BVwG W221 2006046-1

BVwGW221 2006046-15.6.2015

AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §3 Abs5
AsylG 2005 §34 Abs2
B-VG Art.133 Abs4
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §3 Abs5
AsylG 2005 §34 Abs2
B-VG Art.133 Abs4

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2015:W221.2006046.1.00

 

Spruch:

W221 2006046-1/5E

W221 2006047-1/5E

W221 2006048-1/5E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Daniela URBAN, LL.M. als Einzelrichterin über die Beschwerden 1.) der XXXX,

2.) der XXXX und 3.) der XXXX, alle StA. Somalia, gegen die Spruchpunkte I. der Bescheide Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl

1.) vom 12.03.2014 und 2.) und 3.) vom 28.02.2014, Zlen. 1.) 831639604-2421924, 2.) 831639702-2421967 und 3.) 831639506-1748245, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 29.05.2015 zu Recht erkannt:

A)

Den Beschwerden wird gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG stattgegeben und 1.) XXXX, 2.) XXXX sowie 3.) XXXXgemäß § 3 Abs. 1 iVm § 34 Abs. 2 AsylG 2005 idgF der Status von Asylberechtigten zuerkannt.

Gemäß § 3 Abs. 5 AsylG 2005 wird festgestellt, dass 1.) XXXX, 2.) XXXX und 3.) XXXX damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Die minderjährigen Beschwerdeführerinnen reisten gemeinsam mit ihrer Mutter (W221 2006045-1) am XXXX legal nach Österreich mit einem österreichischen Visum der österreichischen Botschaft in Addis Abeba ein und stellten am XXXX gegenständliche Anträge auf internationalen Schutz.

Am selben Tag fand vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes die niederschriftliche Erstbefragung der Mutter der Beschwerdeführerinnen statt. Dabei gab sie an, dass sie und ihre minderjährigen Töchter keine eigenen Fluchtgründe hätten und sie den Antrag deswegen stelle, weil ihr Ehemann (und Vater der Beschwerdeführerinnen, W221 1425725-1) den Status eines subsidiär Schutzberechtigten erhalten habe und sie gemeinsam mit ihm in Österreich leben wolle.

Am 22.01.2014 wurde die Mutter der Beschwerdeführerinnen vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl im Beisein eines Dolmetschers für die somalische Sprache niederschriftlich einvernommen. Dabei erklärte sie zunächst, dass ihre bisher getätigten niederschriftlichen Angaben der Wahrheit entsprechen würden. Sie habe in Somalia in einem Geschäft geputzt und dort ihren Mann kennengelernt. Einmal sei sie von einem Soldaten bedroht worden. Er habe einen Schuss in die Erde abgegeben. Sonst sei nichts passiert.

Mit dem oben im Spruch angeführten Bescheiden des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl wurden die Anträge der Beschwerdeführerinnen auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status einer Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I.), gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 34 Abs. 3 AsylG 2005 wurde den Beschwerdeführerinnen der Status subsidiär Schutzberechtigter zuerkannt (Spruchpunkt II.) und ihnen gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 eine befristete Aufenthaltsberechtigung bis zum 21.03.2014 erteilt (Spruchpunkt III.).

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl begründete im angefochtenen Bescheid die abweisende Entscheidung im Wesentlichen damit, dass die Beschwerdeführerinnen keine individuelle Verfolgung geltend gemacht hätten und ihren Verfahren die Entscheidung im Verfahren des Vaters im Familienverfahren zugrunde gelegt wird.

Mit Verfahrensanordnung gemäß § 63 Abs. 2 AVG wurde den Beschwerdeführerinnen gemäß § 52 Abs. 1 BFA-VG die ARGE-Rechtsberatung Diakonie und Volkshilfe als Rechtsberater für das Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht zur Seite gestellt.

Gegen die oben genannten Bescheide wurden fristgerecht Beschwerden erhoben, welche am 14.03.2014 beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl einlangte. In dieser wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die Behörde Ermittlungen zur Lage der Mädchen in Somalia unterlassen habe.

Die gegenständliche Beschwerde und die Bezug habenden Verwaltungsakten wurden vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl vorgelegt und sind am 21.03.2014 beim Bundesverwaltungsgericht eingelangt.

Mit 20.02.2015 ging der Akt zuständigkeitshalber auf die Gerichtsabteilung W221 des Bundesverwaltungsgerichtes über.

Mit Schreiben vom 24.04.2015 wurden die Eltern der Beschwerdeführerinnen und das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zu einer mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 29.05.2015 unter gleichzeitiger Übermittlung der aktuellen Länderberichte zur Lage in Somalia geladen.

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl teilte dem Bundesverwaltungsgericht mit Schreiben vom 28.04.2015 mit, dass die Teilnahme eines informierten Vertreters an der Verhandlung aus dienstlichen und personellen Gründen nicht möglich sei und beantragte die Abweisung der Beschwerde.

Das Bundesverwaltungsgericht führte am 29.05.2015 in Anwesenheit einer Dolmetscherin für die somalische Sprache eine öffentliche mündliche Verhandlung durch.

Im Rahmen dieser öffentlichen mündlichen Verhandlung gaben die Eltern der Beschwerdeführerinnen an, dass sie ihre in Österreich geborene Tochter nicht beschneiden lassen wollen, dies in Somalia aber auch zwangsweise durchgeführt werde. Die Beschwerdeführerinnen seien vor der Ausreise aus Somalia gegen den Willen der Mutter in der schlimmsten Form beschnitten worden.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der entscheidungsrelevante Sachverhalt steht fest. Auf Grundlage der Anträge auf internationalen Schutz vom XXXX, der Einvernahmen der Mutter der Beschwerdeführerinnen durch die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes und des Bundesamtes, der Beschwerde gegen die angefochtenen Bescheide des Bundesamtes, der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 29.05.2015, der Einsichtnahme in die bezughabenden Verwaltungsakten sowie der Einsichtnahme in das Zentrale Melderegister, Fremdeninformationssystem, Strafregister und Grundversorgungs-Informationssystem werden folgende Feststellungen getroffen und der Entscheidung zugrunde gelegt:

Die minderjährigen Beschwerdeführerinnen sind Staatsangehörige Somalias und Töchter der Beschwerdeführer zu W221 1425725-1 und W221 2006045-1.

Die Beschwerdeführerinnen reiste gemeinsam mit ihrer Mutter am XXXX legal nach Österreich mit einem österreichischen Visum der österreichischen Botschaft in Addis Abeba ein und stellten am XXXX gegenständliche Anträge auf internationalen Schutz.

Die Beschwerdeführerinnen haben keine eigenen Fluchtgründe.

Den Eltern der Beschwerdeführerinnen wurde mit Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. W221 1425725-1 ua., gemäß § 3 iVm § 34 Abs. 2 AsylG 2005 der Status von Asylberechtigten zuerkannt, da ebenfalls mit Erkenntnis vom heutigem Tag, Zl. W221 2017289-1, der minderjährigen Schwester der Beschwerdeführerinnen aufgrund der drohenden Genitalverstümmelung in Somalia gemäß § 3 AsylG 2005 der Status einer Asylberechtigten zuerkannt wurde.

Im gegenständlichen Fall liegt ein Familienverfahren iSd § 34 AsylG 2005 vor.

Es ist nicht ersichtlich, dass den minderjährigen Beschwerdeführerinnen die Fortsetzung des bestehenden Familienlebens mit ihren asylberechtigten Eltern in einem anderen Staat möglich wäre.

Die Beschwerdeführerinnen sind in Österreich strafgerichtlich unbescholten.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zur Staatsangehörigkeit der Beschwerdeführerinnen gründen sich auf die diesbezüglich glaubhaften Angaben der Eltern der Beschwerdeführerinnen. Die Identität steht aufgrund der vorgelegten Reisepässe fest.

Die Zeitpunkte der Antragstellung und die Ausführungen zum Verfahrensverlauf ergeben sich aus dem Akteninhalt.

Die Feststellungen zur persönlichen und familiären Situation der Beschwerdeführerinnen ergeben sich aus ihren Angaben im Rahmen des Verfahrens sowie aus Abfragen in den entsprechenden amtlichen österreichischen Registern (Zentrales Melderegister, Fremdeninformationssystem, Grundversorgungs-Informationssystem).

Die Feststellung zur strafgerichtlichen Unbescholtenheit ergibt sich aus dem Umstand, dass die minderjährigen Beschwerdeführerinnen noch nicht strafmündig sind.

Die Feststellung, dass es sich bei den Beschwerdeführerinnen um die Töchter der XXXX (W221 2006045-1) handelt, gründet sich auf die im Zuge des Visaverfahrens vorgelegten Dokumente. Dass ihrer Mutter (sowie ihrem Vater) mit heutigen Tag gemäß § 3 iVm § 34 Abs. 2 AsylG 2005 der Status von Asylberechtigten zuerkannt wurde, ergibt sich aus den Gerichtsakten zu W221 1425725-1 und W221 2006045-1.

Dass bei den Beschwerdeführerinnen keine eigenen Fluchtgründe vorliegen, ergibt sich aus dem Vorbringen ihrer Mutter.

3. Rechtliche Beurteilung:

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 33/2013 idF BGBl. I 122/2013, geregelt (§ 1 leg. cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Eine derartige Regelung wird in den einschlägigen Materiengesetzen (BFA-VG, AsylG 2005) nicht getroffen und es liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.

Gemäß § 16 Abs. 1 BFA-VG iVm § 12 VwGVG ist die Beschwerde von der Partei binnen zwei Wochen beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl einzubringen.

Die gegenständlich angefochtenen Bescheide wurden der gesetzlichen Vertretung der Beschwerdeführerinnen am 04.03.2014 zugestellt. Die Beschwerden gingen am 14.03.2014, somit innerhalb der Frist von zwei Wochen, bei der belangten Behörde ein. Sie sind somit rechtzeitig.

Zu A)

Sie sind auch begründet:

Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß §§ 4, 4a oder 5 zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung iSd Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention droht (vgl. auch die Verfolgungsdefinition in § 2 Abs. 1 Z 11 AsylG 2005, die auf Art. 9 der Statusrichtlinie verweist).

Flüchtling iSd Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK ist, wer sich aus der begründeten Furcht vor Verfolgung wegen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Überzeugung, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

Zentraler Aspekt dieses Flüchtlingsbegriffs ist die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung. Eine wohlbegründete Furcht vor Verfolgung liegt dann vor, wenn sie im Lichte der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde (vgl. VwGH 09.03.1999, 98/01/0370). Verlangt wird eine "Verfolgungsgefahr", wobei unter Verfolgung ein Eingriff von erheblicher Intensität in die vom Staat zu schützende Sphäre des Einzelnen zu verstehen ist, welcher geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des vorigen Aufenthaltes zu begründen. Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in den in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen haben und muss ihrerseits Ursache dafür sein, dass sich die betreffende Person außerhalb ihres Heimatlandes bzw. des Landes ihres vorigen Aufenthaltes befindet. Die Verfolgungsgefahr muss dem Heimatstaat bzw. dem Staat des letzten gewöhnlichen Aufenthaltes zurechenbar sein. Zurechenbarkeit bedeutet nicht nur ein Verursachen, sondern bezeichnet eine Verantwortlichkeit in Bezug auf die bestehende Verfolgungsgefahr (vgl. VwGH 27.01.2000, 99/20/0519). Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. VwGH 28.03.1995, 95/19/0041; 26.02.2002, 99/20/0509 mwN; 17.09.2003, 2001/20/0177) ist eine Verfolgungshandlung nicht nur dann relevant, wenn sie unmittelbar von staatlichen Organen (aus Gründen der GFK) gesetzt worden ist, sondern auch dann, wenn der Staat nicht gewillt oder nicht in der Lage ist, Handlungen mit Verfolgungscharakter zu unterbinden, die nicht von staatlichen Stellen ausgehen, sofern diese Handlungen - würden sie von staatlichen Organen gesetzt - asylrelevant wären. Eine von dritter Seite ausgehende Verfolgung kann nur dann zur Asylgewährung führen, wenn sie von staatlichen Stellen infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt nicht abgewandt werden kann (vgl. VwGH vom 22.03.2003, 99/01/0256 mwN).

Nach der Rechtsprechung des VwGH ist der Begriff der "Glaubhaftmachung" im AVG oder in den Verwaltungsvorschriften iSd ZPO zu verstehen. Es genügt daher diesfalls, wenn der [Beschwerdeführer] die Behörde von der (überwiegenden) Wahrscheinlichkeit des Vorliegens der zu bescheinigenden Tatsachen überzeugt. Diesen trifft die Obliegenheit zu einer erhöhten Mitwirkung, dh er hat zu diesem Zweck initiativ alles vorzubringen, was für seine Behauptung spricht (Hengstschläger/Leeb, AVG § 45 Rz 3 mit Judikaturhinweisen). Die "Glaubhaftmachung" wohlbegründeter Furcht setzt positiv getroffene Feststellungen seitens der Behörde und somit die Glaubwürdigkeit der "hierzu geeigneten Beweismittel", insbesondere des diesen Feststellungen zugrundeliegenden Vorbringens des Asylwerbers voraus (vgl. VwGH 19.03.1997, 95/01/0466). Die Frage, ob eine Tatsache als glaubhaft gemacht zu betrachten ist, unterliegt der freien Beweiswürdigung der Behörde (VwGH 27.05.1998, 97/13/0051).

Relevant kann darüber hinaus nur eine aktuelle Verfolgungsgefahr sein; sie muss bei Bescheiderlassung vorliegen, auf diesen Zeitpunkt hat die der Asylentscheidung immanente Prognose abzustellen, ob der Asylwerber mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung aus den in Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen zu befürchten habe (VwGH 19.10.2000, 98/20/0233).

Wie bereits im Rahmen der Beweiswürdigung dargestellt wurde, wurden für die Beschwerdeführerinnen durch ihre Mutter keine eigenen Fluchtgründe vorgebracht, weshalb keine asylrelevante Verfolgung im Herkunftsstaat festgestellt werden konnte.

Im vorliegenden Fall liegt jedoch ein Familienverfahren im Sinne des § 34 AsylG 2005 bezüglich der Verfahren der Beschwerdeführerinnen und ihrer Mutter vor.

Gemäß § 2 Abs. 1 Z 22 AsylG 2005 ist Familienangehöriger wer Elternteil eines minderjährigen Kindes, Ehegatte oder zum Zeitpunkt der Antragstellung minderjähriges lediges Kind eines Asylwerbers oder eines Fremden ist, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten zuerkannt wurde, sofern die Ehe bei Ehegatten bereits im Herkunftsstaat bestanden hat.

Gemäß § 34 Abs. 2 AsylG 2005 hat die Behörde aufgrund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn dieser nicht straffällig geworden ist (§ 2 Abs. 3); die Fortsetzung eines bestehenden Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK mit dem Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde, in einem anderen Staat nicht möglich ist und gegen den Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§ 7).

Gemäß § 34 Abs. 4 AsylG 2005 hat die Behörde Anträge von Familienangehörigen eines Asylwerbers gesondert zu prüfen; die Verfahren sind unter einem zu führen; unter den Voraussetzungen der Abs. 2 und 3 erhalten alle Familienangehörigen den gleichen Schutzumfang.

Den Eltern der minderjährigen Beschwerdeführerinnen wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom heutigen Tag, Zl. W221 1425725-1 ua., gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 34 Abs. 2 AsylG 2005 der Status von Asylberechtigten zuerkannt und gemäß § 3 Abs. 5 AsylG 2005 festgestellt, dass ihnen kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

Da den Eltern der minderjährigen Beschwerdeführerinnen der Status von Asylberechtigten zuerkannt wurde, ist gemäß § 34 Abs. 2 AsylG 2005 auch den Beschwerdeführerinnen der Status von Asylberechtigten zuzuerkennen, zumal keine Sachverhaltselemente, die unter einen der Tatbestände des § 34 Abs. 2 Z 1 bis 3 AsylG 2005 zu subsumieren wären, erkennbar sind. § 34 Abs. 6 Z 2 AsylG 2005 ist im vorliegenden Fall nicht anzuwenden, weil es sich bei den Beschwerdeführerinnen um minderjährige ledige Kinder handelt.

Gemäß § 3 Abs. 5 AsylG 2005 ist die Entscheidung, mit der einem Fremden von Amts wegen oder aufgrund eines Antrages auf internationalem Schutz der Status des Asylberechtigten zuerkannt wird, mit der Feststellung zu verbinden, dass diesem Fremden damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

Den Beschwerden ist daher gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG iVm § 3 Abs. 1 iVm § 34 Abs. 2 AsylG 2005 stattzugeben und festzustellen, dass den Beschwerdeführerinnen kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen Rechtsprechung, des Weiteren ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu den einzelnen Spruchpunkten zu Spruchteil A wiedergegeben. Insoweit die in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu früheren Rechtslagen ergangen ist, ist diese nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.

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