VStG §49 Abs2
European Case Law Identifier: ECLI:AT:LVWGWI:2023:VGW.031.046.15700.2022
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Verwaltungsgericht Wien hat durch seinen Richter Mag. Schmied über die Beschwerde des Herrn A. B., vertreten durch RA, gegen das Straferkenntnis der Landespolizeidirektion Wien, Polizeikommissariat C., vom 7.11.2022, Zl. ..., mit welchem über die Höhe der mit Strafverfügung vom 17.10.2022 wegen einer Übertretung des § 76 Abs. 1 StVO verhängten Strafe abgesprochen wurde und die Strafe der Höhe nach bestätigt wurde, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 24.3.2023 durch Verkündung
zu Recht e r k a n n t:
I. Gemäß § 50 Abs. 1 VwGVG wird die Beschwerde, soweit sie sich gegen den Schuldspruch richtet, wegen entschiedener Sache zurückgewiesen. Soweit sich die Beschwerde gegen den Strafausspruch richtet, wird sie abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.
II. Gemäß § 52 Abs. 1 und 2 VwGVG wird dem Beschwerdeführer ein Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens von 18,- Euro, das sind 20% der verhängten Geldstrafe vorgeschrieben.
III. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
Sachverhalt:
Aufgrund der diesbezüglich unbestrittenen Aktenlage wird als erwiesen festgestellt, dass mit Strafverfügung der belangten Behörde vom 17.10.2022 über den Beschwerdeführer wegen einer Übertretung des § 76 Abs. 1 StVO eine Geldstrafe von 90,-- Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von einem Tag und 17 Stunden, verhängt wurde und der Beschwerdeführer dagegen durch seinen anwaltlichen Vertreter fristgerecht Einspruch erhoben hat. Im Einspruch wird ausgeführt, die Strafhöhe stehe in keinem Verhältnis zum Unrechts- und Schuldgehalt der vorgeworfenen Verwaltungs-übertretung. Der Einspruchswerber verfüge über kein gutes Einkommen und sei der Tat das hehre Motiv des Klimaschutzes zu Grunde gelegen, was als strafmildernd zu werten gewesen wäre. Daher werde der Antrag gestellt, die Strafe erheblich, und zwar auf 30,-- Euro zu reduzieren. Auf den Schuldspruch wird im Einspruch mit keinem Wort eingegangen.
Aufgrund der diesbezüglich gleichfalls unbestritten gebliebenen Aktenlage wird des Weiteren als erwiesen festgestellt, dass die Behörde den Einspruch bloß als gegen die Strafhöhe gerichtet qualifiziert und mit dem gegenständlich angefochtenen Straferkenntnis auch nur über die Strafhöhe abgesprochen hat, die gegenständliche Beschwerde sich aber gegen Schuld und Strafe richtet.
Aufgrund der Anzeige und des damit im Einklang stehenden Beschwerdevorbringens wird schließlich unstrittig als erwiesen festgestellt, dass die in Rede stehende Übertretung des § 76 Abs. 1 StVO im Zuge einer Spontanversammlung der Gruppe „D.“ begangen wurde. Der Beschwerdeführer wurde als eine von drei Personen an ein Metallgerüst gekettet auf der Fahrbahn der E. Straße von Polizeibeamten angetroffen. Nach Lösen der Kette durch die Exekutivbeamten verließ der Beschwerdeführer freiwillig die Fahrbahn. Die Einsatzkräfte der Polizei waren um 09.05 Uhr zum Tatort beordert worden, die Freigabe der Fahrbahn für den Fahrzeugverkehr erfolgte um 09.38 Uhr. Ziel der Aktion, an welcher der Beschwerdeführer teilgenommen hatte, war es, dem Anliegen des Klimaschutzes öffentlichkeitswirksam Nachdruck zu verleihen.
Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 76 Abs. 1 StVO haben Fußgänger, auch wenn sie Kinderwagen oder Rollstühle schieben oder ziehen, auf Gehsteigen oder Gehwegen zu gehen, sofern dies zumutbar ist; beim Betreten der Fahrbahn ist auf den übrigen Verkehr achtzugeben. Sind Gehsteige oder Gehwege nicht vorhanden, so haben Fußgänger das Straßenbankett und, wenn auch dieses fehlt, den äußersten Fahrbahnrand zu benützen; hiebei haben sie auf Freilandstraßen, außer im Falle der Unzumutbarkeit, auf dem linken Straßenbankett (auf dem linken Fahrbahnrand) zu gehen. Benützer von selbstfahrenden Rollstühlen dürfen Gehsteige, Gehwege und Fußgängerzonen in Schrittgeschwindigkeit befahren.
Gemäß § 99 Abs. 3 lit. a StVO begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 726 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen, zu bestrafen, wer als Lenker eines Fahrzeuges, als Fußgänger, als Reiter oder als Treiber oder Führer von Vieh gegen die Vorschriften dieses Bundesgesetzes oder der auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen verstößt und das Verhalten nicht nach den Abs. 1, 1a, 1b, 2, 2a, 2b, 2c, 2d, 2e oder 4 zu bestrafen ist.
Gemäß § 49 Abs. 2 VStG hat die Behörde, die die Strafverfügung erlassen hat, wenn im Einspruch ausdrücklich nur das Ausmaß der verhängten Strafe oder die Entscheidung über die Kosten angefochten wird, (nur) darüber zu entscheiden. In allen anderen Fällen tritt durch den Einspruch, soweit er nicht binnen zwei Wochen zurückgezogen wird, die gesamte Strafverfügung außer Kraft.
Die Textierung des Einspruchs gegen die Strafverfügung vom 17.2.2022 lässt keinen Zweifel daran aufkommen, dass sich selbiger nur gegen die Strafhöhe richtet. In diesem Zusammenhang ist insbesondere auf den ausdrücklichen Antrag hinzuweisen, die Strafe erheblich, und zwar auf 30,-- Euro zu reduzieren. Ein Antrag von einer Bestrafung abzusehen oder den Schuldspruch zu beheben findet sich dagegen nicht. Dazu kommt, dass der Einspruch von einem Rechtsanwalt, somit von einer Person, die als rechtskundig zu gelten hat, verfasst wurde. Der in der Strafverfügung enthaltene Schuldspruch ist somit in Rechtskraft erwachsen und war einer gerichtlichen Überprüfung nicht mehr zugänglich. Die Beschwerde, war deshalb, soweit sie gegen den Schuldspruch gerichtet ist, wegen bereits entschiedener Sache als unzulässig zurückzuweisen.
Zur Höhe der Geldstrafe ist festzuhalten, dass durch die Verwaltungsübertretung das gesetzlich geschützte Interesse an der Flüssigkeit des Verkehrs massiv beeinträchtigt wurde, hatte doch das als rechtswidrig erkannte Verhalten des Beschwerdeführers eine ca. halbstündige Behinderung des Fahrzeugverkehrs auf der E. Straße zur morgendlichen Stoßzeit zur Folge. Auch das Verschulden des Beschwerdeführers ist als hochgradig einzustufen, hat er doch gerade beabsichtigt, durch sein Verhalten Verkehrsbehinderungen herbeizuführen, um auf die Dringlichkeit der Anliegen des Klimaschutzes öffentlichkeitswirksam hinzuweisen. Soweit der Beschwerdeführer ins Treffen führt, die Tat aus achtenswerten Beweggründen begangen zu haben, ist zunächst festzuhalten, dass dies bereits von der belangten Behörde als Milderungsgrund gewertet wurde. Dazu kommt, dass in einer rechtsstaatlichen, pluralistischen Demokratie wie sie in Österreich Staatsform ist, zahlreiche legale Möglichkeiten offenstehen, auf gesellschaftspolitische sowie umweltpolitische Anliegen aufmerksam zu machen. Es wäre somit nicht erforderlich gewesen, im Zuge einer behördlich nicht angemeldeten Kundgebung die Fahrbahn zu blockieren, um auf das ohne Zweifel gewichtige Anliegen, Maßnahmen gegen die humanverursachte Klimaerwärmung zu setzen, aufmerksam zu machen. Der Beschwerdeführer weist bereits eine verwaltungsstrafrechtliche Vormerkung auf, sodass ihm der Milderungsgrund der Unbescholtenheit nicht mehr zu Gute kommt.
In Ansehung des vergleichsweise hohen Unrechts- und Schuldgehalts der Tat war deshalb selbst unter Berücksichtigung ungünstiger Einkommens- und Vermögensverhältnisse - konkrete Angaben dazu hat der Beschwerdeführer, welcher der mündlichen Verhandlung ebenso wie sein anwaltlicher Vertreter unentschuldigt ferngeblieben ist, nicht gemacht - die Höhe der behördlich verhängten Strafe nicht zu beanstanden.
Die ordentliche Revision gegen dieses Erkenntnis ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Für den Beschwerdeführer ist gemäß § 25a Abs. 4 VwGG auch die außerordentliche Revision ausgeschlossen, zumal gegenständlich ein sog. Bagatelldelikt vorliegt, für dessen Übertretung ein Strafrahmen von weniger als 750,-- Euro vorgesehen ist und für dessen Begehung keine 400,-- Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde.
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