OGH 10ObS117/12x

OGH10ObS117/12x2.10.2012

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten Dr. Hradil als Vorsitzenden, die Hofräte Dr. Fellinger und Dr. Schramm sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Christoph Kainz (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Horst Nurschinger (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei S*****, vertreten durch Dr. Klaus J. Mitzner-Labrés und Dr. Michael Krautzer, Rechtsanwälte in Villach, gegen die beklagte Partei Kärntner Gebietskrankenkasse, 9020 Klagenfurt am Wörthersee, Kempfstraße 8, wegen Rückforderung von Kinderbetreuungsgeld, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 21. Juni 2012, GZ 7 Rs 35/12 i-14, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung

Die Klägerin lebte mit ihrer am 2. 3. 2010 geborenen Tochter stets im gemeinsamen Haushalt, sie waren aber an derselben Adresse hauptwohnsitzlich nur von der Geburt bis zum 8. 9. 2010 und seit 1. 4. 2011 gemeldet.

Das Berufungsgericht wies das auf Feststellung, die Klägerin habe das Kinderbetreuungsgeld im Zeitraum vom 9. 9. 2010 bis 28. 2. 2011 zu Recht bezogen, gerichtete Klagebegehren ab und verurteilte die Klägerin zur Rückzahlung des in diesem Zeitraum bezogenen Kinderbetreuungsgelds von 3.598,40 EUR.

Die dagegen erhobene außerordentliche Revision der Klägerin ist unzulässig:

Rechtliche Beurteilung

Eine Voraussetzung des Anspruchs eines Elternteils auf Kinderbetreuungsgeld für sein Kind ist, dass der Elternteil mit diesem Kind im gemeinsamen Haushalt lebt (§ 2 Abs 1 Z 2 KBGG idF BGBl I 2005/100). Ein gemeinsamer Haushalt im Sinn des Kinderbetreuungsgeldgesetzes „liegt nur dann vor, wenn der Elternteil und das Kind auch an der selben Adresse hauptwohnsitzlich gemeldet sind“ (§ 2 Abs 6 Satz 1 KBGG idF BGBl I 2009/116).

Dass Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zu § 2 Abs 6 KBGG idF BGBl I 2009/116 fehlt, bedeutet nicht das Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage (§ 502 Abs 1 ZPO). Allein das Fehlen höchstgerichtlicher Rechtsprechung zu bestimmten Rechtsfragen begründet nämlich für sich noch nicht eine erhebliche Rechtsfrage (RIS-Justiz RS0042656), wenn das Gesetz selbst eine eindeutige Regelung trifft oder im Weg einfacher Auslegung ein eindeutiges Ergebnis erzielt werden kann (1 Ob 24/12d mwN). Die Bestimmung des § 2 Abs 6 Satz 1 KBGG stellt für das Vorliegen eines gemeinsamen Haushalts im Sinne dieses Gesetzes klar und eindeutig auch auf die hauptwohnsitzliche Meldung des Elternteils und des Kindes an derselben Adresse ab.

Die Beurteilung des Berufungsgerichts, dass sich die Klägerin nach den festgestellten Umständen des Einzelfalls nicht darauf stützen kann, sie habe die Bestimmung des § 2 Abs 6 Satz 1 KBGG nicht gekannt, bedarf keiner Korrektur. Gesetzesunkenntnis vermag nämlich in der Regel den Leistungsempfänger nicht zu entschuldigen, weil § 2 ABGB eine Pflicht begründet, sich Kenntnis von den ihn betreffenden Gesetzen zu verschaffen (RIS-Justiz RS0013253; RS0118363) und bei der Beurteilung der Frage, ob einem Normunterworfenen die Kenntnis einer bestimmten Vorschrift unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls zumutbar ist, nach ständiger Rechtsprechung ein strenger Maßstab anzulegen ist (10 ObS 32/02g, SSV-NF 16/59).

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