LVwG Vorarlberg LVwG-1-697/2023-R13LVwG-1-698/2023-R13

LVwG VorarlbergLVwG-1-697/2023-R13LVwG-1-698/2023-R1322.7.2024

VersammlungsG 1953 §1
VersammlungsG 1953 §2 Abs1
StVO 1960 §76 Abs1
StVO 1960 §82 Abs1
StVO 1960 §99 Abs3 litd
StVO 1960 §92 Abs1
StVO 1960 §99 Abs3 litd
StVO 1960 §82 Abs1

European Case Law Identifier: ECLI:AT:LVWGVO:2024:LVwG.1.697.2023.R13

 

 

 

 

 

ImNamenderRepublik!

 

 

 

Erkenntnis

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Vorarlberg hat durch die Richterin Dr. Isabel Vonbank, LL.M., über die Beschwerde des W E, L, vertreten durch Doshi Akman & Partner Rechtsanwälte, Feldkirch, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft B vom 14.08.2023, Zl X, betreffend Übertretung des Versammlungsgesetzes (Spruchpunkt 1.) und Übertretungen der Straßenverkehrsordnung (Spruchpunkte 2. und 3.), nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung, zu Recht erkannt:

 

Gemäß § 50 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) wird der Beschwerde gegen

 

 Spruchpunkt 1. keine Folge gegeben und Spruchpunkt 1. des angefochtenen Straferkenntnisses bestätigt;

 Spruchpunkte 2. und 3. Folge gegeben, die Spruchpunkte 2. und 3. des angefochtenen Straferkenntnisses aufgehoben und die Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

Gemäß § 52 Abs 1 und 2 VwGVG hat der Beschwerdeführer einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens in Höhe von 20 % der über ihn zu Spruchpunkt 1. verhängten Geldstrafe, mindestens jedoch 10 Euro zu bezahlen. Daher ergibt sich ein Kostenbeitrag von 20 Euro. Dieser Betrag ist zusammen mit der Geldstrafe und dem Beitrag zu den Kosten des behördlichen Verfahrens an die Bezirkshauptmannschaft B zu entrichten.

 

Hinweis : Sie müssen somit einen Gesamtbetrag von 130 Euro binnen 14 Tagen an die Bezirkshauptmannschaft B bezahlen. Betreffend die Bezahlung der Strafe beachten Sie bitte die Anlage .

 

 

Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG) eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof unzulässig.

 

 

Begründung

 

1. Im angefochtenen Straferkenntnis wurde dem Beschuldigten vorgeworfen:

 

 

1.

Datum/Zeit: 03.03.2023, 13:27 Uhr bis 13:40 Uhr

Ort: xxxxB, B x, LPD Vorarlberg

Sie haben es als Veranstalter der öffentlich zugänglichen Versammlung zum Thema "Klima" welche am 03.03.2023 von 13:27 Uhr bis 13:40 Uhr in B beim X Kreisverkehr veranstaltet wurde, unterlassen, diese Versammlung spätestens 48 Stunden vor der beabsichtigten Abhaltung der zuständigen Behörde schriftlich anzuzeigen.

  

 

2.

Datum/Zeit: 03.03.2023, 13:27 Uhr bis 13:40 Uhr

Ort: xxxxB, B x, beim X Kreisverkehr

Sie haben als Fußgänger beim Betreten der Fahrbahn nicht auf den übrigen Verkehr achtgegeben, da sie ohne triftigen Grund bzw. lediglich zum Verschütten von Farbe die Fahrbahn beim X Kreisverkehr in B betreten haben. Sie haben bei erheblichem Verkehrsaufkommen die Fahrbahn beim X Kreisverkehr betreten.

3.

Datum/Zeit: 03.03.2023, 13:27 Uhr bis 13:40 Uhr

Ort: xxxxB, B x, beim X Kreisverkehr

Sie haben die Straße dadurch gröblich verunreinigt, indem Sie grüne Farbe auf die Fahrbahn beim X Kreisverkehr geschüttet haben, obwohl jede gröbliche oder die Sicherheit der Straßenbenützer gefährdende Verunreinigung der Straße durch feste oder flüssige Stoffe, insbesondere durch Schutt, Kehricht, Abfälle und Unrat aller Art, sowie das Ausgießen von Flüssigkeiten bei Gefahr einer Glatteisbildung verboten ist. Sie haben grüne Lebensmittelfarbe (Maisstärke) auf die Fahrbahn der L X beim X Kreisverkehr in B geschüttet. Der X Kreisverkehr musste dadurch bis 14:35 Uhr teils gesperrt werden. Nur durch einen Feuerwehreinsatz von 4 Fahrzeugen der Stadt B mit 20 Einsatzkräften konnte die Farbe abgewaschen werden.

  

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt:

1.

§ 2 Abs. 1 Versammlungsgesetz 1953, BGBl. Nr. 98/1953, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 63/2017

2.

§ 76 Abs. 1 StVO 1960, BGBl. Nr. 159/1960, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 122/2022

3.

§ 92 Abs. 1 StVO i.V.m. § 99 Abs. 4 lit. g StVO 1960, BGBl. Nr. 159/1960, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 39/2013

  

 

Wegen dieser Verwaltungsübertretung(en) wird (werden) über Sie folgende Strafe(n) verhängt:

Geldstrafe von

falls diese uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafe von

Gemäß

1.€ 100,00

 

5 Tage(n) 20 Stunde(n) 0 Minute(n)

§ 19 Versammlungsgesetz 1953, BGB l. Nr. 98/1953, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 50/2012

2.€ 70,00

 

1 Tage(n) 8 Stunde(n) 0 Minute(n)

§ 99 Abs. 3 lit. a Straßenverkehrsordnung 1960 - StVO 1960, BGBl. Nr. 159/1960, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 39/2013

3.€ 70,00

 

1 Tage(n) 22 Stunde(n) 0 Minute(n)

§ 99 Abs. 4 lit. g Straßenverkehrsordnung 1960 - StVO 1960, BGBl. Nr. 159/1960, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 39/2013

   

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG zu zahlen:

€ 30,00 als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10% der Strafe, jedoch mindestens € 10,00 für jedes Delikt (je ein Tag Freiheitsstrafe wird gleich € 100,00 angerechnet).

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher

€ 270,00“

 

 

2. Gegen dieses Straferkenntnis hat der Beschuldigte rechtzeitig Beschwerde erhoben. In dieser bringt er im Wesentlichen vor:

 

Bei dem Vorfall handle es sich weder um eine anzeigepflichtige Versammlung noch sei der Beschwerdeführer Veranstalter gewesen. Das Ausleeren von grüner Farbe bei einem Kreisverkehr durch den Beschwerdeführer stelle keine Versammlung iSd der höchstgerichtlichen Rechtsprechung dar.

 

Natürlich habe der Beschwerdeführer auf den Verkehr geachtet, bevor er auf den Kreisverkehr gegangen sei. Der Vorwurf sei hanebüchen. Es werde offenbar zwanghaft versucht dem Beschwerdeführer etwas anzuhängen.

 

Es liege kein Verstoß gegen § 92 StVO vor. Das Ausgießen von Flüssigkeit sei verboten, wenn die Gefahr von Glatteisbildung bestehe. Dies sei zum Tatzeitpunkt nicht der Fall gewesen. Die grüne Lebensmittelfarbe habe auch keine Gefahr für die anderen Verkehrsteilnehmer dargestellt. Es habe keine Veranlassung für den von der Behörde initiierten Feuerwehreinsatz gegeben. Die Farbe wäre beim nächsten Regen von selbst verschwunden.

 

3. Beweis wurde aufgenommen durch Einsichtnahme in den Behördenakt, Abspielen des Videos in der mündlichen Verhandlung und Einvernahme des Beschwerdeführers sowie der Zeugen BI M B, L S und W R.

 

4. Aufgrund des durchgeführten Beweisverfahrens steht folgender Sachverhalt als erwiesen fest:

 

4.1. Am 3.3.2023 hat der Beschwerdeführer gemeinsam mit einer weiteren Person (A P) zwischen 13.27 Uhr und 13.40 Uhr grüne Lebensmittelfarbe in xxxx B, R x, beim X-Kreisverkehr ausgeschüttet um auf das Greenwashing der Vorarlberger Landesregierung aufmerksam zu machen. Der Beschwerdeführer hat zu diesem Zweck Eimer mit grüner Lebensmittelfarbe mit einem Fahrradanhänger zum X-Kreisverkehr transportiert. Nachdem der Beschwerdeführer und die weitere Person die grüne Lebensmittelfarbe ausgeschüttet haben, hat der Beschwerdeführer die leeren Farbeimer mit seinem Fahrradanhänger wieder abtransportiert. Mehrere Personen, darunter L S, haben das Ausschütten der grünen Lebensmittelfarbe zu Dokumentationszwecken gefilmt und fotografiert. Teils sind diese Personen auf dem Gehsteig, teils auf dem Zebrastreifen und der Straße gestanden. Eine Person hat den Zebrastreifen vor dem Kreisverkehr (vor der Ein- und Ausfahrt L) mehrmals überquert und dadurch die Fahrzeuge gestoppt.

 

Der Beschwerdeführer hat sich im Vorfeld mit den anderen Teilnehmern über eine Signal-Chatgruppe zu der Aktion verabredet. Bei der Vorbereitung und Planung waren mehrere Personen beteiligt. Es wurde auch vereinbart, dass das Ausschütten der grünen Lebensmittelfarbe von weiteren Personen, unter anderem L S, mittels filmen und fotografieren dokumentiert wird. Die Dokumentation erfolgt nicht zuletzt zum Selbstschutz.

 

Der Beschwerdeführer hat die Versammlung nicht binnen 48 Stunden vor der beabsichtigten Abhaltung bei der zuständigen Behörde schriftlich angezeigt.

 

4.2. Als der Beschwerdeführer über den Zebrastreifen, Ausfahrt L, den X-Kreisverkehr betreten hat, haben sich im Kreisverkehr nur Fahrzeuge zwischen der Einfahrt B-Zentrum und der Ausfahrt L befunden. Der Beschwerdeführer hat auf den Verkehr geachtet. Er hat einem herannahenden Autofahrer, welcher den Kreisverkehr an der Ausfahrt L verlassen hat, zugewinkt und die Fahrzeuge beim Ausfahren aus dem Kreisverkehr nicht behindert. Der Beschwerdeführer hat die grüne Lebensmittelfarbe zwischen der Einfahrt L (S) und der Ausfahrt B-Zentrum ausgeschüttet. Während der Beschwerdeführer die grüne Lebensmittelfarbe ausgeschüttet hat, hat sich kein Fahrzeug in seiner Nähe befunden. Im Kreisverkehr haben sich zwischen der vorher genannten Ein- und Ausfahrt keine Fahrzeuge befunden.

 

5. Der festgestellte Sachverhalt fußt auf nachstehender Beweiswürdigung:

 

5.1. Der Beschwerdeführer hat angegeben, dass sie bei der Aktion zu zweit gewesen seien. Zweck der Aktion sei gewesen auf das Greenwashing der Landesregierung aufmerksam zu machen. Sie hätten nur signalisieren wollen, dass die Landesregierung nicht ihren Job mache, es sei nicht darum gegangen, dass sich andere Menschen an der Aktion beteiligen. Bei der Vorbereitung und Planung seien mehrere Personen dabei gewesen. Es handle sich um eine größere Gruppe in Vorarlberg. Die Verabredung sei über eine Signal-Chatgruppe erfolgt. Nicht zuletzt, um sich selbst zu schützen, werde immer organisiert, dass das Ganze per Film dokumentiert werde. Dementsprechend seien auch Personen dabei gewesen, die das Ganze mit dem Handy gefilmt hätten. Er wisse nicht einmal mehr, wie viele es gewesen seien und wer das organisiert habe. Diese Personen seien aber nicht in die Aktion verwickelt gewesen, ihre Funktion sei nur gewesen, das Ganze filmisch festzuhalten. Er könne sich nicht mehr 100-prozentig an den Namen der Personen erinnern, welche gefilmt hätten. Er glaube, dass Herr S eine dieser Personen gewesen sei. Er wisse nicht, ob die Presse vorab informiert worden sei. Die Personen, welche den Schutzweg betreten hätten, seien ihm nicht bekannt gewesen. Er habe sich mit diesen nicht im Vorfeld verabredet. Er sei beim Kreisverkehr nur mit Frau P verabredet gewesen.

Sie hätten bei der Aktion die Verkehrssituation insofern beobachtet, als sie geschaut hätten, ob Fußgänger die Fahrbahn auf dem Schutzweg überqueren. Durch das Überqueren hätten die Fahrzeuge angehalten und sie hätten den Kreisverkehr betreten können, ohne Fahrzeuge zu behindern. Sie hätten also auf den Verkehr achtgegeben.

 

Der Zeuge L S hat angegeben, dass er nicht mehr wisse, ob er gefilmt habe. Er habe Fotos geschossen. Er wolle keine Angaben darüber machen, ob es im Vorfeld abgesprochen gewesen sei, dass er diese Fotos schieße bzw. ob er an der Aktion beteiligt gewesen sei, da er sich nicht selbst belasten wolle.

Er wisse nicht genau, wie viele Personen an der Aktion beteiligt gewesen seien, er wisse nur, dass es nicht viele gewesen seien. Er wisse nicht, wer die Aktion geplant bzw. organisiert habe.

Er habe gesehen, wie der Beschwerdeführer die Fahrbahn betreten habe, ihm sei keine gefährliche Situation in Erinnerung.

 

Der Zeuge W R gab an, dass er Richtung B gefahren sei und ihm vor dem Zebrastreifen ein Fußgänger (nicht der Beschwerdeführer) vors Auto gesprungen sei. Er habe das Fahrzeug rechtzeitig zum Stehen bringen können und daraufhin die Situation, welche sich am Kreisverkehr abgespielt habe, beobachtet. Er habe mehrere Personen gesehen, welche sich am Zebrastreifen vor dem Kreisverkehr positioniert hätten. Eine Person habe Farbe Richtung Ausfahrt Kreisverkehr H verschüttet, eine andere Person habe Farbe gegenüberliegend im Kreisverkehr verschüttet. Drei Personen seien am Zebrastreifen gestanden. Eine habe gefilmt, eine sei gekniet und habe Fotos gemacht. Beide seien langhaarig gewesen, ob männlich oder weiblich wisse er nicht. Seiner Ansicht nach seien bei der Aktion vier bis fünf Personen beteiligt gewesen. Person 1 sei der Beschwerdeführer im Kreisverkehr gewesen, Person 2 sei die Dame im Kreisverkehr gewesen, Person 3 sei am Zebrastreifen gekniet und habe Fotos gemacht, Person 4 habe diese Situation Mitte der Fahrbahn am Zebrastreifen gefilmt und eine Person habe X-seitig am Zebrastreifen stehend die Situation beobachtet. Er habe das ziemlich gut beobachten können, da er das erste Fahrzeug vor dem Zebrastreifen gewesen sei. Er habe die Polizei gerufen.

 

Er könne sich erinnern, dass der Beschwerdeführer X-seitig über den Zebrastreifen den Kreisverkehr betreten habe. Er habe beim Betreten der Fahrbahn keine gefährliche Situation wahrgenommen. Der Beschwerdeführer sei vom Zebrastreifen in die Fahrbahn des Kreisverkehrs hineingelaufen. Es habe sich zu diesem Zeitpunkt kein Fahrzeug in der Nähe befunden.

 

Der Zeuge BI M B gab an, dass ihnen mitgeteilt worden sei, dass beim X-Kreisverkehr grüne Farbe ausgeschüttet worden sei und dass es zu einem Verkehrsstau gekommen sei. In weiterer Folge seien mehrere Streifen von der PI B und umliegende Einsatzkräfte zum X-Kreisverkehr gefahren. Dort hätten sie nur noch die Farbe feststellen können. Eine Streife habe die Identität von Herrn L S klären können. Dieser dürfe gefilmt haben. Er glaube, dass es sich bei der Person, welche mit der Kamera gefilmt habe, um jemanden von der Presse gehandelt habe. Die Polizei ginge anhand des Videos davon aus, dass zumindest folgende fünf Personen an der Aktion beteiligt gewesen seien: der Beschwerdeführer, welcher grüne Farbe ausgeschüttet habe, Frau Dr. A P, die zweite Person, die Farbe ausgeschüttet habe, Herr S L, welcher bei Sekunde 25 auf dem Video erkennbar sei und die Aktion mit dem Handy gefilmt habe und die unbekannte Dame in der roten Jacke, welche ebenfalls bei Sekunde 25 erkennbar sei. Nicht sicher seien sie sich bei dem Herrn mit dem roten Rucksack, erkennbar bei Sekunde 17 des Videos, gewesen. Dieser habe die Aktion ebenfalls gefilmt. Obwohl mehrere Personen die Aktion gefilmt hätten, rechne er Herrn S als Aktionsteilnehmer, da dieser zeitgleich mit der Dame in der roten Jacke die Fahrzeuge gestoppt habe, indem sie über den Zebrastreifen gegangen seien. Die Dame sei dann auf dem Zebrastreifen hin und her gelaufen und Herr S sei in der Mitte des Zebrastreifens gekniet und habe gefilmt. Das entnehme er dem Video, er selbst sei ja nicht unmittelbar beim Vorfall dabei gewesen. Was Herrn S für ihn von einem unbeteiligten Passanten abgehoben habe, sei gewesen, dass er die Straße passiert habe und sich dann mittig niedergekniet und gefilmt habe. Zu diesem Zeitpunkt sei ja noch nicht ersichtlich gewesen, was die Personen ausführen wollten. Die Presse sei vor Ort war gewesen, da die Personen ja entsprechende Publicity wollten. Seines Wissens werde die Presse in der Regel vorab informiert, dass etwas geplant sei.Er habe den Beschwerdeführer wegen Spruchpunkt 2. angezeigt, da er durch seine Aktion den Verkehr behindert habe. Für ihn gehöre das Verweilen auf der Fahrbahn zum Betreten dazu.

 

5.2. Das in der Anzeige angeführte Video wurde vom Meldungsleger BI B vor der (ersten) mündlichen Verhandlung an das Landesverwaltungsgericht übermittelt und in der mündlichen Verhandlung abgespielt. Die Videoaufzeichnung deckt sich mit den in den wesentlichen Punkten übereinstimmenden Aussagen der einvernommenen Personen. Auch ist anhand des Videos erkennbar, dass der Beschwerdeführer mit seinem Fahrradanhänger die Eimer mit grüner Lebensmittelfarbe, welche von A P und ihm ausgeschüttet wurden, zum X-Kreisverkehr hin- und die leeren Eimer wegtransportiert hat. Aufgrund der im Einklang stehenden Ergebnisse der Beweismittel konnten die Feststellungen (Punkt 4.) getroffen werden.

 

5.3. Das Vorbringen des Rechtsvertreters in der mündlichen Verhandlung, dass die Protestaktion des Beschwerdeführers in sozialen Medien angekündigt worden sei und der Beschwerdeführer selbst keinen Einfluss darauf gehabt hätte, ob der Zeuge S oder auch andere Personen die Aktion filmen bzw. fotografieren, wird durch die Aussage des Beschwerdeführers widerlegt. So hat dieser angegeben, dass über die Signal-Chatgruppe organisiert worden sei, dass das Ganze, nicht zuletzt auch zum Selbstschutz, per Film dokumentiert werde. Dementsprechend seien auch Personen, unter anderem L S, dabei gewesen, die das Ganze mit dem Handy gefilmt hätten.

 

6. Spruchpunkt 1.:

 

6.1. Versammlungsgesetz 1953 (VersammlungsG):

 

§ 2 VersammlungsG, BGBl. Nr. 98/1953 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 63/2017

(1) Wer eine Volksversammlung oder überhaupt eine allgemein zugängliche Versammlung ohne Beschränkung auf geladene Gäste veranstalten will, muß dies wenigstens 48 Stunden vor der beabsichtigten Abhaltung unter Angabe des Zweckes, des Ortes und der Zeit der Versammlung der Behörde (§ 16) schriftlich anzeigen. Die Anzeige muß spätestens 48 Stunden vor dem Zeitpunkt der beabsichtigten Versammlung bei der Behörde einlangen.

[…]

 

§ 19 VersammlungsG,BGBl. Nr. 98/1953 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 50/2012

Übertretungen dieses Gesetzes sind, insofern darauf das allgemeine Strafgesetz keine Anwendung findet, von der Bezirksverwaltungsbehörde, im Gebiet einer Gemeinde, für das die Landespolizeidirektion zugleich Sicherheitsbehörde erster Instanz ist, aber von der Landespolizeidirektion, mit Arrest bis zu sechs Wochen oder mit Geldstrafe bis zu 720 Euro zu ahnden.

 

6.2. Rechtliche Beurteilung:

 

6.2.1. Zentrale Frage im gegenständlichen Verfahren ist, ob das Verschütten von grüner Lebensmittelfarbe durch den Beschwerdeführer und eine weitere Person im X-Kreisverkehr um auf das Greenwashing der Landesregierung aufmerksam zu machen sowie das Filmen bzw. Fotografieren dieser Aktion durch weitere Personen zu Dokumentationszwecken und das Stoppen von Fahrzeugen durch das mehrmalige Überqueren des Zebrastreifens durch eine weitere Person eine Versammlung im Sinne des § 2 des VersammlungsG, welche durch den Beschwerdeführer als Veranstaltungsteilnehmer veranstaltet wurde, war.

 

6.2.2. Das VersammlungsG definiert den Begriff der von ihm erfassten „Versammlung“ nicht. Der Verfassungsgerichtshof wertet eine Zusammenkunft mehrerer Menschen dann als Versammlung im Sinne des VersammlungsG, wenn sie in der Absicht veranstaltet wird, die Anwesenden zu einem gemeinsamen Wirken (Debatte, Diskussion, Manifestation usw.) zu bringen, sodass eine gewisse Assoziation der Zusammengekommenen entsteht (vgl. VfGH 29.9.1989, B 706/89, mit weiteren Hinweisen).

 

Die Beurteilung, ob eine Zusammenkunft eine Versammlung ist, hat sich primär an ihrem Zweck und den Elementen der äußeren Erscheinungsformen (wozu die näheren Modalitäten, die Dauer und die Anzahl der Teilnehmer der Veranstaltung gehören) zu orientieren. Dabei kommt es auf das erkennbar geplante Geschehen und nicht etwa darauf an, ob die beabsichtigte Zusammenkunft vom Veranstalter bei der Behörde formal als „Versammlung“ angezeigt wurde (VfSlg 11.651/1988).

 

Auch hat der Verfassungsgerichtshof in der Vergangenheit selbst dann, wenn (zwar inhaltlich nicht näher spezifizierte) künstlerische Darbietungen (vgl. VfSlg 15.109/1998 zu einer Kundgebung samt Vorführung aztekischer Tänze) ein Element des Zusammentreffens waren, nicht von vornherein das Vorliegen einer Versammlung verneint, weil stets das Gesamtkonzept und insbesondere das damit intendierte gemeinsame „politische“ Wirken – hier der Klimaschutz – zu beurteilen sind (vgl. auch VfSlg 9783/1983 zu einer sogenannten „Veranstaltung gemischten Charakters“, auf welche der Versammlungsbegriff des VersammlungsG uneingeschränkt Anwendung findet).

 

Maßgeblich für die Qualifikation als Versammlung ist, dass es sich um ein einer politischen Zielsetzung dienende, allgemein zugängliche und nicht auf geladene Gäste beschränkte (§ 2 Abs1 erster Satz VersammlungsG; vgl. dazu VfSlg 7762/1976, 9783/1983, 10.443/1985) Zusammentreffen von Menschen zum Austausch und zur Diskussion handelt.

 

Das gemeinsame Ausschütten von grüner Lebensmittelfarbe mit der Zielsetzung auf das Greenwashing der Vorarlberger Landesregierung aufmerksam zu machen und das filmische und fotografische Dokumentieren sowie das Unterstützen dieser Aktion stellen ein kollektives politisches Wirken dar. Mag es auch Elemente einer Veranstaltung geben, überwiegt bei einer Gesamtbetrachtung der vorliegenden Konstellation das gemeinsame Wirken der Zusammengekommenen unter dem Generalthema „Klimaschutz“, sodass im Ergebnis der Versammlungscharakter dieser Aktion zu bejahen ist.

 

Auch ist die Untergrenze an Teilnehmern an einer Versammlung, welche bei (zumindest) drei anzusetzen ist (Keplinger, Versammlungsrecht, S 74 mit weiteren Literaturhinweisen), erreicht.

 

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes kommt unter Berücksichtigung der vom Verfassungsgerichtshof aufgestellten Definition der Versammlung - Zusammenkunft mehrerer Menschen, wenn sie in der Absicht veranstaltet wird, die Anwesenden zu einem gemeinsamen Wirken (Debatte, Diskussion, Manifestation usw.) zu bringen, sodass eine gewisse Assoziation der Zusammengekommenen entsteht - jedem Anwesenden, der die Absicht hat, dieses gemeinsame Wirken - in welcher Form auch immer - zu fördern, mag er sich auch nicht unmittelbar mündlich, schriftlich oder durch Zeichen artikulieren, eine einem Versammlungsteilnehmer zumindest ähnliche Stellung zu (vgl. VwGH 18.05.2009, 2009/17/0047).

 

Im vorliegenden Fall haben sich mehrere Personen mittels der Signal-Chatgruppe zu der Aktion verabredet. Jeder Person kam gemäß der Absprache eine andere Aufgabe zu. L S und andere Personen haben mit den weiteren Teilnehmern der Versammlung abgemacht, den Ablauf der Versammlung zu dokumentieren. Diese Personen handelten insofern im Interesse der anderen Versammlungsteilnehmer, als sie deren Teilnahme an der Veranstaltung unterstützen sollten, indem ihre Dokumentation auch dem Selbstschutz der Versammlungsteilnehmer diente. Schon aus diesem Grund diente die Anwesenheit dieser Personen im Sinne der Förderung der Teilnahme der Versammlungsteilnehmer an der Manifestation dem Veranstaltungszweck. Die dokumentierende Tätigkeit hat das Verhalten aller Mitglieder der Gruppe der Versammlungsteilnehmer erfasst. Die dokumentierenden Personen haben die Interessen aller Versammlungsteilnehmer wahrgenommen. Dies spricht für die Annahme, dass diese Personen durch ihre Dokumentationstätigkeit den Zweck der Veranstaltung zu fördern beabsichtigt haben.

 

Durch die mit den anderen Veranstaltungsteilnehmern erfolgte Absprache unterscheidet sich die Stellung dieser Personen auch von jener, die Personen zukommt, welche unabhängig von einer Absprache mit den anderen Teilnehmern oder einem Auftrag durch die anderen Teilnehmer zum Zwecke der öffentlichen Berichterstattung dokumentieren (vgl. VwGH 18.05.2009, 2009/17/0047).

 

Das Vorbringen des Rechtsvertreters in der mündlichen Verhandlung, dass der Beschwerdeführer selbst keinen Einfluss darauf gehabt hätte, ob der Zeuge S oder auch andere Personen die Aktion filmen bzw. fotografieren, wurde bereits unter Punkt 5.3. behandelt.

 

Das vorher Gesagte – Förderung des Veranstaltungszwecks - gilt auch für die Person, welche mehrmals den Zebrastreifen überquert hat um die Fahrzeuge zu stoppen.

 

Die vorher genannten Personen haben mit verschiedenen Aufgaben (grüne Lebensmittelfarbe ausschütten, Aktion dokumentieren, Aktion durch Stoppen der Autos unterstützen) an der Versammlung teilgenommen.

 

6.2.3. Veranstalter einer Versammlung im Sinne des VersammlungsG ist eine natürliche oder juristische Person, die die Versammlung einberuft, also zu ihr einlädt oder sie organisiert; das ist der Einberufer, Initiator oder Planer der Versammlung. Veranstalter ist sohin, wer in den potenziellen Teilnehmern den Willen zum Sichversammeln hervorrufen will, was regelmäßig in Form einer Einladung (durch Plakate, persönliches Anschreiben, Aufrufe in Zeitschriften, im Internet etc.) erfolgt. Bloß geringfügige Unterstützungshandlungen bei der Organisation und Durchführung der Versammlung begründen keine Veranstaltereigenschaft. Der Veranstalter muss an der (späteren) Versammlung auch nicht teilnehmen (VwGH 22.2.2018, Ra 2017/01/0359 E 22).

 

Vorliegend wurde die Versammlung am 3.3.2023 bei der Versammlungsbehörde nicht angezeigt.

 

Wird eine Versammlung nicht angezeigt, ist zunächst jene Person als Veranstalter anzusehen, die in den anderen Versammlungsteilnehmern den Willen zum Sichversammeln hervorgerufen hat. Darüber hinaus gilt als Veranstalter auch eine Person, die in der Öffentlichkeit oder gegenüber der Behörde als solcher auftritt, weiters, wer eine führende Rolle in der Versammlung einnimmt (VwGH 8.4.2024, Ro 2024/01/0001). Unter einer führenden Rolle sind etwa Bestimmung der Richtung des Demonstrationszuges, Aufruf, behördliche Anordnungen zu befolgen bzw. nicht zu befolgen, Bestimmung des Zeitpunkts der Beendigung der Versammlung etc., zu verstehen (vgl. VwGH 22.03.2018, Ra 2017/01/0359).

 

Ziel der Versammlung war durch das Ausschütten von grüner Lebensmittelfarbe auf das Greenwashing der Vorarlberger Landesregierung aufmerksam zu machen. Durch das Ausschütten der grünen Lebensmittelfarbe hat der Beschwerdeführer eine zentrale und führende Rolle in der Versammlung eingenommen. Durch sein Verhalten – Hin- und Wegtransport der Farbeimer für die Aktion, Ausschütten der Farbe – wurden der Zeitpunkt des Beginns und der Beendigung der Versammlung bestimmt. Die von der höchstgerichtlichen Rechtsprechung aufgestellten Kriterien für die Eigenschaft als Veranstalter einer Versammlung sind im vorliegenden Fall erfüllt, weshalb der Beschwerdeführer als Veranstalter im Sinne des § 2 Abs 1 VersammlungsG anzusehen ist.

 

6.2.4. Den Veranstalter trifft die - durch § 19 VersammlungsG verwaltungsstrafrechlich sanktionierte Pflicht, die Versammlung gemäß § 2 Abs 1 VersammlungsG anzuzeigen (VwGH 8.4.2024, Ro 2024/01/0001). Durch das Unterlassen der Anzeige hat der Beschwerdeführer den objektiven Tatbestand der inkriminierten Verwaltungsübertretung erfüllt.

 

Gemäß § 5 Abs 1 VStG genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Im Rahmen der Glaubhaftmachung ist es Aufgabe des Beschuldigten, initiativ zu werden und von sich aus ein geeignetes Vorbringen zu erstatten und hierfür Bescheinigungsmittel anzubieten (vgl VwGH 15.05.1990, 89/02/0108). Der Beschwerdeführer hat kein Vorbringen erstattet, das geeignet war, ein mangelndes Verschulden aufzuzeigen. Die angelastete Tat ist daher auch subjektiv vorwerfbar.

 

6.3. Strafbemessung:

Gemäß § 19 Verwaltungsstrafgesetz (VStG) iVm § 38 VwGVG sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat. Im ordentlichen Verfahren sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs‑ und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens‑ und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Schutzzweck des § 2 VersG ist es insbesondere, durch rechtzeitige Anzeige der Abhaltung einer öffentlich zugänglichen Versammlung den zuständigen Behörden zu ermöglichen, allenfalls erforderliche Vorkehrungen wie etwa Verkehrsumleitungen zu treffen, insbesondere für Menschen, die ein gleichberechtigtes Interesse an der Bewältigung ihres Alltages haben - so wie die sich Versammelnden ein solches Interesse an der Versammlung - und die Straßen benutzen wollen um ungehindert ihren täglichen Geschäften nachgehen zu können. Diesem Schutzzweck hat der Beschwerdeführer zuwidergehandelt. Als Verschuldensform wird zumindest von Fahrlässigkeit ausgegangen.

Der Beschwerdeführer verweist darauf, dass das Landesverwaltungsgericht im Erkenntnis zur Zahl LVwG-1-14/2023-R16 den Klimanotstand ua als Milderungsgrund anerkannt hätte.

 

Dem ist zu entgegnen, dass in Zusammenschau mit § 32 Abs 2 zweiter Satz StGB „achtenswerte“ Beweggründe (nur) solche sind, die auch einem rechtstreuen Menschen die Begehung einer strafbaren Handlung nahelegen. Dass das Tatmotiv bloß „menschlich begreiflich“ ist, wie im vorliegenden Falle, macht es noch nicht in jedem Fall „achtenswert“ iSd § 34 Z 3 StGB (dazu siehe Leukauf/Steininger, Kommentar zum StGB4, § 34 Rz 8). Darüber hinaus wird in diesem Zusammenhang übersehen, dass im Schutzbereich des Grundrechtes auf Versammlungsfreiheit nicht zwischen der Bekundung achtenswerter Anliegen und weniger bzw. gar nicht anerkannter Meinungen oder gesellschaftspolitischen strittigen Anliegen, sofern diese nicht als gesetzwidrig einzustufen wären, zu unterscheiden ist. Schützenswert ist nämlich die Bekundung der freien Meinung im öffentlichen Raum an sich, somit eben nicht auf den (konkreten) Inhalt des in einer Versammlung zu verlautbaren Anliegens abzustellen ist.

 

In einer rechtsstaatlichen, pluralistischen Demokratie wie sie in Österreich Staatsform ist, stehen zahlreiche legale Möglichkeiten offen, um auf gesellschaftspolitische sowie umweltpolitische Anliegen aufmerksam zu machen (LVwG Wien 09.05.2023, VGW-031/046/15700/2022). Es wäre somit nicht erforderlich gewesen, eine behördlich nicht angemeldete Versammlung abzuhalten, um auf das ohne Zweifel gewichtige Anliegen, die erforderlichen gesetzlichen Maßnahmen gegen die Klimakatastrophe zu setzen, aufmerksam zu machen. Vielmehr hätte die Versammlung bei der Behörde angemeldet werden können, um dasselbe Ergebnis zu erreichen.

 

In diese Richtung auch Riffel in Höpfel/Ratz, WK2 StGB § 34 Rz 10/2, wonach die Durchsetzung politischer Ziele auf dem in der Rechtsordnung vorgesehenen Weg zu erfolgen hat. Nur dort, wo durch an sich strafbares Verhalten ein dieser Rechtsordnung entsprechender Zustand (erst) erreicht werden soll, kann sich die Frage eines achtenswerten Motivs stellen.

 

Das Vorgehen der Versammlungsteilnehmer verfolgt ohne Zweifel auch den Zweck, möglichst hohe Aufmerksamkeit für die eigenen Anliegen zu erzeugen. Dadurch wurde auch die Öffentlichkeit gravierend gestört, insbesondere auch damit, dass durch die Aktion am Versammlungsort Einsatzkräfte gebunden waren, die vielleicht andernorts vonnöten gewesen wären.

 

Entgegen den Ausführungen des Beschwerdeführers kann im Zusammenhang mit dem Sachverhalt und der dadurch verwirklichten vorliegenden Übertretung nicht der Milderungsgrund der „achtenswerten Beweggründe“ erkannt werden.

 

Der Beschwerdeführer war zum Tatzeitpunkt verwaltungsstrafrechtlich unbescholten. Die Bestrafung nach § 7 VersammlungsG ist am 14.05.2023 in Rechtskraft erwachsen. Erschwerungsgründe sind keine hervorgekommen.

 

Der Beschwerdeführer hat angegeben, dass er monatlich 1.400 Euro verdient und keine Sorgepflichten hat.

 

Die verhängte Strafe von 100 Euro beträgt nicht einmal 14 Prozent des zur Anwendung kommenden Strafrahmens von bis zu 720 Euro.

 

Unter Würdigung des vorgetragenen Sachverhaltes und der persönlichen Verhältnisse des Beschwerdeführers findet das Landesverwaltungsgericht die von der Behörde festgesetzte Strafe schuld‑, tat‑, vermögens‑ und einkommensangemessen.

 

7. Spruchpunkt 2.:

 

7.1. Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO):

 

§ 76 StVO, BGBl. Nr. 159/1960 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 122/2022

Fußverkehr

(1) Fußgänger haben, auch wenn sie Kinderwagen oder Rollstühle schieben oder ziehen, auf Gehsteigen oder Gehwegen zu gehen, sofern dies zumutbar ist; beim Betreten der Fahrbahn ist auf den übrigen Verkehr achtzugeben. Sind Gehsteige oder Gehwege nicht vorhanden, so haben Fußgänger das Straßenbankett und, wenn auch dieses fehlt, den äußersten Fahrbahnrand zu benützen; hiebei haben sie auf Freilandstraßen, außer im Falle der Unzumutbarkeit, auf dem linken Straßenbankett (auf dem linken Fahrbahnrand) zu gehen. Benützer von selbstfahrenden Rollstühlen dürfen Gehsteige, Gehwege und Fußgängerzonen in Schrittgeschwindigkeit befahren.

[…]

 

§ 99 StVO, BGBl. Nr. 159/1960 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 154/2021

Strafbestimmungen

(3) Eine Verwaltungsübertretung begeht und ist mit einer Geldstrafe bis zu 726 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen, zu bestrafen,

a) wer als Lenker eines Fahrzeuges, als Fußgänger, als Reiter oder als Treiber oder Führer von Vieh gegen die Vorschriften dieses Bundesgesetzes oder der auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen verstößt und das Verhalten nicht nach den Abs. 1, 1a, 1b, 2, 2a, 2b, 2c, 2d, 2e oder 4 zu bestrafen ist,

[…]

d) wer Straßen ohne Bewilligung zu verkehrsfremden Zwecken (X. Abschnitt) benützt, insbesondere ohne Bewilligung eine nach § 82 bewilligungspflichtige Tätigkeit oder Herstellung vornimmt oder ohne Bewilligung sportliche Veranstaltungen nach § 64 abhält,

[…]

(4) Eine Verwaltungsübertretung begeht und ist mit einer Geldstrafe bis zu 72 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe bis zu 48 Stunden, zu bestrafen,

[…]

c) wer Versammlungen, öffentliche oder ortsübliche Umzüge, volkstümliche Feste, Prozessionen und Leichenbegängnisse nicht gemäß § 86 anzeigt,

[…]

 

7.2. § 76 Abs 1 StVO enthält mehrere Verhaltenspflichten für Fußgänger. Die bisherige Bestimmung in Satz 1, dass ein Fußgänger die Fahrbahn nicht überraschend betreten darf, wurde mit der 33. StVO-Nov durch das Gebot, „auf den übrigen Verkehr achtzugeben“, ersetzt. Die Bestimmung stellt jedoch nach wie vor auf das „Betreten der Fahrbahn“ und nicht auf das „Verweilen auf der Fahrbahn“ ab.

 

Die belangte Behörde hat dem Beschwerdeführer im Spruch zur Last gelegt, dass er als Fußgänger beim Betreten der Fahrbahn nicht auf den übrigen Verkehr achtgegeben hat, da er den Kreisverkehr ohne trifftigen Grund bzw. lediglich zum Verschütten von Farbe den Kreisverkehr betreten hat. Er habe den Kreisverkehr bei erheblichem Verkehrsaufkommen betreten. Wie das Beweisverfahren jedoch ergeben hat, hat sich zum Zeitpunkt, als der Beschwerdeführer den Kreisverkehr betreten hat, kein Fahrzeug in der Nähe befunden. Der Tatvorwurf ist somit bereits schon aus diesem Grund unrichtig.

 

Auch regelt § 76 StVO, wo Fußgänger zu gehen haben und dass sie beim Betreten der Fahrbahn auf den übrigen Verkehr achtzugeben haben. Von dieser Bestimmung ist jedoch das Verhalten einer Person, die sich auf die Fahrbahn begibt und grüne Lebensmittelfarbe verschüttet um auf das Greenwashing der Vorarlberger Landesregierung aufmerksam zu machen, nicht erfasst. Wer sich auf eine Straße begibt um einen bestimmten Zweck zu erreichen, ist aus diesem Grund nicht „Fußgänger“ im Sinne dieser Bestimmung. Wer sich bewusst auf die Straße stellt und grüne Farbe verschüttet, um – wie im vorliegenden Sachverhalt – den Verkehr in einer bestimmten Absicht zu behindern, benützt die Straße nicht mehr zum Gehen, sondern zu einem verkehrsfremden Zweck (vgl. VwGH 24.03.1982, 3162/80: Wer sich auf die Fahrbahn legt und den Verkehr behindert, um dadurch auf die ungeklärten Besitzverhältnisse am Straßengrund aufmerksam zu machen, ist nicht „Fußgänger“ im Sinne des § 76 Abs 1 StVO. Ein solches Verhalten verwirklicht den Tatbestand des § 99 Abs 3 lit d StVO, demzufolge jede Benützung einer Straße zu verkehrsfremden Zwecken ohne Bewilligung verboten ist, sofern das Gesetz für ein solches Verhalten nicht einen eigenen Straftatbestand vorsieht.).

 

Sofern für ein solches Verhalten nicht ausnahmsweise die Bewilligung gemäß § 82 StVO vorliegt oder es sonst etwa gemäß § 86 StVO ausnahmsweise zulässig wäre, wäre dadurch eine Verwirklichung der Tatbestände des § 99 Abs 3 lit d StVO, allenfalls auch gemäß § 99 Abs 4 lit c StVO zu prüfen.

 

 

8. Spruchpunkt 3.:

 

8.1. Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO):

 

§ 92 StVO, BGBl. Nr. 159/1960 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 39/2013

Verunreinigung der Straße

(1) Jede gröbliche oder die Sicherheit der Straßenbenützer gefährdende Verunreinigung der Straße durch feste oder flüssige Stoffe, insbesondere durch Schutt, Kehricht, Abfälle und Unrat aller Art, sowie das Ausgießen von Flüssigkeiten bei Gefahr einer Glatteisbildung ist verboten. Haften an einem Fahrzeug, insbesondere auf seinen Rädern, größere Erdmengen, so hat sie der Lenker vor dem Einfahren auf eine staubfreie Straße zu entfernen.

[…]

 

§ 99 StVO, BGBl. Nr. 159/1960 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 154/2021

Strafbestimmungen

[…]

(3) Eine Verwaltungsübertretung begeht und ist mit einer Geldstrafe bis zu 726 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen, zu bestrafen,

[…]

d) wer Straßen ohne Bewilligung zu verkehrsfremden Zwecken (X. Abschnitt) benützt, insbesondere ohne Bewilligung eine nach § 82 bewilligungspflichtige Tätigkeit oder Herstellung vornimmt oder ohne Bewilligung sportliche Veranstaltungen nach § 64 abhält,

[…]

(4) Eine Verwaltungsübertretung begeht und ist mit einer Geldstrafe bis zu 72 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe bis zu 48 Stunden, zu bestrafen,

[…]

c) wer Versammlungen, öffentliche oder ortsübliche Umzüge, volkstümliche Feste, Prozessionen und Leichenbegängnisse nicht gemäß § 86 anzeigt,

[…]

g) wer Straßen gröblich verunreinigt oder als Besitzer oder Verwahrer eines Hundes die in § 92 bezeichnete Sorgfaltpflicht verletzt,

[…]

 

8.2. Wer grüne Lebensmittelfarbe auf die Straße schüttet, um dadurch auf das Greenwashing der Vorarlberger Landesregierung aufmerksam zu machen, verwirklicht nicht den Tatbestand des § 92 Abs 1 StVO, sondern den des § 99 Abs 3 lit d StVO. Die Verunreinigung einer Straße ohne einen damit verbundenen Zweck ist hingegen dem Tatbestand des § 99 Abs 1 StVO zu unterstellen. Die Verunreinigung einer Straße in der Absicht, sie dadurch zu einem dem Verkehr fremden Zweck zu benützen, verwirklicht den Tatbestand des § 99 Abs 3 lit d StVO. Die zweckentfremdete Benützung einer Straße kann auch durch eine Verunreinigung (der im Abs 1 beschriebenen Art) verwirklicht werden. In einem solchen Falle stellt jedoch § 99 Abs 3 lit d StVO die lex specialis gegenüber § 92 Abs 1 StVO dar (vgl VwGH 12. 5. 1982, 3211/80 ÖJZ 1983, 190: Wer Schotter auf die Straße schaufelt, um dadurch auf strittige Besitzverhältnisse am Straßengrund aufmerksam zu machen, verwirklicht nicht den Tatbestand des § 92 Abs 1 StVO, sondern den des § 99 Abs 3 lit d StVO). Der dem Beschwerdeführer gemachte Tatvorwurf ist somit unrichtig.

 

9.1. Spruchpunkt 1.:

Die Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

9.2. Spruchpunkte 2. und 3.:

Gemäß § 25a Abs 4 VwGG ist eine Revision wegen Verletzung in Rechten nach Art 133 Abs 6 Z 1 B-VG nicht zulässig, wenn in einer Verwaltungsstrafsache oder einer Finanzstrafsache eine Geldstrafe von bis zu 750 Euro und keine Freiheitsstrafe verhängt werden durfte und im Erkenntnis eine Geldstrafe von bis zu 400 Euro verhängt wurde. Im vorliegenden Fall durfte eine Geldstrafe von bis zu 726 Euro und keine Freiheitsstrafe verhängt werden. Auch wurden im Erkenntnis nur Geldstrafen von jeweils 70 Euro ausgesprochen. Eine Revision wegen Verletzung in Rechten gemäß Art 133 Abs 6 Z 1 B-VG ist daher nicht zulässig.

 

 

 

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