LVwG Steiermark 50.4-251/2023

LVwG Steiermark50.4-251/202319.2.2024

BauG Stmk 1995 §4 Z22
BauG Stmk 1995 §4 Z23
BauG Stmk 1995 §4 Z34
VwGVG 2014 §28 Abs3

European Case Law Identifier: ECLI:AT:LVWGST:2024:50.4.251.2023

 

 

I.

 

Das Landesverwaltungsgericht Steiermark hat durch den Richter Dr. Philipp Lindermuth in der Beschwerdesache der AB GmbH, Mstraße, G, vertreten durch CD Rechtsanwälte GmbH & Co KG, Kgasse, G, gegen Spruchpunkt I. des Bescheids des Bürgermeisters der Stadtgemeinde L vom 19.12.2022, GZ: 131-9/2020/Rot 6620, den

 

 

 

B E S C H L U S S

 

gefasst:

 

I.1. Der Beschwerde gegen Spruchpunkt I. (Abweisung des Bauansuchens) wird stattgegeben. Der Bescheid wird insofern aufgehoben und die Angelegenheit wird zur Erlassung eines neuen Bescheides gemäß § 28 Abs 3 Satz 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (im Folgenden VwGVG)

 

zurückverwiesen.

 

I.2. Gegen diesen Beschluss ist gemäß § 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz (im Folgenden VwGG) eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs 4 B-VG unzulässig.

 

 

II.

 

IM NAMEN DER REPUBLIK

 

Das Landesverwaltungsgericht Steiermark hat durch den Richter Dr. Philipp Lindermuth über die Beschwerde der AB GmbH, Mstraße, G, vertreten durch CD Rechtsanwälte GmbH & Co KG, Kgasse, G, gegen den Spruchteil „Verfahrenskosten“ des Bescheids des Bürgermeisters der Stadtgemeinde L vom 19.12.2022, GZ: 131-9/2020/Rot 6620,

 

z u R e c h t e r k a n n t:

 

II.1. Gemäß § 28 Abs 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (im Folgenden VwGVG) wird der Beschwerde hinsichtlich der Vorschreibung der Barauslagen im Spruchteil „Verfahrenskosten“ des angefochtenen Bescheids

 

stattgegeben

 

und der Spruchteil „Verfahrenskosten“ ersatzlos behoben.

 

II.2. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz (im Folgenden VwGG) eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs 4 B-VG unzulässig.

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

 

I. Verfahrensgang:

 

Zu dem dem Baubewilligungsverfahren vorangegangenen Verwaltungsgeschehen:

 

1. Im Vorfeld des Baubewilligungsverfahrens übermittelte der Planverfasser der nunmehr beschwerdeführenden Gesellschaft der Baubehörde einen Vorentwurf zur Bebauung der verfahrensgegenständlichen Grundstücke Nr. XXXX und Nr. XXXX, jeweils KG L, vom Oktober 2019, der auf jedem der beiden Grundstücke die Errichtung eines zweigeschoßigen Baukörpers mit Flachdach vorsah. Dazu erstattete der Gestaltungsbeirat der Stadtgemeinde L eine Stellungnahme vom 21.11.2019, in der im Wesentlichen ausgeführt wird, dass die geplanten Baukörper, in denen insgesamt acht Wohnungen vorgesehen seien, hinsichtlich der Baumasse in Widerspruch zur gegebenen Einfamilienhausstruktur stünden. Aus der Sicht des Gestaltungsbeirats sei das vorgelegte Projekt daher nicht denkbar. Der Entwurf mit den beiden Baukörpern werde daher hinsichtlich seines Gesamtvolumens zu überarbeiten und dieses zu minimieren sein. Dabei sei jedenfalls in der Baukörperausformung die Gebietscharakteristik zu berücksichtigen. Weiters wies der Gestaltungsbeirat in seiner Stellungnahme auf den für die Planungsgrundstücke bestehenden Bebauungsplan hin und führte dazu aus, dass dieser jedenfalls einzuhalten sei. Der Bebauungsplan werde dem Planer zur Verfügung gestellt.

 

1.2. In der Folge wurde durch die beschwerdeführende Gesellschaft ein weiterer Vorentwurf übermittelt, der nunmehr auf den beiden verfahrensgegenständlichen Grundstücken jeweils die Errichtung eines mit einem Satteldach versehenen Mehrfamilienwohnhauses mit einem Erdgeschoß, einem Obergeschoß sowie einem ausgebauten Dachgeschoß mit einer Kniestockhöhe unter 1,25 m vorsah. Dazu erstattete der nichtamtliche Bausachverständige Dipl.-Ing. EF eine Stellungnahme vom 30.07.2020, in der er im Wesentlichen ausführt, dass die Gesamthöhe der Gebäude mit 10,10 m angegeben werde und damit die maximal zulässige Gesamthöhe laut Bebauungsplan mit 9,50 m für Gebäude mit Satteldächern überschritten werde. Die Bebauung sehe eine dreigeschoßige Bebauungsweise vor, wobei im Bebauungsplan maximal zwei oberirdische Geschoße festgelegt worden seien. Der nichtamtliche Bausachverständige schlägt sodann vor, das Projekt dem Raumplaner der Gemeinde zur Überprüfung der Vorgaben der Bebauungsplanung vorzulegen. In weiterer Folge sei die Planung entsprechend zu adaptieren und mit den richtiggestellten Angaben und ergänzenden Unterlagen zur neuerlichen Beurteilung vorzulegen.

1.3. In Entsprechung des Auftrags der Baubehörde vom 03.09.2020 auf Überprüfung der Übereinstimmung des Bauvorhabens mit den Festlegungen des Bebauungsplans übermittelte das Raumplanungsbüro GH GmbH eine mit 28.10.2019 [wohl versehentlich anstelle des 28.10.2020] datierte Stellungnahme, die bei der Baubehörde am 20.01.2021 einlangte. Darin wird im Wesentlichen ausgeführt, dass zwei zweigeschoßige Mehrparteienhäuser mit ausgebautem Dachgeschoß geplant seien, wobei der Kniestock kleiner als 1,25 m sei. Dabei sollten acht Wohneinheiten entstehen. Laut § 3.3.1 des Bebauungsplans sei die Errichtung von zwei Vollgeschoßen zulässig. Sofern der Kniestock unter 1,25 m liege (laut § 13 Abs 5 Stmk BauG) und keine Gaupen errichtet würden, sei eine Wohnnutzung im Dachgeschoß zulässig. Der Bebauungsplan sehe bezüglich der Zahl der Wohneinheiten keine Festlegungen vor. Im Erläuterungsbericht zum Wortlaut werde jedoch darauf hingewiesen, dass die Errichtung von Einfamilienhäusern angestrebt werde und Mehrfamilienhäuser ausgeschlossen seien. Somit könnten im Planungsgebiet bestenfalls zwei Zweifamilienhäuser errichtet werden. Für acht Wohneinheiten wäre der Bebauungsplan hinsichtlich der Lage der Gebäude, des erforderlichen Kinderspielplatzes und der Situierung der Verkehrsflächen anders konzipiert und angehört worden. Die zur Bewilligung beantragte gesamte Gebäudehöhe von 10,10 m entspreche nicht den Festlegungen des Bebauungsplans, da laut § 3.3.1 des Bebauungsplans die maximal zulässige gesamte Gebäudehöhe bei Satteldächern mit 9,5 m festgelegt sei. Zusammenfassend werde darauf hingewiesen, dass die umgebende Bebauung vornehmlich von Einfamilienhäusern geprägt werde und daher die Ortsüblichkeit zu berücksichtigen sei. Das räumliche Leitbild sehe im gegenständlichen Bereich das Fortführen des Gebietscharakters und des Bebauungsprinzips sowie auch den Erhalt der hohen Durchgrünung bzw. eine behutsame Nachverdichtung unter Berücksichtigung des Erhalts des Grünanteils vor. Im Erläuterungsbericht zum Wortlaut werde des Weiteren ausgeführt, dass die Errichtung von Reihenhäusern und Mehrfamilienwohnhäusern nicht angestrebt werde. Durch die Festlegung von zwei Stellplätzen pro Wohneinheit seien bei acht Wohneinheiten 16 Stellplätze am eigenen Grund herzustellen, was im direkten Widerspruch zur Intention des Bebauungsplans bzw. des räumlichen Leitbilds stehe. Es werde daher empfohlen, die Wohneinheiten und die Gesamthöhe der Gebäude zu reduzieren, um die Ortsüblichkeit und Übereinstimmung mit dem Bebauungsplan und dem Straßen-, Orts- und Landschaftsbild gewährleisten zu können.

 

Zum gegenständlichen Baubewilligungsverfahren:

 

Zum Bauansuchen:

 

2. Mit am 14.12.2021 eingelangtem Bauansuchen der beschwerdeführenden Gesellschaft suchte diese um die Errichtung von zwei Zweifamilienwohnhäusern an. Dabei ist das Bauvorhaben insbesondere dem Einreichplan vom 13.01.2022, Plannr.: XXXX, Planverfasser: Dipl.‑Ing. IJ, sowie den zwei Baubeschreibungen für die beiden Häuser, jeweils vom 12.01.2022, Verfasser: Dipl.‑Ing. IJ, zu entnehmen.

 

Zum Gutachten des Bausachverständigen Dipl.-Ing. EF vom 03.03.2022:

 

3. Im Auftrag der Baubehörde erstattete der nichtamtliche Bausachverständige Dipl.-Ing. EF bei der Bauverhandlung am 03.03.2022 Befund und Gutachten. Darin führt der Bausachverständige im Wesentlichen aus, dass die Bauwerberin um Erteilung der Baubewilligung für die Errichtung von zwei Zweifamilienwohnhäusern mit je vier KFZ-Abstellplätzen im Freien auf den Grundstücken Nr. XXXX und Nr. XXXX, KG L, angesucht habe. Die Vorgaben des Bebauungsplans seien in den Einreichunterlagen nicht eingehalten: Die Planung sehe eine Bebauung mit vier Wohnhäusern – je Grundparzelle zwei gekuppelt – mit zwei Vollgeschoßen und einem ausgebauten Dachgeschoß mit einer Kniestockhöhe bis 1,25 m vor. Gemäß § 4 Z 34 Stmk BauG sei der lichte Abschnitt zwischen der Oberkante des Fußbodens und der Unterfläche des Daches als Geschoß zu werten, wenn die jeweils geforderte Raumhöhe erreicht werde. Die erforderliche Raumhöhe von 2,40 m für Aufenthaltsräume sei gemäß der Planung gegeben, sodass dieses Projekt als dreigeschoßig zu beurteilen sei. Somit sei die Vorgabe gemäß § 3.3.2 des Bebauungsplans nicht erfüllt. Sodann gelangt der Bausachverständige zum gutachterlichen Schluss, dass das Bauvorhaben somit in Ermangelung der Übereinstimmung mit dem gültigen Bebauungsplan nicht genehmigungsfähig sei.

 

Zum Gutachtensauftrag an die GH GmbH:

 

4. Mit Schreiben vom 12.08.2022 beauftragte die Baubehörde das Raumplanungsbüro GH GmbH mit der Überprüfung, ob das nunmehrige Bauvorhaben der Errichtung von zwei Zweifamilienwohnhäusern den Erfordernissen und Zielsetzungen des Bebauungsplans „K-L-Gasse“ entspreche. Insbesondere sei dabei auf die Frage einzugehen, ob ausschließlich Einfamilienwohnhäuser gebaut werden dürften, oder, ob die Gebäude in ihrer gebietstypischen Bauweise den Erfordernissen des Bebauungsplans entsprächen.

 

Zur gutachterlichen Stellungnahme der GH GmbH vom 25.10.2022:

 

5. In der Stellungnahme vom 25.10.2022 führte das Raumplanungsbüro GH GmbH im Wesentlichen aus, dass laut Einreichplan die Errichtung von zwei Zweifamilienhäusern mit ausgebautem Dachgeschoß mit einem Kniestock von weniger als 1,25 m auf den Grundstücken Nr. XXXX bzw. Nr. XXXX, beide KG L, geplant sei. Laut § 3.3.1 des Bebauungsplans sei die Errichtung von zwei Vollgeschoßen zulässig. Sofern der Kniestock unter 1,25 m liege (laut § 13 Abs 5 Stmk BauG) und keine Gaupen errichtet würden, sei eine Wohnnutzung im Dachgeschoß zulässig. Dieser Forderung werde entsprochen. Der Bebauungsplan sehe bezüglich der Zahl der Wohneinheiten keine Festlegungen im Wortlaut vor. Im Erläuterungsbericht zum Wortlaut werde jedoch darauf hingewiesen, dass die Errichtung von Einfamilienhäusern angestrebt werde und die Errichtung von Mehrfamilienhäusern ausgeschlossen sei. Somit könnten im Planungsgebiet bestenfalls zwei Zweifamilienhäuser errichtet werden. Dieser Forderung werde nun entsprochen. Die maximal zulässige Gesamthöhe der Gebäudehöhe von 9,50 m werde nun mit einer Gesamthöhe laut Einreichplan von 9,42 m eingehalten. Zusammenfassend werde darauf hingewiesen, dass die umgebende Bebauung vornehmlich von Einfamilienhäusern geprägt werde und daher die Ortsüblichkeit zu berücksichtigen sei. Das räumliche Leitbild sehe im gegenständlichen Bereich das Fortführen des Gebietscharakters und des Bebauungsprinzips sowie auch den Erhalt der hohen Durchgrünung bzw. eine behutsame Nachverdichtung unter Berücksichtigung des Erhalts des Grünanteils vor. Der vorliegende Entwurf scheine durch den Dachgeschoßausbau und die resultierende Fassadenwirkung durch die Farbgestaltung dem Ortsbild nicht gerecht zu werden. Es werde daher empfohlen, das Erscheinungsbild derart abzuändern, dass ein ruhiges Fassadenbild entstehe.

 

Zum angefochtenen Bescheid:

 

6.1. Mit dem angefochtenen Bescheid wird in Spruchpunkt 1 das Bauansuchen der beschwerdeführenden Gesellschaft auf Grund eines Widerspruchs zum gültigen Teilbebauungsplan „K-L-Gasse“ abgewiesen. Weiters werden im Spruch als „Verfahrenskosten“ die Barauslagen gemäß § 76 AVG für Befund und Gutachten des Bausachverständigen in Höhe von € 1.008,00 vorgeschrieben, wobei ausgeführt wird, dass dieser Betrag vom Bewilligungswerber binnen zwei Wochen zur Einzahlung zu bringen sei.

6.2. In der Begründung werden neben einer Wiedergabe des Verfahrensgangs Befund und Gutachten des bautechnischen Sachverständigen wörtlich wiedergegeben, wobei bei der Beschreibung des Bauvorhabens ein Tippfehler passiert ist. Hier werden versehentlich „43“ anstelle der im – im Verhandlungsprotokoll dokumentierten – Gutachten des Sachverständigen angeführten „4“ Wohnhäuser angeführt. Weiters wird im angefochtenen Bescheid nur ausgeführt, dass sich die im Spruch dieses Bescheides getroffene Entscheidung auf die angeführten Gesetzesstellen und auf das Ergebnis der örtlichen Erhebung sowie auf die widerspruchsfreien und nachvollziehbaren Gutachten der Sachverständigen stütze. Hinsichtlich der im Spruch vorgeschriebenen Barauslagen für den Befund und das Gutachten des Bausachverständigen in Höhe von € 1.008,00 wird in der Begründung ausschließlich ausgeführt, dass die Kostenentscheidung tarifgemäß erfolgt sei.

 

Zur Beschwerde:

 

7.1. In der gegen diesen Bescheid fristgerecht und vollumfänglich erhobenen Beschwerde wird – auf das für das für das vorliegende Beschwerdeverfahren Wesentliche beschränkt – ausgeführt, dass die beschwerdeführende Gesellschaft sämtliche Stellungnahmen des Entwicklungs- und Gestaltungsbeirats der Stadtgemeinde L, der sich bereits in der Projektierungsphase seit September 2019 intensiv mit dem Projekt auseinandergesetzt habe, berücksichtigt habe. Der Entwicklungs- und Gestaltungsbeirat sei laut dessen Statuten das Sachverständigengremium der Stadtgemeinde L in Raumordnungs- und Bauverfahren. Dazu wird auf die der Beschwerde als Beilage ./A beigelegten Statuten des Entwicklungs- und Gestaltungsbeirats der Stadtgemeinde L verwiesen.

 

7.2. Auch das von der Stadtgemeinde L beauftragte Raumplanungsbüro GH GmbH habe bereits während der Projektierungsphase Stellungnahmen zum Projekt abgegeben. Mit Stellungnahme vom 28.10.2019 sei etwa ausdrücklich festgehalten worden, dass im Planungsgebiet zwei Zweifamilienwohnhäuser errichtet werden könnten, und sei die Entsprechung der Situierung und Abmessung der Gebäude mit dem Bebauungsplan festgestellt worden, sowie die Wohnnutzung im Dachgeschoß bestätigt worden. Dazu wird auf die der Beschwerde als Beilage ./B beigelegte Stellungnahme der GH GmbH, datiert mit 28.10.2019, verwiesen.

 

7.3. Noch vor Einreichung des bescheidgegenständlichen Bauansuchens am 14.12.2021 habe die Konsenswerberin entsprechend der Stellungnahmen der Sachverständigen, nämlich des Entwicklungs- und Gestaltungsbeirates der Stadtgemeinde L und des von der Stadtgemeinde L beauftragten Raumplanungsbüros GH GmbH, Anpassungen am ursprünglichen Projekt vorgenommen. Unter einem sei das ursprünglich beabsichtigte Bauvolumen deutlich reduziert worden. In weiterer Folge habe das von der Stadtgemeinde L beauftragte Raumplanungsbüro GH GmbH das eingereichte Projekt final beurteilt und sich dabei auch auf die vorgenommenen Projektanpassungen bezogen. Demnach sei sämtlichen Anpassungserfordernissen aus den früheren Stellungnahmen, nämlich betreffend

(i) Situierung und Abmessung der Gebäude,

(ii) Wohnnutzung im Dachgeschoß,

(iii) Ausgestaltung als Zweifamilienwohnhaus,

(iv) Gesamthöhe der Gebäude,

(v) Stellplätze und

(vi) Versiegelungsgrad

durch das eingereichte Bauansuchen entsprochen worden. Ausdrücklich sei auch festgehalten worden, dass das Bauansuchen den Erfordernissen der maximal zulässigen Gesamthöhe (Punkt 3.3.1) und der zulässigen Anzahl an oberirdischen Geschoßen (Punkt 3.3.2) des Teilbebauungsplans entspreche. Diesbezüglich wird auf die als Beilage ./C der Beschwerde beigelegte Stellungnahme der GH GmbH vom 25.10.2022 verwiesen.

 

7.4. Im Übrigen wird zum Gutachten des bautechnischen Sachverständigen ausgeführt, dass der Befund im bekämpften Bescheid verkürzt und in sich widersprüchlich wiedergegeben werde. Der Sachverständige weise zunächst darauf hin, dass die Anzahl der geplanten KFZ-Abstellplätze den Pflichtabstellplätzen entspreche und das Gebäude den geltenden OIB-RichtIinien 2019 entspreche. In weiterer Folge stelle der Sachverständige in seinem Befund dar, dass die Planung eine Bebauung mit 43 Wohnhäusern vorsehe. Dies sei nicht nachvollziehbar und müsse es sich dabei um einen Protokollierungsfehler handeln. Zudem werde ausgeführt, dass die erforderliche Höhe von 2,40 m für Aufenthaltsräume einerseits gemäß Planung gegeben sei. Andererseits werde daraus abgeleitet, dass das Bauansuchen ein dreigeschoßiges Projekt betreffe, weshalb die Vorgabe des § 3.3.2 des Bebauungsplans nicht erfüllt sei. Diese Schlussfolgerung stehe in krassem Widerspruch zur Stellungnahme des von der Stadtgemeinde L beauftragten Raumplanungsbüros GH GmbH, das auch hinsichtlich der Geschoßanzahl und der Dachgeschoßnutzung festgestellt habe, dass das Bauansuchen dem Bebauungsplan entspreche. Dazu wird auf die der Beschwerde als Beilage ./C beigelegte Stellungnahme der Raumplaner GH GmbH vom 25.10.2022 verwiesen.

7.5. Darüber hinaus seien die Schlussfolgerungen im Befund des Sachverständigen auch rechtlich unrichtig. Gemäß § 3.3.2 des einschlägigen Teilbebauungsplanes „K-L-Gasse“ sei die Gebaudehöhe nämlich in Geschoßen nach Maßgabe des § 4 Z 34 Stmk BauG auf maximal 2 oberirdische Geschoße begrenzt. Davon unabhängig sei auch im Dachgeschoß eine Wohnnutzung zulässig und sei dieses gemäß § 13 Abs 4 Stmk BauG [gemeint wohl: § 13 Abs 5 Stmk BauG] nicht als Geschoß anzurechnen, wenn der Kniestock unter 1,25 m liege und keine Gaupen errichtet würden. Zumal diese Erfordernisse im vorliegenden Bauansuchen erfüllt würden, seien die Gebäude gerade nicht als 3-geschoßig, sondern als 2-geschoßig zu beurteilen.

 

Zum verwaltungsgerichtlichen Verfahren:

 

8. Die belangte Behörde sah von der Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung binnen der zweimonatigen Frist des § 14 Abs 1 VwGVG ab und legte dem Landesverwaltungsgericht Steiermark die Beschwerde samt dem Verwaltungsakt unter Anschluss eines Aktenverzeichnisses vor.

 

9. Da sich im vorgelegten Verwaltungsakt keinerlei Unterlagen zur Vorschreibung der Barauslagen im Spruchpunkt des angefochtenen Bescheids über die Verfahrenskosten finden, wurde die belangte Behörde im verwaltungsgerichtlichen Ermittlungsverfahren mit Schreiben des Landesverwaltungsgerichts Steiermark vom 30.05.2023 aufgefordert, sämtliche Unterlagen zur Vorschreibung der Barauslagen, wie etwa den Gutachtensauftrag, die Gebührennote, die bescheidmäßige Festsetzung der Sachverständigengebühr, die Überweisungsbestätigung an den Sachverständigen und die Einräumung von Parteiengehör zur Honorarnote des Sachverständigen, ehestmöglich, längstens aber binnen zwei Wochen ab Zustellung dieses Schreibens zu übermitteln oder anderenfalls darzulegen, warum einzelne oder mehrere der angeführten Unterlagen nicht vorhanden sind. Diese Aufforderung wurde der belangten Behörde nachweislich am 30.05.2023 zugestellt.

 

10. Mit E-Mail des Leiters der Abteilung Baurecht & Umwelt der belangten Behörde vom 19.06.2023 äußerte dieser das Ersuchen um Vertagung der für den 25.07.2023 anberaumten Verhandlung und begründete dies mit der „urlaubsbedingten Abwesenheit des vom Bürgermeister entsandten Leiters der Abteilung Baurecht & Umwelt“.

 

11. Mit Schreiben des Landesverwaltungsgerichts Steiermark vom selben Tag teilte das Landesverwaltungsgericht Steiermark der belangten Behörde mit, dass der Vertagungsbitte aus organisatorischen, terminlichen und prozessökonomischen Gründen, insbesondere auch auf Grund der Erforderlichkeit der Anwesenheit der dem Verfahren beigezogenen Amtssachverständigen zur Erörterung ihres Gutachtens in der Verhandlung nicht nachgekommen werden könne. Das Gutachten werde der belangten Behörde aber zur Vorbereitung auf die Verhandlung übermittelt werden, sodass es der belangten Behörde möglich sein werde, dazu erforderlichenfalls auf schriftlichem Weg Stellung zu nehmen. Im Übrigen sei eine Teilnahme der belangten Behörde nach vorläufiger Beurteilung des Landesverwaltungsgerichts zur Klärung des relevanten Sachverhalts nicht geboten und seien für das Landesverwaltungsgericht Steiermark auch keine besonderen Gründe des Einzelfalls ersichtlich, warum die Vertretung der Behörde bei der Verhandlung gerade durch den Bauamtsleiter erforderlich scheine. Einer Behörde sei es zuzumuten, einen informierten Vertreter unabhängig von der fachlichen Expertise des jeweiligen Behördenmitarbeiters zu entsenden, sollte sie dies für erforderlich erachten. Dazu wurde auf die in der Antwort zur Vertagungsbitte zitierte Judikatur des VwGH zu anwaltlichen Parteienvertretern verwiesen.

 

12. In Entsprechung des den Parteien übermittelten Gutachtensauftrags des Landesverwaltungsgerichts Steiermark vom 30.05.2023 erstattete die beigezogene Amtssachverständige für die Fachrichtungen der Bautechnik und der Raumplanung Dipl.-Ing. MN das Gutachten vom 27.06.2023, das den Parteien mit der Möglichkeit zur Stellungnahme spätestens in der Verhandlung am 25.07.2023 übermittelt wurde. In ihrem Gutachten vom 27.06.2023 gelangte die bautechnische Amtssachverständige Dipl.-Ing. MN zum gutachterlichen Schluss, dass beide projektierten Häuser entsprechend der Geschoßdefinition des § 4 Z 34 Stmk BauG über drei Geschoße verfügen, weil die gemäß OIB-Richtlinie 3 erforderliche Raumhöhe von 2,40 m für Aufenthaltsräume im Erd-, Ober- und Dachgeschoß erfüllt wird.

 

13. Am 21.06.2023 wurde die belangte Behörde telefonisch aufgefordert, der Aufforderung vom 30.05.2023, binnen zwei Wochen etwaige Unterlagen zur Vorschreibung der Barauslagen zu übermitteln oder anderenfalls darzulegen, warum einzelne oder mehrere der angeführten Unterlagen nicht vorhanden seien, nachzukommen. Dabei teilte die belangte Behörde mit, dass der Leiter der Abteilung Baurecht & Umwelt auf Urlaub sei und diese Aufforderung bei ihm auf dem Schreibtisch liege, und sicherte die Übermittlung der Unterlagen bis 26.06.2023 zu.

 

14. Da auch bis zum 26.06.2023 keine Antwort der belangten Behörde auf die Aufforderung vom 30.05.2023 eingelangt war, wurde die belangte Behörde am 27.06.2023 telefonisch erneut zur Beantwortung der Aufforderung vom 30.05.2023 aufgefordert.

 

15. Schließlich teilte die belangte Behörde mit E-Mail vom 28.06.2023 zur Aufforderung vom 30.05.2023 mit, dass bekannt gegeben werde, dass in der Stadtgemeinde L zwischen der Gemeinde und den nichtamtlichen Bausachverständigen vom Gemeinderat eine Vereinbarung der pauschalen Abrechnung von gutachterlichen Leistungen getroffen worden sei. Dazu werde bekanntgegeben, dass der Gutachtensauftrag im Rahmen der Ausschreibung zur Bauverhandlung und während dieser erfolge. Eine bescheidmäßige Festsetzung bzw. Einräumung eines Parteiengehörs erfolge nicht.

 

16. In der mündlichen Verhandlung vom 25.07.2023 erörterte die bautechnische Amtssachverständige Dipl.-Ing. MN ihr Gutachten vom 27.06.2023. Da das ursprüngliche Projekt wegen eines Verstoßes gegen § 3.3.2 des geltenden und auf das Baugrundstück anwendbaren Teilbebauungsplans „K-L-Gasse“ 1.0 nicht genehmigungsfähig war, erging in der mündlichen Verhandlung am 25.07.2023 an die bauwerbende Gesellschaft der Auftrag, das Projekt entsprechend dem bautechnischen Gutachten in den Grenzen der zulässigen Antragsmodifikation gemäß § 13 Abs 8 AVG zu modifizieren und allfällige diesbezügliche Projektunterlagen in jeweils dreifacher Ausfertigung vorzulegen. Weiters verzichtete die bauwerbende Gesellschaft in der Verhandlung auf die Fortsetzung der Verhandlung und gab der Richter bekannt, dass die Entscheidung nach Einlangen der Austauschprojektunterlagen und des diesbezüglichen Ergänzungsgutachten schriftlich ergehen wird.

 

17. In Entsprechung dieses Auftrags übermittelte die bauwerbende Gesellschaft am 01.08.2023

 den Austauschplan vom 31.07.2023 (samt Bebauungsdichteberechnung und Berechnung des Versiegelungsgrads), Verfasser: Architekt DI IJ,

 die Austauschbaubeschreibungen für das Haus 1 und das Haus 2, jeweils vom 31.07.2023, Verfasser: Architekt DI IJ sowie

 die Energieausweise für Haus 1 und Haus 2

jeweils in dreifacher Ausfertigung.

 

18. In Entsprechung des Gutachtensauftrags des Landesverwaltungsgerichts vom 02.08.2023 erstattete die bautechnische Amtssachverständige das Ergänzungsgutachten vom 28.08.2023, in dem sie zum gutachterlichen Schluss gelangte, dass beim sich aus den Austauschprojektunterlagen ergebenden Austauschprojekt nur noch zwei oberirdische Geschoße vorliegen.

 

II. Sachverhalt:

 

Zum ursprünglichen Projekt:

 

1.1. Das ursprüngliche Projekt, wie es sich insbesondere aus dem Einreichplan Nr. XXXX vom 13.01.2022, verfasst von Arch. Dipl.-Ing. IJ, ergab, sah die Errichtung von zwei Zweifamilienwohnhäusern mit Nebengebäuden auf den Grundstücken Nr. XXXX und XXXX der KG L vor. Die beiden im Einreichplan als „Haus 1“ und „Haus 2“ bezeichneten Baukörper verfügten jeweils über ein Erdgeschoß, ein Obergeschoß und ein ausgebautes Dachgeschoß. Erd- und Obergeschoß beider Wohnhäuser waren als Vollgeschoße ausgebildet, das Dachgeschoß verfügte über Dachschrägen. Entsprechend der Doppelhaustypologie waren in jedem Haus zwei Wohnungen untergebracht, wobei sowohl im Erd- und Obergeschoß als auch im Dachgeschoß Aufenthaltsräume vorhanden waren. Die vorliegenden Schnitte „S-01“ durch Haus 1 und Haus 2 (Maßstab 1:100) waren in Bezug auf die zu überprüfenden Raumhöhen ident, weshalb weiterführend keine Unterscheidung der Häuser vorgenommen wird.

 

1.2. Gemäß Schnitt S-01 betrug die lichte Raumhöhe im Erdgeschoß sowie im Obergeschoß 2,60 m (Kotierung). Der Schnitt verlief in diesen Geschoßen durch Aufenthaltsräume. Im Dachgeschoß erfolgte die Schnittführung durch ein Schlafzimmer (Aufenthaltsraum) sowie einen Schrankraum (Nicht-Aufenthaltsraum), beide wurden von geneigten Dachflächen begrenzt. Die lichte Raumhöhe im Schlafzimmer betrug, gemessen an der Drempelwand 1,68 m (= 1,60 m x 1,05), am First 3,06 m (Kotierung) und an der Trennwand zum Schrankraum 2,42 m (=2,30 m x 1,05). Das Zimmer verfügte lt. Grundriss über eine Fläche von 13,7 9m², dabei wurde auf rd. 8,38 m² eine lichte Raumhöhe von zumindest 2,40 m erreicht. Die lichte Raumhöhe des Schrankraums betrug gemessen an der Drempelwand 1,68 m (=1,60 m x 1,05), an der Trennwand zum Schlafzimmer 2,36 m (=2,25 m x 1,05). Die Fläche des Schrankraums betrug lt. Grundriss 4,86 m², wobei eine lichte Raumhöhe von zumindest 2,10 m auf rd. 1,68 m² erreicht wurde.

 

2.1. Gemäß der Begriffsdefinition § 4 Z 34 Stmk BauG bildet der Gebäudeabschnitt zwischen den Oberkanten der Fußböden übereinanderliegender Räume oder der lichte Abschnitt zwischen der Oberkante des Fußbodens und der Unterfläche des Daches ein Geschoß, wenn die jeweils geforderte Raumhöhe erreicht wird. Die geforderte Raumhöhe ergibt sich aus der OIB-Richtlinie 3 Hygiene, Gesundheit und Umweltschutz vom April 2019.

 

2.2. Beim ursprünglichen Projekt handelte es sich um Gebäude von nicht mehr als drei Wohnungen, sodass für Aufenthaltsräume die Anforderung als erfüllt anzusehen war, wenn die lichte Raumhöhe mind. 2,40 m betrug, bei anderen Räumen als Aufenthaltsräumen musste die lichte Raumhöhe mind. 2,10 m betragen. Bei Aufenthaltsräumen und Nicht-Aufenthaltsräumen, die zumindest teilweise von geneigten Dachflächen begrenzt wurden, mussten die Mindestraumhöhen zumindest über der Hälfte der Fußbodenfläche eingehalten werden. Bei der Berechnung dieser Fläche wurden Fußbodenflächen mit einer Raumhöhe von weniger als 1,50 m nicht berücksichtigt.

 

3.1. Die gegenständlichen, als „Haus 1“ und „Haus 2“ bezeichneten Doppelhäuser wiesen im Erd- und Obergeschoß lichte Raumhöhen von jeweils 2,60 m auf, sodass die Anforderungen der OIB-Richtlinie in diesen Geschoßen somit erfüllt wurden.

 

3.2. Im Dachgeschoß wurde die erforderliche Raumhöhe für Aufenthaltsräume im Schlafzimmer auf einer Fläche von rd. 8,38 m² erreicht, was mehr als der Hälfte der Fußbodenfläche von 13,79 m² entsprach. Der Schrankraum wies die erforderliche Raumhöhe für Nicht-Aufenthaltsräume auf weniger als der Hälfte der Fußbodenfläche auf.

 

4. Zusammenfassend wurde die gem. OIB Richtlinie 3 erforderliche Raumhöhe von 2,40 m für Aufenthaltsräume im Erd-, Ober- und Dachgeschoß erfüllt, sodass beide Häuser des ursprünglichen Projekts entsprechend der Geschoßdefinition des § 4 Z 34 Stmk BauG über drei Geschoße verfügten.

 

Zum Austauschprojekt:

 

5.1. Die gegenständliche Austauschplanung sieht die Errichtung von zwei Zweifamilienwohnhäusern mit Nebengebäuden vor, wobei die Kubatur der Baukörper, deren Lage am Grundstück sowie die Ausbildung der Erd- und Obergeschoße gegenüber der ursprünglichen Einreichplanung unverändert bleiben. Abweichend von der ursprünglichen Planung ist nun im Dachgeschoß keine Wohnnutzung mehr vorgesehen und wird dieses als „unausgebauter Dachraum“ ausgeführt. Der Dachraum verfügt gem. Austauschplanung über keinen für Aufenthaltsräume, Lagerräume und dgl. üblichen Ausbaustandard (Fußboden-/Wandaufbau). Anstelle eines Fußbodens wird über der Geschoßdecke zum Obergeschoß eine 24 cm dicke Mineralwolldämmung als thermische Gebäudehülle angebracht, das Dach selbst bleibt ungedämmt. In Zusammenhang mit der Funktionsänderung entfallen die Belichtungsflächen (Dachflächenfenster) an den Längsseiten der Gebäude, die Fenster an den Giebelseiten werden verkleinert. Die Erschließung des Dachraums erfolgt anstelle des Stiegenhauses über eine Deckenöffnung (75 x 140 cm) zum Obergeschoß, welche die Begehbarkeit zu Wartungszwecken ermöglicht.

 

5.2. Beim ggst. Dachraum handelt es sich entsprechend den vorliegenden Austauschunterlagen nicht um einen für Aufenthalts-, Lagerräume und dgl. ganz oder teilweise ausgebauten Dachraum im Sinne eines Dachgeschoßes (§ 4 Z 23 Stmk BauG), sondern um einen unausgebauten Dachraum (Dachboden), der nur zu Wartungszwecken betreten wird. Da anstelle eines Fußbodenaufbaus lediglich eine Dämmung der obersten Geschoßdecke ausgeführt wird, ist keine Fußbodenoberkante zur Ermittlung der Raumhöhe gegeben. Die Anforderungen der OIB-Richtlinie 3 an die Raumhöhe sind somit aus bautechnischer Fachsicht nicht geltend zu machen. In den Begriffsbestimmungen zur OIB 2019 wird zum oberirdischen Geschoß u.a. festgehalten, dass Geschoße, in denen sich keine Wohnungen, Betriebseinheiten oder Teile von solchen befinden (z.B. nicht ausgebaute Dachräume, Triebwerksräume, Räume für haustechnische Anlagen) nicht zu den oberirdischen Geschoßen zu zählen sind.

 

6. Beim zu überprüfenden Dachraum handelt es sich somit nicht um ein Geschoß im Sinne des § 4 Z 34 Stmk BauG und liegen beim geplanten Bauvorhaben demnach nunmehr nicht mehr als zwei oberirdische Geschoße vor.

 

III. Beweiswürdigung:

 

Die Feststellungen zum ursprünglichen Projekt und zum Austauschprojekt ergeben sich aus den anhand der Projektunterlagen nachvollziehbaren Gutachten der bautechnischen Amtssachverständigen Dipl.-Ing. MN. Weder die beschwerdeführende Gesellschaft noch die belangte Behörde haben gegen diese Gutachten Einwände erhoben. Um die fachliche Richtigkeit der Gutachten in Zweifel ziehen zu können, wäre aber eine präzise Darstellung der dagegen gerichteten sachlichen Einwände oder die Vorlage des Gutachtens eines anderen Sachverständigen erforderlich gewesen (vgl. VwGH 30.06.2010, 2009/12/0124; 10.11.2008; 2003/12/0078 mwN). Die Parteien hatten auch ausreichend Gelegenheit, gegen die Gutachten Einwände zu erheben, wurden ihnen diese doch jeweils mit der Möglichkeit zur Stellungnahme nachweislich zugestellt. Zur Vertagungsbitte der belangten Behörde, die mit der „urlaubsbedingten Abwesenheit des vom Bürgermeister entsandten Leiters der Abteilung Baurecht & Umwelt“ begründet wurde und der das Landesverwaltungsgericht Steiermark nicht nachkam, ist auszuführen, dass der Bitte um Vertagung der Verhandlung vom 25.07.2023 aus organisatorischen, terminlichen und prozessökonomischen Gründen (insbesondere auch auf Grund der Erforderlichkeit der Anwesenheit der dem Verfahren beigezogenen Amtssachverständigen zur Erörterung des Gutachtens in der Verhandlung) nicht nachgekommen werden konnte. Eine Teilnahme der belangten Behörde an der Verhandlung am 25.07.2023 war zur Klärung des relevanten Sachverhalts auch nicht geboten und waren für das Landesverwaltungsgericht Steiermark auch keine besonderen Gründe des Einzelfalls ersichtlich, warum die Vertretung der Behörde bei der Verhandlung gerade durch den Leiter der Abteilung Baurecht & Umwelt erforderlich schien. Einer Behörde ist es zuzumuten, einen informierten Vertreter unabhängig von der fachlichen Expertise des jeweiligen Behördenmitarbeiters zu entsenden, sollte sie dies für erforderlich erachten (vgl. selbst zu anwaltlichen Parteienvertretern VwGH 06.09.2005, 2001/03/0024; 28.02.2006, 2002/03/0095; 19.03.2003, 2001/03/0025; 13.12.2000, 2000/03/0212).

 

IV. Rechtslage:

 

1. Die maßgeblichen Bestimmungen des Wortlauts des Teilbebauungsplans „K-L-Gasse“ 1.0 der Stadtgemeinde L, beschlossen vom Gemeinderat der Stadtgemeinde L am 27.10.2011, GZ: 324.32, lauten:

 

„2. VERORDNUNG

2.1. VERORDNUNGSPLAN (siehe Beilage)

2.2. WORTLAUT

 

§ 1 ALLGEMEIN

 

1.1. Geltungsbereich

Das Planungsgebiet umfasst lt. Vermessungsplan, verfasst vom Vermessungsbüro DI OP, Ingenieurkonsulent für Vermessungswesen, vom 23.07.2008, GZ: XXXX, die Gstke. Nr. XXXX, XXXX, XXXX, XXXX, XXXX, XXXX, XXXX, XXXX, XXXX, XXXX, /XX, XXXX, XXXX, XXXX und XXXX, alle KG L, mit einer Fläche von 9,900 m2.

 

Die Grenze des Planungsgebiets ist im Verordnungsplan ersichtlich gemacht.

[….]

 

§ 3 GESTALTUNGSVORGABEN 2

[…]

 

3.3. Höhenentwicklung der Gebäude

3.3.1 Die maximal zulässige Gesamthöhe von Gebäuden wird mit 9,5 m (Satteldächer), 8,0 m (Walmdächer) und 7,0 m (Flachdächer) festgelegt.

3.3.2 Die Gebäudehöhe wird in Geschoßen lt. § 4 Z 34 STBauG, LGBl. 1995/59 i.d.g.F. mit maximal 2 oberirdischen Geschoßen festgelegt.“

 

2. Die maßgeblichen Ausführungen des Erläuterungsberichts des Teilbebauungsplans „K-L-Gasse“ 1.0 der Stadtgemeinde L, beschlossen vom Gemeinderat der Stadtgemeinde L am 27.10.2011, GZ: 324.32, lauten:

 

„ERLÄUTERUNGSBERICHT

 

3.1 VORGABEN FÜR DEN BEBAUUNGSPLAN „K-L-GASSE“

Vorgaben der Stadtgemeinde / des Grundeigentümers:

[…]

 

Geschoßzahlen ortsüblich Ja / Nein max. 2 Geschoße

[…]

 

3.3 ERLÄUTERUNGEN ZUM VERORDNUNGSWORTLAUT

[…]

 

Zu § 3 Gestaltungsvorgaben und

§ 4 Freiflächen und Grünanlagen

 Durch die getroffenen Festlegungen soll die Gestaltung dieses Baugebiets geregelt werden, um zu vermeiden, dass Zufälligkeiten entstehen, die aufgrund ihrer Gegensätzlichkeit dazu angetan sind, den Entwicklungsplan zu beeinträchtigen oder als ungeplant erscheinen zu lassen.

 

 Der Bebauungsplan hat den Zweck, im Planungsgebiet gemeinsame Ordnungsprinzipien festzulegen, um die Gestaltungsfreiheit in ortsbildrelevanten Details wie Größe, Gliederung und Anordnung der Häuser, Freiraumgestaltung in angemessene Bahnen zu lenken. Im Planungsgebiet überwiegt das rote und graue Satteldach bzw. Krüppelwalmdach und eine maximal 3-geschoßige Bebauung.

 

 Neben der Festlegung von Geschossanzahlen bzw. Gebäudehöhen zählt die Gestaltung der „Dachlandschaft“ zu den wichtigen Ordnungsinstrumenten dieses Bebauungsplanes.

[…]“

 

3. § 119t Abs 1 Steiermärkisches Baugesetz, LGBl. Nr. 59/1995 in der geltenden Fassung LGBl. Nr. 73/2023 (Stmk BauG) lautet:

 

„§ 119t

Übergangsbestimmung zur Novelle LGBl. Nr. 45/2022

(1) Die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Novelle LGBl. Nr. 45/2022 anhängigen Verfahren sind nach den bis zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Novelle geltenden Bestimmungen zu Ende zu führen.“

 

4. Die im vorliegenden Fall maßgeblichen Bestimmungen des Steiermärkischen Baugesetzes, LGBl. Nr. 59/1995 in der gemäß § 119t Abs 1 Stmk BauG anwendbaren Fassung LGBl. Nr. 91/2021 (Stmk BauG) lauten:

 

„§ 4

Begriffsbestimmungen

[…]

22. Dachboden: unausgebauter Dachraum;

23. Dachgeschoß: für Aufenthalts-, Lagerräume u. dgl. ganz oder teilweise ausgebauter Dachraum;

[…]

34. Geschoß: Gebäudeabschnitt zwischen den Oberkanten der Fußböden übereinanderliegender Räume oder lichter Abschnitt zwischen der Oberkante des Fußbodens und der Unterfläche des Daches, wenn die jeweils geforderte Raumhöhe erreicht wird. Gebäudeabschnitte, die zueinander bis einschließlich der halben Geschoßhöhe versetzt sind, gelten als ein Geschoß;

[…]“

 

5. § 28 des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes, BGBl. I Nr. 33/2013 idF BGBl. I Nr. 138/2017 (VwGVG), lautet auszugsweise wie folgt:

 

„Erkenntnisse

§ 28. (1) Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

(2) Über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG hat das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn

1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder

2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

(3) Liegen die Voraussetzungen des Abs. 2 nicht vor, hat das Verwaltungsgericht im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hiebei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.

[…]

(5) Hebt das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid auf, sind die Behörden verpflichtet, in der betreffenden Rechtssache mit den ihnen zu Gebote stehenden rechtlichen Mitteln unverzüglich den der Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtes entsprechenden Rechtszustand herzustellen.

[…]“

 

V. Rechtliche Beurteilung:

 

Zu I., Beschluss (Zurückverweisung hinsichtlich der Abweisung des Bauansuchens):

 

Zur Unvereinbarkeit des ursprünglichen Projekts mit § 3.3.2 des Teilbebauungsplans:

 

1.1. § 3.3.2 des Teilbebauungsplans „K-L-Gasse“ 1.0 verweist auf den Geschoßbegriff des § 4 Z 34 Stmk BauG und lässt nach dem eindeutigen Wortlaut zwei oberirdische Geschoße zu. Somit ist aber für die Erfüllung dieser Vorgabe des Bebauungsplans einzig entscheidend, ob der Geschoßbegriff des § 4 Z 34 Stmk BauG bei höchstens zwei Geschoßen erfüllt ist.

 

1.2. Auch dem Erläuterungsbericht zu diesem Teilbebauungsplan lässt sich nichts Gegenteiliges entnehmen: Darin wird zu § 3 ausgeführt, dass der Bebauungsplan den Zweck habe, im Planungsgebiet gemeinsame Ordnungsprinzipien festzulegen, um die Gestaltungsfreiheit in ortsbildrelevanten Details wie Größe, Gliederung und Anordnung der Häuser, Freiraumgestaltung in angemessene Bahnen zu lenken. Im Planungsgebiet überwiege das rote und graue Satteldach bzw. Krüppelwalmdach und eine maximal 2-geschoßige Bebauung.

 

1.3. Auf die Bestimmung des § 13 Abs 5 Stmk BauG über die abstandsrelevanten Geschoße, mithin jene, die zwar den Geschoßbegriff erfüllen, aber für die Berechnung des Grenz- und des Gebäudeabstands nicht anzurechnen sind, kommt es – entgegen der in den Stellungnahmen der GH ZT Consulting GmbH geäußerten Rechtsansicht (vgl. im Übrigen zur Unbeachtlichkeit rechtlicher Ausführungen in einem Gutachten VwGH 23.01.1992, 91/06/0184; 29.11.1994, 92/05/0139; 24.04.2002, 2001/12/0218) – bei der Bestimmung des § 3.3.2 des Bebauungsplans hingegen nicht an.

 

2. Somit war im vorliegenden Beschwerdeverfahren anhand der ursprünglich eingereichten Projektunterlagen zu beurteilen, ob das geplante Bauvorhaben mehr als zwei oberirdische Geschoße vorsah. Ein Geschoß liegt bei Erfüllung der Geschoßdefinition des § 4 Z 34 Stmk BauG vor, wonach der Gebäudeabschnitt zwischen den Oberkanten der Fußböden übereinanderliegender Räume oder der lichte Abschnitt zwischen der Oberkante des Fußbodens und der Unterfläche des Daches, wenn die jeweils geforderte Raumhöhe erreicht wird, ein Geschoß bildet. Dabei ergibt sich die jeweils geforderte Raumhöhe aus der OIB-Richtlinie 3 betreffend Hygiene, Gesundheit und Umweltschutz vom April 2019 (OIB-330.3-007/19), die durch § 1 Z 1 Stmk BautechnikVO 2020 für verbindlich erklärt wurde.

 

3. Wie sich aus dem – anhand des verfahrensgegenständlichen Einreichplans Nr. XXXX vom 13.01.2022, verfasst von Arch. DI IJ, nachvollziehbaren – Gutachten der Amtssachverständigen DI MN vom 27.06.2023 ergibt, war beim ursprünglichen Projekt die gemäß der OIB-Richtlinie 3 vom April 2019 erforderliche Raumhöhe von 2,40 m für Aufenthaltsräume im Erd-, Ober- und Dachgeschoß erfüllt, sodass beide ursprünglich geplanten Häuser entsprechend der Geschoßdefinition des § 4 Z 34 Stmk BauG über drei Geschoße verfügten.

 

4. Somit erging im verwaltungsgerichtlichen Verfahren die Aufforderung zur Projektmodifikation, da das ursprünglich eingereichte Projekt nicht genehmigungsfähig war.

 

Zur Vereinbarkeit des Austauschprojekts mit dem Teilbebauungsplan:

 

5. Bei den sich aus den vorgelegten Austauschprojektunterlagen ergebenden Änderungen des Bauvorhabens handelt es sich um keine wesentlichen Antragsänderungen gemäß § 13 Abs 8 AVG, die im verwaltungsgerichtlichen Verfahren unzulässig wären: Zur Änderung des ursprünglich vorgesehenen Dachgeschoßes zu einem nicht ausgebauten Dachraum ist auf die Entscheidung des VwGH vom 29.09.2016, 2013/05/0193, zu verweisen, in der der VwGH in einem vergleichbaren Fall keine wesentliche Antragsänderung iSd § 13 Abs 8 AVG erblickte. Auch die weitere Projektänderung der Verschiebung der Parkplätze STP 2, 3 und 4 von der nördlichen Grundstücksgrenze in Richtung Süden, woraus auch eine Verschiebung der „Humusmulde“ und eine geringfügige Erhöhung des Versiegelungsgrads (von 0,43 auf 0,44) resultieren, stellen keine wesentlichen Antragsänderungen iSd § 13 Abs 8 AVG dar.

 

6.1. Beim Austauschprojekt liegen nur noch zwei oberirdische Geschoße vor, sodass die Anforderung des § 3.3.2 des Teilbebauungsplans „K-L-Gasse“ 1.0 nunmehr eingehalten wird: Gemäß der Begriffsdefinition des § 4 Z 34 Stmk BauG bildet der Gebäudeabschnitt zwischen den Oberkanten der Fußböden übereinanderliegender Räume oder der lichte Abschnitt zwischen der Oberkante des Fußbodens und der Unterfläche des Daches ein Geschoß, wenn die jeweils geforderte Raumhöhe erreicht wird. Die geforderte Raumhöhe ergibt sich aus der OIB-Richtlinie 3 Hygiene, Gesundheit und Umweltschutz vom April 2019 und wird diese, abhängig vom Verwendungszweck, für Aufenthaltsräume und andere Räume als Aufenthaltsräume definiert, wobei Technikräume, die nur zu Servicezwecken betreten werden von den Anforderungen ausgenommen sind.

 

6.2. Beim ggst. Dachraum handelt es sich nach den vorliegenden Austauschunterlagen – wie oben festgestellt – nicht um einen für Aufenthalts-, Lagerräume u. dgl. ganz oder teilweise ausgebauten Dachraum im Sinne eines Dachgeschoßes gemäß § 4 Z 23 Stmk BauG), sondern um einen unausgebauten Dachraum (Dachboden) gemäß § 4 Z 22 Stmk BauG, der nur zu Wartungszwecken betreten wird. Da anstelle eines Fußbodenaufbaus lediglich eine Dämmung der obersten Geschoßdecke ausgeführt wird, ist keine Fußbodenoberkante vorhanden, die Voraussetzung der Qualifikation eines Gebäudeabschnitts als Geschoß gemäß § 4 Z 34 Stmk BauG ist. Überdies wird auch in den Begriffsbestimmungen zur OIB‑Richtlinie 2019 zum oberirdischen Geschoß u.a. festgehalten, dass Geschoße in denen sich keine Wohnungen, Betriebseinheiten oder Teile von solchen befinden (z.B. nicht ausgebaute Dachräume, Triebwerksräume, Räume für haustechnische Anlagen) nicht zu den oberirdischen Geschoßen zu zählen sind. Auch die Anforderungen der OIB-Richtlinie 3 an die Raumhöhe können mangels Fußbodenoberkante zur Ermittlung der Raumhöhe nicht geltend gemacht werden.

 

7. Da nunmehr nur noch zwei oberirdische Geschoße beim Austauschprojekt vorhanden sind, steht dem Bauansuchen der bauwerbenden Gesellschaft der Versagungsgrund des Widerspruchs mit § 3.3.2 des Teilbebauungsplans nicht mehr entgegen.

 

Zur Zurückverweisung:

 

8. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs ist ein prinzipieller Vorrang der meritorischen Entscheidungspflicht der Verwaltungsgerichte gesetzlich festgelegt. Die nach § 28 VwGVG verbleibenden Ausnahmen von der meritorischen Entscheidungspflicht sind strikt auf den ihnen gesetzlich zugewiesenen Raum zu beschränken (statt vieler VwGH 26.06.2014, Ro 2014/03/0063).

 

9.1. Sind (lediglich) ergänzende Ermittlungen vorzunehmen, liegt die (ergänzende) Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes durch das Verwaltungsgericht im Interesse der Raschheit iSd § 28 Abs 2 Z 2 erster Fall VwGVG, zumal diesbezüglich nicht bloß auf die voraussichtliche Dauer des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens alleine, sondern auf die Dauer des bis zur meritorischen Entscheidung insgesamt erforderlichen Verfahrens abzustellen ist (vgl. VwGH 22.06.2020, Ra 2018/06/0166, Rn. 17, mwN; 13.03.2023, Ra 2022/06/0227).

 

9.2. Von der Möglichkeit der Zurückverweisung durch das Verwaltungsgericht an die Verwaltungsbehörde kann daher nur bei krassen bzw. besonders gravierenden Ermittlungslücken Gebrauch gemacht wird (vgl. VwGH 30.09.2014, Ro 2014/22/0021; 29.04.2015, Ra 2015/20/0038; ferner VwGH 27.08.2014, Ro 2014/05/0062; vgl. auch Leeb in Hengstschläger/Leeb, AVG § 28 VwGVG (Stand 15.2.2017, rdb.at) Rz. 118 mwN).

 

9.3. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs kann sich etwa auch erst nach einer Verhandlung ergeben, dass die noch fehlenden Ermittlungen einen Umfang erreichen, der eine Behebung und Zurückverweisung erlaubt (vgl. VwGH 06.10.2021, Ra 2021/03/0142; 27.01.2016, Ra 2015/08/0171) Weiters ist es nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs für die Zulässigkeit der Zurückverweisung auch unerheblich, ob sich die Notwendigkeit zu Ermittlungen in eine andere Richtung erst daraus ergibt, dass das Verwaltungsgericht eine andere Rechtsauffassung als die Behörde vertritt (VwGH 19.12.2022, Ra 2022/03/0062; 29.03.2022, Ra 2021/05/0159; 29.07.2015, Ra 2015/07/0034; 29.01.2015, Ro 2015/07/0001; vgl. auch Köhler in Köhler/Brandtner/Schmelz [Hrsg], VwGVG Kommentar [2020] § 28 VwGVG Rz. 97).

 

9.4. Dasselbe muss in einem Fall wie dem vorliegenden gelten, in dem sich das Fehlen jeglicher Ermittlungen und die Notwendigkeit zur erstmaligen Führung eines Ermittlungsverfahrens zur inhaltlichen Beurteilung des Bauvorhabens daraus ergibt, dass aufgrund einer Projektmodifikation vor dem Landesverwaltungsgericht der durch die Behörde angezogene Grund der Abweisung des Bauansuchens nicht mehr vorliegt und bislang noch keine sonstigen Ermittlungsschritte gesetzt wurden, zumal auch die Behörde im behördlichen Verfahren dazu verpflichtet gewesen wäre, der bauwerbenden Gesellschaft die Möglichkeit zur Projektmodifikation einzuräumen (vgl. zur Verpflichtung der Behörde zur Aufforderung zur Projektmodifikation, um ein Genehmigungshindernis auszuräumen: VwGH 20.06.2002, 2000/06/0204; 08.03.1994, 93/05/0117, 22.02.1996, 93/06/0024, 27.02.1998, 95/06/0185 ua).

 

10. Die belangte Behörde ist im fortgesetzten Verfahren gemäß § 28 Abs 3 letzter Satz VwGVG an die rechtliche Beurteilung gebunden, von der das Landesverwaltungsgericht im vorliegenden Beschluss ausgeht.

 

10.1. Mit dem angefochtenen Bescheid wurde das Bauansuchen alleine mit der Begründung abgewiesen, dass das Bauvorhaben aufgrund seiner 3-Geschoßigkeit § 3.3.2 des Teilbebauungsplans „K-L-Gasse“ 1.0 widerspricht.

 

10.2. Aufgrund der durch die Behörde unterlassenen Aufforderung zur Projektmodifikation, um die Genehmigungsfähigkeit des Projekts herzustellen, erfolgte diese erst im landesverwaltungsgerichtlichen Verfahren. Aufgrund der nunmehrigen 2-Geschoßigkeit des Bauvorhabens fällt der Abweisungsgrund des Widerspruchs zu § 3.3.2 des Teilbebauungsplans weg.

 

10.3.Nachdem die Behörde die Baubewilligung schon wegen des Widerspruchs zu § 3.3.2 des Teilbebauungsplans „K-L-Gasse“ 1.0 versagte, hat diese die weiteren Voraussetzungen für die Bewilligung des Bauvorhabens nachvollziehbarerweise nicht geprüft.

 

11. Das erkennende Verwaltungsgericht hätte nunmehr erstmals ein Baubewilligungsverfahren über das sich aus den Austauschprojektunterlagen ergebende Bauvorhaben unter Beiziehung der Nachbarn durchzuführen, wobei etwa die Bauplatzeignung, die Einhaltung der bautechnischen Vorschriften der §§ 43 ff  Stmk BauG oder die Einhaltung der subjektiv-öffentlichen Nachbarrechte des § 26 Abs 1 Stmk BauG erstmals durch das Landesverwaltungsgericht Steiermark zu prüfen wären.

 

12.1. Da im Beschwerdefall eine meritorische Entscheidung durch das Verwaltungsgericht einer in der Sache erstinstanzlichen Entscheidung gleichkäme und die beizuziehenden Nachbarn erstmals im verwaltungsgerichtlichen Verfahren mit dem Austauschprojekt konfrontiert wären, ist mit der Zurückverweisung der Sache an die belangte Behörde zur Durchführung der für die Beurteilung der Bewilligungsfähigkeit des Austauschprojekts notwendigen Ermittlungen vorzugehen (vgl. VwGH 30.03.2017, Ra 2014/08/0050; 20.10.2015, Ra 2015/09/0088).

 

12.2. Im Übrigen sprechen auch Gründe der Verfahrensökonomie nicht gegen die Zurückverweisung: Die Behörde hat Kenntnisse des mit Ausnahme der Geschoßigkeit im Wesentlichen unveränderten Projekts, hat auch schon eine Verhandlung vor Ort unter Beiziehung der Nachbarn durchgeführt und verfügt über einen bereits mit dem mit Ausnahme der Geschoßigkeit im Wesentlichen unveränderten Projekt vertrauten Bausachverständigen. Allein die räumliche Entfernung zwischen den verfahrensgegenständlichen Grundstücken einerseits und dem Amtssitz des Landesverwaltungsgerichts anderseits würde zu einem Aufwand an Zeit und Kosten für die Anreise der Beteiligten führen (vgl. dazu VwGH 28.03.2008, 2005/12/0178; vgl. auch VwGH 21.11.2002, 2000/20/0084). Das Erfordernis einer manchmal weiten und unter Umständen mehrfachen Anreise zu Verhandlungen vor dem weiter entfernten Landesverwaltungsgericht kann auch zu Verfahrensverzögerungen infolge notwendiger Vertagungen wegen Verhinderung einzelner Personen führen.

 

13. § 28 Abs 5 VwGVG bestimmt für den Fall der Zurückverweisung, dass die Behörde im Falle der Aufhebung des angefochtenen Bescheides durch das Verwaltungsgericht verpflichtet ist, in der betreffenden Rechtssache den der Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtes entsprechenden Zustand herzustellen.

 

14. Die Baubehörde wird daher die weiteren erforderlichen Ermittlungsschritte für die Beurteilung, ob das sich aus den Austauschprojektunterlagen ergebende Vorhaben nach den Bestimmungen des Stmk BauG genehmigungsfähig ist, zu setzen haben, wobei die Baubewilligung nicht mehr wegen eines Verstoßes gegen § 3.3.2 des Teilbebauungsplans „K-L-Gasse“ 1.0 versagt werden darf.

 

15. Der Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheids ist daher stattzugeben und die Angelegenheit an die belangte Behörde zurückzuweisen. Mit der vorliegenden Entscheidung werden der belangten Behörde die Austauschprojektunterlagen in jeweils zweifacher Ausfertigung zugestellt (eine Ausfertigung verbleibt im Akt des Landesverwaltungsgerichts Steiermark).

 

Zu II., Erkenntnis (Stattgabe hinsichtlich der Vorschreibung der Barauslagen):

 

16. Der Ersatz der der Behörde „erwachsenen Barauslagen“ durch die Partei gemäß § 76 Abs 1 bis 3 AVG setzt voraus, dass die Behörde zunächst selbst Aufwendungen gemacht hat (vgl. VwGH 21.10.1987, 87/03/0175; 17.12.2002, 2001/11/0159).

 

17. Beim praktisch besonders bedeutsamen Fall der Sachverständigengebühr liegt diese Voraussetzung nur dann vor, wenn die Behörde die Gebühr dem Sachverständigen gegenüber sowohl iSd § 53a AVG bescheidmäßig festgesetzt (vgl. VwGH 24.02.2004, 2002/05/0658; 26.09.2006, 2001/06/0033) als auch bezahlt hat (vgl. VwGH 21.10.1987, 87/03/0175; 08.06.2005, 2002/03/0076). Vorher kommt ein Ersatz der Barauslagen durch die Beteiligten nicht in Betracht (vgl. VwGH 21.10.1987, 87/03/0175; 17.12.2002, 2001/11/0159), wäre also verfrüht (vgl. VwGH 24.02.2004, 2002/05/0658). Anders ausgedrückt bietet § 76 Abs 1 AVG keine Grundlage dafür, die Partei zu verpflichten, eine „Vergütung“ an einen Sachverständigen für eine Arbeitsleistung zu bezahlen, die ihm von der Behörde „aufgetragen“ wurde (vgl. VwGH 21.10.1987, 87/03/0175; 17.05.1993, 90/10/0058). Es ist sohin jedenfalls (vgl VwGH 17.12.2002, 2001/11/0159) rechtswidrig, die Partei zur unmittelbaren Begleichung der Sachverständigengebühr zu verpflichten (vgl. VwGH 21.10.1987, 87/03/0175; 26.06.1990, 89/05/0004; 08.06.2005, 2002/03/0076; 18.11.2003, 98/05/0112).

 

18. Wie die belangte Behörde in ihrem Schreiben vom 28.06.2023 einräumte, erfolgte weder eine bescheidmäßige Festsetzung der Sachverständigengebühr, noch wurde Parteiengehör zu der nach den Angaben der Behörde „pauschalen Abrechnung“ durch den Bausachverständigen, die weder im Akt dokumentiert ist noch auf Aufforderung vorgelegt werden konnte, eingeräumt. Zumal eine Kostenbestimmung mittels Bescheid nicht erfolgt ist, war die Vorschreibung an die Beschwerdeführerin rechtswidrig, der Beschwerde hinsichtlich der Vorschreibung der Barauslagen (Spruchteil „Verfahrenskosten“) stattzugeben und der angefochtene Bescheid insofern aufzuheben.

 

19. Angemerkt wird, dass im vorliegenden Verfahren der Aktenlage auch kein konkreter Auftrag an den nichtamtlichen Bausachverständigen zu entnehmen ist.

 

VI. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte