BVwG W293 2274110-1

BVwGW293 2274110-113.12.2024

AVG §53a Abs2
B-VG Art133 Abs4
GebAG §30
GebAG §31
GebAG §34
GebAG §38
GebAG §43
GebAG §49 Abs2
VwGVG §17

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2024:W293.2274110.1.01

 

Spruch:

 

 

W293 2274110-1/37Z

BESCHLUSS

 

Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch die Richterin MMag. Dr. Monika ZWERENZ, LL.M. über den gebührenrechtlichen Antrag vom 28.06.2024 des Sachverständigen XXXX

 

A)

I. Die gebührenrechtlichen Ansprüche des Sachverständigen XXXX werden gemäß § 17 VwGVG iVm § 53a Abs. 2 AVG mit insgesamt

€ 736,10 (inkl. USt.)

bestimmt.

II. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

 

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

 

 

Begründung:

I. Verfahrensgang:

I.1. Mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 24.04.2024, GZ. W293 2274110-1/22Z, wurde der allgemein beeidete und gerichtlich zertifizierte Sachverständige XXXX (in der Folge: „Antragsteller“) von der Leiterin der Gerichtsabteilung W293 in der Beschwerdesache von XXXX gemäß § 52 Abs. 2 AVG iVm 17 VwGVG zum Sachverständigen (versehentlich) aus dem Fachgebiet für Berufskunde bestellt und ihm die Beantwortung von Fragen in einem schriftlich zu erstattenden Gutachten aufgetragen.

I.2. Bezugnehmend auf das Fachgebiet Berufskunde ist auf die Seiten vier und fünf des Beschlusses zu verweisen, welche besagen, dass im gegenständlichen Fall die Beiziehung eines Sachverständigen mit dem Fachgebiet Unfallchirurgie erforderlich ist. Folglich wurde der Antragsteller für das Fachgebiet Unfallchirurgie bestellt.

I.3. Mit Schriftsatz vom 28.06.2024, eingelangt beim Bundesverwaltungsgericht am 02.07.2024, brachte der Antragsteller das Gutachten (samt Krankengeschichte des Beschwerdeführers als Beilage) sowie die entsprechende Honorarnote im Postweg beim Bundesverwaltungsgericht wie folgt ein:

1.

Aktenstudium § 36

40,00

2.

Mühewaltung für Befund und Gutachtenserstellung § 34 (1)

Befundaufnahme, Ausarbeitung und Ausfertigung des Gutachtens, Befundung von Röntgenbildern2,5 Stunden á 356€

890,00

3.

Ordinationspauschale

20,00

4.

Schreibgebühr für Reinschreiben von Befund und Gutachten sowie sonstiger Schriftstücke § 31 (1) Z3 á 2 € x 7

14,00

5.

Porto, Spesen, Telefonate

10,00

Zwischensumme

974,00

+20% UST €

194,80

Gesamtsumme

1168,80

abgerundet auf ganze €

1168,00

    

 

I.4. In der Folge wurde dem Antragsteller mit Parteiengehör des Bundesverwaltungsgerichts vom 18.10.2024, GZ. W293 2274110-1/34Z, im Wesentlichen mitgeteilt, dass sich unter Berücksichtigung der gebührenrechtlichen Bestimmungen des Gebührenanspruchsgesetzes (GebAG) aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts im gegenständlichen Verfahren eine abweichende Gebührenberechnung ergäbe. Hiezu wurde dem Antragsteller die Möglichkeit zur Stellungnahme binnen 14 Tagen eingeräumt.

I.5. Mit fristgerecht eingebrachter Stellungnahme vom 28.06.2024 teilte der Antragsteller hinsichtlich der postalischen Einbringung des Gutachtens mit, dass er das Gutachten vom Gericht ebenfalls auf dem Postweg erhalten hätte und eine Übermittlung somit auf gleichem Wege selbstverständlich wäre.

Die Ordinationspauschale beziehe sich auf den erhöhten Reinigungs- und Desinfektionsaufwand seit Corona, auf die Kosten für Reinigungsmittel und Utensilien, Liegenpapier, WC-Papier etc..

356 € entspräche der Empfehlung der Honorarordnung der Ärztekammer, sei ein allgemein üblicher Stundensatz und werde vom Antragsteller immer bei gleichen Tätigkeiten für Versicherungs- und Gerichtsgutachten verrechnet. Der Aufwand von 2 ½ Stunden für Befundaufnahme, Ausarbeitung und Ausfertigung des Gutachtens, Befundung von Röntgenbildern sei jedenfalls für das übermittelte Gutachten gerechtfertigt. Die Röntgenaufnahmen seien nach Zustimmung des Untersuchten im Röntgenarchiv des XXXX eingesehen worden.

Das Leistungsdatum der Gebührennote sei der Gebührennote rechts oben zu entnehmen und gleichlautend mit dem Datum der Fertigstellung des Gutachtens.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

II.1. Feststellungen:

Es wird von dem unter Punkt I. dargelegten Sachverhalt ausgegangen, aus dem hervorgeht, dass im gegenständlichen Fall der Antragsteller auf Grundlage des Beschlusses des Bundesverwaltungsgerichts vom 24.04.2024, GZ. W293 2274110-1/22Z, mit der Erstellung eines schriftlichen Gutachtens aus dem Fachgebiet Unfallchirurgie beauftragt wurde.

II.2. Beweiswürdigung:

Der verfahrensgegenständliche Sachverhalt ergibt sich aus einer Abfrage der elektronischen Verfahrensadministration des Bundesverwaltungsgerichts, dem Bestellungsbeschluss vom 24.04.2024, GZ. W293 2274110-1/22Z, dem schriftlichen Gutachten des Sachverständigen vom 28.05.2024 und dem gebührenrechtlichen Antrag vom 28.06.2024, der Stellungnahme des Antragstellers vom 23.10.2024 und dem Akteninhalt.

II.3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit .). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 53a Abs. 1 AVG iVm § 17 VwGVG haben nichtamtliche Sachverständige für ihre Tätigkeit im Verfahren Anspruch auf Gebühren im Umfang der sinngemäß anzuwendenden §§ 24 bis 37 und 43 bis 49 und 51 GebAG. Die Gebühr ist gemäß § 38 GebAG bei der Behörde geltend zu machen, die den Sachverständigen herangezogen hat.

§ 53a Abs. 2 AVG normiert weiters, dass die Gebühr von der Behörde, die den Sachverständigen herangezogen hat, zu bestimmen ist.

Gemäß § 24 GebAG umfasst die Gebühr des Sachverständigen

1. den Ersatz der notwendigen Kosten, die durch die Reise an den Ort der Befund- oder Beweisaufnahme, durch den Aufenthalt an diesem Ort und durch die Rückreise verursacht werden;

2. den Ersatz der Kosten für die Beiziehung von Hilfskräften und der sonstigen durch seine Tätigkeit im gerichtlichen Verfahren verursachten notwendigen Kosten;

3. die Entschädigung für Zeitversäumnis;

4. die Gebühr für Mühewaltung einschließlich der Gebühr für die Teilnahme an einer Verhandlung und der Gebühr für Aktenstudium.

 

Zu A) Bestimmung der Gebühren

I.1. Zur geltend gemachten Gebühr für sonstige Kosten

Geltend gemachte Gebühr für Ordinationspauschale gemäß § 30 GebAG

In der Honorarnote machte der Antragsteller als sonstige Kosten iSd § 30 GebAG eine „Ordinationspauschale“ in Höhe von € 20,00 geltend. Es ist jedoch weder dem Gutachten noch der Honorarnote zu entnehmen, aus welchen konkreten Tätigkeiten bzw. weiteren Posten sich diese Pauschale zusammensetzt.

Seitens des Bundesverwaltungsgerichts wurde davon ausgegangen, dass mit der gegenständlich verzeichneten Ordinationspauschale ein Pauschalkostenbeitrag zu den Fixkosten des Ordinationsbetriebs des Antragstellers verzeichnet wird.

In Zusammenhang mit der Geltendmachung derartiger Kosten ist auf folgende Rechtsprechung zu verweisen:

Mit der Gebühr für Mühewaltung […] sind auch die mit der Befundaufnahme und Gutachtenserstattung regelmäßig zusammenhängenden Büroarbeiten (Anlage und Führung des Handaktes, Terminkoordination, Herstellung von Kopien usw.) abgegolten (vgl. LGZ Wien 44 R 60/09p WR 1061; LGZ Wien 44 R 237/09t EfSlg 125.304; Krammer/Schmidt/Guggenbichler, SDG-GebAG4 E 45 zu § 30 GebAG).

Kosten für Hilfskräfte zur Anlegung und Führung des Handaktes, Terminkoordination etc. rechtfertigen keine zusätzlichen Gebühren nach § 30 GebAG. Diese Kosten, welche nach allgemeiner Lebenserfahrung nur einen geringen Aufwand verursachen, sind vielmehr als Fixkosten anzusehen, die typischerweise anfallen und daher mit der Gebühr für Mühewaltung abgegolten sind (vgl. LGZ Wien 42 R 536/11a EFSlg 132.600; LGZ Wien 44 R 165/12h EFSlg 136.591; OLG Wien 9 Rs 198/12x; LGZ Wien 44 R 402/12m WR 1153; OLG Wien 23 Bs 83/15x; Krammer/Schmidt/Guggenbichler, SDG-GebAG4 E 46 zu § 30 GebAG).

Kosten für Terminkoordination fallen in den Bereich Fixkosten, welche typischerweise in jeder Ordination anfallen und für welche der gerichtliche Auftrag zur Gutachtenserstattung nicht kausal sein kann (vgl. LGZ Wien 45 R 572/04g EFSlg 112.703; Krammer/Schmidt/Guggenbichler, SDG-GebAG4 E 49 zu § 30 GebAG).

Mit Stellungnahme vom 23.10.2024 begründete der Antragsteller die verrechnete Ordinationspauschale mit dem erhöhten Reinigungs- und Desinfektionsaufwand seit Corona, auf Kosten für Reinigungsmittel und Utensilien, Liegenpapier, WC-Papier, etc..

Gemäß § 31 Abs. 1 GebAG sind den Sachverständigen ausschließlich folgende, mit der Erfüllung ihres jeweiligen Gutachtensauftrags notwendigerweise verbundenen variablen Kosten, nicht aber Fixkosten zu ersetzen:

(Z 1) […]

(Z 2) die Kosten für die bei der Untersuchung verbrauchten Materialien (insbesondere Filmmaterial, Reagenzien, Chemikalien, Farbstoffe, Präparate, Injektionsmittel);

(Z 3) […]

(Z 4) die Kosten für die Benützung der von ihnen nicht selbst beigestellten, besonderen fallspezifischen Hilfsmittel, Werkzeuge, Programme und Geräte, die nicht zur üblichen Grundausstattung von in diesem Fachgebiet tätigen Sachverständigen gehören;

[…]

Dem SV sind ausschließlich die in § 31 Abs. 1 Z 1 bis 6 GebAG aufgelisteten, mit dem Gutachtenauftrag notwendigerweise verbundenen variablen Kosten zu ersetzen. Alle anderen Aufwendungen, die typischerweise anfallen, sind Fixkosten, die mit der Gebühr für Mühewaltung abgegolten werden und nicht gesondert zu ersetzen sind (vgl. LGZ Wien 43 R 342/09a EFSlg 125.296; Krammer/Schmidt/Guggenbichler, SDG-GebAG4, E 3 zu § 31 GebAG).

Soweit in der Gebührennote Investitionskosten verzeichnet werden, ist zu prüfen, ob dies mit dem gegenständlichen Gutachtensauftrag notwendigerweise verbundene variable Kosten sind. Hingegen sind Fixkosten nicht zu ersetzen. Der SV muss darlegen, welcher finanzielle Aufwand für Investitionskosten durch Anschaffung nicht nur für den Einzelfall erforderlicher Geräte in der Gebührenposition enthalten ist. Nur wenn besondere Sachmittel und Leistungen durch die Besonderheit des Gutachtensauftrags bedingt sind, sind sie ersatzfähig. Die zur üblichen Grundausstattung der in diesem Fachgebiet tätigen Sachverständigen gehörenden Hilfsmittel und Leistungen können nicht in Rechnung gestellt werden (vgl. Krammer/Schmidt/Guggenbichler, SDG-GebAG4, E 87 zu § 31 GebAG).

Gemäß § 1 der Verordnung der Österreichischen Ärztekammer über die hygienischen Anforderungen von Ordinationsstätten und Gruppenpraxen (in der Folge: Hygiene-V-2014) ist der Ordinationsstätteninhaber dafür verantwortlich, dass ein hygienisch einwandfreier Betrieb der Ordination sichergestellt ist. Durch die Einhaltung der Vorschriften der Hygiene-V-2014 soll die Verbreitung von Krankheitserregern minimiert werden.

Betreiber bzw. Dienstleistungserbringer einer Krankenanstalt, Kuranstalt oder von sonstigen Orten, an denen Gesundheitsdienstleistungen erbracht werden, wurden in der mittlerweile aufgehobenen Covid-19-Schutzmaßnahmeverordnung (COVID-19-SchuMaV, BGBl. II 463/2020), gesondert berücksichtigt. Gemäß § 11 Abs. 1 letzter Satz der COVID-19-SchuMaV hatten Betreiber bzw. Dienstleistungserbringer einer Krankenanstalt, Kuranstalt oder von sonstigen Orten, an denen Gesundheitsdienstleistungen erbracht wurden, unter Bedachtnahme auf die konkreten Verhältnisse durch geeignete Schutzmaßnahmen das Infektionsrisiko zu minimieren, soweit dies technisch möglich und zumutbar war.

Desinfektionsmittel waren auch schon vor Beginn der COVID-19-Pandemie in Ordinationsstätten und Gruppenpraxen zur Ausübung der vorgesehenen ärztlichen Tätigkeiten Teil der üblichen Grundausstattung. Dies ergibt sich unter anderem aus den gesetzlichen Bestimmungen der §§ 10 f. Hygiene-V-2014 zu Anforderungen für die Reinigung und Desinfektion der Ordination, der §§ 14 bis 18 Hygiene-V-2014 zur Händehygiene und des § 23 Hygiene-V-2014 zur Aufbereitung von Medizinprodukten.

Unter Berücksichtigung der generell strengen Hygienevorschriften bei der Erbringung von Gesundheitsdienstleistungen sowie aufgrund des Umstandes, dass es sich bei Desinfektionsmitteln um ein Grundausstattungsprodukt im Gesundheitsbereich handelt, ist eine Verzeichnung von Kosten unter dem Kostenpunkt des § 31 GebAG, welche im Zusammenhang mit dem Desinfektionsmittelverbrauch stehen, nicht möglich.

An sonstigen Kosten sind nach § 31 GebAG nur die mit der SV-Tätigkeit notwendigerweise verbundenen konkreten Kosten zu ersetzen, ein Aufschlag als allgemeine Bürounkosten hingegen nicht (vgl. OLG Wien 13 R 148/81; Krammer/Schmidt/Guggenbichler, SDG-GebAG4, E 6 zu § 31 GebAG).

Ersatzfähig sind daher Kosten, die konkret mit der Erstellung des Gutachtens anfallen und notwendigerweise verbunden sind.

Aufgrund der obigen Ausführungen ist die Geltendmachung einer „Ordinationspauschale“ für erhöhten Reinigungs- und Desinfektionsaufwand, Reinigungsmittel und Utensilien, Liegenpapier, WC-Papier etc. iHv € 20,00 nicht möglich.

I.2. Zur geltend gemachten Pauschalgebühr

In der übermittelten Honorarnote vom 28.06.2024 wurden zwar die Gebühren für das Reinschreiben von Befund und Gutachten sowie für Barauslagen und Aktenstudium einzeln ausgewiesen, die Höhe der übrigen Gebührenbestandteile wurde entgegen § 38 Abs. 1 GebAG jedoch nicht aufgeschlüsselt („Mühewaltung für Befund und Gutachtenserstellung § 34 (1) Befundaufnahme, Ausarbeitung und Ausfertigung des Gutachtens, Befundung von Röntgenbildern“).

Nach der bisherigen Judikatur ist auf Grund der Tatsache, dass der vom Sachverständigen nur pauschal verzeichnete Gebührenanspruch nicht überprüft werden kann, eine Äußerung des Sachverständigen über die für die Gebührenbestimmung maßgebenden Umstände geboten (vgl. Krammer/Schmidt/Guggenbichler, SDG-GebAG4, E 129 zu § 38 GebAG).

Kommt der Sachverständige trotz Aufforderung seiner Verpflichtung zur Aufgliederung nicht nach und lässt sich auch aus dem gesamten Akteninhalt eine Aufgliederung des Pauschalbetrags auf einzelne Gebührenbestandteile nicht entnehmen bzw. ist eine solche nicht möglich, tritt gem. § 38 Abs. 1 Anspruchsverlust ein (vgl. Krammer/Schmidt/Guggenbichler, SDG-GebAG4, E 133 zu § 38 GebAG).

Zur geltend gemachten Gebühr für „Mühewaltung für Befund und Gutachtenerstellung § 34 (1) Befundaufnahme, Ausarbeitung und Ausfertigung des Gutachtens, Befundung von Röntgenbildern“ in der Höhe von insgesamt € 890,00 (insgesamt 2,5 Stunden à € 356,00)

In seiner Stellungnahme vom 23.10.2024 führte der Antragsteller aus, dass der Stundensatz in Höhe von € 356,00 der Empfehlung der Honorarordnung der Ärztekammer entspreche, ein allgemein üblicher Stundensatz sei und vom Antragsteller immer bei gleichen Tätigkeiten für Versicherungs- und Gerichtsgutachten verrechnet werde. Der Aufwand von 2 ½ Stunden für Befundaufnahme, Ausarbeitung und Ausfertigung des Gutachtens, Befundung von Röntgenbildern sei jedenfalls für das übermittelte Gutachten gerechtfertigt. Das mindestens 30-minütige Telefonat mit der beauftragenden Richterin vor dem gegenständlichen Auftrag und der E-Mail-Verkehr seien hierbei nicht mitberücksichtigt.

Gemäß § 34 Abs. 1 und 2 GebAG steht die Gebühr für Mühewaltung den Sachverständigen für die Aufnahme des Befundes und die Erstattung des Gutachtens zu und deckt alle damit im Zusammenhang entstandenen Kosten, soweit dafür nicht nach den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes ein gesonderter Ersatz vorgesehen ist. Insoweit in anderen Vorschriften auf die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes verwiesen wird, ist die Gebühr für Mühewaltung nach den Tarifen (§ 43 ff. GebAG) dieses Bundesgesetzes zu bestimmen.

Im, für das gegenständliche Verfahren gemäß § 17 VwGVG anwendbaren § 53a Abs. 1 AVG, wird auf die Bestimmungen des GebAG dahingehend verwiesen, dass nichtamtliche Sachverständige für ihre Tätigkeit im Verfahren Anspruch auf Gebühren haben, die durch Verordnung der Bundesregierung in Pauschalbeträgen (nach Tarifen) festzusetzen sind. Soweit keine solchen Pauschalbeträge (Tarife) festgesetzt sind, sind auf den Umfang der Gebühr die §§ 24 bis 37, 43 bis 49 und 51 des Gebührenanspruchsgesetzes – GebAG, BGBl. Nr. 136/1975, sinngemäß anzuwenden.

Aus diesem Grund ist die Gebühr für Mühewaltung im gegenständlichen Fall grundsätzlich nach den Tarifen der §§ 43 ff GebAG zu bestimmen.

Gemäß § 49 Abs. 2 GebAG gilt § 43 GebAG nur dann nicht, wenn es sich um eine wissenschaftliche Leistung handelt. In diesem Fall ist die Bestimmung der Gebühr in der vollen Höhe der außergerichtlichen Einkünfte (§ 34 Abs. 1) zulässig.

Unter einer wissenschaftlichen Leistung im Sinne des § 49 Abs. 2 GebAG sind besonders schwierige, arbeitsintensive und umfangreiche Gutachten zu verstehen, die nach anerkannten wissenschaftlichen Methoden erarbeitet wurden und besonders ausführlich begründet sind (vgl. LG Salzburg, SV 2008/4, 205; OLG Wien, SV 2008/4, 200; OGH 4.9.1997, 2 Ob 236/97p, 237/97k, 238/97g, 253/97p SV 1997/4, 44; Krammer/Schmidt/Guggenbichler, SDG-GebAG4 E 16 zu § 49 GebAG).

Eine wissenschaftliche Leistung erfordert eine Auseinandersetzung mit unterschiedlichen Lehrmeinungen, die Findung einer neuen Lösung, nicht aber bloß die Beurteilung auf Grund logischer Schlussfolgerungen unter Heranziehung langjähriger Erfahrungen aus einer höchst qualifizierten Tätigkeit als Sachverständiger (vgl. OLG Wien 30.3.1981, 17 R 57/8; OLG Linz 23.12.1993, 2 R 226/93 SV 1994/1, 35; Krammer/Schmidt/Guggenbichler, SDG-GebAG4 E 29 zu § 49 GebAG). Dabei muss es notwendig sein, das Gutachten unter Zitierung von Lehrmeinungen oder Literaturhinweisen ausführlichst zu begründen (vgl. OLG Wien 14.2.1979, 34 R 34/79).

Eine wissenschaftliche Leistung liegt nur dann vor, wenn nach dem gerichtlichen Auftrag unter anderem wissenschaftliche Literatur im großen Umfang zu verwerten war, oder unter Auseinandersetzung unterschiedlicher Lehrmeinungen eine neue Lösung zu finden war. Auch ein fachlich besonders schwieriges psychiatrisches Gutachten eines höchst qualifizierten Sachverständigen, welches aber keine wissenschaftliche Leistung darstellt, bleibt eine in den Tarifen des § 43 genannte Leistung und ist daher zwingend und ausschließlich nach diesen Tarifen zu entlohnen (vgl. hiezu OLG Wien 8 Rs 3/09 SVSlg 59.979; Krammer/Schmidt/Guggenbichler, SDG-GebAG4 E 31 zu § 49 GebAG).

Im gegenständlichen Fall ergibt sich aus dem Gutachten des Antragstellers – trotz seiner unbestrittenen Fachkenntnis – weder eine besonders ausführliche Begründung, noch die Auseinandersetzung mit unterschiedlichen Lehrmeinungen, weshalb nicht von einer wissenschaftlichen Leistung im Sinne des § 49 Abs. 2 GebAG auszugehen ist und somit der Tarif des § 43 GebAG zur Anwendung gelangt. Aus diesem Grund ist die Gebühr für Mühewaltung im gegenständlichen Fall nach den Tarifen des § 43 ff GebAG zu bestimmen.

Für die Sachverständigengruppe „Ärzte“ ist in § 43 GebAG ein Tarif vorgesehen, welcher als Pauschalabgeltung für – wie im gegenständlichen Fall – Befund und Gutachten, Mühewaltungsgesamtgebühren für dort beschriebene Leistungskataloge vorsieht.

§ 43 Abs. 1 GebAG normiert in diesem Zusammenhang Folgendes:

„§ 43 (1) Die Gebühr für Mühewaltung beträgt

1. für die Untersuchung samt Befund und Gutachten

a) bis c) […]

d) bei einer besonders zeitaufwändigen körperlichen, neurologischen, psychiatrischen Untersuchung oder einer Untersuchung zur Beurteilung, ob eine psychisch kranke Person ohne Gefahr in anderer Weise als durch Unterbringung in einer Anstalt behandelt oder betreut werden kann, je mit eingehender Begründung des Gutachtens

168,50 Euro;

e) bei einer besonders zeitaufwändigen körperlichen, neurologischen, psychiatrischen Untersuchung oder einer Untersuchung zur Beurteilung, ob eine psychisch kranke Person ohne Gefahr in anderer Weise als durch Unterbringung in einer Anstalt behandelt oder betreut werden kann, je mit besonders eingehender, sich mit widersprüchlichen Ergebnissen von Befundaufnahmen ausführlich auseinandersetzender oder besonders ausführlicher und außergewöhnliche Kenntnisse auf dem Fachgebiet des Sachverständigen voraussetzender Begründung des Gutachtens

283,30 Euro

[…]“.

Ein einheitlich in Auftrag gegebenes Gutachten ist nach § 43 Abs. 1 GebAG dann mehrfach zu honorieren, wenn nach dem erteilten Auftrag in Wahrheit mehrere Gutachten zu erstatten sind, die unabhängig voneinander bestehen können (vgl. OLG Graz SV 2010/4, 222).

Voraussetzung für eine mehrfache Honorierung ist dabei nach überwiegender Rechtsprechung, dass für die Begutachtung jeder Frage die dem Sachverständigen eigenen Fachkenntnisse erforderlich sind, ein weitergehender Befund notwendig war und durch die Beantwortung der einen Frage nicht die weiteren vom Richter selbst gelöst werden können (LG Salzburg SV 2010/2, 91; LG Feldkirch SV 2010/4, 220; Krammer/Schmidt/Guggenbichler, SDG-GebAG4, E 130f, 133f zu § 43 GebAG; Dokalik/Weber, Das Recht der Sachverständigen und Dolmetscher4 Rz 7 und 9 zu § 43 GebAG).

Die Frage, ob mehrere gutachterliche Stellungnahmen vorliegen, ist nicht rein formell danach zu beurteilen, wie viele Fragen der Gutachtensauftrag enthält bzw. in wie viele Fragestellungen der Sachverständige den Auftrag zerlegt, sondern zu wie vielen selbstständigen Themenkreisen der Sachverständige nach dem Inhalt des Gutachtensauftrags gutachterliche Aussagen zu machen hat (Krammer/Schmidt/Guggenbichler, SDG-GebAG4 E 134 zu § 43 GebAG; Dokalik/Weber, Das Recht der Sachverständigen und Dolmetscher4 Rz 10 zu § 43 GebAG).

Laut Bestellungsbeschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 24.04.2024, GZ. W293 2274110-1/22Z, waren folgende Fragen vom Antragsteller zu beantworten:

 Handelte es sich bei der Verletzung des Beschwerdeführers um eine solche, aufgrund der die Erwerbsfähigkeit voraussichtlich durch mindestens zehn Kalendertage gemindert war?

 In welchem Ausmaß war beim Beschwerdeführer die Erwerbsfähigkeit für welchen Zeitraum gemindert? (Hierbei ist abstrakt nach dem Umfang aller Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens zu beurteilen)

 Wie viele Tage (leichte, mittlere bzw. starke) Schmerzen waren mit der Verletzung verbunden?

In Zusammenschau mit dem erstatteten Gutachten und den darin behandelten Themen ergaben sich aus der Fragestellung der Gerichtsabteilung W293 insgesamt drei Fragen bzw. Themenkomplexe, die im erstatteten Gutachten vom 28.05.2024 auch beantwortet wurden, sodass eine dreifache Honorierung der Mühewaltung nach dem Tarif des § 43 GebAG zulässig ist.

Beinhalten die Leistungen des Sachverständigen eine besonders zeitaufwendige Ganzkörperuntersuchung und Einbeziehung mehrerer Nebenbefunde, sowie eine eingehende, alle Untersuchungsergebnisse berücksichtigende Begründung, so ist der Tarifsatz nach § 43 Abs. 1 Z 1 lit. d gerechtfertigt. Auf den Umfang des sorgfältig begründeten, zu allen relevanten Fragen Stellung nehmenden Gutachtens kommt es nicht an (vgl. Krammer/Schmidt/Guggenbichler, SDG-GebAG4 E 54 zu § 43 GebAG).

Vor dem Hintergrund dieser Ausführungen kann dem Antragsteller lediglich eine Gebühr für Mühewaltung nach dem Tarif des § 43 Abs. 1 Z 1 lit d in der Höhe von insgesamt € 505,50 zuerkannt werden.

Insoweit der Antragsteller auf die Honorarordnung der Österreichischen Ärztekammer für gutachterliche Tätigkeiten laut Beschluss des ÖÄK-Vorstandes vom 07.12.2021 verweist, in der für einfache Gutachten eine Pauschalhonorierung in Höhe von € 359,00 als Stundentarif vorgesehen ist, ist auf VwGH 98/17/0097 zu verweisen, wonach ein fiktiv nach Durchschnittssätzen errechnetes Einkommen, etwa errechnet nach Honorarrichtlinien, nach dem Gebührenanspruchsgesetz nicht zu vergüten ist.

Zur geltend gemachten Gebühr für Befundung von Röntgenbildern

Im Zusammenhang mit der allfälligen Geltendmachung von Gebühren für die Befundung von Röntgenaufnahmen ist zunächst darauf hinzuweisen, dass von der Gebühr nach § 43 Abs. 1 Z 12 ein Abstrich zu machen ist, wenn der Sachverständige die Röntgenaufnahmen nicht selbst hergestellt hat (vgl. Krammer/Schmidt/Guggenbichler, SDG-GebAG4, E 80 zu § 43 GebAG).

Gemäß § 43 Abs. 1 Z 12 lit. a GebAG beträgt die Gebühr für Mühewaltung für eine Röntgenuntersuchung samt Befund und Gutachten bei Röntgenaufnahmen für jede Aufnahme € 43,90.

Nimmt ein ärztlicher Sachverständiger eine von einem anderen Arzt angefertigte Röntgenaufnahme in Augenschein und bezieht das Endergebnis in die seinem Gutachten zugrundezulegende Befundaufnahme ein, so gebührt ihm die Hälfte des im § 43 Abs. 1 Z 12 lit. a festgesetzten Betrages (vgl. OLG Linz 2 R 180/01 f SV 2002/1, 30 (Krammer); vgl. Krammer/Schmidt/Guggenbichler, SDG-GebAG4, E 84 zu § 43).

Ermittlungen des Bundesverwaltungsgerichtes haben ergeben, dass unter den dem Antragsteller als Beilagen zum Bestellungsbeschluss vom 24.04.2024, GZ. W293 2274110-1/22Z, übermittelten Unterlagen keine Röntgenaufnahmen vorhanden waren.

Für eine mögliche Honorierung für eine allfällige Begutachtung von Röntgenaufnahmen wurde der Antragsteller daher aufgefordert darzulegen, welche Röntgenaufnahmen er im Rahmen seiner gutachterlichen Tätigkeit im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht zur GZ. W293 2274110-1 befundet hat und diese allenfalls vorzulegen.

Mit Stellungnahme vom 23.10.2024 gab der Antragsteller bekannt, die Röntgenaufnahmen nach Zustimmung des Untersuchten im Röntgenarchiv des XXXX eingesehen zu haben.

Der dem Gutachten des Sachverständigen angehängten Krankengeschickte des Beschwerdeführers vom 25.06.2024 zum verfahrensgegenständlichen Unfall ist zu entnehmen, dass Röntgen vom Knie AP SEITLICH LINKS angefertigt wurde. Es handelt sich somit um zwei Röntgenaufnahmen (Röntgen in zwei Ebenen: a.p. [anterior-posterior] und seitlich).

Somit wurden durch den Sachverständigen zwei von einem anderen Arzt angefertigte Röntgenaufnahmen in Augenschein genommen, weshalb hierfür eine Gebühr in Höhe von € 21,95 (Hälfte des in § 43 Abs. 1 Z 12 lit. a festgesetzten Betrages) pro Aufnahme, insgesamt sohin € 43,90 zu vergüten ist.

 

Aus den bisherigen Ausführungen ergibt sich daher folgende Gebührenberechnung im gegenständlichen Verfahren:

1.

Aktenstudium § 36

40,00

2.

Mühewaltung für Befund und Gutachtenserstellung § 34 (1)

Befundaufnahme, Ausarbeitung und Ausfertigung des Gutachtens, Befundung von Röntgenbildern3 Fragen à 168,50€

 

505,50

 

zwei in Augenschein genommene, durch einen anderen Arzt angefertigte Röntgenaufnahmen à € 21,95 (Hälfte des in § 43 Abs. 1 Z 12 lit. a festgesetzten Betrages)

43,90

3.

Ordinationspauschale

0,00

4.

Schreibgebühr für Reinschreiben von Befund und Gutachten sowie sonstiger Schriftstücke § 31 (1) Z3 á 2 € x 7

14,00

5.

Porto, Spesen, Telefonate

10,00

Zwischensumme

613,40

+20% UST €

122,68

Gesamtsumme

736,08

aufgerundet auf volle 10 Cent

736,10

    

 

Der Gebührenbetrag ist gemäß § 17 VwGVG iVm § 53a Abs. 2 AVG auf volle 10 Cent aufzurunden.

Die Gebühr des Antragstellers war daher mit insgesamt € 736,10 (inkl. USt.) zu bestimmen und das Mehrbegehren abzuweisen.

 

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Die im gegenständlichen Fall anzuwendenden Normen sind derart klar, dass sie keiner weiteren Auslegung bedürfen.

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