine Aussage zu der im vorliegenden Fall entscheidungswesentlichen Frage enthält diese Entscheidung nicht.

Auch in der Literatur findet sich zu dieser Frage keine Stellungnahme:

Die Ausführungen Sonntags in Sonntag, ASVG3 Rz 1beschränken sich darauf, dass der Versicherungsfall des Alters nur einmal eintreten könne, sodass Beiträge von erwerbstätigen Alterspensionisten faktisch „verloren“ waren, weshalb mit der Einführung des §248c ASVG die Bereitschaft, weiterhin berufstätig zu sein, auch pensionsrechtlich honoriert werden sollte. Auch in Teschner/Widlar/Pöltner MGA-ASVG Anm 1 und 2 zu § 248c ASVG und in Tomandl, SV-System, 24 Erg-Lfg 398 wird die Frage nicht thematisiert, ob der besonderen Höherversicherung nach § 248c ASVG der allgemeine Beitrag von 22,8 % der allgemeinen Beitragsgrundlage oder nur der auf den Dienstnehmer entfallende Beitragsteil von 10,25 % zugrunde zu legen ist. Ebenso nicht von Neumann, Pensionsreform, ASoK 2003, 18; Höfle, ASoK 2005, 110, Höfle, SWK 2005/2 W 10; Steiger, Die Höherversicherung in der Pensionsversicherung, taxlex 2006, 233 f; Kietaibl, Zur Frage des Mehrfachpensionsbezuges erwerbstätiger Pensionisten, ASoK 2012, 339 [341 ff]).

Wie die gegensätzlichen Standpunkte der Parteien zeigen, verbleiben im Rahmen des möglichen Wortsinns Unklarheiten über die Bedeutung der Wortfolge „... geleisteten Beiträge zur Pensionsversicherung, die auf den (die) Versicherte(n) entfallen“, weshalb zu versuchen ist, mittels der systematisch-logischen Auslegung ein eindeutiges Auslegungsergebnis zu erzielen. Die strittige Wortfolge ist daher in Berücksichtigung des systematischen Kontexts in ihrem Bedeutungszusammenhang in erster Linie aus dem anzuwendenden ASVG auszulegen.

1.1. Nach dem ASVG ist der Ausgangswert für die Beitragsbemessung die Beitragsgrundlage. Die zu entrichtenden Beitragssätze sind Prozentsätze der Beitragsgrundlage bis zur Höchstbeitragsgrundlage. Die Beitragssätze sind je nach den einzelnen Versicherungszweigen verschieden. In der Pensionsversicherung sind für vollversicherte Dienstnehmer ‑ sofern nichts anderes bestimmt ist ‑ 22,8 % der allgemeinen Beitragsgrundlage zu leisten (§ 51 Abs 1 Z 3 ASVG). Beitragsgrundlage für Pflichtversicherungsbeiträge aufgrund des Arbeitsverdienstes ist der im Beitragszeitraum gebührende Arbeitsverdienst mit Ausnahme allfälliger Sonderzahlungen nach § 49 Abs 2 ASVG.

1.2. Die Beitragslast ist zwischen Dienstgeber und Dienstnehmer aufgeteilt. Unbeschadet des § 53 ASVG sind die Beiträge in der Pensionsversicherung vom Versicherten und seinem Dienstgeber anteilig zu tragen. In der Pensionsversicherung beläuft sich der Beitragsteil des Versicherten auf 10,25 % und der Beitragsteil des Dienstgebers auf 12,55 % der allgemeinen Beitragsgrundlage (§ 51 Abs 3 Z 2 ASVG).

1.3. Die Regeln über die Aufteilung der Beitragslast sagen aber noch nichts darüber aus, wer gegenüber dem zur Beitragsforderung berechtigten Krankenversicherungsträger den Beitrag schuldet. § 58 Abs 2 ASVG normiert, dass die auf den Versicherten und den Dienstgeber entfallenden Beiträge grundsätzlich allein der Dienstgeber schuldet. Diesen trifft in der Regel die Pflicht, die gesamten Sozialversicherungsbeiträge, also sowohl Dienstgeber ‑ als auch Dienstnehmerbeitrag ‑ einzuzahlen. Dafür räumt § 60 Abs 1 ASVG dem Dienstgeber das Recht ein, den auf den Versicherten entfallenden Beitragsteil vom Entgelt in barem abzuziehen.

1.4. Für die Leistungen aus der Pensionsversicherung ist grundsätzlich die Summe der 480 höchsten monatlichen Gesamtbeitragsgrundlagen (§ 242 ASVG) ‑ die somit den Dienstnehmer- und Dienstgeberanteil umfassen ‑ maßgeblich (§ 238 ASVG).

Wie die Klägerin darlegt, ist zwar in einer Vielzahl von Bestimmungen des ASVG von „Beitragsteilen“ die Rede, um bestimmte Beiträge bzw Beitragssätze einer bestimmten Personengruppe zuzuordnen. So etwa in dem bereits erwähnten § 51 Abs 3 Z 2 ASVG, weiters in § 54a, § 58 Abs 2 letzter Satz, § 58 Abs 3, § 58 Abs 2 Z 3, § 60 Abs 1, Abs 2 und Abs 3, § 61, 457 Abs 1, § 572 Abs 7 Z 2, § 589 Abs 4 und § 600 Abs 8 Z 2 ASVG. Diese Diktion wird aber nicht durchgängig und ausschließlich verwendet. So sieht etwa die bereits erwähnte Bestimmung des § 58 Abs 2 ASVG in ihrem ersten Satz vor, dass der Dienstgeber (Auftraggeber) die auf den Versicherten und den Dienstgeber entfallenden Beiträge (und nicht „Beitragsteile“) schuldet. § 51a Abs 1 ASVG normiert, dass der Zusatzbeitrag in der knappschaftlichen Pensionsversicherung zur Gänze auf den Dienstgeber entfällt. Auch die §§ 51c und 51d Abs 1 ASVG enthalten ähnlich formulierte Regelungen. In § 53 Abs 1 ASVG wird vom „den Versicherten belastenden Teil der allgemeinen Beiträge“ gesprochen. Die von der Klägerin gezogene Schlussfolgerung, schon im Hinblick darauf, dass in § 248c Abs 2 ASVG nicht von einem „Beitragsteil“ die Rede ist, sondern (lediglich) von „Beiträgen die auf den Versicherten entfallen“, sei klar ersichtlich, dass diese Beiträge den Dienstnehmer- und Dienstgeberanteil umfassen, überzeugt deshalb nicht.

2. Wenngleich die sprachliche Auslegung manchmal auch den Zusammenhang mit anderen Gesetzen berücksichtigen muss (Posch in Schwimann, ABGB3, § 6 Rz 14) erscheint es verfehlt, das von der Rechtsprechung für die sogenannten „Lohnfortzahlungsfälle“ im allgemeinen Schadenersatzrecht entwickelte Verständnis des Arbeitgeberbeitrags zur Auslegung der streitgegen-ständlichen ‑ spezifisch sozialversicherungsrechtlichen ‑ Frage heranzuziehen. Nach dieser Rechtsprechung kommt es im Falle der Lohnfortzahlung gemäß § 8 AngG zu einer bloßen Schadensverlagerung, weshalb die Ersatzpflicht des Schädigers durch die Lohnfortzahlung nicht ausgeschlossen wird. Der Ersatzanspruch gegen den Schädiger geht mit der Lohnfortzahlung auf den Dienstgeber über. Er umfasst nicht nur den Bruttolohn, sondern auch den Arbeitgeberbeitrag zur Sozialversicherung. Dies wurde damit begründet, dass der Arbeitgeberbeitrag letztlich im Interesse des Dienstnehmers bezahlt wird, damit letzterer in den Genuss der Versicherungsleistungen kommt, sodass auch der Dienstgeberanteil im weiteren Sinn zum Erwerb zählt (RIS‑Justiz RS0043287, RS0097724). Bei der Auslegung des § 248c Abs 2 ASVG ist aber nicht diese ‑ im Zusammenhang mit dem Problem der Schadensverlagerung zu sehende ‑ arbeitsrechtliche Betrachtung maßgeblich, sondern der Kontext mit den übrigen Normen des ASVG zu berücksichtigen (siehe oben Pkt 1).

3. Auch die Gesetzesmaterialien sprechen für die Richtigkeit des Standpunkts der beklagten Partei. Wie sich aus den Erläuterungen zur Regierungsvorlage zu § 248c ASVG ergibt, soll dem Argument Rechnung getragen werden, älteren Personen die Bereitschaft, weiterhin berufstätig zu sein, auch pensionsrechtlich zu honorieren und zu diesem Zweck die „von diesen Pensionisten“ nach dem 31. Dezember 2003 entrichteten Pensionsversicherungsbei-träge zu einer besonderen Höherversicherung anzurechnen.

4. Ein individuelles Äquivalenzverhältnis zwischen Beitragspflicht und Sozialversicherungsschutz besteht ohnehin nicht (RIS-Justiz RS0083837). Vielmehr wird mit Hilfe des Beitragssystems das Prinzip des sozialen Ausgleichs verwirklicht; zum Versicherungsprinzip tritt auch der Solidaritäts- und Umverteilungsgedanke. Die in den Gesetzesmaterialien angesprochene Kostenneutralität ist deshalb nur so zu verstehen, dass die Versichertenge-meinschaft durch die Einführung des Höherversicherungsbe-trags nicht zusätzlich belastet wird, sondern der entstehende Aufwand in dem von den erwerbstätigen Pensionisten geleisteten Pensionsversicherungsbeiträgen Deckung findet. Dass der entstehende Aufwand betraglich unter der Summe der Gesamtbeiträge (unter Einrechnung des Dienstgeberanteils) bleibt, lässt nicht zwingend den von der Klägerin gezogenen Rückschluss darauf zu, es entspreche dem Willen des Gesetzgebers, auch den vom Dienstgeber zu tragenden Beitragsteil in die Bemessungsgrundlage einzubeziehen. Kietaibl (Zur Frage des Mehrfachbezugs erwerbstätiger Pensionisten, ASoK 2012, 339 [343]) spricht für den Bereich des GSVG, in dem der vom Pflichtversicherten aufzubringende Pflichtversicherungsbei-trag nach § 27 Abs 2 Z 2 GSVG 17,5 % der Beitragsgrundlage beträgt, sogar von einer „massiven Schieflage“ zwischen der äußerst geringen Höhe des Höherversicherungsbetrags und der jährlichen Beitragspflicht. Wegen seiner geringen Höhe könne der Höherversicherungsbetrag im Verhältnis zur Beitragslast in Wahrheit gar nicht mehr als Leistung im wirtschaftlichen Sinn angesehen werden, sondern stelle im Ergebnis bloß eine „symbolische“ Leistung dar.

5. Die vorzunehmende Gesamtwürdigung unter Heranziehung aller Kriterien ergibt, dass dem Standpunkt der beklagten Partei zu folgen ist, nach Leistung der auf den Dienstgeber und den Dienstnehmer entfallenden Beiträge (Beitragsteile) lägen „geleistete“ Beiträge iSd § 248c ASVG vor. Während sonst der Pensionsbemessung der Dienstgeber ‑ und der Dienstnehmeranteil zu Grunde zu legen ist, wird ‑ davon abweichend ‑ im besonderen Fall des Höherversicherungsbetrags nach § 248c ASVG die Bemessungsgrundlage allein durch den (die) auf den Versicherte(n) entfallenden Beitrag (Beitragsteil) gebildet. Der Höherversicherungsbetrag ist somit nur aufgrund des auf den Versicherten entfallenden Beitrags (Beitragsteils) zu errechnen.

In der in § 248c Abs 2 ASVG enthaltenen Wortfolge „... aufgrund einer Pflichtversicherung ... geleisteten Beiträge zur Pensionsversicherung, die auf den (die) Versicherte(n) entfallen, ...“ sind demnach lediglich die Dienstnehmerbeiträge angesprochen.

In Stattgebung der Revision der beklagten Partei war daher das erstinstanzliche Urteil wiederherzustellen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG. Aktuelle berücksichtigungswürdige Einkommens- und Vermögensverhältnisse, die einen ausnahmsweisen Kostenersatz nach Billigkeit rechtfertigen könnten, wurden nicht bescheinigt und sind aus der Aktenlage nicht ersichtlich.

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