Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Text
Begründung
Mit rechtskräftiger einstweiliger Verfügung vom 20. 9. 2002 (ON 13) hat das Erstgericht der Minderjährigen ab 20. 9. 2002 bis zur rechtskräftigen Beendigung des eingeleiteten Unterhaltsfestsetzungsverfahrens gemäß § 382a EO einen vorläufigen Unterhalt in Höhe von EUR 105,40 monatlich zuerkannt und ausgesprochen, dass die einstweilige Verfügung mit rechtskräftiger Beendigung des Unterhaltsfestsetzungsverfahrens außer Kraft tritt. Die einstweilige Verfügung wurde dem Vater am 25. 9. 2002 zugestellt.
Am 30. 10. 2002 stellte die Minderjährige einen Antrag auf Gewährung von Unterhaltsvorschüssen nach § 4 Z 5 UVG (ON 17).
Im einem Vergleich vom 11. 8. 2003 (ON 51) verpflichtete sich der Vater zur Leistung eines monatlichen Unterhalts von EUR 105,40 ab 1. 5. 2003. Mit rechtskräftigem Beschluss vom 19. 4. 2004 (ON 69) setzte das Erstgericht den vom Vater monatlich zu leistenden Unterhalt mit EUR 220,-- für die Zeit von 1. 4. 2002 bis 31. 12. 2002 und mit EUR 207,-- für die Zeit von 1. 1. 2003 bis 30. 4. 2003 fest. Es sprach weiters aus, dass die einstweilige Verfügung vom 20. 9. 2002 (ON 13) mit Rechtskraft des Unterhaltsfestsetzungsbeschlusses außer Kraft trete. Die Rechtskraft und Vollstreckbarkeit des Beschlusses wurde am 11. 8. 2004 bestätigt.
Schließlich hat das Erstgericht mit Beschluss vom 24. 1. 2005 (ON 85) aufgrund des am 30. 10. 2002 gestellten Antrags Unterhaltsvorschüsse nach § 4 Z 5 UVG in Höhe von monatlich EUR 105,40 für die Zeit von 1. 10. 2002 bis 30. 4. 2003 zugesprochen.
Über Rekurs des Bundes, vertreten durch den Präsidenten des Oberlandesgerichtes Wien, änderte das Rekursgericht den Beschluss des Erstgerichtes im Sinne einer Antragsabweisung ab. Zum Zeitpunkt der Entscheidung erster Instanz habe die einstweilige Verfügung vom 20. 9. 2002 nicht mehr dem Rechtsbestand angehört.
Den ordentlichen Revisionsrekurs erklärte es für zulässig, da bislang keine höchstgerichtliche Rechtsprechung zu der Frage ergangen sei, ob Vorschüsse nach § 4 Z 5 UVG auch nach Aufhebung der einstweiligen Verfügung gewährt werden können, wenn der Antrag auf Vorschusgewährung noch während der Gültigkeit der einstweiligen Verfügung gestellt worden sei.
Gegen diese Entscheidung richtet sich der (erkennbar) auf den Rechtsmittelgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung gestützte Revisionsrekurs der Minderjährigen mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung dahin abzuändern, dass ein Unterhaltsvorschuss nach § 4 Z 5 für den Zeitraum von 1. 4. 2002 bis 30. 4. 2003 gewährt werde.
Der Präsident des Oberlandesgerichtes Wien beantragt, den Revisionsrekurs zurückzuweisen, in eventu ihm nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist aus dem vom Rekursgericht genannten Grund zulässig, aber nicht berechtigt.
Bei Vorschüssen nach § 4 Z 5 UVG handelt es sich um „unechte Titelvorschüsse", die als Titel eine einstweilige Verfügung nach § 382a EO voraussetzen. Der Vorschusszeitraum muss durch diesen Titel gedeckt sein (Neumayr in Schwimann, ABGB3 I, § 4 UVG Rz 99 mwN), wie ganz allgemein die Gewährung von Titelvorschüssen einen im Inland vollstreckbaren Exekutionstitel voraussetzt (§ 3 Z 1 UVG). Fällt der Titel weg, sind die Vorschüsse nach § 20 Abs 1 Z 4 lit a, Abs 2 UVG einzustellen. Das Gesetz stellt klar, dass die Einstellung nicht erst mit der gerichtlichen Beschlussfassung, sondern (rückwirkend) mit dem Eintritt des Einstellungsgrundes wirksam werden soll, di im Falle des § 20 Abs 1 Z 4 lit a der Wegfall der Voraussetzungen für die Gewährung der Vorschüsse. Ein solcher Einstellungsgrund liegt insbesondere vor, wenn der Unterhaltstitel seine Rechtswirksamkeit verliert (7 Ob 606/92 = EvBl 1993/79 = EFSlg 69.561; 10 Ob 75/04h). Davon machte § 4 Z 4 UVG in der bis 31. 12. 2004 (vor Inkrafttreten des AußStr-BegleitG BGBl I 2003/112) geltenden Fassung (nur) insofern eine Ausnahme, als für die Zeit bis zur rechtskräftigen Beendigung des Verfahrens auf Feststellung der Vaterschaft gleichsam das Vorhandensein eines Unterhaltsschuldners und eines rechtswirksamen Exekutionstitels fingiert wurde, weshalb konsequenterweise bei Aufhebung des erstinstanzlichen Feststellungs- und Leistungsurteils der Einstellungsgrund erst mit der Bindung des Berufungsgerichtes an seinen Aufhebungsbeschluss angenommen wurde; bis dahin lag eben (wenn auch fingiert) ein tauglicher Titel für eine Vorschussgewährung vor (in diesem Sinn etwa 7 Ob 2116/96v = EFSlg 81.908; RIS-Justiz RS0076302).
Eine solche Ausnahme, wie sie § 4 Z 4 UVG in gewissem Maße im Hinblick auf die Titelfiktion ermöglicht, kommt hier nicht in Betracht. Zu dem Zeitpunkt, der generell für die Prüfung der Vorschussvoraussetzungen maßgeblich ist, nämlich dem Datum der Entscheidung erster Instanz (9 Ob 501/94 = EvBl 1995/10; 7 Ob 28/00v = EFSlg 94.084 = ÖA 2001, 273/UV 181; RIS-Justiz RS0076052; Neumayr in Schwimann aaO § 13 UVG Rz 1), war der Titel für die Gewährung von Vorschüssen nach § 4 Z 5 UVG - die einstweilige Verfügung nach § 382a EO - für den Zeitraum von 1. 10. 2002 bis 30. 4. 2003 (für den das Erstgericht die Vorschüsse zugesprochen hat) bereits beseitigt gewesen. Ein Zuspruch von „unechten Titelvorschüssen" nach § 4 Z 5 UVG war daher nicht mehr möglich, weil eine Vorschussvoraussetzung (§ 3 Z 1 EO) fehlte.
Auch wenn die konkrete Vorgangsweise des Erstgerichtes, das über den Vorschussantrag nach § 4 Z 5 UVG erst mehr als zwei Jahre (!) nach dem Antrag entschieden hat, außerhalb des Einflussbereiches des Antragstellers gelegen ist, ist im Gesetz eine Unterhaltsvorschussgewährung nach § 4 Z 5 UVG, ohne dass der Gewährungszeitraum durch eine (dafür) aufrechte einstweilige Verfügung gedeckt wäre, nicht vorgesehen.
Der Revisionsrekurs muss daher erfolglos bleiben.
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