European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:0100OB00022.15F.0428.000
Spruch:
Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruch des Rekursgerichts mangels einer iSd § 62 Abs 1 AußStrG erheblichen Rechtsfrage nicht zulässig.
1. Es entspricht ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs, dass der Unterhaltspflichtige alle Kräfte anzuspannen hat, um seiner Verpflichtung zur angemessenen Unterhaltsleistung nachkommen zu können. Er muss alle seine persönlichen Fähigkeiten, insbesondere seine Arbeitskraft, so gut wie möglich einsetzen und seine Leistungskraft unter Berücksichtigung seiner Ausbildung und seines Könnens ausschöpfen (RIS‑Justiz RS0047686 [T4]). Zu den ihn treffenden Verhaltenspflichten gehört es, alle zumutbaren Anstrengungen zu unternehmen, um ein der Sachlage angemessenes Einkommen zu erzielen. Tut er dies nicht, wird er so behandelt, als bezöge er Einkünfte, die er bei zumutbarer Erwerbstätigkeit erzielen könnte (RIS‑Justiz RS0047686). Die „Anspannungstheorie“ greift aber nicht nur bei Arbeitsunwilligkeit, sondern auch dann Platz, wenn dem Unterhaltspflichtigen die Erzielung eines höheren als des tatsächlichen Einkommens zugemutet werden kann (RIS‑Justiz RS0047550).
1.1 Eine Anspannung auf tatsächlich nicht erzieltes Einkommen darf aber nur erfolgen, wenn eine zumindest leicht fahrlässige Herbeiführung des Einkommensmangels durch Außerachtlassung pflichtgemäßer, zumutbarer Einkommensbemühungen vorliegt (RIS‑Justiz RS0047495 [T2]). Der Anspannungsgrundsatz dient somit als eine Art Missbrauchsvorbehalt, wenn schuldhaft die zumutbare Erzielung von Einkünften versäumt wird, sodass der angemessene Unterhalt des Berechtigten nicht mehr gesichert ist (RIS‑Justiz RS0047511 [T2]).
2. Ob die Voraussetzungen für eine Anspannung im konkreten Fall gegeben sind oder nicht, richtet sich nach den konkreten Umständen des jeweiligen Einzelfalls. Die in diesem Zusammenhang zu beantwortenden Rechtsfragen sind regelmäßig nicht von der in § 62 Abs 1 AußStrG geforderten Qualität (RIS‑Justiz RS0113751; RS0007096). Auch die Frage, ob den Unterhaltsschuldner ein Verschulden daran trifft, dass er keine Erwerbstätigkeit ausübt, ist in der Regel keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 62 Abs 1 AußStrG (RIS‑Justiz RS0007096 [T5]).
3. Für eine etwaige Anspannung ist die potentielle Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen maßgeblich, wobei von seinen konkreten Lebensverhältnissen auszugehen ist, mit denen das erzielbare Einkommen in Einklang stehen muss. Dieses Einkommen ist an einer den subjektiven Fähigkeiten und der objektiven Arbeitsmarktlage entsprechenden (zumutbaren) Erwerbstätigkeit zu messen. Subjektive Fähigkeiten und Zumutbarkeit werden im Wesentlichen durch Alter, berufliche Ausbildung, körperliche und geistige Verfassung sowie familiäre Belastung bestimmt. Maßstab ist stets das Verhalten eines pflichtgemäßen rechtschaffenen Familienvaters (RIS‑Justiz RS0047495 [T2]).
4. Von diesen Grundsätzen der Rechtsprechung weicht die Ansicht des Rekursgerichts nicht ab, dem‑ mit drei kurzen Unterbrechungen ‑ zumindest seit 2007 arbeitslosen Vater wäre es zumutbar gewesen, ab 1. 12. 2007 eine außerhalb seines Berufsfelds als Schauspieler liegende Berufstätigkeit aufzunehmen, hätte er doch im Fall des Anbots einer Rolle diese andere Berufstätigkeit entsprechend zurückstellen oder allenfalls auch wieder aufkündigen können.
5. Nur wenn ein Unterhaltspflichtiger eine durch triftige Gründe (etwa durch Krankheit, Alter oder besondere berücksichtigungswürdige familiäre oder wirtschaftliche Gründe) verminderte Leistungsfähigkeit nachweist, kann ihm wegen der fehlenden Leistungsfähigkeit kein potentielles Einkommen unterstellt werden (6 Ob 91/04g). Der Ansicht des Rekursgerichts, auf Grundlage der vom Erstgericht getroffenen Feststellungen habe der Revisionsrekurswerber keine derartigen triftigen Gründe nachgewiesen, wird im Revisionsrekurs nichts Stichhaltiges entgegengesetzt. Die bereits vom Rekursgericht verneinten Mängel des Verfahrens erster Instanz im Zusammenhang mit der Einholung der medizinischen Sachverständigengutachten können auch im Außerstreitverfahren nicht mehr mit Erfolg in dritter Instanz geltend gemacht werden; sie können daher auch keinen Mangel des Rekursverfahrens begründen (RIS‑Justiz RS0030748). Die Frage, ob die Sachverständigengutachten die von den Vorinstanzen getroffenen Feststellungen rechtfertigen, gehört in das Gebiet der irrevisiblen Beweiswürdigung (RIS‑Justiz RS0043163). Die tatsächliche oder vermeintlich unrichtige Wiedergabe des Prozessvorbringens einer Partei stellt keine Aktenwidrigkeit dar ( RIS‑Justiz RS0041814).
Der Revisionsrekurs war daher als unzulässig zurückzuweisen.
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