OGH 7Ob2116/96v

OGH7Ob2116/96v11.6.1996

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Warta als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Niederreiter, Dr.Schalich, Dr.Tittel und Dr.I.Huber als weitere Richter in der Pflegschaftssache des mj. Siegfried S*****, vertreten durch die Bezirkshauptmannschaft Knittelfeld als Jugendwohlfahrtsträger, wegen Einstellung von Unterhaltsvorschüssen infolge Rekurses der Republik Österreich, vertreten durch den Präsidenten des Oberlandesgerichtes Graz, gegen den Beschluß des Landesgerichtes Leoben als Rekursgericht vom 28. Februar 1996, GZ 2 R 92/96w-35, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Knittelfeld vom 29.Jänner 1996, GZ P 2232/95x-32, teilweise abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung

Mit am 28.12.1995 in Rechtskraft erwachsenem Urteil des Bezirksgerichtes Knittelfeld vom 22.1.1995 zu 3 C 88/94t wurde die Rechtsunwirksamkeit des von Siegfried O***** am 16.7.1992 abgegebenen Vaterschaftsanerkenntnisses gegenüber Siegfried S***** festgestellt.

Dem Minderjährigen waren aufgrund des Vaterschaftsanerkenntnisses ab dem 1.11.1992 Unterhaltsvorschüsse gewährt worden, zuletzt mit Beschluß vom 18.7.1995 für die Zeit vom 1.7.1995 bis 30.6.1998 gemäß §§ 3, 4 Z 1 UVG in der Titelhöhe von S 1.200,-- (ON 29). Das Erstgericht stellte den für die Zeit bis 30.6.1998 gewährten Unterhaltsvorschuß mit Ablauf des Dezember 1995 ein und sprach aus, daß dem Bund kein Ersatz der zu Unrecht ausbezahlten Vorschüsse zustehe. Das Rekursgericht gab mit der angefochtenen Entscheidung dem Rekurs des Präsidenten des Oberlandesgerichtes Graz nur teilweise Folge und behob den Ausspruch des Erstgerichtes, daß dem Bund keine Ersatzansprüche hinsichtlich der zu Unrecht ausbezahlten Vorschüsse zustehen; im übrigen gab es dem Rekurs nicht Folge. Es erklärte den Revisionsrekurs für zulässig. Die Einstellung nach § 20 UVG sei, gegebenenfalls rückwirkend, mit Ablauf des Monates anzuordnen, in dem der Einstellungsgrund eingetreten sei. Wiewohl das den Unterhaltstitel des Minderjährigen beseitigende Urteil für die gesamte Vergangenheit wirke, habe der Unterhaltsvorschußgesetzgeber mit dem Wort "eingetreten" den Zeitpunkt gemeint, in dem der Wegfall der Voraussetzung der Gewährung "wirksam geworden" sei. Das das Vaterschaftsanerkenntnis beseitigende Urteil sei aber erst mit seiner Rechtskraft wirksam geworden.

Rechtliche Beurteilung

Der vom Präsidenten des Oberlandesgerichtes Graz gegen den verwehrten Anspruch auf Unterhaltsvorschußeinstellung vom 1.11.1992 bis 31.12.1995 erhobene Revisionsrekurs ist nicht berechtigt.

Der Rechtsauffassung des Revisionsrekurswerbers, daß das vorliegende Statusurteil einen rückwirkenden Wegfall der Grundvoraussetzung für die Gewährung des Unterhaltsvorschusses bewirkt habe und daß daher die einzelnen Vorschußgewährungen ab Beginn der jeweiligen Gewährung rückwirkend einzustellen gewesen wären, kann nicht beigepflichtet werden. Der erkennende Senat hat bereits in seiner Entscheidung vom 15. Oktober 1992 zu 7 Ob 606/92 die Auffassung vertreten, daß nach dem Gesetzeszweck es nicht gerechtfertigt sei, die Einstellung rückwirkend mit dem Zeitpunkt der Vorschußgewährung anzuordnen, so als wären die Voraussetzungen nie gegeben gewesen. Es besteht kein Grund, von dieser Rechtsansicht abzugehen. Der zitierten Entscheidung lag ein ähnlich gelagerter Sachverhalt zugrunde, weil auch dort der der Unterhaltsvorschußgewährung zugrundeliegende Titel beseitigt wurde und dies der Grund für die Einstellung der Unterhaltsbevorschussung war. Die Auffassung des erkennenden Senates wurde mit der Interpretation der Gesetzesmaterialien begründet. Durch den Unterhaltsvorschußtatbestand des § 4 Z 4 UVG sollte den Klagen Rechnung getragen werden, daß während der oft recht langen Dauer des Verfahrens zur Feststellung der Vaterschaft keine Unterhaltsvorschüsse geleistet werden können und daß Väter häufig durch aussichtslose Rechtsmittel ihre Heranziehung zu Unterhaltsleistungen verzögerten. Dementsprechend sieht der § 4 Z 4 UVG die Leistung von Unterhaltsvorschüssen auch vor Eintritt der Rechtskraft des Vaterschaftsfeststellungsurteils vor. Der Gesetzgeber ließ sich hiebei von der Erwägung leiten, daß es verhältnismäßig selten vorkommt, daß das Urteil erster Instanz, mit dem die Vaterschaft festgestellt wird, in der Folge geändert wird (276 BlgNR 14. GP 10 f), und nahm dabei in Kauf, daß bei rechtskräftiger Abweisung der Vaterschaftsfeststellungsklage die bereits ausbezahlten Unterhaltsvorschüsse mangels Rechtsgrundlage nicht einbringlich gemacht werden können. Nach den Materialien sollte für die Zeit bis zur rechtskräftigen Beendigung des Verfahrens auf Feststellung der Vaterschaft gleichsam das Vorhandensein eines Unterhaltsschuldners und eines rechtswirksamen Exekutionstitels fingiert werden. Wird das Urteil erster Instanz vom Berufungsgericht aufgehoben, so ist der Fall ähnlich dem gleichfalls unter § 20 Abs.1 Z 4 lit a UVG fallenden Einstellungsgrund, nämlich daß ein rechtswirksamer Unterhaltstitel nach Gewährung der Vorschüsse seine Rechtswirksamkeit verliert. Dies und der Zweck der Regelung des § 4 Z 4 UVG lassen es konsequent erscheinen, bei Aufhebung des der Unterhaltsbevorschussung zugrundeliegenden Vaterschaftsanerkenntnisses den Einstellungsgrund erst mit der Rechtswirksamkeit dieses Statutsurteiles anzunehmen.

Dem Revisionsrekurs war daher ein Erfolg zu versagen.

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