BRPG §3 Abs1 Z4
BRPG §3 Abs2
B-VG Art.133 Abs9
B-VG Art.135 Abs4
B-VG Art.139 Abs1 Z1
B-VG Art.14a Abs4
B-VG Art.7 Abs1
B-VG Art.89 Abs2
StGG Art.2
VwGVG §17
VwGVG §25a Abs3
VwGVG §34 Abs2 Z2
European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2017:W224.2143357.1.00
Spruch:
Antrag:
gemäß Art. 139 Abs. 1 Z 1 iVm Art. 135 Abs. 4 iVm Art. 89 Abs. 2
B-VG
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Martina WEINHANDL als Einzelrichterin gemäß Art. 139 Abs. 1 Z 1 iVm Art. 135 Abs. 4 iVm Art. 89 Abs. 2 B-VG beschlossen, in der Beschwerdesache der XXXX, vertreten durch RAe Prof. Haslinger & Partner, gegen den Bescheid der Bundesministerin für Bildung vom 21.11.2016, GZ. BMB-1.200/0136-Präs.12/2016, zu stellen nachfolgend den
ANTRAG
auf Aufhebung der Wortfolge "im Schulorganisationsgesetz, BGBl. Nr. 242/1962, geregelten" in § 2 Z 5 der Verordnung des Bundesministers für Bildung, Wissenschaft und Kultur über den Ersatz von Prüfungsgebieten der Berufsreifeprüfung, BGBl. II Nr. 268/2000, in der Fassung BGBl. II Nr. 218/2016, wegen Gesetzwidrigkeit.
I. Sachverhalt:
1.1. Die Beschwerdeführerin besuchte von 10.09.2012 bis 08.07.2016 die landwirtschaftliche Fachschule Ritzlhof, Fachrichtung Gartenbau. Die Schule wird als vierjährige mittlere Fachschule mit Abschlussprüfung geführt. Die Beschwerdeführerin legte am 08.07.2016 die vorgesehene Abschlussprüfung, bestehend aus einer Abschlussarbeit, einer schriftlichen Klausurprüfung und einer mündlichen Prüfung, erfolgreich ab. Die schriftliche Klausurprüfung umfasste eine dreistündige schriftliche Klausurarbeit im Prüfungsgebiet "Deutsch", eine dreistündige schriftliche Klausurarbeit im Prüfungsgebiet "Betriebswirtschaft und Rechnungswesen" und eine achtstündige praktische Klausurarbeit im Ausbildungsschwerpunkt. Die mündliche Prüfung umfasste eine mündliche Teilprüfung im Prüfungsgebiet "Englisch", eine mündliche Teilprüfung im Prüfungsgebiet des Ausbildungsschwerpunkts und die Präsentation der Abschlussarbeit.
1.2. Die Beschwerdeführerin wurde mit Entscheidung des Vorsitzenden der Prüfungskommission vom 10.06.2016 zur Ablegung der Berufsreifeprüfung an der Höheren landwirtschaftlichen Bundeslehranstalt St. Florian zugelassen. Antragsgemäß wurde festgelegt, dass die Teilprüfung "Mathematik" schulisch an der HBLA St. Florian sowie die Teilprüfungen "Deutsch" und "Lebende Fremdsprache: Englisch" am WIFI OÖ abgelegt werden und die Teilprüfung "Fachbereich" durch die in Aussicht genommene Ablegung einer Meisterprüfung ersetzt würde. In weiterer Folge strebte die Beschwerdeführerin nicht mehr den Entfall der Teilprüfung "Fachbereich" durch die Ablegung der Meisterprüfung an, sondern beantragte mit Schreiben vom 08.09.2016 auf Grund des erfolgreichen Abschlusses der landwirtschaftlichen Fachschule Ritzlhof (Abschlussprüfung mit Ablegung einer Abschlussarbeit im Rahmen der Abschlussprüfung) den Entfall der Teilprüfung "Fachbereich" gemäß § 3 Abs. 2 Berufsreifeprüfungsgesetz – BRPG, BGBl. I Nr. 68/1997, in der Fassung nunmehr BGBl. I Nr. 47/2017, in Verbindung mit § 2 Z 5 der Verordnung über den Ersatz von Prüfungsgebieten der Berufsreifeprüfung, BGBl. II Nr. 268/2000, in der Fassung BGBl. II Nr. 218/2016.
1.3. Mit der Entscheidung des Vorsitzenden der Prüfungskommission vom 15.09.2016 wurde die am 08.07.2016 abgelegte Abschlussprüfung samt Abschlussarbeit nicht als Teilprüfung "Fachbereich" der Berufsreifeprüfung anerkannt. Dies wurde im Wesentlichen damit begründet, dass der erforderliche Nachweis für den Entfall nicht erbracht werden konnte, weil es sich bei der landwirtschaftlichen Fachschule Ritzlhof um keine im Schulorganisationsgesetz geregelte vierjährige berufsbildende mittlere Schule handelte.
1.4. Dagegen erhob die Beschwerdeführerin fristgerecht Widerspruch an die zuständige Bundesministerin für Bildung.
1.5. Mit Bescheid vom 21.11.2016, GZ. BMB-1.200/0136-Präs.12/2016, wies die Bundesministerin für Bildung (im Folgenden: belangte Behörde) den Widerspruch der Beschwerdeführerin ab und begründete dies im Wesentlichen damit, dass gemäß § 2 Z 5 der Verordnung über den Ersatz von Prüfungsgebieten der Berufsreifeprüfung, BGBl. II Nr. 268/2000, in der Fassung BGBl. II Nr. 218/2016, die Teilprüfung "Fachbereich" gemäß § 3 Abs. 1 Z 4 BRPG für Personen entfalle, die eine Abschlussprüfung von im Schulorganisationsgesetz, BGBl. Nr. 242/1962, geregelten vierjährigen berufsbildenden mittleren Schulen, sofern im Rahmen der Prüfung eine Abschlussarbeit absolviert wurde, erfolgreich abgelegt hätten. Die Beschwerdeführerin habe am 08.07.2016 die Abschlussprüfung mit Ablegung einer Abschlussarbeit im Rahmen der Abschlussprüfung an der landwirtschaftlichen Fachschule Ritzlhof, Fachrichtung Gartenbau mit Ausbildungsschwerpunkt Landschaftsgärtner, erfolgreich abgelegt. Bei der landwirtschaftlichen Fachschule Ritzlhof handle es sich um keine im Schulorganisationsgesetz, BGBl. Nr. 242/1962, geregelte Schulart, sondern diese Schule sei im Oö. Land- und forstwirtschaftlichen Schulgesetz, LGBl. Nr. 60/1997, in der Fassung LGBl. Nr. 11/2015, geregelt. Aus diesem Grund könne der beantragte Entfall der Teilprüfung "Fachbereich" der Berufsreifeprüfung nicht bewilligt werden.
1.6. Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin fristgerecht Beschwerde und brachte dabei im Wesentlichen vor, die in § 2 Z 5 der Verordnung über den Ersatz von Prüfungsgebieten der Berufsreifeprüfung, BGBl. II Nr. 268/2000, in der Fassung BGBl. II Nr. 218/2016, normierte Beschränkung auf Schulen, wie sie im Schulorganisationsgesetz, BGBl. Nr. 242/1962, geregelt seien, sei gesetzwidrig, verstoße gegen den Gleichheitssatz, gegen das "Recht auf Bildung" und gegen das Berücksichtigungsgebot.
1.7. Die Bundesministerin für Bildung legte dem Bundesverwaltungsgericht mit Schreiben vom 28.12.2016 die Beschwerde unter Anschluss des Verwaltungsakts vor.
II. Präjudizialität und Anfechtungsumfang:
2.1. Präjudizialität:
Gemäß der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes umfasst der Prüfungsmaßstab der "Gesetzwidrigkeit" nach Art. 139 Abs. 1 B-VG auch die Verfassungsmäßigkeit einer Verordnung (siehe VfSlg. 16.242/2001; VfGH 10.12.2012, V 22/12 ua.). Ebenso darf nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes ein Antrag im Sinne des Art. 139 B-VG nur dann wegen mangelnder Präjudizialität zurückgewiesen werden, wenn es offenkundig unrichtig (denkunmöglich) ist, dass die – angefochtene – Verordnungsbestimmung eine Voraussetzung der Entscheidung des antragstellenden Gerichts im Anlassfall bildet (vgl. etwa VfSlg. 14.464/1996, 15.293/1998, 16.632/2002, 16.925/2003).
Die belangte Behörde wies den Widerspruch der Beschwerdeführerin gemäß § 3 Abs. 2 und § 10 BRPG iVm § 2 Z 5 der Verordnung über den Ersatz von Prüfungsgebieten der Berufsreifeprüfung, BGBl. II Nr. 268/2000, in der Fassung BGBl. II Nr. 218/2016, ab und führte aus, dass die an der Landwirtschaftlichen Berufs- und Fachschule Ritzlhof am 08.07.2016 erfolgreich abgelegte Abschlussprüfung samt Abschlussarbeit nicht zum Entfall der Teilprüfung aus dem "Fachbereich" der Berufsreifeprüfung berechtige. Konkret stützte sich die belangte Behörde darauf, dass es sich bei der landwirtschaftlichen Fachschule Ritzlhof, welche die Beschwerdeführerin abgeschlossen habe, um keine im Schulorganisationsgesetz, BGBl. Nr. 242/1962, geregelte Schulart handle, sondern diese Schule sei im Oö. Land- und forstwirtschaftlichen Schulgesetz, LGBl. Nr. 60/1997, in der Fassung LGBl. Nr. 11/2015, geregelt. Die angefochtene Wortfolge "im Schulorganisationsgesetz, BGBl. Nr. 242/1962, geregelten" in § 2 Z 5 der Verordnung über den Ersatz von Prüfungsgebieten der Berufsreifeprüfung, BGBl. II Nr. 268/2000, in der Fassung BGBl. II Nr. 218/2016, wurde daher im Verfahren vor der belangten Behörde als Grundlage für den erlassenen Bescheid herangezogen und das Bundesverwaltungsgericht hat die Rechtmäßigkeit des in Rede stehenden verwaltungsbehördlichen Handelns zu überprüfen. Aus diesem Grund hat auch das Bundesverwaltungsgericht die angefochtene Wortfolge "im Schulorganisationsgesetz, BGBl. Nr. 242/1962, geregelten" in § 2 Z 5 der Verordnung über den Ersatz von Prüfungsgebieten der Berufsreifeprüfung, BGBl. II Nr. 268/2000, in der Fassung BGBl. II Nr. 218/2016, anzuwenden und die angefochtene Wortfolge "im Schulorganisationsgesetz, BGBl. Nr. 242/1962, geregelten" in § 2 Z 5 der Verordnung über den Ersatz von Prüfungsgebieten der Berufsreifeprüfung, BGBl. II Nr. 268/2000, in der Fassung BGBl. II Nr. 218/2016, ist daher präjudiziell im Sinne des Art. 89 Abs. 2 iVm Art. 135 Abs. 4 iVm Art. 139 Abs. 1 Z 1 B-VG.
2.2. Anfechtungsumfang:
2.1.1. Die maßgeblichen Bestimmungen des Bundesgesetzes über die Berufsreifeprüfung (Berufsreifeprüfungsgesetz – BRPG), BGBl. I Nr. 68/1997, in der Fassung (nunmehr) BGBl. I Nr. 47/2017, lauten:
Allgemeine Bestimmungen
§ 1. (1) Personen ohne Reifeprüfung können nach Maßgabe dieses Bundesgesetzes durch die Ablegung der Berufsreifeprüfung die mit der Reifeprüfung einer höheren Schule verbundenen Berechtigungen erwerben, wenn sie eine der nachstehend genannten Prüfungen bzw. Ausbildungen erfolgreich abgelegt bzw. absolviert haben:
1. Lehrabschlussprüfung nach dem Berufsausbildungsgesetz, BGBl. Nr. 142/1969,
2. Facharbeiterprüfung nach dem Land- und forstwirtschaftlichen Berufsausbildungsgesetz, BGBl. Nr. 298/1990,
3. mindestens dreijährige mittlere Schule,
4. mindestens dreijährige Ausbildung nach dem Gesundheits- und Krankenpflegegesetz, BGBl. I Nr. 108/1997,
5. mindestens 30 Monate umfassende Ausbildung nach dem Bundesgesetz über die Regelung des medizinisch-technischen Fachdienstes und der Sanitätshilfsdienste (MTF-SHD-G), BGBl. Nr. 102/1961,
6. Meisterprüfung nach der Gewerbeordnung 1994, BGBl. Nr. 194,
7. Befähigungsprüfung nach der Gewerbeordnung 1994, BGBl. Nr. 194,
8. land- und forstwirtschaftliche Meisterprüfung nach dem Land- und forstwirtschaftlichen Berufsausbildungsgesetz, BGBl. Nr. 298/1990,
9. Dienstprüfung gemäß § 28 des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979 (BDG 1979), BGBl. Nr. 333/1979 bzw. § 67 des Vertragsbedienstetengesetzes 1948 (VBG), BGBl. Nr. 86/1948, in Verbindung mit § 28 BDG 1979 für eine entsprechende oder höhere Einstufung in die Verwendungs- bzw. Entlohnungsgruppen A 4, D, E 2b,
W 2, M BUO 2, d oder die Bewertungsgruppe v4/2, jeweils gemeinsam mit einer tatsächlich im Dienstverhältnis verbrachten Dienstzeit von mindestens drei Jahren nach Vollendung des 18. Lebensjahres,
10. erfolgreicher Abschluss sämtlicher Pflichtgegenstände in allen Semestern der 10. und 11. Schulstufe einer berufsbildenden höheren Schule oder einer höheren Anstalt der Lehrer- und Erzieherbildung jeweils gemeinsam mit einer mindestens dreijährigen beruflichen Tätigkeit sowie erfolgreicher Abschluss aller Module über Pflichtgegenstände der ersten vier Semester einer berufsbildenden höheren Schule für Berufstätige oder einer höheren Anstalt der Lehrer- und Erzieherbildung für Berufstätige,
11. erfolgreicher Abschluss eines gemäß § 5 Abs. 3 des Studienförderungsgesetzes 1992, BGBl. Nr. 305, durch Verordnung des zuständigen Bundesministers genannten Hauptstudienganges an einem Konservatorium,
12. erfolgreicher Abschluss eines mindestens dreijährigen künstlerischen Studiums an einer Universität gemäß Universitätsgesetz 2002, BGBl. I Nr. 120, oder an einer Privatuniversität gemäß Universitäts-Akkreditierungsgesetz, BGBl. I Nr. 168/1999, für welches die allgemeine Universitätsreife mittels positiv beurteilter Zulassungsprüfung nachzuweisen war,
13. erfolgreicher Abschluss einer Ausbildung zum Heilmasseur gemäß dem Bundesgesetz über die Berufe und die Ausbildung zum medizinischen Masseur und Heilmasseur – MMHmG, BGBl. I Nr. 169/2002,
14. erfolgreicher Abschluss einer Ausbildung in der medizinischen Fachassistenz gemäß Medizinische Assistenzberufe-Gesetz (MABG), BGBl. I Nr. 89/2012,
15. erfolgreicher Abschluss einer Ausbildung in der Pflegefachassistenz gemäß Gesundheits- und Krankenpflegegesetz – GuKG, BGBl. I Nr. 108/1997.
(2) Zu den mit der Reifeprüfung einer höheren Schule verbundenen Berechtigungen zählen insbesondere die Berechtigung zum Besuch von Kollegs, Fachhochschulen und Fachhochschul-Studiengängen, Pädagogischen Hochschulen, anerkannten privaten Pädagogischen Hochschulen und Studiengängen, Universitäten und akkreditierten Privatuniversitäten sowie die Erfüllung der Ernennungserfordernisse gemäß Z 2.11 der Anlage 1 zum Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, BGBl. Nr. 333.
(3) Die Berufsreifeprüfung ist eine Externistenprüfung im Sinne des § 42 des Schulunterrichtsgesetzes, BGBl. Nr. 472/1986 in seiner jeweils geltenden Fassung. Soweit im Folgenden nicht anderes bestimmt wird, gelten die Vorschriften über Externistenprüfungen.
[...]
Inhalt und Umfang der Berufsreifeprüfung
§ 3. (1) Die Berufsreifeprüfung umfaßt folgende Teilprüfungen:
1. Deutsch: eine fünfstündige schriftliche Klausurarbeit mit den Anforderungen einer Reifeprüfung einer höheren Schule und eine mündliche Prüfung bestehend aus einer Präsentation der schriftlichen Klausurarbeit und Diskussion derselben;
2. Mathematik (bzw. Mathematik und angewandte Mathematik): eine viereinhalbstündige schriftliche Klausurarbeit mit den Anforderungen einer Reifeprüfung einer höheren Schule und eine allfällige mündliche Kompensationsprüfung;
3. Lebende Fremdsprache: nach Wahl des Prüfungskandidaten eine fünfstündige schriftliche Klausurarbeit oder eine mündliche Prüfung mit den Anforderungen einer Reifeprüfung einer höheren Schule;
4. Fachbereich: eine fünfstündige schriftliche Klausurarbeit über ein Thema aus dem Berufsfeld des Prüfungskandidaten (einschließlich des fachlichen Umfeldes) und eine diesbezügliche mündliche Prüfung mit dem Ziel einer Auseinandersetzung auf höherem Niveau.
(2) Die Prüfung gemäß Abs. 1 Z 3 bzw. Abs. 1 Z 4 und Abs. 3 Z 2 entfällt für Personen, die eine nach Inhalt, Prüfungsform, Prüfungsdauer und Niveau gleichwertige Prüfung erfolgreich abgelegt haben. Der zuständige Bundesminister hat durch Verordnung jene Meister-, Befähigungs- und sonstigen Prüfungen festzulegen, die diesen Anforderungen entsprechen.
(3) Die Teilprüfung gemäß Abs. 1 Z 4 kann
1. auch über ein Thema abgelegt werden, das sowohl der beruflichen Tätigkeit des Prüfungskandidaten als auch dem Ausbildungsziel einer berufsbildenden höheren Schule zugeordnet werden kann, oder
2. an Stelle der fünfstündigen schriftlichen Klausurarbeit auch in Form einer projektorientierten Arbeit (einschließlich einer Präsentation und Diskussion unter Einbeziehung des fachlichen Umfeldes) auf höherem Niveau abgelegt werden (Projektarbeit)."
2.1.2. Die maßgeblichen Bestimmungen der Verordnung des Bundesministers für Bildung, Wissenschaft und Kultur über den Ersatz von Prüfungsgebieten der Berufsreifeprüfung, BGBl. II Nr. 268/2000, in der Fassung BGBl. II Nr. 218/2016, lauten (die angefochtenen Bestimmungen sind hervorgehoben):
"§ 1. Die Prüfung gemäß § 3 Abs. 1 Z 3 des Bundesgesetzes über die Berufsreifeprüfung, BGBl. I Nr. 68/1997, entfällt für Personen, die eine der folgenden Prüfungen erfolgreich abgelegt haben:
[ ]
§ 2. Die Prüfung gemäß § 3 Abs. 1 Z 4 des Bundesgesetzes über die Berufsreifeprüfung, BGBl. I Nr. 68/1997, entfällt für Personen, die eine der folgenden Prüfungen erfolgreich abgelegt haben:
1. - 4. [ ]
5. erfolgreiche Abschlussprüfung von im Schulorganisationsgesetz, BGBl. Nr. 242/1962, geregelten vierjährigen berufsbildenden mittleren Schulen, sofern im Rahmen der Prüfung eine Abschlussarbeit absolviert wurde
7. - 16. [ ]"
Nach der ständigen Judikatur des Verfassungsgerichtshofes zu den Verfahrensvoraussetzungen ist der Umfang der zu prüfenden und im Falle ihrer Rechtswidrigkeit aufzuhebenden Rechtsvorschrift derart abzugrenzen, dass einerseits nicht mehr aus dem Rechtsbestand ausgeschieden wird, als Voraussetzung für den Anlassfall bildet, dass aber andererseits der verbleibende Teil nicht einen völlig veränderten Inhalt bekommt (vgl. zB VfSlg. 8155/1977, 13.965/1994, 16.542/2002, 16.911/2003). Der Verfassungsgerichtshof hat in jedem Einzelfall abzuwägen, ob und welchem dieser Ziele der Vorrang gebührt (vgl. dazu zB VfSlg. 7376/1974, 7786/1976, 13.701/1994). Es ist dem Verfassungsgerichtshof verwehrt, der Rechtsvorschrift durch Aufhebung bloßer Teile einen völlig veränderten, dem Normsetzer überhaupt nicht mehr zusinnbaren Inhalt zu geben, weil dies im Ergebnis geradezu ein Akt positiver Normsetzung wäre (vgl. VfSlg. 12.465/1990, 13.915/1994, 15.090/1998).
Letztlich ist der Umfang einer auf ihre Verfassungsmäßigkeit hin zu prüfenden und allenfalls aufzuhebenden Gesetzesbestimmung derart abzugrenzen, dass die mit der aufzuhebenden Gesetzesstelle in untrennbarem Zusammenhang stehenden Bestimmungen auch erfasst werden (VfSlg. 13.965/1994 mwN, 16.542/2002, 16.911/2003). Ein untrennbarer Zusammenhang ist anzunehmen, wenn sich die Frage der Verfassungsmäßigkeit der vom Verfassungsgerichtshof anzuwendenden Bestimmungen nicht ohne Mitberücksichtigung weiterer Bestimmungen beantworten lässt, insbesondere deshalb, weil sich ihr (gegebenenfalls verfassungsrechtlich bedenklicher) Inhalt erst mit Blick auf diese weiteren Bestimmungen erschließt. Ein solcher Zusammenhang kann sich aber auch daraus ergeben, dass diese weiteren Bestimmungen durch die Aufhebung der verfassungsrechtlich bedenklichen Normen einen völlig veränderten Inhalt erhielten (vgl. VfSlg. 8155/1977, 8461/1978 uva.).
Nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts ist für die Bereinigung der – wie unter Punkt III. dargelegt wird – gesetzwidrigen Rechtslage die Aufhebung Wortfolge "im Schulorganisationsgesetz, BGBl. Nr. 242/1962, geregelten" in § 2 Z 5 der Verordnung über den Ersatz von Prüfungsgebieten der Berufsreifeprüfung, BGBl. II Nr. 268/2000, in der Fassung BGBl. II Nr. 218/2016, notwendig. Die formulierten Bedenken des Bundesverwaltungsgerichts richten sich somit gegen diese Wortfolge. Sollte der Verfassungsgerichtshof zum Ergebnis gelangen, dass durch die Aufhebung "mehr aus dem Rechtsbestand ausgeschieden wird, als Voraussetzung für den Anlassfall bildet", so wird auf die jüngste Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes verwiesen, wonach eine zu weite Fassung eines Antrags diesen nicht in jedem Fall unzulässig macht. Soweit alle vom Antrag erfassten Bestimmungen präjudiziell sind oder der Antrag mit solchen untrennbar zusammenhängende Bestimmungen erfasst, führt dies – ist der Antrag in der Sache begründet – im Fall der Aufhebung nur eines Teils der angefochtenen Bestimmungen im Übrigen zu seiner teilweisen Abweisung (vgl. VfGH 8.10.2014, G 83/2014 ua.; 9.12.2014, G 136/2014 ua.; 10.3.2015, G 203/2014 ua.). Umfasst der Antrag auch Bestimmungen, die im Verfahren vor dem antragstellenden Gericht nicht präjudiziell sind, führt dies – wenn die angefochtenen Bestimmungen insoweit trennbar sind – im Hinblick auf diese Bestimmungen zur partiellen Zurückweisung des Antrags und nicht mehr zur Zurückweisung des gesamten Antrags (VfGH 9.12.2014, G 136/2014 ua.; 10.3.2015, G 203/2014 ua.).
III. Verfassungsrechtliche Bedenken:
Verstoß gegen Art. 7 Abs. 1 B-VG und Art. 2 StGG
Eine Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechts auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz kann nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (zB VfSlg. 10.413/1985, 14.842/1997, 15.326/1998 und 16.488/2002) nur vorliegen, wenn der angefochtene Bescheid auf einer dem Gleichheitsgebot widersprechenden Rechtsgrundlage beruht, wenn die Behörde der angewendeten Rechtsvorschrift fälschlicherweise einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellt oder wenn sie bei Erlassung des Bescheides Willkür geübt hat.
Der Gleichheitsgrundsatz bindet also auch den Gesetzgeber bzw. Verordnungsgeber (s. etwa VfSlg. 13.327/1993, 16.407/2001). Er setzt ihm insofern inhaltliche Schranken, als er verbietet, sachlich nicht begründbare Regelungen zu treffen (vgl. zB VfSlg. 14.039/1995, 16.407/2001).
Gemäß Art. 14a Abs. 4 lit. b B-VG ist Bundessache die Gesetzgebung über die Grundsätze, Landessache die Erlassung von Ausführungsgesetzen und die Vollziehung hinsichtlich der land- und forstwirtschaftlichen Fachschulen: in den Angelegenheiten der Festlegung der Aufnahmevoraussetzungen, des Bildungszieles, der Organisationsformen, des Unterrichtsausmaßes und der Pflichtgegenstände, der Unentgeltlichkeit des Unterrichtes und des Übertrittes von der Schule eines Landes in die Schule eines anderen Landes.
Das Bundesverwaltungsgericht vermag unter dem Blickwinkel des Art. 7 Abs. 1 B-VG bzw. des Art. 2 StGG keine sachliche Rechtfertigung dafür finden, dass der Entfall der Teilprüfung "Fachbereich" der Berufsreifeprüfung davon abhängig gemacht wird, dass der erfolgreiche Abschluss von im Schulorganisationsgesetz geregelten vierjährigen berufsbildenden mittleren Schulen, sofern im Rahmen der Prüfung eine Abschlussarbeit absolviert wurde, nachgewiesen wird. Denn durch diese Anknüpfung an eine "im Schulorganisationsgesetz geregelte" vierjährige berufsbildende mittlere Schule werden Absolventen land- und forstwirtschaftlicher Fachschulen, für welche die Kompetenz zur Grundsatzgesetzgebung dem Bund, die Kompetenz zur Ausführungsgesetzgebung und Vollziehung gemäß Art. 14a Abs. 4 B-VG den Ländern zukommt, ohne Prüfung der Gleichwertigkeit des Bildungsziels, des Unterrichtsausmaßes, der Pflichtgegenstände und der vermittelten Lehrinhalte der besuchten Schule institutionell von der Anrechnung bzw. Anerkennung einer Teilprüfung der Berufsreifeprüfung ausgeschlossen.
Wie dem Verwaltungsakt zu entnehmen ist, holte die belangte Behörde eine Stellungnahme zum Lehrplan der Fachschule Ritzlhof, Fachrichtung Gartenbau, ein, welche zu dem Ergebnis kam, dass hinsichtlich der Gesamt- bzw. Jahreswochenstundenzahl keine signifikaten Unterschiede bestünden. Die allgemeinbildenden Unterrichtsgegenstände seien sowohl hinsichtlich des Umfangs und als auch der zu vermittelnden Kompetenzen vergleichbar. Die Fachbildung werde wie bei den technischen und (kunst-)gewerblichen Bundes-Fachschulen durch fachtheoretische und fachpraktische Pflichtgegenstände vermittelt. Die Formulierung der Bildungs- und Lehraufgaben und des Lehrstoffs sei ungeachtet der fachlichen Unterschiedlichkeit vergleichbar.
Mit BGBl. II Nr. 218/2016 wurde die angefochtene Wortfolge "im Schulorganisationsgesetz, BGBl. Nr. 242/1962, geregelten" in § 2 Z 5 der Verordnung des Bundesministers für Bildung, Wissenschaft und Kultur über den Ersatz von Prüfungsgebieten der Berufsreifeprüfung eingefügt. In den Erläuterungen dazu heißt es:
"Durch gegenständlichen Verordnungsentwurf soll klar geregelt werden, dass es sich im § 2 Z 5 um eine im SchOG geregelte berufsbildende mittlere Schule handeln muss, wovon der land- und forstwirtschaftliche Schulbereich nicht umfasst ist. Nach der bundesverfassungsgesetzlichen Kompetenzlage sind gemäß Art. 14a Abs. 4 lit. b B-VG der Bund betreffend die land- und forstwirtschaftlichen Fachschulen zur Grundsatzgesetzgebung und die Länder zur Erlassung von Ausführungsgesetzen ermächtigt. Auf Grundlage dieses Kompetenztatbestandes obliegt die Festlegung des Prüfungsumfanges und der Prüfungsanforderungen somit dem jeweiligen Landesgesetzgeber. Dem Bundesgesetzgeber kommt somit keine inhaltliche Gestaltungsmöglichkeit zu, österreichweit einheitliche Standards hinsichtlich der Abschlussarbeit im Rahmen vierjähriger land- und forstwirtschaftlicher Fachschulen vorzusehen, die den Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Berufsreifeprüfungsgesetzes, BGBl. I Nr. 68/1997, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 75/2013, betreffend den Entfall von Prüfungen entsprechen. Da § 2 Z 5 der Verordnung über den Ersatz von Prüfungsgebieten der Berufsreifeprüfung auf Abschlussprüfungen an vierjährigen land- und forstwirtschaftlichen Fachschulen nicht anzuwenden ist, soll durch die geplante Novellierung unmissverständlich zum Ausdruck kommen, dass Absolventinnen und Absolventen vierjährigen land- und forstwirtschaftlicher Fachschulen im Rahmen der Berufsreifeprüfung die Teilprüfung im Fachbereich gemäß § 3 Abs. 1 Z 4 des Berufsreifeprüfungsgesetzes abzulegen haben."
Offenbar handelte es sich bei der Novelle BGBl. II Nr. 218/2016 um eine Kodifizierung geübter Praxis, Absolventen vierjähriger land- und forstwirtschaftlicher Fachschulen im Rahmen der Berufsreifeprüfung die Teilprüfung im "Fachbereich" gemäß § 3 Abs. 1 Z 4 BRPG nicht anzuerkennen. Der Bundesgesetzgeber hätte – entgegen den Ausführungen in den Erläuterungen zu BGBl. II Nr. 218/2016 – die Möglichkeit, im entsprechenden Gundsatzgesetz, nämlich dem Bundesgesetz betreffend die Grundsätze für land- und forstwirtschaftliche Fachschulen, BGBl. 320/1975, in der Fassung BGBl. I Nr. 91/2005, "österreichweit einheitliche Standards hinsichtlich der Abschlussarbeit im Rahmen vierjähriger land- und forstwirtschaftlicher Fachschulen vorzusehen, die den Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Berufsreifeprüfungsgesetzes, BGBl. I Nr. 68/1997, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 75/2013, betreffend den Entfall von Prüfungen entsprechen". Darüber hinaus könnte einzelfallbezogen die Prüfung der Gleichwertigkeit ("gleichwertig womit"; vgl. dazu die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu § 78 Abs. 1 UG, zB VwGH 27.5.2014, 2013/10/0186, sowie 21.1.2015, Ro 2014/10/0020, wonach entscheidend ist, welcher Stoff in welchem Schwierigkeitsgrad und in welchem Umfang in den zu vergleichenden Lehrveranstaltungen vermittelt wird) im Hinblick auf die absolvierte land- und forstwirtschaftliche Fachschule mit einer "im Schulorganisationsgesetz geregelten" vierjährigen berufsbildenden mittleren Schule vorgenommen werden (vgl. dazu § 44a und § 44e Oö. Land- und forstwirtschaftliches Schulgesetz, LGBl. Nr. 60/1997, in der Fassung LGBl. Nr. 11/2015, iVm § 1, § 8 und § 9 der Verordnung der Oö. Landesregierung über die abschließenden Prüfungen in den land- und forstwirtschaftlichen Fachschulen, LGBl. Nr. 141/2007, sowie §§ 27ff der Verordnung über die abschließenden Prüfungen in den berufsbildenden mittleren und höheren Schulen – Prüfungsordnung BMHS, BGBl. II Nr. 177/2012, in der Fassung BGBl. II Nr. 30/2017). Denn die Aufgabe der land- und forstwirtschaftlichen Fachschule (vgl. § 1 Bundesgesetz betreffend die Grundsätze für land- und forstwirtschaftliche Fachschulen bzw. § 2 Abs. 4 lit. a Oö. Land- und forstwirtschaftliches Schulgesetz) besteht darin, die Schüler durch Vermittlung von Fachkenntnissen und Fertigkeiten auf die selbständige Führung eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes oder Haushaltes und auf die Ausübung einer sonstigen verantwortlichen Tätigkeit in der Land- und Forstwirtschaft vorzubereiten und sie in die Lage zu versetzen, die Aufgaben der Land- und Forstwirtschaft im ländlichen Raum zu erfüllen, die Schüler zu demokratischen, heimatverbundenen, sittlich und religiös gefestigten und sozial denkenden Staatsbürgern heranzubilden und die Allgemeinbildung der Schüler zu erweitern und zu vertiefen. Die berufsbildenden mittleren (Bundes‑)Schulen haben gemäß § 52 Abs. 1 SchOG die Aufgabe, den Schülern jenes fachliche grundlegende Wissen und Können zu vermitteln, das unmittelbar zur Ausübung eines Berufes auf gewerblichem, technischem, kunstgewerblichem, kaufmännischem oder hauswirtschaftlichem und sonstigem wirtschaftlichen oder sozialem Gebiet befähigt. Zugleich haben sie die erworbene Allgemeinbildung in einer der künftigen Berufstätigkeit des Schülers angemessenen Weise zu erweitern und zu vertiefen. Die Aufgaben bzw. Bildungsziele der land- und forstwirtschaftlichen Fachschulen und der berufsbildenden mittleren (Bundes‑)Schulen sind somit jedenfalls vergleichbar, sodass eine Gleichwertigkeitsprüfung nicht aus Gründen einer unterschiedlichen Ausbildungsintention der jeweiligen Institution ausscheidet (vgl. dazu VfGH 18.2.2016, E 172/2016, wonach im Bereich des Hochschulwesens eine Regelung, dass sogenannte "freie Wahlfächer" nicht inhaltlich, sondern über die anbietenden Institutionen bestimmt sind, verfassungsrechtlich unbedenklich ist, weil ein Unterschied zwischen Berufsvorbildung durch Universitäten [§ 3 Z 3 UG] und Berufsausbildung durch Fachhochschulen [§ 3 Abs. 1 FHStG] besteht).
Aus diesen Gründen hegt das Bundesverwaltungsgericht die vorgebrachten Bedenken ob der Gesetzmäßigkeit der angefochtenen Wortfolge "im Schulorganisationsgesetz, BGBl. Nr. 242/1962, geregelten" in § 2 Z 5 der Verordnung des Bundesministers für Bildung, Wissenschaft und Kultur über den Ersatz von Prüfungsgebieten der Berufsreifeprüfung, BGBl. II Nr. 268/2000, in der Fassung BGBl. II Nr. 218/2016.
IV. Antrag
Aus den genannten Gründen stellt das Bundesverwaltungsgericht durch die nach der Geschäftsverteilung zuständige Richterin gemäß Art. 139 Abs. 1 Z 1 iVm Art. 135 Abs. 4 iVm Art. 89 Abs. 2 B-VG den
ANTRAG
auf Aufhebung der Wortfolge "im Schulorganisationsgesetz, BGBl. Nr. 242/1962, geregelten" in § 2 Z 5 der Verordnung des Bundesministers für Bildung, Wissenschaft und Kultur über den Ersatz von Prüfungsgebieten der Berufsreifeprüfung, BGBl. II Nr. 268/2000, in der Fassung BGBl. II Nr. 218/2016, wegen Gesetzwidrigkeit.
V. Aussetzung des Verfahrens
Gemäß § 34 Abs. 2 Z 2 VwGVG wird das gegenständliche Verfahren ausgesetzt. Gegen diesen Beschluss ist gemäß Art. 133 Abs. 9 B-VG iVm § 25a Abs. 3 VwGG die Revision nicht zulässig.
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