BVwG W221 1425725-1

BVwGW221 1425725-15.6.2015

AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §3 Abs5
AsylG 2005 §34 Abs2
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §28 Abs2
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §3 Abs5
AsylG 2005 §34 Abs2
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §28 Abs2

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2015:W221.1425725.1.00

 

Spruch:

W221 1425725-1/9E

W221 2006045-1/6E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Daniela URBAN, LL.M. als Einzelrichterin über die Beschwerden 1.) des XXXX und 2.) der XXXX, beide StA. Somalia, 1.) gegen Spruchpunkt I. des Bescheides des Bundesasylamtes vom 21.03.2012, Zl. 11 07.185-BAE und

2.) gegen Spruchpunkt I. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 28.02.2014, Zl. 831639310-1748305, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 29.05.2015 zu Recht erkannt:

A)

Den Beschwerden wird gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG stattgegeben und 1.) Herrn XXXX sowie 2.) Frau XXXX gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 34 Abs. 2 AsylG 2005 idgF der Status von Asylberechtigten zuerkannt.

Gemäß § 3 Abs. 5 AsylG 2005 wird festgestellt, dass 1.) XXXX und 2.) XXXX damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

Artikel I. I. Verfahrensgang:

Der Erstbeschwerdeführer reiste illegal nach Österreich ein und stellte am XXXX den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz. Dabei gab er an, Staatsangehörige Somalias und muslimischen Glaubens zu sein. Er gehöre dem Clan der XXXX an.

Am 14.07.2011 fand vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes die niederschriftliche Erstbefragung des Erstbeschwerdeführers statt. Befragt, warum er seinen Herkunftsstaat verlassen habe, antwortete der Erstbeschwerdeführer, dass er in einem Geschäft als Verkäufer gearbeitet habe und immer wieder Islamisten zu ihm gekommen seien. Einmal hätten sie ihm 400 Dollar weggenommen. Die Inhaberin des Geschäftes habe das Geld von ihm zurückverlangt und ihn mit dem Umbringen bedroht.

Am 07.12.2011 wurde der Erstbeschwerdeführer vor dem Bundesasylamt im Beisein eines Dolmetschers für die somalische Sprache niederschriftlich einvernommen. Dabei erklärte er zunächst, dass seine bisher getätigten niederschriftlichen Angaben der Wahrheit entsprechen würden. Am XXXX habe er von seiner Chefin 400 Dollar erhalten, um am Bakara Markt Einkäufe zu machen. Dort sei er von Leuten der Al Shabaab geschlagen, mitgenommen und auf eine Polizeistation gebracht worden. Ihm sei vorgeworfen worden, für die Regierung zu spionieren und er sei 15 Tage angehalten worden. Am XXXX sei er zum Abschneiden einer Hand und eines Fußes verurteilt worden, wobei die Vollstreckung am XXXX hätte sein sollen. Es sei jedoch zu Kämpfen zwischen den Al Shabaab und der Übergangsregierung gekommen, sodass Al Shabaab habe flüchten müssen. Er sei befreit worden und nach Hause gegangen. Am nächsten Tag habe er seiner Chefin alles erzählt. Am XXXX seien die Kinder seiner Chefin mit zwei Freunden zu ihm gekommen und hätten die 400 Dollar von ihm verlangt. Er habe gesagt, dass ihm das Geld von den Islamisten abgenommen worden sei, dann hätten sie ihn geschlagen. Sie hätten auch seine hochschwangere Frau mit dem Gewehrkolben auf die Brust geschlagen, sodass sie ohnmächtig geworden sei. Seine Schwester, die zufällig vorbei kam, sei am rechten Bein angeschossen worden. Es seien dann die Nachbarn gekommen und es sei vereinbart worden, dass er das Geld zurückzahle. Er sei dazu aber nicht in der Lage gewesen, weshalb er ausgereist sei. Der Schlepper habe 11.000 Dollar gekostet; dies hätten seine Verwandten aus Saudi Arabien bezahlt.

Mit dem oben im Spruch angeführten Bescheid des Bundesasylamtes vom 21.03.2012, zugestellt am 22.03.2012, wurde der Antrag des Erstbeschwerdeführers auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I.), gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 wurde dem Erstbeschwerdeführer der Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt (Spruchpunkt II.) und ihm gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 eine befristete Aufenthaltsberechtigung bis zum 21.03.2013 erteilt (Spruchpunkt III.).

Das Bundesasylamt begründete im angefochtenen Bescheid die abweisende Entscheidung im Wesentlichen damit, dass der Erstbeschwerdeführer unglaubwürdig sei. Weiters wurde festgestellt, dass eine reale Gefahr einer unmenschlichen Behandlung aufgrund der gegenwärtigen Lage in Somalia eine Rückverbringung unzulässig mache.

Mit Verfahrensanordnung gemäß § 63 Abs. 2 AVG vom 23.03.2012 wurde dem Erstbeschwerdeführer gemäß § 66 Abs. 1 AsylG 2005 die ARGE-Rechtsberatung Diakonie und Volkshilfe als Rechtsberater für das Beschwerdeverfahren vor dem Asylgerichtshof zur Seite gestellt.

Gegen den oben genannten Bescheid wurde fristgerecht Beschwerde erhoben, welche am 10.04.2012 beim Bundesasylamt einlangte. In dieser wurde im Wesentlichen der Beweiswürdigung entgegengetreten.

Die Zweitbeschwerdeführerin reiste gemeinsam mit ihren drei minderjährigen Kindern am XXXX legal nach Österreich mit einem österreichischen Visum der österreichischen Botschaft in Addis Abeba ein und stellte am XXXX den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.

Am selben Tag fand vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes die niederschriftliche Erstbefragung der Zweitbeschwerdeführerin statt. Dabei gab sie an, dass sie und ihre minderjährigen Töchter keine eigenen Fluchtgründe hätten und sie den Antrag deswegen stelle, weil ihr Ehemann den Status eines subsidiär Schutzberechtigten erhalten habe und sie gemeinsam mit ihrem Ehemann in Österreich leben wolle.

Am 22.01.2014 wurde die Zweitbeschwerdeführerin vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl im Beisein eines Dolmetschers für die somalische Sprache niederschriftlich einvernommen. Dabei erklärte sie zunächst, dass ihre bisher getätigten niederschriftlichen Angaben der Wahrheit entsprechen würden. Sie habe in Somalia in einem Geschäft geputzt und dort ihren Mann kennengelernt. Einmal sei sie von einem Soldaten bedroht worden. Er habe einen Schuss in die Erde abgegeben. Sonst sei nichts passiert.

Mit dem oben im Spruch angeführten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 12.03.2014, zugestellt am 14.03.2014, wurde der Antrag der Zweitbeschwerdeführerin auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status einer Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I.), gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 34 Abs. 3 AsylG 2005 wurde der Zweitbeschwerdeführerin der Status einer subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt (Spruchpunkt II.) und ihr gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 eine befristete Aufenthaltsberechtigung bis zum 21.03.2014 erteilt (Spruchpunkt III.).

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl begründete im angefochtenen Bescheid die abweisende Entscheidung im Wesentlichen damit, dass die Zweitbeschwerdeführerin keine individuelle Verfolgung geltend gemacht habe und ihrem Verfahren die Entscheidung im Verfahren des Ehegattens zugrunde gelegt wird.

Mit Verfahrensanordnung gemäß § 63 Abs. 2 AVG vom 28.02.2014 wurde der Zweitbeschwerdeführerin gemäß § 52 Abs. 1 BFA-VG die ARGE-Rechtsberatung Diakonie und Volkshilfe als Rechtsberater für das Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht zur Seite gestellt.

Gegen den oben genannten Bescheid wurde fristgerecht Beschwerde erhoben, welche am 14.03.2014 beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl einlangte. In dieser wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die Zweitbeschwerdeführerin sehr wohl eigene Fluchtgründe angeführt und die Behörde Ermittlungen zur Lage der Frauen in Somalia unterlassen habe.

Mit Schreiben vom 24.04.2015 wurden die Beschwerdeführer und das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zu einer mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 29.05.2015 unter gleichzeitiger Übermittlung der aktuellen Länderberichte zur Lage in Somalia geladen.

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl teilte dem Bundesverwaltungsgericht mit Schreiben vom 28.04.2015 mit, dass die Teilnahme eines informierten Vertreters an der Verhandlung aus dienstlichen und personellen Gründen nicht möglich sei und beantragte die Abweisung der Beschwerde.

Das Bundesverwaltungsgericht führte am 29.05.2015 in Anwesenheit einer Dolmetscherin für die somalische Sprache eine öffentliche mündliche Verhandlung durch.

Im Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhandlung gaben die Beschwerdeführer an, dass sie ihre in Österreich geborene Tochter nicht beschneiden lassen wollen, dies in Somalia aber auch zwangsweise durchgeführt werde. Ihre anderen drei Töchter seien vor der Ausreise aus Somalia gegen den Willen der Mutter in der schlimmsten Form beschnitten worden. Eigene Fluchtgründe wollen sie nicht vorbringen.

Artikel II. II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Abschnitt 2.01 1. Feststellungen:

Der entscheidungsrelevante Sachverhalt steht fest. Auf Grundlage der Anträge auf internationalen Schutz vom XXXX (Erstbeschwerdeführer) und vom XXXX (Zweitbeschwerdeführerin), der Einvernahmen der Beschwerdeführer durch die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes und des Bundesasylamtes bzw. Bundesamtes, der Beschwerde gegen die angefochtenen Bescheide des Bundesasylamtes bzw. Bundesamtes, der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 29.05.2015, der Einsichtnahme in die bezughabenden Verwaltungsakten sowie der Einsichtnahme in das Zentrale Melderegister, Fremdeninformationssystem, Strafregister und Grundversorgungs-Informationssystem werden folgende Feststellungen getroffen und der Entscheidung zugrunde gelegt:

1.1. Zur Person und zu den Fluchtgründen der Beschwerdeführer:

Die Beschwerdeführer sind Staatsangehörige Somalias, sie bekennen sich zum muslimischen Glauben.

Der Erstbeschwerdeführer reiste illegal nach Österreich ein und stellte am XXXX einen Antrag auf internationalen Schutz. Die Zweitbeschwerdeführerin reiste gemeinsam mit ihren drei minderjährigen Kindern am XXXX legal nach Österreich mit einem österreichischen Visum der österreichischen Botschaft in Addis Abeba ein und stellte am XXXX den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.

Die Beschwerdeführer sind die Eltern der minderjährigen XXXX, der mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom heutigen Tag, Zl. W221 2017289-1, aufgrund der drohenden Genitalverstümmelung in Somalia gemäß § 3 AsylG 2005 der Status der Asylberechtigten zuerkannt wurde.

Im gegenständlichen Fall liegt ein Familienverfahren iSd § 34 AsylG 2005 vor.

Es ist nicht ersichtlich, dass den Beschwerdeführern die Fortsetzung des bestehenden Familienlebens mit ihrer asylberechtigten minderjährigen Tochter in einem anderen Staat möglich wäre.

Die Beschwerdeführer sind in Österreich strafgerichtlich unbescholten.

1.2. Zur maßgeblichen Situation in Somalia:

"Politische Lage

Im Jahr 1988 brach in Somalia ein Bürgerkrieg aus, der im Jahr 1991 im Sturz von Diktator Siyad Barre resultierte. Danach folgten Kämpfe zwischen unterschiedlichen Clans, Interventionen der UN sowie mehrere Friedenskonferenzen (EASO 8.2014). Seit 1991 gibt es in Somalia keinen Zentralstaat mehr (BS 2014). Das Gebiet von Somalia ist de facto in drei unterschiedliche administrative Einheiten unterteilt: a) Somaliland, ein 1991 selbstausgerufener unabhängiger Staat, der von der internationalen Gemeinschaft nicht anerkannt wird; b) Puntland, ein 1998 selbstausgerufener autonomer Teilstaat Somalias; c) das Gebiet südlich von Puntland, das Süd-/Zentralsomalia genannt wird (EASO 8.2014).

Somalia ist offiziell in 18 Regionen (gobol) unterteilt. In Süd-/Zentralsomalia liegen Bakool, Benadir, Bay, Galgaduud, Gedo, Hiiraan, Middle Jubba (Jubba Dhexe), Lower Jubba (Jubba Hoose), Mudug, Middle Shabelle (Shabelle Dhexe) und Lower Shabelle (Shabelle Hoose). Somaliland und Puntland teilen sich die Regionen Awdal, Bari, Nugaal, Togdheer, Woqooyi Galbeed, Sanaag und Sool. Die Regionen wiederum sind administrativ in Bezirke unterteilt. Mogadischu besteht aus 16 Bezirken, die wiederum in die Teileinheiten waax, laan und tabella (ca. 50-250 Haushalte) unterteilt sind. Jeder Bezirk hat einen Bezirkskommissar (District Commissioner/DC). Nur wenige Straßen in der Stadt haben einen Namen, einige davon änderten sich im Zuge des Bürgerkrieges (EASO 8.2014).

Nominell verfügt Somalia heute über ein Zweikammern-Parlament: Das vom Volk gewählte House of the People und das von den Gliedstaaten beschickte Upper House. Bisher gibt es aber lediglich ersteres, und die Abgeordneten wurden nicht gewählt sondern von Ältesten nominiert. Das Upper House soll bis Ende 2015 eingerichtet werden. Danach sollen 2016 eine neue Verfassung in Kraft treten und womöglich Wahlen stattfinden (EASO 8.2014). EU, UN und IGAD bemängeln, dass Somalia im Zeitplan hinterher hinkt (UNNC 27.5.2014). Insgesamt mangelt es auch nach wie vor an wiederaufgebauten staatlichen Institutionen und an Verwaltungskapazitäten (BS 2014).

Seit 2012 gibt es eine politische Entwicklung, die den Beginn einer Befriedung und Stabilisierung sowie eines Wiederaufbaus staatlicher Strukturen markieren könnte. Am 1.8.2012 wurde in Mogadischu eine vorläufige Verfassung angenommen. Auf Grundlage dieser Verfassung trat am 16.9.2012 eine neue Regierung unter Führung von Präsident Hassan Sheikh Mahmud ihr Amt an. In seiner Regierungserklärung stellte der Präsident ein 'Sechs-Säulen-Programm' für seine Politik für die Zeit bis zu den für 2016 geplanten Wahlen und das Verfassungsreferendum vor. Er will Fortschritte in den Bereichen gute Regierungsführung, wirtschaftliche Entwicklung, gesellschaftliche Aussöhnung, Daseinsvorsorge durch den Staat, Aufbau internationaler Beziehungen und Bewahrung der Einheit und Integrität des Landes erzielen. Trotz der anhaltenden Kampfhandlungen versucht die Regierung, Schritt für Schritt die Aufgaben der Staatsleitung, Verwaltung und politischen Gestaltung wieder wahrzunehmen (AA 3.2014c).

Die Umsetzung des Regierungsprogramms wurde jedoch u.a. durch das Misstrauensvotum gegen den vorherigen Premierminister Shirdon und die Neubildung einer Regierung unter Premierminister Abdiweli Sheikh Ahmed verzögert (AA 3.2014c). Der Präsident, Angehörige der neuen Regierung, andere hohe Beamte und District Commissioners (DC) in Mogadischu gehören der Gruppe Damul Jadiid an, einer Fraktion der somalischen Muslimbrüder (EASO 8.2014). Im Laufe des Jahres 2014 kam es zu wachsenden Differenzen zwischen dem Präsidenten und Premierminister Abdiweli Ahmed (A 31.10.2014),

Politisch gibt es mehrere potentielle Sicherheitsrisiken für die Zukunft: Die innere Krise in der Staatsführung; eskalierende Konflikte zwischen Regionen; das Aufkommen neuer politischer und bewaffneter Gruppen; wechselnde Allianzen und personalisierte Politik; Unterbrechung bei der Bildung staatlicher Institutionen (EASO 8.2014).

Die Clanthematik bleibt ein zentrales Thema, Clans spalten nach wie vor Regierung und Sicherheitskräfte (LPI 2014). Gemäß Übergangsverfassung verfügt Somalia über eine Bundesregierung und Regierungen der Bundesstaaten. Doch der in der Verfassung vorgesehene Föderalismus ist eine Quelle für Spannungen zwischen der somalischen Regierung sowie bereits existierenden aber auch neu aufgestellten Gliedstaaten (EASO 8.2014). Mit dem international vermittelten Abkommen von Addis Abeba von Ende August 2013 konnte zwar ein Gliedstaat im Süden Somalias geschaffen werden (Jubbaland), der weitere Staatsaufbau kam jedoch erneut ins Stocken. Die Regierung hat zuletzt zugesagt, einen Fahrplan für die Zeit bis 2016 zu erstellen, in dem die wichtigsten Vorhaben zur Erreichung der selbst gesteckten Ziele benannt werden sollen (AA 3.2014c). Derweil haben bereits Konflikte um die Bildung von neuen Gliedstaaten begonnen. Für einen möglichen South-Western State gibt es mehrere Versionen: Bay, Bakool und Lower Shabelle (SW3); oder Bay, Bakool, Lower Shabelle, Gedo, Lower und Middle Jubba (SW6). Auch die Bildung eines eigenen Shabelle State steht zur Diskussion. Clan-Interessen spielen eine zentrale Rolle und es kam diesbezüglich auch schon zu Ausschreitungen (EASO 8.2014).

Dies spiegelt sich auch bei einem Abkommen zwischen somalischer Regierung und Puntland wieder, wonach die Region Mudug zwischen den beiden künftigen Gliedstaaten Puntland und Central Regions State aufgeteilt werden soll. Vertreter des Central Regions State reagierten empört auf die Abmachung (IRIN 21.10.2014). Vereinbarungen zur Formierung des Central Regions State wurden am 30.7.2014 bzw. am 6.8.2014 von den Vertretern der Ahlu Sunna wal Jamaa (ASWJ), der Verwaltung von Galmudug und der Verwaltung von Ximan & Xeeb unterzeichnet (UNSG 25.9.2014).

Quellen:

Sicherheitslage

Es gibt keine flächendeckende, effektive Staatsgewalt; auch die neue Regierung hat bislang über große Teile des Landes keine Kontrolle. Umfangreiche Gebiete werden von unterschiedlichen bewaffneten Gruppen beherrscht. Potentiell asylrechtlich relevante Tatsachen sind daher staatlichen Strukturen regelmäßig nicht eindeutig zuzuordnen, sondern resultieren häufig gerade aus deren Abwesenheit. Dabei muss nach den einzelnen Landesteilen differenziert werden (E 6.2013).

Quellen:

Süd-/Zentralsomalia

Insbesondere Süd-/Zentralsomalia leidet seit Ende der 1980er Jahre unter Bürgerkrieg und weitgehendem Staatszerfall (AA 3.2014c). Die Sicherheitslage bleibt volatil (UNSC 1.5.2014) vgl. UKFCO 10.4.2014) und hat sich seit Mai 2013 verschlechtert (EASO 8.2014). Die Zahl der Selbstmordattentate hat in den letzten Jahren zugenommen (AA 11.9.2014). Sowohl das österreichische Außenministerium (BMEIA 10.9.2014) als auch das deutsche Auswärtige Amt halten ihre Reisewarnungen für Somalia aufrecht (AA 11.9.2014).

Al Shabaab hat nach dem Verlust wichtiger Städte zunehmend auf Guerillakampf umgestellt. Folglich hat es einige sehr öffentlichkeitswirksame Attentate und Anschläge gegeben (UKFCO 10.4.2014). Mit dem Tod des Anführers der al Shabaab, Ahmed Godane, und dem Verlust der letzten Hafenstadt Baraawe ist die Gruppe zwar geschwächt, von einem Sieg über al Shabaab zu sprechen ist aber verfrüht (B 10.2014). Auch wenn al Shabaab weder die militärische Stärke noch den Willen hat, gegen die somalische Regierung und ihre Alliierten anzutreten, so stellen sie eine hinreichende Bedrohung für alle Versuche eines staatlichen Wiederaufbaus dar (BS 2014). Dabei bleiben die Möglichkeiten der föderalen, lokalen und regionalen Behörden, Terrorismus der al Shabaab zu unterbinden, eingeschränkt (USDOS 30.4.2014).

Mit Waffengewalt ausgetragene Streitigkeiten zwischen rivalisieren Clans oder Sub-Clans kommen hinzu (AA 3.2014c). Ein großes Waffenarsenal befindet sich in privatem Besitz und einige Gruppen fühlen sich von der Regierung nicht vertreten bzw. wollen von dieser nicht vertreten werden. Auch das ist ein Gefahrenpotential (B 10.2014). Weitere Spannungen zwischen lokalen Verwaltungen und der somalischen Regierung werden nicht ausgeschlossen (ÖB 10.2014). In den Regionen Puntland und Somaliland ist die Lage vergleichsweise stabiler, aber auch hier wirkt sich der Bürgerkrieg aus (AA 3.2014c).

Die UN haben für eigenes Personal folgende Einstufungen getroffen:

Gelb (medium risk) für Bari, Nugaal, Doolow, Dhobley und den Sicherheitsbereich in Mogadischu; Orange (high risk) für Mudug, Galguduud und die von AMISOM (African Union Mission in Somalia) besetzten Garnisonsstädte (Merka, Baidoa, Kismayo u.a.) sowie für Mogadischu; Rot (very high risk) für die restlichen Teile der Regionen Lower und Middle Jubba, Gedo, Bakool, Bay, Hiiraan, Lower und Middle Shabelle (A 9.10.2014).

Im August 2011 räumte al Shabaab Mogadischu. Im Jahr 2012 eroberten somalische Armee und AMISOM u.a. Afgooye, Baidoa, Kismayo, Merka und Wanla Weyne. Bei der Offensive "Operation Eagle" im März und April 2014 folgte die Einnahme von weiteren zehn Städten, u.a. Xudur, Waajid, Buulo Barde, Maxaas, Ceel Buur, Wabxo und Qoryooley (EASO 8.2014). Ende August begann die neue AMISOM-Offensive "Operation Indian Ocean" bei deren Verlauf weitere Städte in den Regionen Hiiraan, Lower und Middle Shabelle, Lower Jubba und Bakool eingenommen werden konnten (UNSC 30.9.2014), darunter Cadale und Rage Ceel (Middle Shabelle), Baraawe (Lower Shabelle) (A 17.10.2014), Jalalaqsi und Fiidow (Hiiraan), Kurtunwaarey, Buulo Mareer und Golweyn (Lower Shabelle) sowie Tayeeglow (Bakool) (A 5.9.2014). Überhaupt befinden sich die meisten Städte in Süd-/Zentralsomalia nunmehr unter Kontrolle der Regierung und ihrer Alliierten, viele ländliche Gebiete befinden sich nach wie vor unter Kontrolle der al Shabaab. Allerdings stellen viele dieser Städte "Inseln" im Gebiet der al Shabaab dar, und die Islamisten versuchen, die Versorgung mancher Städte durch Angriffe entlang der Einfallstraßen zu blockieren (EASO 8.2014). So leidet z.B. Buulo Barde (Hiiraan) seit März 2014 unter einer Blockade (UNOCHA 17.10.2014).

In weiten Teilen Süd-/Zentralsomalias finden Kampfhandlungen zwischen den somalischen Bürgerkriegsparteien statt (AA 11.9.2014). Die Sicherheitskräfte sind Angriffen durch al Shabaab und andere Elemente ausgesetzt. Die Straße von Mogadischu über Baidoa nach Luuq bleibt von al Shabaab bedroht. Vor allem zwischen Afgooye und Baidoa kommt es regelmäßig zu Zwischenfällen. Auch andere Straßen, die nach Afgooye führen, gelten als unsicher (EASO 8.2014).

Die Lage in Süd-/Zentralsomalia bleibt kritisch. Dies gilt auch für die Hauptstadt Mogadischu. In und um Mogadischu haben Zahl und Intensität der Anschläge zuletzt zugenommen (AA 11.9.2014). Vor allem außerhalb von Mogadischu ist die somalische Regierung auf AMISOM angewiesen, um ihren Einfluss erhalten zu können. Jedenfalls sind die Städte unter Kontrolle von AMISOM und somalischer Armee gegenüber einer Rückeroberung durch al Shabaab abgesichert (EASO 8.2014). Diese Garnisonsstädte liegen außerhalb der militärischen Reichweite der al Shabaab (D 18.6.2014). Allerdings verfügen weder AMISOM noch die somalische Armee über ausreichende Kapazitäten, um neu eroberte Gebiete adäquat abzusichern (UNHRC 4.9.2014).

In einigen der kürzlich eroberten Städte mangelt es an funktionierenden Verwaltungseinrichtungen. Die Ausfüllung des Machtvakuums bleibt eine Herausforderung für die somalische Regierung. Außerdem können mit dem Rückzug von al Shabaab alte (Clan‑)Konflikte neu aufflammen (EASO 8.2014). In einigen Städten, wie z.B. Xudur, Waajid, Warsheikh, Qoryooley und Buulo Barde konnten mittlerweile Verwaltungen eingerichtet werden (UNSG 25.9.2014). Am schlimmsten ist die Lage in jenen Dörfern und Gebieten, die nur temporär unter Kontrolle von AMISOM oder Armee stehen und auf welche al Shabaab - etwa in der Nacht - Zugriff hat. Viele Dörfer in derartiger Lage sind verlassen, die Menschen sind in größere Städte geflüchtet (B 14.10.2014).

Quellen:

Mogadischu

In Mogadischu gibt es mehrere Stützpunkte von AMISOM (Uganda, Burundi). Außerdem gibt es 2.000-3.000 somalische Polizisten, ca.

1.200 Mann Spezialeinheiten (Polizei und Alpha Group) und ca. 400 AMISOM-Polizisten (EASO 8.2014).

Die Sicherheitslage in Mogadischu hat sich seit Mitte 2012 wesentlich verbessert (BS 2014). Auch wenn die Stadt von Attentaten und manchmal von asymmetrischen Angriffen geplagt wird, ist Mogadischu sicherer geworden (UKHO 9.4.2014). Auch gegenüber dem Jahr 2013 ist die Lage nun besser (B 14.10.2014). Dies spiegelt sich im Straßenleben, in der Rückkehr zehntausender Menschen oder im Anstieg von Investitionen wider. Die Stadtbewohner - auch Frauen - können sich fast überall frei bewegen, es gibt keine Belästigungen an Checkpoints. Verantwortlich für die Verbesserung ist einerseits AMISOM, andererseits sind es auch die wachsenden Fähigkeiten der somalischen Sicherheitskräfte. Außerdem haben Clanmilizen keine Macht mehr - auch wenn es zu sporadischen Zwischenfällen kommt (EASO 8.2014). Es haben bei weitem mehr Menschen beschlossen, nach Mogadischu zurückzukehren, als beschlossen haben, die Stadt zu verlassen (UKUT 3.10.2014).

Allerdings gab es nach April 2013 Rückschläge bei der Sicherheitslage in Mogadischu. In manchen Bezirken der Stadt (Hodan, Wardhiigleey, Heliwaa, Yaqshiid) hat sich die Sicherheitslage - vor allem bei Nacht - verschlechtert. Es gab einen Anstieg bei Angriffen auf Sicherheitskräfte, bei gezielten Attentaten und sogar beim Mörserbeschuss (EASO 8.2014). Auch wenn al Shabaab keine Teile der Stadt mehr kontrolliert, so betreibt die Gruppe Guerillaaktivitäten, Sprengstoff-, Handgranaten- und Selbstmordanschläge (AI 23.10.2014). Die Gewalt richtet sich meist auf ausgewählte Ziele (EASO 8.2014). Die Zahl gezielter Attentate auf traditionelle Älteste, Zivilbeamte und Journalisten hat zugenommen (HRW 21.1.2014). Al Shabaab verübte außerdem prominente Angriffe auf den Präsidentenpalast (Februar 2014) und das somalische Parlament (Mai 2014) (EASO 8.2014).

Al Shabaab wählt Ziele in Mogadischu sorgfältig aus. Weder Zivilisten noch Rückkehrer aus der Diaspora werden spezifisch zum Ziel erkoren. Zivilisten tragen das Risiko, bei Anschlägen der al Shabaab auf ausgewählte Ziele als "Kollateralschaden" getötet zu werden (UKUT 3.10.2014; vgl. UKHO 9.4.2014) und sind nicht einer willkürlichen Tötungsstrategie der al Shabaab anzulasten (EASO 8.2014; vgl. UKUT 3.10.2014). Der EGMR hat festgestellt (KAB vs Schweden), dass trotz täglicher Verluste unter Zivilisten kein generelles Risiko gegeben ist. Auch das britische Tribunal stellt fest, dass für einen Zivilisten in Mogadischu nur aufgrund seiner Anwesenheit in der Stadt kein generelles Risiko erheblichen Schadens aufgrund willkürlicher Gewalt besteht (UKUT 3.10.2014; vgl. UKHO 9.4.2014).

Es gibt de facto keine Gebiete in Mogadischu, die als absolut sicher eingestuft werden können. Selbst die schwer bewachten Teile der Stadt waren von Anschlägen der al Shabaab betroffen. In den Bezirken Dayniile, Heliwaa und Yaqshiid agiert al Shabaab offen, es kommt zu sogenannten hit-and-run-Angriffen auf AMISOM und somalische Sicherheitskräfte. Bewohner dieser Bezirke, die tagsüber mit der Regierung zu tun haben, können in der Nacht Opfer von Racheaktionen der al Shabaab werden. Auch auf den Bakara-Markt ist al Shabaab zurückgekehrt (EASO 8.2014). Wenn ein Stadtbewohner Mogadischus besonders gefährdete Orte meidet - seien es die Gebiete, wo Sicherheitskräfte oder internationale Organisationen angesiedelt sind; seien es bekanntermaßen von Sicherheitskräften, Regierungsbeamten oder NGO-Mitarbeitern frequentierte Lokale; oder sei es etwa der Bakara-Markt - dann kann er sein persönliches Risiko reduzieren (UKUT 3.10.2014).

Quellen:

Al Shabaab (AS)

Die militärische Hauptmacht der al Shabaab befindet sich im Dreieck Baraawe-Jilib-Diinsoor sowie östlich von Buulo Barde. Einige hundert Kämpfer der al Shabaab befinden sich in Mudug und Galgaduud. Dies bedeutet aber nicht, dass die anderen Teile Süd-/Zentralsomalias frei von al Shabaab sind. Die Gruppe ist ca. fünf Kilometer außerhalb der größeren Städte präsent (EASO 8.2014).

Al Shabaab kontrolliert also noch immer Teile Süd-/Zentralsomalias (UNHRC 4.9.2014). Gleichzeitig hat sich die Art der Kampfführung weg von militärischen hin zu Guerilla- und terroristischen Aktivitäten verschoben. Aufgrund der gegebenen Mobilität kann die Gruppe auch mit den noch vorhandenen ca. 5.000 Kämpfern erfolgreich Friedensbemühungen sabotieren. Allerdings hat sich die Fähigkeit der al Shabaab, Territorium zu halten, reduziert. Auch die Bewegungsfreiheit der Gruppe ist eingeschränkt worden (EASO 8.2014).

Neben den Kernkräften kann al Shabaab für bestimmte Operationen auch auf Clans zurückgreifen. Daneben ist die Spezialeinheit der al Shabaab - der Amniyat - für verdeckte Präsenz in Städten und damit verbunden für Anschläge, Attentate und andere Operationen verantwortlich. Der Amniyat ist es auch, der selbst bei einem militärischen Sieg über al Shabaab noch auf längere Zeit eine Bedrohung darstellen könnte (EASO 8.2014).

Die militärischen Aktivitäten der al Shabaab konzentrieren sich in den vergangenen Monaten auf folgende Bereiche:

a) Lower Jubba: Störung der Versorgungswege nach Kenia

b) Bakool: Isolation von Wajid und Xudur; tw. wird der Kampf an die äthiopische Grenze herangetragen.

c) Bay und Lower Shabelle: Störung der Verbindung Luuq-Mogadischu, insbesondere Baidoa-Mogadischu (auch im Bereich des Afgooye-Korridors)

d) Lower Shabelle: tägliche Kampfhandlungen im Gebiet Qoryooley; Störung der Routen Mogadischu-Qoryooley und Mogadischu-Merka

e) Galgaduud und Hiiraan: offener Rückzugsraum; Isolierung der Städte Buulo Barde, Maxaas, Ceel Buur und Wabxo (TA 18.6.2014)

Scheinmilitärische, Guerilla- und terroristische Aktivitäten der al Shabaab konzentrieren sich in hohem Maße auf Lower Shabelle und Mogadischu. Für Mogadischu bedeutet dies: sog. hit-and-run-Angriffe;

Hinterhalte auf Sicherheitskräfte; gezielte Tötungen von Sicherheitskräften und Zivilisten; Autobomben- und Terroranschläge;

hinzu kommen Exekutionen von Zivilisten durch al Shabaab auf eigenem Gebiet. Als Grund für Hinrichtungen wird in den vergangenen Monaten in hohem Maße "Spionage" angeführt (TA 18.6.2014).

Anfang September 2014 wurde der Anführer der al Shabaab, Ahmed Godane, bei einem Luftangriff in der Nähe von Baraawe getötet. Al Shabaab gab Sheikh Ahmad Umar Abu Ubaidah als Nachfolger bekannt - ein prominenter Angehöriger des Amniyat (UNSC 30.9.2014). Schon vor dem Tod von Godane war al Shabaab hinsichtlich etwaiger Spionage sehr misstrauisch. Außerdem verfügt die Gruppe über ein Netz an Informanten. Dementsprechend besteht ein permanentes Risiko, von al Shabaab der Spionage oder der Kollaboration mit der Regierung verdächtigt zu werden - dies gilt auch für eigenes Personal (EASO 8.2014). Personen, die al Shabaab unbekannt sind, sind für die Gruppe verdächtig. Auch Personen, die sich außerhalb des Gebietes von al Shabaab aufgehalten haben, sind verdächtig (AI 23.10.2014). Eine Verurteilung hat drastische Konsequenzen (EASO 8.2014; AI 23.10.2014). Insgesamt sind aber alle Personen, die auf von al Shabaab kontrolliertem Gebiet leben, einem Risiko ausgesetzt, getötet, gefoltert oder auf misshandelt zu werden (AI 23.10.2014).

Quellen:

Rechtsschutz/Justizwesen

Die Übergangsverfassung sieht eine unabhängige Justiz (USDOS 27.2.2014) und Rechtstaatlichkeit vor. Die Scharia wird in der Rechtshierarchie über die Verfassung gestellt (EASO 8.2014). Aufgrund des jahrelangen Konfliktes sind der Zugang zur Justiz und die Rechtsstaatlichkeit allgemein eingeschränkt (UKFCO 10.4.2014) und in weiten Teilen Süd-/Zentralsomalias gar nicht vorhanden. In einigen Regionen haben sich lokale Gerichte etabliert. In den meisten Landesteilen beruht die Rechtsprechung auf einer Kombination von traditionellem, islamischem und formellem Recht (USDOS 27.2.2014). Informelle Strukturen traditionellen (Xeer) oder islamischen Rechtes (Scharia) ersetzen formelle Justizstrukturen oder existieren parallel zu ihnen (EASO 8.2014; vgl. UKFCO 10.4.2014). Der Zugang zur Justiz ist für Frauen, IDPs und Minderheiten nahezu nicht gegeben (EASO 8.2014). Andererseits haben von der UN finanzierte Gerichte in Somaliland, Puntland und Mogadischu zur Verbesserung des Zugangs beigetragen (USDOS 27.2.2014). Ein Nationaler Strategieplan zur Justizreform wurde ausgearbeitet (UNHRC 4.9.2014).

Die meisten Konflikte und Verbrechen werden im Rahmen des Xeer abgehandelt, in welchem der Zahlung von Kompensation (diya/mag) zentrale Bedeutung zukommt. Im Xeer werden nicht Individuen sondern ganze Clans oder Sub-Clans für Verbrechen eines Einzelnen zur Verantwortung gezogen (EASO 8.2014).

In einigen Städten unter Kontrolle der somalischen Regierung gibt es Militärgerichte, die nicht nur Fälle von Armeeangehörigen, sondern auch solche von vorgeblichen Mitgliedern der al Shabaab, von Polizisten und Zivilisten verhandeln. Solche Militärgerichte arbeiten nicht nach internationalen Standards (HRW 22.5.2014). Gleichzeitig sprechen sie aber Todesurteile aus (EASO 8.2014).

In den Gebieten der al Shabaab fungiert die Justiz willkürlich (UKFCO 10.4.2014). Dort gibt es lediglich Scharia-Gerichte, die gemäß einer harschen Auslegung islamischen Rechtes agieren (EASO 8.2014). Öffentliche Auspeitschung, Steinigung, Enthauptung und Amputation sind von al Shabaab regelmäßig angewendete Strafen. Außerdem befinden sich auf dem Gebiet der al Shabaab tausende Menschen aufgrund von Kleinigkeiten - z.B. Rauchen, Musikhören, Fußballspielen - in Haft (EASO 8.2014).

In Puntland funktionieren die Gerichte einigermaßen (USDOS 27.2.2014) - vor allem in den zentralen Teilen Puntlands, in den ländlicheren und eher abgelegenen Gebieten sorgen meist lokale Älteste für die Aufrechterhaltung der Ordnung (BS 2014). Allerdings mangelt es an Kapazität, um adäquaten Rechtsschutz gewährleisten zu können. Außerdem gibt es Berichte, wonach die Verwaltung auf hochrangige Justizfälle Einfluss nimmt. Die Mehrheit der Justizfälle wird in Puntland aber von Clanältesten unter Anwendung des Xeer abgehandelt. Das formelle Justizsystem dient u.a. jenen Fällen, wo Personen ohne Clan-Repräsentanz involviert sind (USDOS 27.2.2014).

Quellen:

Sicherheitsbehörden

Insgesamt sind die somalischen Sicherheitskräfte trotz der zahlreichen Maßnahmen zum Wiederaufbau von Polizei und Armee nicht in der Lage, Sicherheit zu gewährleisten. Zur Bewältigung dieser Aufgabe muss sich die somalische Regierung auf AMISOM (African Union Mission in Somalia) verlassen (BS 2014). Die AMISOM ist eine regionale, friedensunterstützende Mission der Afrikanischen Union mit voller Unterstützung des UN-Sicherheitsrates. Die Polizeikomponente umfasst 515 Mann, die Militärkomponente 21.564 Soldaten. Als Truppensteller dienen vor allem Uganda, Burundi, Dschibuti, Kenia, Äthiopien und Sierra Leone. Die Disziplin von AMISOM hat sich drastisch verbessert, es gibt kaum Meldungen über Menschenrechtsvergehen durch AMISOM-Personal. Seit Mai 2014 gibt es in Mogadischu zusätzlich eine 410 Mann starke UN Guard Unit, die zum Schutz von UN-Einrichtungen und -Personal durch Uganda bereitgestellt worden ist (EASO 8.2014).

Die Zahl somalischer Polizisten in Süd-/Zentralsomalia wird mit

5.700 angegeben (UNSG 3.3.2014). Weitere 1.000 befinden sich bei AMISOM in Ausbildung (EASO 8.2014). Die Polizei untersteht teils regionalen Verwaltungen, teils dem Innenministerium. In mehreren Teilen Süd-/Zentralsomalias üben Armee und alliierte Milizen Polizeidienst aus (USDOS 27.2.2014).

In Mogadischu gibt es zwei separate Polizeikräfte: Jene der Regierung und jene der Regionalverwaltung. Bis zum Ende des Jahres 2013 konnte die Bundespolizei ihre Präsenz auf alle Bezirke der Stadt ausweiten (USDOS 27.2.2014). In Mogadischu gibt es 2.000-3.000 somalische Polizisten, ca. 1.200 Mann von Spezialeinheiten (Polizei und Alpha Group) und ca. 400 AMISOM-Polizisten. Letztere verüben normalen Polizeidienst (EASO 8.2014) und unterstützten die somalische Polizei mit Ausbildungsmaßnahmen - u.a. im Bereich Menschenrechte (USDOS 27.2.2014; vgl. EASO 8.2014). Ausbildung für die Polizei erfolgt auch durch UNDP (BS 2014), UNODC, IOM sowie bilateral durch Italien und die Türkei (ÖB 10.2014). Derweil unterstützt die United Nations Assistance Mission in Somalia (UNSOM) die Rekrutierung von weiteren 500 Polizisten (UNSG 25.9.2014).

Die Kontrolle der Polizei durch zivile Behörden bleibt ineffektiv. Auch die Polizei selbst ist ineffektiv. Straftaten bleiben meist ungestraft (USDOS 27.2.2014; vgl. EASO 8.2014). Außerdem beruhen Teile der Polizei auf Clanmilizen. Trotzdem wächst das Vertrauen der Bevölkerung in die Polizei - etwa in Mogadischu - und die Menschen können sich an die Polizei wenden (EASO 8.2014). Insgesamt bleibt aber der Zugang zu staatlichem Schutz ungewiss. Menschen suchen zwar die Unterstützung der Polizei, doch gibt es keine Garantie, dass ihnen geholfen wird (EASO 8.2014; vgl. LIDIS 3.2014). AMISOM und nationale Sicherheitskräfte geben ihr Bestes, um die Gefahr durch al Shabaab in Mogadischu einzudämmen. Auch wenn die Arbeit der Polizei Defizite aufweist, so trägt sie doch ihren Teil bei (UKUT 3.10.2014). Aufgrund der anhaltend schlechten Sicherheitslage sowie mangels Kompetenz der staatlichen Sicherheitskräfte und Justiz muss dennoch der staatliche Schutz in der gesamten Region als schwach bis nicht gegeben gesehen werden (ÖB 10.2014).

Ende des Jahres 2013 umfasste die somalische Armee rund 20.000 Mann. Die Kontrolle der Armee durch das Verteidigungsministerium bleibt schwach, hat sich aber mit Unterstützung durch internationale Partner etwas verbessert. Dabei ist die Kontrolle über jene Kräfte, die im Großraum Mogadischu, im Raum bis Merka, Baidoa und Jowhar eingesetzt werden, stärker als jene über Kräfte in anderen Landesteilen. Dort wo sich AMISOM-Truppen befinden, operieren die Kräfte der Armee in Tandem mit diesen (USDOS 27.2.2014). Nicht alle Teile der somalischen Armee sind gleich loyal, Claninteressen, Interessen lokaler Milizen und ausbleibender Sold sind dafür verantwortlich. Andererseits ist es der Regierung gelungen, Angehörige von Milizen (z.B. Ahlu Sunna Wal Jamaa/ASWJ) zu integrieren. Insgesamt zählen aber nur 10.000-12.000 Soldaten zum Kern der somalischen Armee. Die restlichen Truppen stellen Milizen, die formell nicht integriert worden sind (z.B. in Hiiraan und Baidoa; auch Teile der ASWJ). Insgesamt gilt die Loyalität vieler Teile der Armee eher einem Clan, nur wenige Einheiten sind von der Clanstruktur entkoppelt (EASO 8.2014).

AU, EU, USA, Türkei und andere Staaten unterstützen die Armee finanziell, mit Waffenlieferungen und Ausbildung (EASO 8.2014). Alleine die EU hat mehr als 3.000 Soldaten ausgebildet (ÖB 10.2014). Das Ausbildungsprogramm der EU (EUTM/ European Union Training Mission) wird in Mogadischu fortgesetzt. Trotz aller Anstrengungen fehlt es der Armee immer noch an Erfahrung und Ausrüstung. Die Armee bleibt weiterhin zu schwach, um AMISOM ablösen zu können (EASO 8.2014). AMISOM und UNSOM haben für mehr als 5.500 Soldaten der somalischen Armee eine Ausbildung im Bereich Menschenrechte gewährleistet (UNSG 25.9.2014).

Die rechtzeitige Auszahlung des Soldes stellt nach wie vor ein Problem dar. Trotzdem konnte die Zahl der Desertionen drastisch reduziert werden (EASO 8.2014).

Die National Intelligence and Security Agency (NISA) ist auf die Bekämpfung des Terrorismus ausgerichtet und operiert bei Terroranschlägen in Mogadischu auch als schnelle Eingreiftruppe (USDOS 30.4.2014). Die NISA verfügt auch über eine ca. 600 Mann starke Spezialeinheit (Alpha Group/ Gaashaan), die vor allem bei größeren Sicherheitsoperationen in Mogadischu zum Einsatz kommt (EASO 8.2014).

Die Polizei in Puntland untersteht dem Innenministerium (USDOS 27.2.2014). Außerdem gibt es die ca. 1.000 Mann starke, gut ausgerüstete Puntland Maritim Police Force, die von den Vereinten Arabischen Emiraten unterstützt wird. Insgesamt funktionieren Polizei und Regierungsinstitutionen in den zentralen Teilen Puntlands einigermaßen gut, in den ländlicheren und eher abgelegenen Gebieten sorgen meist lokale Älteste für die Aufrechterhaltung der Ordnung (BS 2014).

Quellen:

Folter und unmenschliche Behandlung

Konfliktbedingt kommt es zu Verbrechen an Zivilisten, darunter Tötungen und Vertreibungen. Täter sind Sicherheitsbehörden, alliierte Milizen, Personen in Uniform, al Shabaab, Piraten und andere (USDOS 27.2.2014).

Auch wenn die Übergangsverfassung Folter und unmenschliche Behandlung verbietet, kommen solche Fälle vor. Auch al Shabaab misshandelt Menschen und wendet harten Strafen - z.B. Amputationen - an (USDOS 27.2.2014).

Sowohl im Gebiet der somalischen Regierung als auch in jenem der al Shabaab kommt es zu willkürlichen Verhaftungen (USDOS 27.2.2014).

Im Fall von Vergehen durch Sicherheitsbehörden ergreifen die Behörden nur minimale Maßnahmen, um Strafhandlungen zu verfolgen und Täter zu verurteilen. Dies gilt im Speziellen für Polizei- und Armeepersonal, das der Verbrechen der Vergewaltigung, des Mordes oder der Erpressung beschuldigt wird (USDOS 27.2.2014).

Auch die Sicherheitskräfte von Puntland begingen im Jahr 2013 willkürliche Tötungen. Außerdem verprügelten puntländische Sicherheitskräfte Journalisten, und es kommt zu willkürlichen Verhaftungen (USDOS 27.2.2014).

Quellen:

Korruption

Somalia war im Jahr 2013 laut Transparency International zum wiederholten Male das korrupteste Land der Welt (Platz 175 von 175) (TI 2014). Regierungsbedienstete beteiligen sich häufig an Korruption und bleiben straffrei, auch wenn es ein Gesetz gegen Korruption in der Verwaltung gibt. Die in der Verfassung vorgesehene Antikorruptionskommission ist noch nicht eingerichtet worden (USDOS 27.2.2014). Korruption bei öffentlichen Geldern bleibt weiterhin ein Problem (UNSC 30.9.2014).

Al Shabaab hebt in ihren Gebieten unvorhersagbare und hohe Zakat- und Sadaqa-Steuern ein. Außerdem werden humanitäre Hilfsgüter zweckentfremdet verwendet oder gestohlen (USDOS 27.2.2014).

In Puntland gibt es ebenfalls keine Antikorruptionskommission. Es gab dort im Jahr 2013 keine Verfahren wegen Korruption (USDOS 27.2.2014).

Quellen:

Nichtregierungsorganisationen (NGOs)

Zahlreiche lokale und internationale Menschenrechtsgruppen sind in jenen Gebieten, die sich nicht unter der Kontrolle der al Shabaab befinden, aktiv. Sie untersuchen Vorfälle und veröffentlichen Ergebnisse. Allerdings wird ihre Bewegungsfreiheit in Süd-/Zentralsomalia durch Sicherheitserwägungen eingeschränkt. Die Regierung ist hinsichtlich der Ergebnisse in manchen Fällen kooperativ und reagiert auf Vorwürfe. Eine Ausnahme stellen hier Berichte über Korruption dar (USDOS 27.2.2014).

NGOs, Journalisten, Rechtsanwälten und anderen Vertretern der Zivilgesellschaft stehen oft nur sehr begrenzte Ressourcen für ihr Engagement für die Menschenrechte zur Verfügung. Es fehlt insbesondere an effektivem juristischem und polizeilichem Schutz (E 6.2013).

Al Shabaab hatte im Zuge der Hungersnot des Jahres 2011 mehrere internationale Organisationen aus seinem Gebiet ausgewiesen. Verbliebene Organisationen wurden mit hohen Steuern belegt. Immer wieder kommt es auf dem Gebiet von al Shabaab zu Einschüchterungen von humanitären Kräften und zur Plünderung von Hilfsgütern (BS 2014).

Angriffe und Übergriffe auf humanitäres, religiöses, zivilgesellschaftliches und NGO-Personal führten im Jahr 2013 zu einer unbekannten Anzahl an Todesopfern. Mehrere Menschenrechtsaktivisten flüchteten aus dem Land (USDOS 27.2.2014). Humanitäre Kräfte, internationale und nationale NGOs, UN-Agenturen und diplomatische Missionen sind einem Risiko ausgesetzt, Ziel von Angriffen und Attentaten zu werden. Selbst in von der Regierung kontrollierten Gebieten kommen gezielte Tötungen vermehrt vor. Die Täter bleiben meist unerkannt; in den meisten Fällen scheint al Shabaab verantwortlich zu sein. Zu den Opfern zählen auch jene, die für den Frieden eintreten, wie etwa prominente Friedensaktivisten, Gemeindeführer, Clan-Älteste und deren Familienmitglieder (EASO 8.2014).

In Puntland können internationale und lokale NGOs generell ohne größere Einschränkungen seitens der Regierung arbeiten; es gibt aber auch Ausnahmen (USDOS 27.2.2014).

Quellen:

Ombudsmann

Die Verfassung sieht eine unabhängige Menschenrechtskommission sowie eine Wahrheits- und Versöhnungskommission vor. Beide Institutionen waren zum Jahresende 2013 noch nicht eingerichtet worden (USDOS 27.2.2014; vgl. UKFCO 10.4.2014).

Der Kandidat für den puntländischen "human rights defender" zog seine Kandidatur zurück, und der Posten ist weiterhin vakant (USDOS 27.2.2014).

Quellen:

Wehrdienst (Militär siehe Sicherheitsbehörden)

Es gibt keine Wehrpflicht (AA 12.6.2013).

Quellen:

(Zwangs‑)Rekrutierungen und Kindersoldaten

Es gibt auch weiterhin Berichte über Kindersoldaten in den Reihen der somalischen Armee, alliierter Milizen und der al Shabaab. Die Armee hat mehr als tausend neue Rekruten einem Screening unterzogen, um den Einsatz von Kindern zu unterbinden. Eine genaue Alterseinschätzung gestaltet sich in Absenz von Dokumenten jedoch schwierig (USDOS 27.2.2014). Die Regierung und die alliierte Miliz Ahlu Sunna Wal Jama'a (ASWJ) arbeiten in diesem Bereich mit UNICEF zusammen (USDOS 27.2.2014; vgl. ÖB 10.2014). In den Monaten Juni und Juli 2014 wurden weitere 1.150 Soldaten und Polizisten bzw. Rekruten einem Alters-Screening unterzogen (UNSG 25.9.2014).

Zwangsrekrutierungen durch Sicherheitskräfte der staatlichen Stellen (Armee, Polizei) sind nicht bekannt (ÖB 10.2014).

Die meisten Kindersoldaten gibt es bei al Shabaab (EASO 8.2014). Kindersoldaten werden bei der Gruppe systematisch eingesetzt (ÖB 10.2014). Al Shabaab setzt Kinder in Kämpfen aber auch als Selbstmordattentäter ein. Außerdem kommen Kinder unterstützend - etwa als Träger, Sanitäter oder Spione - zum Einsatz (USDOS 27.2.2014).

Die Islamisten rekrutieren in Schulen, auf der Straße und in Wohnhäusern aber auch in IDP-Lagern. Rekrutiert werden sogar Kinder im Alter von erst acht Jahren (EASO 8.2014). Üblicherweise kommen Rekruten freiwillig zu al Shabaab. Kinder werden oft bereits in den Schulen indoktriniert. Außerdem stellen Clans Rekruten zur Verfügung. Es kommt aber auch - wenn auch seltener - zu direkten Zwangsrekrutierungen (MV 20.1.2014; vgl. EASO 8.2014). für das Jahr 2013 wird die Zahl an Zwangsrekrutierungen mit 2.200 angegeben; für das laufende Jahr mit 500 (ÖB 10.2014). Nach wie vor flüchten Jugendliche und Kinder aus Angst, von al Shabaab zwangsrekrutiert zu werden, aus von al Shabaab kontrollierten Gebieten in andere Teile Somalias (EASO 8.2014).

In Mogadischu gibt es kein Risiko hinsichtlich einer Zwangsrekrutierung durch al Shabaab (UKUT 3.10.2014; vgl. EASO 8.2014). Auch in anderen Garnisonsstädten der AMISOM ist eine Zwangsrekrutierung durch al Shabaab sehr unwahrscheinlich (D 18.6.2014).

Die Rekrutierungstaktik variiert nach Regionen und Clans (EASO 8.2014). Bei Clans, die als Unterstützer der al Shabaab gelten, kommt es kaum zu Zwang durch al Shabaab. Zwang trifft viel eher jene Clans, die als neutral oder oppositionell zur Gruppe stehend gelten. Bei mit al Shabaab sympathisierenden Clans stellen meist die Clans selbst Rekruten zur Verfügung (D 18.6.2014).

Der Sold für Kämpfer beträgt ca. 50-100 US-Dollar pro Monat. Für einzelne Aufgaben (etwa das Werfen von Granaten) werden Preisgelder ausgelobt (ca. 10 US-Dollar) (EASO 8.2014).

Quellen:

Allgemeine Menschenrechtslage

Die Menschenrechtslage in Somalia wird vom anhaltenden bewaffneten Konflikt dominiert. Zivilisten werden getötet, verwundet oder vertrieben; Täter finden sich auf allen Seiten des Konfliktes (UKFCO 10.4.2014). In den Monaten Mai und Juni 2014 wurden ca. 1.200 durch Waffen verursachte Verletzungen in Mogadischu, Kismayo, Mudug und Baidoa behandelt; 100 Tote wurden gemeldet (UNSG 25.9.2014).

Weitere Menschenrechtsverletzungen umfassen willkürliche Angriffe, sexuelle Gewalt und willkürliche Inhaftierungen (HRW 21.1.2014); die Einschränkung von Meinungs- und Pressefreiheit, Gewalt gegen Journalisten; Gewalt gegen und Diskriminierung von Frauen und Mädchen; lebensbedrohliche Haftbedingungen und willkürliche Verhaftungen; die Verweigerung fairer Verfahren; Korruption und Menschenhandel; die Delogierung von IDPs; Misshandlungen und Diskriminierung von Minderheiten-Clans. Zusätzlich kommt es zu Kämpfen zwischen Clans und Sub-Clans, meist im Streit um Wasser und andere Ressourcen. Diese führen ebenfalls zu Toten und Vertriebenen. Es kommt auch zu Rachemorden; nur wenige Fälle werden untersucht (USDOS 27.2.2014). Besorgniserregend bleiben die zahlreichen Berichte über sexuelle Gewalt, gezielte Tötungen von Journalisten und Gewalt gegen Kinder. Dabei bleibt die Straflosigkeit für Täter ein Problem, das der mangelnden Reichweite der Justiz und den schwachen Sicherheitsbehörden angelastet werden kann (UKFCO 10.4.2014). Viele Berichte über Menschenrechtsvergehen können aufgrund anhaltender militärischer Aktivitäten gar nicht erst überprüft werden (UNOCHA 19.9.2014).

Überall dort, wo AMISOM über eine permanente Präsenz verfügt, ist die Menschenrechtslage wesentlich besser als in den anderen Gebieten Süd-/Zentralsomalias (EASO 8.2014).

Im Zuge ihrer Auslegung der Scharia kommt es auf dem Gebiet der al Shabaab zur Verweigerung mehrerer bürgerlicher Freiheiten, z.B. von Meinungs-, Bewegungs-, Versammlungs- und Religionsfreiheit (EASO 8.2014; vgl. USDOS 27.2.2014). Die Bevölkerung in jenen Gebieten, die unter Kontrolle der al Shabaab stehen, sind willkürlicher Rechtsprechung und der massiven Einschränkung ihrer Grundrechte ausgesetzt (UKFCO 10.4.2014; vgl. HRW 21.1.2014).

Die Menschenrechtslage unter al Shabaab hat sich Stück für Stück verschlechtert (EASO 8.2014). Al Shabaab begeht Morde, lässt Personen verschwinden, begeht Vergewaltigungen und vollzieht unmenschliche und grausame Bestrafungen (USDOS 27.2.2014). Aus jenen Gebieten, über welche die Gruppe unumstrittene Kontrolle ausübt, kommen weniger Berichte über gezielter Gewalt gegen Zivilisten als aus umstrittenen Gebieten. Dort wo al Shabaab unter Zugzwang steht, kommt es zu einer höheren Anzahl an Verhaftungen, zu einem höheren Maß an Gewalt (EASO 8.2014) und zu einer höheren Zahl an Exekutionen - vor allem aufgrund von vorgeblicher Spionage (EASO 8.2014; vgl. HRW 21.1.2014). Al Shabaab hat seine Angriffe auf prominente zivile Ziele in Mogadischu verstärkt (HRW 21.1.2014).

Es kommt seitens al Shabaab zur Zwangsrekrutierung von Kindern und Erwachsenen und zum Einsatz von Kindersoldaten (USDOS 27.2.2014; vgl. HRW 21.1.2014).

Quellen:

Opposition

In Süd-/Zentralsomalia gibt es keine offiziellen politischen Parteien; es gibt auch keinen offiziellen Mechanismus, um eine Partei registrieren zu lassen. Mehrere politische Vereinigungen nennen sich selbst aber "Partei", z.B. die Peace and Development Party von Präsident Hassan Sheikh. Gemäß der Übergangsverfassung hat das Parlament eine unabhängige Wahlkommission zu ernennen, die dann wiederum für die Regulierung des Parteiensystems verantwortlich sein soll. Bis zum Ende des Jahres 2013 ist die Kommission nicht ernannt worden (USDOS 27.2.2014).

Al Shabaab ist offen anti-demokratisch und erachtet Demokratie als unislamisch (BS 2014).

Die puntländische Verfassung beschränkt die Anzahl der politischen Parteien auf drei. Hinsichtlich des politischen Programmes, der Finanzgebarung und der Satzungen gibt es Auflagen (USDOS 27.2.2014).

Quellen:

(Ethnische) Minderheiten und Clanstruktur

Die somalische Bevölkerung ist nur auf den ersten Blick homogen. Tatsächlich bilden die Clans eine Art Sub-Ethnizität. Die Clans bilden auch die Grundlage der Identität eines Somali, jeder kennt normalerweise seine exakte Position im Clansystem. Dies gilt auch für die urbanisierte Bevölkerung. Wenn Somali ihre Herkunft beschreiben fangen sie meist bei sich selbst an und steigen dann die hierarchischen Ebenen des Systems bis zur Clanfamilie hinauf. Diese Aufzählung wird abtirsiimo oder abtirsiin genannt, und Kinder im Alter von acht oder neun Jahren können diese üblicherweise auswendig (EASO 8.2014).

Dabei gelten als Haupt-Clanfamilien die traditionell nomadischen Darod, Dir, Hawiye und Isaaq sowie die sesshaften Digil und Mirifle/Rahanweyn. Diese Clanfamilien unterteilen sich weiter in die Ebenen der Clans, Sub(sub)clans, Lineages und die aus gesellschaftlicher Sicht bei den nomadischen Clans wichtigste Ebene der Mag/Diya (Blutgeld/Kompensation) zahlenden Gruppe, die für Vergehen Einzelner gegen das traditionelle Gesetz (xeer) Verantwortung übernimmt. Diese Gruppe sorgt aber traditionell auch für die Unterstützung von Angehörigen in schwierigen (finanziellen) Situationen. Nur in Mogadischu ist das System soweit erodiert, dass nicht mehr die mag/diya-Gruppe für Unterstützung sorgt, sondern lediglich die Kernfamilie (EASO 8.2014).

Die Clans sind politische Akteure, die normalerweise über eigenes Territorium verfügen. Traditionelle Verträge (xeer) werden meist zwischen Mag/Diya zahlenden Gruppen abgeschlossen. Allerdings ist das Clansystem - wie erwähnt - keine exakte Wissenschaft, Koalitionen und Abgrenzungen - auch geographische - sind nur schwer zu erfassen oder gar nicht genau definiert (EASO 8.2014).

Das Clansystem ist dynamisch und komplex. Aufgrund des Bürgerkrieges und damit verbundener Wanderbewegungen aber auch aufgrund des Bevölkerungswachstums waren nach 1991 zunehmende Fluktuationen zu verzeichnen. Aufzeichnungen von Genealogien sind umstritten (EASO 8.2014).

• Die Darod unterteilen sich in die großen Gruppen Ogadeni (Äthiopien und Jubba-Regionen), Marehan (Süd-/Zentralsomalia) und Harti. Letztere sind eine Föderation aus Majerteen (Hauptclan in Puntland), Dulbahante und Warsangeli (Regionen Sool und Sanaag).

• Die Hawiye leben vor allem in Süd-/Zentralsomalia, die wichtigsten Subclans sind Abgaal und Habr Gedir.

• Die Dir finden sich im westlichen Somaliland und in einigen Gebieten Süd-/Zentralsomalias. Ihre Hauptclans sind Issa und Gadabursi (beide Somaliland) und Biyomaal (Südsomalia).

• Die Isaaq sind der Hauptclan Somalilands.

• Die Digil und Mirifle/Rahanweyn leben in den fruchtbaren Tälern von Shabelle und Jubba und im Gebiet zwischen beiden Flüssen (v.a. Bay und Bakool) (EASO 8.2014).

Daneben finden sich in Somalia einige ethnische Minderheiten und ständische Berufskasten, die insgesamt zwischen 15 und 30 Prozent der Bevölkerung stellen (EASO 8.2014). Minderheitengruppen sind u.a. die Bantu (größte Gruppe), Benadiri, Reer Xamar, Bravanese, Swahili, Tumal, Yibir, Yaxar, Madhiban, Hawrarsame, Muse Dheryo, Faqayaqub und Gabooye (USDOS 27.2.2014). Minderheitenclans oder Berufskasten können mit großen Clans in eine Abhängigkeitsbeziehung (shegaat) treten und werden danach - in externen Belangen - als Teil des großen Clans erachtet. Langfristige Allianzen zwischen kleineren und größeren Clans werden gemäß dem traditionellen Recht (xeer) geschlossen. Beide Konstruktionen beinhalten auch den Schutz des kleineren Partners durch den größeren (EASO 8.2014).

Clanschutz bedeutet die Androhung von Gewalt im Falle einer Aggression gegen ein Mitglied durch einen Außenstehenden. Die Möglichkeit, diese Drohung aufrecht zu erhalten ist genauso essentiell wie die Möglichkeit, einem Racheakt durch gemeinschaftliche Zahlung von Kompensation (mag/diya) zu entgehen. Generell - aber nicht überall - funktioniert Clanschutz besser als der Schutz durch Staat oder Polizei. Dementsprechend wenden sich viele Menschen bei Gewaltverbrechen eher an den Clan als an die Polizei. Der Clanschutz kommt aber auf einer sehr niedrigen Ebene der Clan-Hierarchie zur Anwendung. Es reicht also z.B. in Mogadischu nicht, den Hawiye anzugehören, um Clanschutz zu erhalten. Die Zugehörigkeit zu einem dominanten Sub(sub)clan der Hawiye in Mogadischu ist relevanter (EASO 8.2014).

Inwiefern Clanschutz heute noch funktioniert ist umstritten. Faktoren wie AMISOM, die Restauration staatlicher Sicherheitsbehörden oder al Shabaab haben den Schutz erodiert. Andererseits hat der Rückzug von al Shabaab sowie der Mangel an staatlicher Verwaltung in den ländlichen Gebieten den Clanschutz verstärkt. Das Ausmaß an Clanschutz variiert also regional und ist im Laufe der Zeit Änderungen unterworfen. In Somaliland und Puntland, wo relative Stabilität herrscht, ist der Clanschutz weniger relevant als in Süd-/Zentralsomalia. In Mogadischu hingegen sind Älteste zwar noch bei der Konfliktvermittlung involviert, jedoch gibt es kein Risiko mehr, aufgrund der Clanzugehörigkeit einer Verfolgung ausgesetzt zu sein. Nicht mehr die Clans, sondern AMISOM, Armee und Polizei sind für die Sicherheit verantwortlich. Allerdings muss berücksichtigt werden, dass Teile von Armee und Polizei nach wie vor großen Bezug zu ihren Herkunftsclans haben (EASO 8.2014).

Die linguistische Situation in Somalia ist relativ homogen. Neben der als Standard-Somali festgelegten nordöstlichen Varietät gibt es aber regionale Dialekte. Die Grenze nördlicher und südlicher Varietäten verläuft durch die Region Mudug. Die Unterscheidung zwischen diesen beiden Hauptvarietäten ist gut dokumentiert und kann generell mittels Sprachanalyse festgestellt werden. Auch feinere Unterscheidungen innerhalb der beiden Hauptvarietäten sind möglich (EASO 8.2014).

Somali selbst unterscheiden oftmals zwischen Maxaa-tiri, einer Sammlung regionaler Varietäten, die generell verstanden werden, und Maay-tiri, den regionalen Dialekten in den Regionen Bay, Bakool, Gedo, Middle Jubba und Lower Shabelle (EASO 8.2014).

Daneben gibt es bestimmte Minderheiten, die andere Sprachen sprechen: Swahili (Kibajuni, Chimwiini), Oromo (z.B. af-Garre) oder Mushunguli. Generell kann aufgrund der Dominanz der somalischen Sprache aber davon ausgegangen werden, dass auch Sprecher einer Minderheitensprache über Sprachkenntnisse in Somali verfügen (EASO 8.2014).

Quellen:

Minderheiten und kleine Clan-Gruppen

Es gibt unterschiedliche Kategorien von Minderheiten: ethnische und religiöse sowie jene, die als Berufskasten bezeichnet werden. Ethnische und religiöse Minderheiten haben einen unterschiedlichen kulturellen und/oder sprachlichen Hintergrund als die Somali der großen Clans. Die Berufskasten haben den gleichen Hintergrund wie die Clans, praktizieren jedoch spezifische Berufe (EASO 8.2014).

Außerdem sind auch Angehörige von somalischen Clans dann als Minderheit zu qualifizieren, wenn sie in einem Gebiet leben, das mehrheitlich von einem anderen Clan bewohnt ist (EASO 8.2014).

Die Berufskasten unterscheiden sich kulturell und linguistisch nicht von den Hauptclans, werden aber aufgrund von z.B. Berufen, die als unislamisch bezeichnet werden, als unrein erachtet. Sie werden unter den Oberbegriffen Waable, Sab, Midgaan oder Madhibaan zusammengefasst. Sie bilden die niedrigste Ebene der somalischen Gesellschaft; ihr Anteil wird auf rund ein Prozent der Gesamtbevölkerung geschätzt. Die Berufskasten sind in unterschiedliche Gruppen mit unterschiedlichen Namen in ganz Somalia zu finden. Klassische Berufe sind: Friseur, Schmied, Metallverarbeitung, Gerber, Schuster, Töpfer und Tischler; außerdem betätigen sich die Waable in der Jägerei, Viehzucht und Landwirtschaft sowie als Beschneiderinnen und als Hebammen. Im Zuge der Urbanisierung nach dem Zweiten Weltkrieg konnten die Waable in den Städten auch neue Arbeitszweige für sich erschließen (EASO 8.2014; vgl. ÖIF 12.2010).

Die wichtigsten Gruppen sind:

• Midgaan (Madhibaan, Gabooye; dieser Name wird tw. auch für alle Waable als Oberbegriff verwendet): Jäger, Gerber, Lederverarbeitung, Schuster und andere Berufe; Verbreitung: ganz Somalia (EASO 8.2014; vgl. ÖIF 12.2010)

• Tumaal: ursprünglich Schmiede, jetzt auch in anderen Berufen zu finden. Verbreitung: Nord- und Zentralsomalia sowie Städte im südlichen Somalia (EASO 8.2014; vgl. ÖIF 12.2010)

• Yibir: Ihnen werden jüdischer Hintergrund und magische Kräfte nachgesagt. Verbreitung: Nord- und Zentralsomalia sowie Städte im südlichen Somalia (EASO 8.2014; vgl. ÖIF 12.2010)

Kleinere Gruppen der Waable sind die Galgale, Gaheyle, Yahhar, Jaaji, Musa Dheryo, Guuleed Hadde, Hawr Warsame, Habar Yaqub, Madgal und Warabeeye. Auch die Boni und Eyle werden manchmal den Waable zugerechnet. Einige der Berufskasten haben ein ähnliches Clansystem wie die somalischen Hauptclans (EASO 8.2014).

Quellen:

Ethnische Minderheiten

Ethnische Minderheiten entstammen v.a. den Bevölkerungen Ost- und Zentralafrikas sowie der arabischen Halbinsel. Einige Minderheiten sind mit somalischen Clans oder Sub-Clans assoziiert, manche werden sogar als Teil somalischer Clans erachtet (EASO 8.2014).

Die größte ethnische Minderheit stellen die Bantu (Jareer). Die Bantu leben traditionell als Bauern in und zwischen den fruchtbaren Flusstälern von Shabelle und Jubba. Gosha, Makane, Kabole, Shiidle, Reer Shabelle, Mushunguli und Gobaweyne sind Namen, die den unterschiedlichen Bantu-Gruppen zugeschrieben werden. Manche der Gosha wurden in den Clan der Digil/Mirifle assimiliert. Viele Bantu sprechen Somali (Maay-tiri), manche - etwa Gosha und Mushunguli - pflegen eigene Bantusprachen (EASO 8.2014).

Der Begriff Benadiri umfasst mehrere miteinander nicht verwandte Minderheiten in Küstenstädten wie Merka, Baraawe und Mogadischu. Sie sind ethnisch gemischt und haben neben Somali auch Araber, Inder, Perser oder Portugiesen als Vorfahren. Die großen Untergruppen der Benadiri sind die Reer Xamar, Shangaani, Reer Merka und Barawani. Teile der Barawani erachten sich als Angehörige der Digil/Mirifle Tunni. Die Benadiri sprechen Somali und eigene somalische Dialekte; die Barawani einen Suaheli-Dialekt namens Chimini. Aufgrund ihres Status' als Händler waren die Benadiri vor 1991 privilegiert, danach waren sie schutzlos dem Bürgerkrieg ausgeliefert. Viele flohen nach Kenia (EASO 8.2014).

Quellen:

Aktuelle Situation

Minderheiten, denen es an bewaffneten Milizen mangelt, sind überproportional von Morden, Folter, Vergewaltigung, Entführung mit Lösegelderpressung sowie von Plünderung betroffen. Außerdem leben viele Minderheitenangehörige in tiefer Armut und leiden an zahlreichen Formen der Diskriminierung und Ausgrenzung (USDOS 27.2.2014). Angehörige von Minderheitenclans werden nicht systematisch verfolgt, wohl aber im täglichen Leben benachteiligt (ÖB 10.2014).

Einzelne Minderheiten leben unter schwierigen sozialen Bedingungen und sehen sich wirtschaftlich, politisch und sozial ausgegrenzt (ÖB 10.2014). Das Ausmaß an Diskriminierung hängt von der Minderheit ab:

Berufskasten sind generell stärkerer Diskriminierung ausgesetzt als ethnische Minderheiten. Allerdings gibt es signifikante Unterschiede. Gesellschaftliche Diskriminierung durch die Hauptclans kommt vor. So werden etwa die Bantu manchmal als adoon (Sklaven) bezeichnet (EASO 8.2014).

Für Berufskasten sind gesellschaftliche Interaktionen nur beschränkt möglich (EASO 8.2014). Sie leben meist in Ghetto-ähnlichen Vierteln oder Stadtteilen (EASO 8.2014; vgl. ÖIF). Mischehen - vor allem zwischen Berufskasten und den Hauptclans - sind traditionell beschränkt (USDOS 27.2.2014; vgl. EASO 8.2014). Dieses Tabu scheint aber in den vergangenen Jahren etwas aufgeweicht worden zu sein (EASO 8.2014). So kommen Beziehungen, die nicht den klassischen Strukturen entsprechen, häufiger vor. Ehen, in welchen die Frau einem Hauptclan angehört und der Ehemann einer Minderheit, sind aber sehr selten (C 18.6.2014).

Die vier größten Clans dominieren Verwaltung, Politik, und Gesellschaft. Dementsprechend sind die politischen Parteien, die lokalen Verwaltungen und auch das nationale Parlament um die verschiedenen Clans bzw. Sub-Clans organisiert (ÖB 10.2014). Auch wenn Minderheiten in Regierung und Parlament vertreten sind, bleibt ihre Stimme schwach und - meist - ungehört (EASO 8.2014). In den meisten Gebieten schließen die lokal dominierenden Clans Angehörige anderer Clans von der Partizipation an der Verwaltung aus, und es kommt zu Diskriminierung in den Bereichen Arbeit und Justiz sowie beim Zugang zu öffentlichen Diensten (USDOS 27.2.2014). Selbst in Arbeitsbereichen, die zuvor oft den Minderheiten zugeschrieben worden sind, werden heute Angehörige der Hauptclans bevorzugt (EASO 8.2014). Dabei gibt es regionale Unterschiede: Während etwa Mogadischu durch seine Durchmischung eher tolerant ist, gibt es z.B. in Puntland eine klare Trennung und in einigen Gebieten dürfen Angehörige von Minderheiten nicht in den Städten wohnen (B 14.10.2014).

Die Ashraf, die den Digil/Mirifle nahestehen, könnten aufgrund der Tatsache, dass sie einen von al Shabaab nicht anerkannten religiösen Status haben, zum Ziel der Islamisten werden. Insgesamt gibt es aber keine aktuellen Berichte über Menschenrechtsverletzungen gegen Sheikhal oder Ashraf (EASO 8.2014).

Den Benadiri wiederum ist es gelungen, Positionen in der Verwaltung zu besetzen. Außerdem sind die meisten in Mogadischu verbliebenen Benadiri-Kaufleute verhältnismäßig wohlhabend und können sich Schutz zukaufen (EASO 8.2014). Trotzdem gilt, dass sich die Benadiri lediglich durch die ökonomische Besserstellung von den anderen Minderheiten abheben. Sie verfügen zwar über ökonomische Macht, nicht aber über politische. So sind etwa alle District Commissioners in Mogadischu Angehörige der Mehrheitsclans (B 10.2014).

Andererseits gibt es in Mogadischu heute keine Clankämpfe oder -Konflikte mehr (UKHO 9.4.2014; vgl. UKUT 3.10.2014). Es gibt dort auch kein Risiko einer schweren Diskriminierung aufgrund der Clanzugehörigkeit. Da es in der Stadt keine Clanmilizen mehr gibt, ist der Clan heute weniger eine Schutzstruktur als vielmehr eine soziale Struktur. Minderheitenangehörige werden nicht mehr aufgrund ihrer Zugehörigkeit marginalisiert oder belästigt. Die Sicherheitslage für Angehörige kleiner, schwacher Clans oder ethnischer Minderheiten hat sich wesentlich verbessert. Auch die Andeutung von UNHCR, dass für eine Rückkehr nach Mogadischu die Anwesenheit der Kernfamilie relevant ist, weist auf die nunmehr geringe Bedeutung des Clans hin (UKUT 3.10.2014).

Manche Minderheiten haben von al Shabaab profitiert und die Gruppe unterstützt. Mit dem Machtverlust für al Shabaab kommt es auch zu Fällen, wo diese vorherige Unterstützung nun negative Auswirkungen hat (EASO 8.2014). So waren bzw. sind überproportional viele Angehörige von Minderheiten bei der Ausführung von Körperstrafen und Exekutionen sowie bei der Verübung gezielter Attentate beteiligt. Das Risiko von Racheaktionen besteht (B 10.2014). Bei al Shabaab gilt generell, dass jene Clans, die als gegen al Shabaab gerichtet erachtet werden, mit mehr Problemen zu rechnen haben - sei es z.B. eine höhere Besteuerung; ökonomische Isolierung; oder Plünderung (EASO 8.2014).

Quellen:

Frauen/Kinder

Die Übergangsverfassung sieht für Männer und Frauen die gleichen Rechte vor (USDOS 27.2.2014). Allerdings sind Frauen im Alltag nicht gleichgestellt und sie haben nicht die gleichen Rechte (EASO 8.2014; vgl. USDOS 27.2.2014). Es kommt zu systematischer Subordination (USDOS 27.2.2014). Gemäß dem traditionellen Recht bleibt sexuelle und geschlechtsspezifische Gewalt oft unbestraft. Frauen sind nicht in traditionelle Entscheidungsprozesse der Ältesten eingebunden und im traditionellen Recht (xeer) kommt ihnen kein Schutz bezüglich häuslicher Gewalt zu. Frauen, die über kein männliches Netzwerk verfügen und daher auch keinen Clanschutz erringen, sind vulnerabel und gefährdet - selbst in Mogadischu (EASO 8.2014).

Die politischen und gesellschaftlichen Entscheidungsstrukturen werden von Männern dominiert. Frauen sind traditionell vielfach benachteiligt (E 6.2013). Dies gilt auch für den Rechtsbereich der Scharia, der von Männern verwaltet wird und in welchem oft im Interesse der Männer entschieden wird. Hinsichtlich Besitz und Erbschaft schränken traditionelle, gesellschaftliche und kulturelle Barrieren die Frauen in der Ausübung ihrer Rechte ein (USDOS 27.2.2014). Eine Frau wird im Clansystem grundsätzlich von einem Mann vertreten, der auch in ihrem Namen Entscheidungen trifft (MV 24.1.2014).

Im somalischen Parlament halten Frauen derzeit 14 Prozent aller Sitze (USDOS 27.2.2014).

Vergewaltigung ist strafbar, die Strafen betragen zwischen 5 und 15 Jahren Haft; Militärgerichte verhängen auch Todesurteile. Die Regierung setzt das Gesetz nicht effektiv durch (USDOS 27.2.2014). Es gibt zwar Anstrengungen der somalischen Regierung, gegen sexuelle Gewalt anzukämpfen; diese werden durch die vorherrschende Sicherheitslage allerdings eingeschränkt. Aufsehenerregende Fälle haben gezeigt, wie die Regierung mit Vergewaltigungsanzeigen umgeht (UKFCO 10.4.2014). Dies betraf z.B. den Fall einer Frau, die einem Journalisten hinsichtlich ihrer Vergewaltigung ein Interview gab. Beide wurden verhaftet. Auch nach Anzeigen von Vergewaltigungsopfern, die AMISOM-Soldaten als Täter identifizierten, wurden die Opfer schikaniert (HRW 21.1.2014; vgl. UKFCO 10.4.2014).

Weiterhin kommen aus ganz Somalia alarmierend viele Berichte über sexuelle Gewalt und Vergewaltigungen. Besonders betroffen sind IDPs (HRW 21.1.2014; vgl. UKFCO 10.4.2014, ÖB 10.2014) und Angehörige von Minderheitenclans. Im ersten Halbjahr 2013 wurden alleine in Mogadischu mehr als 800 Vergewaltigungen angezeigt. Die Armee hat zwar einige seiner Angehörigen aufgrund von Vergewaltigungsvorwürfen festgenommen, Straflosigkeit bleibt aber die Norm (USDOS 27.2.2014). Für Opfer sexueller Gewalt ist es extrem schwierig, Gerechtigkeit zu erlangen. Viele Verbrechen werden der Polizei nicht gemeldet, weil die Opfer Stigmatisierung, neuerliche Misshandlungen, mangelnden Ermittlungswillen oder Anschuldigungen wegen Ehebruches befürchten (EASO 8.2014). Meist werden Vergewaltigungsfälle außerhalb formeller Strukturen abgehandelt (USDOS 27.2.2014). Von staatlichem Schutz kann daher nicht ausgegangen werden (ÖB 10.2014).

Vergewaltigung in der Ehe ist nicht sanktioniert. Häusliche Gewalt ist ein ernstes Problem (USDOS 27.2.2014). Für Vergewaltigungsopfer gibt es ein Frauenhaus des Elman Peace and Human Rights Centre in Mogadischu (MG 22.9.2014) und eines in Afgooye. Dort erhalten Frauen sechs Monate lang medizinische und psychosoziale Hilfe (MV 24.1.2014).

Polygamie und Ehescheidung sind erlaubt. Ehen werden vor dem lokalen Khadi-Gericht geschlossen und auch wieder aufgelöst (ÖB 10.2014). Die am meisten verbreitete Eheschließung ist jene der arrangierten Ehe. Diese bedarf der Zustimmung beider Partner sowie der Eltern bzw. des Vormundes. Allerdings ist es aufgrund des starken gesellschaftlichen Druckes äußerst unüblich, dass sich eine Tochter gegen den Willen ihres Vaters einer arrangierten Ehe widersetzt (LI 6.7.2012; vgl. EASO 8.2014). Daher kann der Unterschied zwischen arrangierter und Zwangsehe subtil sein (LI 6.7.2012). Wenn sich aber zwei Ehepartner finden, die kein Einverständnis ihrer Eltern haben, so gibt es die Möglichkeit des "Durchbrennens" mit folgender Eheschließung. Diese Form der geheimen Eheschließung wird zunehmend gebräuchlich - vor allem in jenen Gebieten, die nicht unter Kontrolle der al Shabaab stehen. Damit so eine Ehe Gültigkeit erlangt, müssen zwischen dem Wohnsitz des Brautvaters und dem Ort der Eheschließung 90-100 Kilometer Distanz liegen (AP 17.4.2013; vgl. EASO 8.2014).

Unverheiratete Frauen, die schwanger werden, sind der Stigmatisierung ausgesetzt. Als Resultat kann es zu häuslicher Gewalt oder zum Verstoß aus dem Clan kommen. Sogenannte Ehrenmorde kommen allerdings in Somalia nicht vor (MV 24.1.2014).

Al Shabaab zwangsrekrutiert bzw. entführt Frauen und Mädchen, um diese im Haushalt einzusetzen oder um sie zur Ehe zu zwingen. Manche Verschleppungen dauern nur kurze Zeit (zwei Tage bis zwei Wochen), andere - etwa im Fall der Zwangsehe - sind permanent (EASO 8.2014).

Quellen:

Kinder (inkl. FGM)

Die UN Assistance Mission in Somalia (UNSOM) hat in den vergangenen Monaten Fälle von Entführung, Rekrutierung, Tötung und Verstümmelung von Kindern verzeichnet (UKFCO 10.4.2014). Allein in den Monaten November und Dezember 2013 waren 367 Kinder von schweren Verbrechen - darunter zahlreiche Entführungen und Zwangsrekrutierungen - betroffen (UNSG 3.3.2014).

FGM ist in ganz Somalia nach wie vor weit verbreitet (UKFCO 10.4.2014). Früher lag die Verbreitung von FGM bei rund 99 Prozent. Diese Rate ist zurückgegangen. In einigen Landesteilen sind FGM bzw. drastische Formen von FGM gesetzlich verboten worden (so etwa in der Übergangsverfassung). Trotzdem werden noch immer die meisten Mädchen diesem Eingriff unterzogen (MV 24.1.2014). 63 Prozent der Beschnittenen erlitten die weitreichendsten Form (pharaonische Beschneidung/Infibulation). Der Eingriff findet bei mehr als 80 Prozent im Alter zwischen fünf und neun Jahren statt; in 10 Prozent zwischen neun und vierzehn Jahren; und in 7 Prozent zwischen null und vier Jahren (EASO 8.2014).

In den Gebieten der al Shabaab ist FGM verboten und kommt dort auch nicht vor (MV 24.1.2014). Auch die Gruppe al Islah und andere Islamisten setzen sich gegen FGM ein (C 18.6.2014).

Generell stößt eine Mutter, die ihre Tochter nicht beschneiden lassen will, in ländlichen Gebieten auf erhebliche Probleme. Auch in urbanen Gebieten kann es zu großem sozialen Druck kommen, damit die Tochter beschnitten wird (MV 24.1.2014). Unbeschnittene Frauen sind in der somalischen Gesellschaft sozial stigmatisiert (EASO 8.2014).

Quellen:

Bewegungsfreiheit

Die Übergangsverfassung schützt das Recht auf Bewegungsfreiheit im Land und das Recht zur Ausreise. Diese Rechte wurden in einigen Landesteilen eingeschränkt (USDOS 27.2.2014). Reisefreiheit ist im Prinzip gegeben, wobei sich Einschränkungen durch die jeweiligen Machthaber - Al Shabaab, Kriegsherren, lokale Administrationen - sowie durch Kampfhandlungen (etwa die im Berichtszeitraum laufende AMISOM-Initiative) in bestimmten Gebieten ergeben können (ÖB 10.2014). Auf den Hauptmigrations- und Transitrouten werden Reisende an Straßensperren aufgehalten. Es müssen Weggelder bezahlt werden (EASO 8.2014; vgl. RMMS 2014). Es kommt an Straßensperren aber auch zu Gewalt, Bedrohung und Plünderung (USDOS 27.2.2014). Daher benutzen immer mehr Menschen die Flugverbindungen, um z.B. von Mogadischu nach Berbera oder Hargeysa zu gelangen (EASO 8.2014; vgl. RMMS 2014).

Innerstaatliche Fluchtalternativen bestehen mit Sicherheit. Üblicherweise genießen Somalis den Schutz ihres eigenen Clans, d.h. in dessen Gebiet sind sie grundsätzlich in Sicherheit (ÖB 10.2014).

In Mogadischu herrscht generell Bewegungsfreiheit; es gibt diesbezüglich keine Clan-spezifischen Einschränkungen (LIDIS 3.2014). Es gibt zwar noch Checkpoints, diese scheinen aber kein Problem darzustellen. Gemäß den Angaben lokaler NGO-Vertreterinnen können sich Frauen frei in der Stadt bewegen. Eine Ausnahme ist der Bakara-Markt. Die Menschen bewegen sich frei in der Stadt, vermeiden jedoch Gebiete, die als unsicher bekannt sind. Die vorübergehende Zunahme an Anschlägen durch al Shabaab im Frühjahr 2014 hatte insofern einen Einfluss auf die Bewegungsfreiheit der Bewohner, als Geschäfte und Büros früher schlossen und sich die Menschen unsicherer fühlten (EASO 8.2014).

Im ganzen Land gibt es nur 2.900 Kilometer asphaltierter Straßen. In den Regenzeiten sind manche ländliche Gebiete mit Motorfahrzeugen unerreichbar. Es gibt keine Eisenbahn. Sechs Flughäfen verfügen über asphaltierte Landbahnen, z.B. Bossaso (Puntland), Kismayo (Jubbaland) und Mogadischu. Regelmäßige Flugverbindungen bestehen von Mogadischu in den Jemen und die Vereinten Arabischen Emirate; nach Dschibuti, Somaliland, Uganda, Kenia und Puntland; nach Saudi Arabien, in den Sudan und in die Türkei; sowie nach Kismayo. Mogadischu findet sich im Flugplan von Turkish Airlines und Air Uganda (EASO 8.2014).

Die Staatsgrenzen Somalias sind kaum kontrollierbar. Die dort überwiegend lebenden Nomaden ziehen in ihren angestammten Weidegebieten - die auch weite Teile Kenias, Äthiopiens und Dschibutis umfassen - umher und überschreiten dabei Staatsgrenzen. Aber auch auf dem Luft- (Kleinflugzeuge) und dem Seewege (u.a. traditionelle arabische Dhaus) erreichen Somalis vergleichsweise einfach Nachbarländer. Kontrollen werden bei Ausreise auf dem Landweg (vor allem Richtung Kenia) mangels funktionierender Staatsgewalt im Süden des Landes kaum oder gar nicht vorgenommen. Auch an der tausende Kilometer langen somalischen Küste findet keine effektive Ausreisekontrolle statt (E 6.2013).

Da al Shabaab überall Spione vermutet, kann jede Reisebewegung einen Verdacht auslösen - vor allem wenn es sich um eine Reise zwischen einem von der al Shabaab und einem von der somalischen Regierung kontrollierten Gebiet handelt (EASO 8.2014). In den Gebieten der al Shabaab muss eine Reiseerlaubnis der Islamisten eingeholt werden (NOAS 4.2014). Auf der Straße von Mogadischu über Baidoa nach Luuq kommt es immer wieder zu Zwischenfällen mit al Shabaab. Dies gilt insbesondere für den Abschnitt von Afgooye nach Baidoa. Auch andere Straßen im Umkreis von Afgooye sind von illegalen Checkpoints und damit in Zusammenhang stehenden Auseinandersetzungen gezeichnet (EASO 8.2014). Kurz vor der Durchfahrt von Versorgungskonvois werden Straßen durch AMISOM "gesäubert". Doch nach deren Passage bleiben die Routen wieder sich selbst überlassen (B 10.2014).

Relativ sichere Gebiete sind weiterhin Puntland und v.a. Somaliland (mit Ausnahme des Grenzgebietes zu Puntland), wo sich Angehörige aller Clans relativ frei bewegen können (ÖB 10.2014).

Quellen:

Rückkehr

Für Reisende nach Somalia fehlt es im Falle einer (sei es gesundheitlichen, sei es kriminalitätsbedingten) Notlage weitgehend an funktionierenden staatlichen Stellen, die Hilfe leisten könnten (AA 11.9.2014).

Trotzdem ist die Rückkehr von somalischen Flüchtlingen nach Somalia im Berichtszeitraum eine Tatsache (ÖB 10.2014). Nach der Einnahme von Mogadischu und anderen Städten sind viele somalische Flüchtlinge aber auch IDPs permanent oder temporär in ihre Heimat zurückgekehrt. Viele der im Jahr 2013 nach Mogadischu zurückgekehrten gehören zu den wohlhabenderen Teilen der Gesellschaft und verfügen oft über einen Aufenthaltstitel in anderen Staaten, den sie im Notfall in Anspruch nehmen können (EASO 8.2014).

Al Shabaab könnte bei Rückkehrern aus dem Westen den Verdacht hegen, dass diese für die somalische Regierung oder deren Alliierte spionieren. Die Rückkehrer vermeiden es üblicherweise, in von der al Shabaab kontrollierte Gebiete zurückzukehren - selbst wenn dort ihr Clan beheimatet ist (EASO 8.2014). Rückkehrer aus der Diaspora können ein erhöhtes Risiko eines Attentates durch al Shabaab aufweisen, wenn sie sichtlich erkennbar sind (LIDIS 3.2014).

Der UNHCR geht davon aus, dass es in Mogadischu sehr schwer ist, ohne ein entsprechendes Unterstützungsnetzwerk zu überleben. Wenn der eigene Clan oder die Kernfamilie im Wohnbezirk nicht etabliert sind, werden sich Neuankömmlinge in einer prekären Situation wiederfinden (EASO 8.2014). Für den Lebenserhalt im wirtschaftlichen Sinne braucht es in erster Linie die Kernfamilie. Der größere Familienkreis wird den Lebenserhalt nur kurzfristig garantieren. Wenn eine Person nicht aus Mogadischu stammt, wird sie ausreichend Ressourcen benötigen, um sich dort niederzulassen. Bildung, erlernte Berufe und Kredite können ebenfalls eine Niederlassung bewerkstelligen. Außerdem gibt es lokale NGOs, die den Neuankömmlingen helfen können (EASO 8.2014; vgl. LIDIS 3.2014).

Mindestens 30.000 Personen sind im Jahr 2013 aus Kenia und Äthiopien kommend nach Somalia eingereist - viele davon aber nur temporär, z. B. zur Lageerkundung (EASO 8.2014). Im Rahmen eines Abkommens zwischen UNHCR, Kenia und Somalia plant UNHCR auch die Unterstützung von vorerst 10.000 Rückkehrern aus Kenia in die Bezirke Baidoa, Kismayo und Luuq (UNSG 3.3.2014). Bei allen Programmen geht es um freiwillige Rückkehr. Ausreichend gute Bedingungen für großangelegte Rückkehrprogramme sind gegenwärtig noch nicht gegeben (UNSG 2.12.2013; vgl. EASO 8.2014; ÖB 10.2014).

Zwangsrückführungen werden nur von sehr wenigen Ländern durchgeführt. Die meisten Betroffenen wurden aus Saudi Arabien deportiert (mehr als 34.000 Personen), das weder die Genfer Konvention ratifiziert hat, noch über ein Asylsystem verfügt. Einige Dutzend Personen wurden auch aus Kenia deportiert. IOM bietet den Ankömmlingen Unterstützung in Form von Repatriierung, medizinischer Betreuung, psycho-sozialer Unterstützung, Nahrung und Trinkwasser sowie Weitertransport an. Für gefährdete Personen gibt es auch Unterkunft und Schutz (EASO 8.2014).

Es ist bekannt, dass die Niederlande Zwangsrückführungen nach Somalia durchführen. Im Jahr 2013 betrug deren Anzahl weniger als fünf; ca. 50 freiwillige Rückkehrer wurden unterstützt (EASO 8.2014). Der UNHCR ruft dazu auf, von Zwangsrückführungen in jene Teile Süd-/Zentralsomalias Abstand zu nehmen, die von militärischen Aktivitäten und/oder anhaltender Vertreibung; von Fragilität und Unsicherheit nach kürzlich stattgefundenen militärischen Operationen; oder von anhaltender Kontrolle durch nicht-staatliche Gruppen betroffen sind (UNHCR 17.6.2014). Nach Somalia Rückgeführte sind nicht per se einem höheren Risiko ausgesetzt. Diese Feststellung wird durch fehlende negative Meldungen bezüglich der zahlreichen aus Saudi Arabien deportierten Personen unterstützt (UKUT 3.10.2014).

Quellen:

Abschnitt 2.02 2. Beweiswürdigung:

2.1. Zu den Feststellungen zur Situation im Herkunftsstaat:

Die Feststellungen zur Situation im Herkunftsstaat, welche den Parteien im Rahmen der mündlichen Verhandlung vorgehalten und denen im Zuge dessen nicht entgegengetreten wurde, stützen sich auf die zitierten Quellen. Da diese aktuellen Länderberichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängiger Quellen von regierungsoffiziellen und nicht-regierungsoffiziellen Stellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wesentliche Widersprüche darbieten, besteht im vorliegenden Fall für das Bundesverwaltungsgericht kein Anlass, an der Richtigkeit der getroffenen Länderfeststellungen zu zweifeln. Insoweit den Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat Berichte älteren Datums zugrunde liegen, ist auszuführen, dass sich seither die darin angeführten Umstände unter Berücksichtigung der dem Bundesverwaltungsgericht von Amts wegen vorliegenden Berichte aktuelleren Datums für die Beurteilung der gegenwärtigen Situation nicht wesentlich geändert haben.

2.2. Zu den Feststellungen zu den Beschwerdeführern:

Die Feststellungen zur Staatsangehörigkeit und Religionszugehörigkeit der Beschwerdeführer gründen sich auf die diesbezüglich glaubhaften Angaben der Beschwerdeführer. Die Identität des Erstbeschwerdeführers konnte mangels Identitätsdokument nicht festgestellt werden; der im Spruch angeführte Name dient lediglich zur Identifizierung der Erstbeschwerdeführers als Verfahrenspartei. Die Identität der Zweitbeschwerdeführerin ergibt sich aus dem vorgelegten Reisepass.

Die Zeitpunkte der Antragstellung und die Ausführungen zum Verfahrensverlauf ergeben sich aus dem Akteninhalt.

Die Feststellungen zur persönlichen und familiären Situation der Beschwerdeführer ergeben sich aus ihren Angaben im Rahmen des Verfahrens sowie aus Abfragen in den entsprechenden amtlichen österreichischen Registern (Zentrales Melderegister, Fremdeninformationssystem, Grundversorgungs-Informationssystem). Die Feststellung zur strafgerichtlichen Unbescholtenheit ergibt sich aus der Einsichtnahme in das Strafregister.

Die Feststellung, dass es sich bei den Beschwerdeführern um die Eltern der minderjährigen XXXX handelt, gründet sich auf die im Verfahren vorgelegte Geburtsurkunde der minderjährigen Tochter.

Dass der minderjährigen Tochter mit Erkenntnis vom heutigen Tag gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 der Status einer Asylberechtigten zuerkannt wurde, ergibt sich aus dem Akt W221 2017289-1.

Die Beschwerdeführer haben in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 29.05.2015 auf das Vorbringen eigener Fluchtgründe verzichtet und sich auf die Gründe ihrer Tochter bezogen, weshalb keine eigenen Fluchtgründe festzustellen waren.

Abschnitt 2.03 3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß Art. 151 Abs. 51 Z 7 B-VG wird der Asylgerichtshof mit 01.01.2014 zum Verwaltungsgericht des Bundes und hat daher das vorliegende Beschwerdeverfahren zu führen.

Gemäß § 75 Abs. 19 AsylG 2005 sind alle mit Ablauf des 31.12.2013 beim Asylgerichtshof anhängigen Beschwerdeverfahren ab 1.01.2014 vom Bundesverwaltungsgericht nach Maßgabe des Abs. 20 zu Ende zu führen. Das gegenständliche Verfahren war mit Ablauf des 31.12.2013 beim Asylgerichtshof anhängig.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 33/2013 idF BGBl. I 122/2013, geregelt (§ 1 leg. cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Eine derartige Regelung wird in den einschlägigen Materiengesetzen (BFA-VG, AsylG 2005) nicht getroffen und es liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.

Gemäß dem zum Zeitpunkt der Beschwerdeeinbringung geltenden § 63 Abs. 5 AVG iVm dem zum Zeitpunkt der Beschwerdeeinbringung geltenden § 23 Abs. 1 AsylGHG war die Beschwerde von der Partei binnen zwei Wochen bei der belangten Behörde einzubringen. Das entspricht auch der geltenden Rechtslage.

Die gegenständlich angefochtenen Bescheide wurden den Beschwerdeführern am 22.03.2012 (Erstbeschwerdeführer) bzw. am 14.03.2014 (Zweitbeschwerdeführerin) zugestellt. Die Beschwerden gingen am 29.03.2012 (Erstbeschwerdeführer) bzw. am 14.03.2014 (Zweitbeschwerdeführerin), somit innerhalb der Frist von zwei Wochen, bei der belangten Behörde ein. Sie sind somit rechtzeitig.

(a) Zu A)

Sie sind auch begründet:

Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß §§ 4, 4a oder 5 zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung iSd Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention droht (vgl. auch die Verfolgungsdefinition in § 2 Abs. 1 Z 11 AsylG 2005, die auf Art. 9 der Statusrichtlinie verweist).

Flüchtling iSd Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK ist, wer sich aus der begründeten Furcht vor Verfolgung wegen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Überzeugung, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

Zentraler Aspekt dieses Flüchtlingsbegriffs ist die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung. Eine wohlbegründete Furcht vor Verfolgung liegt dann vor, wenn sie im Lichte der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde (vgl. VwGH 09.03.1999, 98/01/0370). Verlangt wird eine "Verfolgungsgefahr", wobei unter Verfolgung ein Eingriff von erheblicher Intensität in die vom Staat zu schützende Sphäre des Einzelnen zu verstehen ist, welcher geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des vorigen Aufenthaltes zu begründen. Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in den in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen haben und muss ihrerseits Ursache dafür sein, dass sich die betreffende Person außerhalb ihres Heimatlandes bzw. des Landes ihres vorigen Aufenthaltes befindet. Die Verfolgungsgefahr muss dem Heimatstaat bzw. dem Staat des letzten gewöhnlichen Aufenthaltes zurechenbar sein. Zurechenbarkeit bedeutet nicht nur ein Verursachen, sondern bezeichnet eine Verantwortlichkeit in Bezug auf die bestehende Verfolgungsgefahr (vgl. VwGH 27.01.2000, 99/20/0519). Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. VwGH 28.03.1995, 95/19/0041; 26.02.2002, 99/20/0509 mwN; 17.09.2003, 2001/20/0177) ist eine Verfolgungshandlung nicht nur dann relevant, wenn sie unmittelbar von staatlichen Organen (aus Gründen der GFK) gesetzt worden ist, sondern auch dann, wenn der Staat nicht gewillt oder nicht in der Lage ist, Handlungen mit Verfolgungscharakter zu unterbinden, die nicht von staatlichen Stellen ausgehen, sofern diese Handlungen - würden sie von staatlichen Organen gesetzt - asylrelevant wären. Eine von dritter Seite ausgehende Verfolgung kann nur dann zur Asylgewährung führen, wenn sie von staatlichen Stellen infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt nicht abgewandt werden kann (vgl. VwGH vom 22.03.2003, 99/01/0256 mwN).

Nach der Rechtsprechung des VwGH ist der Begriff der "Glaubhaftmachung" im AVG oder in den Verwaltungsvorschriften iSd ZPO zu verstehen. Es genügt daher diesfalls, wenn der [Beschwerdeführer] die Behörde von der (überwiegenden) Wahrscheinlichkeit des Vorliegens der zu bescheinigenden Tatsachen überzeugt. Diesen trifft die Obliegenheit zu einer erhöhten Mitwirkung, dh er hat zu diesem Zweck initiativ alles vorzubringen, was für seine Behauptung spricht (Hengstschläger/Leeb, AVG § 45 Rz 3 mit Judikaturhinweisen). Die "Glaubhaftmachung" wohlbegründeter Furcht setzt positiv getroffene Feststellungen seitens der Behörde und somit die Glaubwürdigkeit der "hierzu geeigneten Beweismittel", insbesondere des diesen Feststellungen zugrundeliegenden Vorbringens des Asylwerbers voraus (vgl. VwGH 19.03.1997, 95/01/0466). Die Frage, ob eine Tatsache als glaubhaft gemacht zu betrachten ist, unterliegt der freien Beweiswürdigung der Behörde (VwGH 27.05.1998, 97/13/0051).

Relevant kann darüber hinaus nur eine aktuelle Verfolgungsgefahr sein; sie muss bei Bescheiderlassung vorliegen, auf diesen Zeitpunkt hat die der Asylentscheidung immanente Prognose abzustellen, ob der Asylwerber mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung aus den in Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen zu befürchten habe (VwGH 19.10.2000, 98/20/0233).

Wie bereits im Rahmen der Beweiswürdigung unter 2.2. dargestellt wurde, brachten die Beschwerdeführer im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 29.05.2015 keine eigenen Fluchtgründe mehr vor, weshalb keine asylrelevante Verfolgung im Herkunftsstaat festgestellt werden konnte.

Im vorliegenden Fall liegt jedoch ein Familienverfahren im Sinne des § 34 AsylG 2005 bezüglich der Verfahren der Beschwerdeführer und ihrer minderjährigen Tochter vor.

Gemäß § 2 Abs. 1 Z 22 AsylG 2005 ist Familienangehöriger wer Elternteil eines minderjährigen Kindes, Ehegatte oder zum Zeitpunkt der Antragstellung minderjähriges lediges Kind eines Asylwerbers oder eines Fremden ist, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten zuerkannt wurde, sofern die Ehe bei Ehegatten bereits im Herkunftsstaat bestanden hat.

Gemäß § 34 Abs. 2 AsylG 2005 hat die Behörde aufgrund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn dieser nicht straffällig geworden ist (§ 2 Abs. 3); die Fortsetzung eines bestehenden Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK mit dem Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde, in einem anderen Staat nicht möglich ist und gegen den Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§ 7).

Gemäß § 34 Abs. 4 AsylG 2005 hat die Behörde Anträge von Familienangehörigen eines Asylwerbers gesondert zu prüfen; die Verfahren sind unter einem zu führen; unter den Voraussetzungen der Abs. 2 und 3 erhalten alle Familienangehörigen den gleichen Schutzumfang.

Der minderjährigen Tochter der Beschwerdeführer wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom heutigen Tag, Zl. W221 2017289-1, gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 der Status der Asylberechtigten aufgrund der drohenden Genitalverstümmelung in Somalia zuerkannt und gemäß § 3 Abs. 5 AsylG 2005 festgestellt, dass ihr kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

Da der minderjährigen Tochter der Beschwerdeführer der Status der Asylberechtigten zuerkannt wurde, ist gemäß § 34 Abs. 2 AsylG 2005 auch den Beschwerdeführern der Status von Asylberechtigten zuzuerkennen, zumal keine Sachverhaltselemente, die unter einen der Tatbestände des § 34 Abs. 2 Z 1 bis 3 AsylG 2005 zu subsumieren wären, erkennbar sind.

Gemäß § 3 Abs. 5 AsylG 2005 ist die Entscheidung, mit der einem Fremden von Amts wegen oder aufgrund eines Antrages auf internationalem Schutz der Status des Asylberechtigten zuerkannt wird, mit der Feststellung zu verbinden, dass diesem Fremden damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

Den Beschwerden ist daher gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG iVm § 3 Abs. 1 iVm § 34 Abs. 2 AsylG 2005 stattzugeben und festzustellen, dass dem Erstbeschwerdeführer und der Zweitbeschwerdeführerin kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

(b) Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen Rechtsprechung, des Weiteren ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu den einzelnen Spruchpunkten zu Spruchteil A wiedergegeben. Insoweit die in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu früheren Rechtslagen ergangen ist, ist diese nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.

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