BVwG W204 2270937-1

BVwGW204 2270937-112.6.2023

BörseG 2018 §144
BörseG 2018 §155 Abs1 Z2
BörseG 2018 §156 Abs1 Z1
BörseG 2018 §156 Abs3 Z2
BörseG 2018 §158 Abs1
B-VG Art133 Abs4
FMABG §22 Abs2a
VStG 1950 §19 Abs1
VStG 1950 §19 Abs2
VStG 1950 §5 Abs1
VStG 1950 §5 Abs1a
VStG 1950 §5 Abs2
VStG 1950 §64 Abs2
VStG 1950 §9 Abs2
VwGVG §50 Abs1
VwGVG §52 Abs8

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2023:W204.2270937.1.00

 

Spruch:

 

W204 2270937-1/17E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die vorsitzende Richterin Dr. Esther SCHNEIDER sowie die Richter Dr. Stefan KEZNICKL und Dr. Martin MORITZ als Beisitzer über die Beschwerde der XXXX AG, XXXX , vertreten durch XXXX , vom 26.04.2023 gegen das Straferkenntnis der Finanzmarktaufsichtsbehörde vom 29.03.2023, Zl. FMA-EL00059.100/0001-LAW/2021, in einer Rechtssache nach der Marktmissbrauchsverordnung und dem BörseG zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird in der Schuldfrage mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass der letzte Absatz des Spruches des angefochtenen Straferkenntnisses zu lauten hat, wie folgt: „Die Verantwortlichkeit der XXXX AG ergibt sich folgendermaßen: Der im Tatzeitraum (04.06.2020 bis XXXX .2020) verantwortliche Beauftragte gem. § 9 Abs 2 VStG der XXXX AG, Mag. XXXX (siehe dazu den beiliegenden Auszug aus dem Firmenbuch sowie die Bestellungsurkunde, die integrierte Bestandteile dieses Straferkenntnisses bilden) hat selbst gegen die angeführten Verpflichtungen verstoßen. Dies wird der XXXX AG auch zugerechnet, weil er schuldhaft gehandelt hat."

Die Strafnorm lautet §§ 155 Abs 1 Z 2, 156 Abs 1 Z 1, Abs 3 Z 2 BörseG 2018, BGBl I Nr 107/2017.

Der Beschwerde wird in der Straffrage insofern Folge gegeben, als die von der FMA verhängte Strafe auf 99.400,00 Euro herabgesetzt wird.

Die Beschwerdeführerin hat gemäß § 64 Abs 2 VStG einen Beitrag von 9.940,00 Euro zum Verfahren vor der belangten Behörde zu leisten, das sind 10 % der nunmehr verhängten Strafe.

Die Beschwerdeführerin hat gemäß § 52 Abs 8 VwGVG keine Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

 

 

Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

I.1. Das hier angefochtene Straferkenntnis vom 29.03.2023 der Finanzmarktaufsicht (in Folge: FMA), der Beschwerdeführerin (in Folge: BF) am 29.03.2023 zugestellt, richtet sich gegen die BF als Beschuldigte und enthält folgenden Spruch:

„Die XXXX AG (in der Folge auch XXXX oder Beschuldigte), eine Aktiengesellschaft mit der Firmenbuchnummer XXXX und der Geschäftsanschrift XXXX , deren Aktien jedenfalls im Tatzeitraum unter der ISIN AT XXXX an der Wiener Börse, notierten, hat als juristische Person folgenden Verstoß zu verantworten:

Die XXXX AG hat es im Tatzeitraum (04.06.2020 bis XXXX .2020) an ihrem Unternehmenssitz unterlassen, eine sie unmittelbar betreffende Insiderinformation, und zwar die Information, dass der Vorstand der XXXX Kapitalmaßnahmen in Höhe von bis zu 25% des Grundkapitals unter fachlicher Leitung des CFO XXXX plant, gemäß Art 17 Abs 1, 1. Satz MAR (Verordnung (EU) Nr 596/2014 ) unverzüglich ab 04.06.2020 der Öffentlichkeit bekannt zu geben.

Bei der oben genannten Information handelt es sich um eine öffentlich nicht bekannte, präzise Information gemäß Art 7 Abs 1 lit a MAR, die die XXXX AG direkt betraf und die – wäre sie öffentlich bekannt geworden – geeignet gewesen wäre, den Kurs der Aktien der XXXX AG erheblich zu beeinflussen.

Erst am XXXX .2020 um XXXX Uhr – und somit nicht unverzüglich – veröffentlichte die XXXX AG mittels Ad-hoc Meldung (siehe Beilage ./1, welche einen integrierten Bestandteil dieses Straferkenntnisses bildet) auszugsweise folgende Informationen:

XXXX AG erwägt mögliche Kapitalmaßnahmen

Der Vorstand der XXXX AG (FN XXXX , ISIN AT XXXX ) hat heute beschlossen, die Vorbereitung einer möglichen Platzierung von Aktien der Gesellschaft sowie einer möglichen Emission einer Pflichtwandelanleihe zu beginnen. Für den Fall der Durchführung einer der Kapitalmaßnahmen sollen die Aktien bzw die Pflichtwandelanleihe im Rahmen von Privatplatzierungen unter Ausschluss der Bezugsrechte der Aktionäre mittels beschleunigter Platzierungsverfahren (Accelerated Bookbuilding-Verfahren) institutionellen Investoren angeboten werden.

Aktienplatzierung

Für eine mögliche Platzierung von Aktien der Gesellschaft kann die Erhöhung des Grundkapitals der Gesellschaft gegen Bareinlagen unter Ausnutzung des in der Hauptversammlung vom XXXX .2018 genehmigten Kapitals (§§ 169 ff AktG) sowie eine Veräußerung eigener Aktien der Gesellschaft kombiniert werden, jeweils unter Ausschluss des Bezugsrechts der Aktionäre gemäß den Ermächtigungen der Hauptversammlung vom XXXX 2018 sowie vom XXXX .2019. Die erforderlichen Berichte des Vorstands zu den Ausschlüssen der Bezugsrechte für eine Barkapitalerhöhung aus genehmigtem Kapital sowie eine Veräußerung eigener Aktien werden voraussichtlich am oder um den 16.06.2020 auf der Internetseite der Gesellschaft abrufbar sein und entsprechende Hinweisbekanntmachungen im Amtsblatt zur Wiener Zeitung veröffentlicht werden. Eine kombinierte Aktienplatzierung aus Barkapitalerhöhung und Veräußerung eigener Aktien kann zusammen insgesamt bis zu 22.417.052 Stück Aktien der Gesellschaft umfassen. Das entspricht rund 20 % des derzeitigen Grundkapitals der Gesellschaft. Das mögliche maximale Platzierungsvolumen reduziert sich entsprechend, wenn die Gesellschaft eine Pflichtwandelanleihe emittiert (siehe nachstehend). Die Festlegung des Ausgabebetrags (Veräußerungspreises) der Aktien soll in einem beschleunigten Platzierungsverfahren (Accelerated Bookbuilding-Verfahrens) erfolgen.

 

Emission einer Pflichtwandelanleihe

Als mögliche Kapitalmaßnahme wird ferner die Emission einer Pflichtwandelanleihe mit einer Laufzeit von 3 Jahren in Bezug auf anfänglich bis zu 16.812.790 Stück Aktien der Gesellschaft in Betracht gezogen. Das entspricht rund 15 % des derzeitigen Grundkapitals der Gesellschaft. Die maximale Aktienanzahl in Bezug auf eine mögliche Pflichtwandelanleihe und damit deren Gesamtnennbetrag reduziert sich, wenn die Gesellschaft in einem bestimmten Ausmaß eine Aktienplatzierung vornimmt (siehe nachstehend). Eine mögliche Emission der Pflichtwandelanleihe erfolgt gemäß Beschluss der Hauptversammlung vom XXXX .2018 unter Ausschluss des Bezugsrechts der Aktionäre. Bei Fälligkeit wird eine Pflichtwandelanleihe zwingend in neue oder existierende Stammaktien der Gesellschaft zu einem vordefinierten Wandlungspreis gewandelt. Falls die Emission der Pflichtwandelanleihe durchgeführt wird, werden die Emissionsbedingungen, einschließlich des Gesamtnennbetrags, der Wandlungsprämie und der Verzinsung der Pflichtwandelanleihe in einem beschleunigten Platzierungsverfahren (Accelerated Bookbuilding- Verfahrens) festgelegt werden. Bei paralleler Durchführung der Aktienplatzierung und Emission einer Pflichtwandelanleihe entspricht der Referenzpreis für die Pflichtwandelanleihe dem im Rahmen der Durchführung der Aktienplatzierung festgelegten Ausgabebetrag (Veräußerungspreis) der Aktien.

Die Gesamtsumme aus (i) der Anzahl zu platzierender Aktien (Veräußerung eigener Aktien und Barkapitalerhöhung) und (ii) der Anzahl der (anfänglichen) Aktien in Bezug auf die eine Pflichtwandelanleihe emittiert wird, wird 28.021.316 Stück Aktien nicht überschreiten. Das entspricht rund 25 % des derzeitigen Grundkapitals der Gesellschaft.

 

Ob und welche der Kapitalmaßnahmen – Aktienplatzierung sowie Emission einer Pflichtwandelanleihe – durchgeführt werden, sowie jeweils Zeitpunkt und konkrete Bedingungen, hängen insbesondere vom Kapitalmarktumfeld, dem Kaufinteresse von Investoren sowie von der Zustimmung des Aufsichtsrates der Gesellschaft ab.

 

Mittelverwendung

Die Kapitalmaßnahmen sollen zur Kapitalstärkung der Gesellschaft erfolgen und auch zur Stärkung der relevanten Kennzahlen für das bestehende Emittentenrating und Anleiherating (ISIN XXXX ) von Standard & Poor's, derzeit jeweils Investmentgrade-Rating (BBB-, stabiler Ausblick) dienen.

Die Nettoemissionserlöse sollen zur Refinanzierung von Finanzverbindlichkeiten, zur Nutzung potentieller Wachstumschancen und zu allgemeinen Unternehmenszwecken eingesetzt werden. […]

Die Verantwortlichkeit der XXXX AG ergibt sich folgendermaßen:

Das im Tatzeitraum (04.06.2020 bis XXXX .2020) zur Vertretung nach außen berufene Mitglied des Vorstandes sowie verantwortlicher Beauftragter gem. § 9 Abs 2 VStG der XXXX AG, Herr Mag. XXXX (siehe dazu den beiliegenden Auszug aus dem Firmenbuch sowie die Bestellungsurkunde, die integrierte Bestandteile dieses Straferkenntnisses bilden) hat selbst gegen die angeführten Verpflichtungen verstoßen und durch mangelnde Überwachung und Kontrolle die Begehung der angeführten Verstöße durch eine für die XXXX AG tätige Person ermöglicht. Dies wird der XXXX AG auch zugerechnet.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

Art 17 Abs 1 Marktmissbrauchsverordnung (MAR, Verordnung (EU) Nr 596/2014 ) iVm Art 2 Abs 1 DVO (EU) 2016/1055 iVm § 155 Abs 1 Z 2 BörseG 2018, BGBl I Nr 107/2017 iVm § 156 BörseG 2018, BGBl I Nr 107/2017

Wegen dieser Verwaltungsübertretung wird über Sie folgende Strafe verhängt:

Geldstrafe von

262.500 Euro

Gemäß §§

§ 155 Abs 1 Z 2 BörseG 2018, BGBl I Nr 107/2017

  

Weitere Verfügungen (zB Verfallsausspruch, Anrechnung von Vorhaft): --

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:

• 26.250 Euro als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10% der Strafe, mindestens jedoch 10 Euro (ein Tag Freiheitsstrafe gleich 100 Euro);

• 0 Euro als Ersatz der Barauslagen für -.

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher

288.750 Euro.“

I.2. Dagegen richtet sich die am 26.04.2023 bei der FMA eingelangte Beschwerde der BF wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts, Verletzung der Ermittlungspflicht und infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften, mit der das Straferkenntnis vom 29.03.2023 seinem gesamten Umfang nach angefochten wurde.

Es wurde beantragt, eine mündliche Verhandlung anzuberaumen und die namhaft gemachten Personen, wie insbesondere den verantwortlichen Beauftragten als Zurechnungsperson (im Folgenden: CFO) und als Zeugen ein weiteres früheres Vorstandsmitglied (im Folgenden: COO), ein ehemaliges Mitglied des Aufsichtsrates, den den CFO primär beratenden Rechtsanwalt der rechtsfreundlichen Vertretung (im Folgenden: RV) sowie die nach wie vor in der BF beschäftigte Compliance-Verantwortliche und den Leiter des M&A, Capital Markets und Investor Relations (im Folgenden: Head M&A) zu befragen, das angefochtene Straferkenntnis im vollen Umfang ersatzlos zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen; in eventu eine Einstellung gemäß § 45 Abs 1 Z 4 VStG zu verfügen und in eventu eine Ermahnung gemäß § 45 Abs 1 letzter Satz VStG auszusprechen; in eventu von der Verhängung einer Geldstrafe gegen die BF gemäß § 22 Abs 6 Z 1 FMABG abzusehen; in eventu die verhängte Strafe tat- und schuldangemessen herabsetzen.

Begründend wurde im Wesentlichen vorgebracht, dass die BF zum mit der Aufforderung zur Rechtfertigung vom 14.12.2021 mitgeteilten Vorwurf der FMA eine umfassende Rechtfertigung erstattet und Zeugenbeweise angeboten habe. Es sei keine Beweisaufnahme zu den angebotenen Zeugen und zum verantwortlichen Beauftragten der BF, der Zurechnungsperson, erfolgt. Rund ein Jahr nach dieser Rechtfertigung Anfang März 2023 habe die FMA der BF eine beschleunigte Beendigung des Verfahrens gemäß § 22 Abs 2b FMABG unter Festsetzung eines Strafbetrags von EUR 150.000 zulasten der BF vorgeschlagen, den die BF jedoch abgelehnt habe. Daraufhin habe die belangte Behörde das Straferkenntnis vom 29.03.2023 erlassen. Während mit Aufforderung zur Rechtfertigung der Vorwurf erhoben worden sei, die BF habe es unterlassen, eine sie unmittelbar betreffende Insiderinformation – nämlich die Information, dass der Vorstand der BF Kapitalmaßnahmen in Höhe von 10-25% des Grundkapitals unter fachlicher Leitung des CFO plane – (1.) gemäß Art 17 Abs 1 1.Satz MAR (Verordnung (EU) Nr 596/2014 ) unverzüglich ab 02.06.2020 der Öffentlichkeit bekannt zu geben; (2.) in eventu, die FMA unmittelbar nach Offenlegung der Insiderinformation am XXXX .2020 über den Aufschub der Offenlegung gemäß Art 17 Abs 4 MAR zu informieren, habe die FMA den bisherigen Tatzeitraum (02.06.2020 bis XXXX .2020) auf beginnend mit 04.06.2020 plötzlich abgeändert und nunmehr als bekannt zu gebende Insiderinformation, die Information, dass der Vorstand der BF Kapitalmaßnahmen in Höhe von bis zu 25% des Grundkapitals unter fachlicher Leitung des CFO plane, gemäß Art 17 Abs 1 1.Satz MAR gewertet. Es seien jedoch nur Überlegungen und Prüfungen des Finanzvorstands zu möglichen Kapitalmaßnahmen und keine Planungen oder gar klare Absichten des (Gesamt)Vorstands und auch nicht ein Plan vorgelegen, der bereits im Gesamtvorstand gefasst worden sei, was sich klar aus dem Ablauf der Geschehnisse und unzweifelhaft aus den Organbeschlüssen und Erörterungen ergebe.

Die Feststellungen der belangten Behörde widersprächen den vorgelegten Urkunden und die FMA habe unrichtige und aktenwidrige Feststellungen getroffen. Im angenommenen Tatzeitraum hätten lediglich Überlegungen des Finanzvorstands zu möglichen Kapitalmaßnahmen stattgefunden, die als bloße Überlegungen über eine mögliche zukünftige Transaktion sowie Beschreibung bestimmter Vorhaben nicht konkret genug seien, um zu einer Veröffentlichungspflicht zu führen. Eine verfrühte Ad-Hoc Mitteilung hätte den Markt irregeführt. Selbst ginge man von einer Verletzung der Verwaltungsvorschrift aus, liege kein Verschulden des verantwortlichen Beauftragten oder der weiteren Vorstandsmitglieder vor, weshalb auch keine Zurechnung an die BF erfolgen dürfe. Bei der gegebenen Strafhöhe dürfe die belangte Behörde nicht ohne weiteres das Verschulden annehmen. In der Unternehmensorganisation der BF bestehe zur Einordnung von Insiderinformationen ein wirksames Regel- und Kontrollsystem, das vom Vorstand regelmäßig wirksam kontrolliert werde und auch Sanktionierungsinstrumente zur Herstellung eines regelkonformen Verhaltens umfasse (Kontrollsystem).

I.3. Die FMA legte die Beschwerde und den dazugehörigen Verwaltungsakt dem Bundesverwaltungsgericht mit Schreiben vom 27.04.2023 vor.

I.4. Mit Schriftsatz vom 10.05.2023 nahm die BF durch ihren Rechtsvertreter, wie zuvor durch das Bundesverwaltungsgericht aufgetragen, Stellung zu den Beweisthemen der beantragten Zeugen.

I.5. Mit Schriftsatz vom 12.05.2023, eingelangt beim Bundesverwaltungsgericht am 15.05.2023, nahm die FMA, wie zuvor durch das Bundesverwaltungsgericht aufgetragen, Stellung zu den Beschwerdevorwürfen der BF und dem Schriftsatz der BF vom 10.05.2023.

I.6. Am 23.05.2023 nahm die BF am Bundesverwaltungsgericht Akteneinsicht. Es waren keine Aktenbestandteile von der Akteneinsicht auszunehmen.

I.7. Mit Schriftsatz vom 24.05.2023 legte die BF eine Gegenstellungnahme zur Stellungnahme der FMA vom 12.05.2023 vor, die der belangten Behörde gleichentags zur Kenntnis gebracht wurde.

I.8. Am 25.05.2023 und fortgesetzt am 06.06.2023 hielt der erkennende Senat eine mündliche Beschwerdeverhandlung ab, in der der Rechtsvertreter für die beschuldigte BF wie auch die FMA gehört, die Zurechnungsperson als beschuldigte Person ausführlich befragt und alle durch die BF beantragten Zeugen einvernommen wurden. Der Antrag auf zeugenschaftliche Einvernahme des die BF betreuenden Anwaltes der RV wurde in der Beschwerdeverhandlung zurückgezogen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Beweis wurde erhoben durch Einsichtnahme in den Akt des Bundesverwaltungsgerichts (Bezugnahme durch OZ), in den zugrundeliegenden Akt der belangten Behörde (Bezugnahme durch ON) sowie durch Durchführung einer öffentlichen mündlichen Beschwerdeverhandlung am 25.05.2023 und 06.06.2023. In dieser wurden als Beschuldigte neben der BF die Zurechnungsperson, beauftragter Verantwortlicher Mag. XXXX (CFO), und als von der BF beantragte Zeugen ein (mittlerweile ausgeschiedenes) Mitglied des Aufsichtsrates der BF, ein neben dem CFO weiteres (mittlerweile ausgeschiedenes) Vorstandsmitglied der BF (COO), die Compliance-Beauftragte der BF und der Head of M&A, Capital Markets and Investor Relations (Head M&A) befragt.

II.1. Feststellungen:

II.1.1. Zum Unternehmen XXXX AG (im Folgenden: BF oder AG)

Die AG hat ihren Sitz in XXXX , und notiert mit Aktien im Markt Amtlicher Handel im Marktsegment Prime Market der Wiener Börse AG (ISIN AT XXXX ) sowie an der Börse W XXXX .

Die Beschuldigte wies gemäß dem Jahresfinanzbericht für das Geschäftsjahr 2021 Umsatzerlöse in Höhe von TEUR XXXX bei einem Konzernergebnis von TEUR XXXX aus (ON 44). Im Geschäftsjahr 2022 erfolgte ein Rückgang des Konzernergebnisses auf TEUR XXXX (online abrufbar auf XXXX .com/de/investor-relations/finanzberichte).

Laut öffentlich verfügbaren Daten der Wiener Börse AG beträgt die Marktkapitalisierung der AG zum 25.03.2023 rund XXXX EUR. Im Tatzeitraum lag sie bei rund XXXX EUR.

Die AG ist ein europäischer Gewerbeimmobilienkonzern. Das Kerngeschäft umfasst die Bewirtschaftung und Entwicklung von Einzelhandels- und Büroimmobilien in ausgewählten Ländern West- und Osteuropas (s Website der Emittentin).

Der Vorstand der Gesellschaft (Gesamtvorstand) bestand im Tatzeitraum aus CEO XXXX (Ad-hoc Mitteilung vom 23.04.2020, ON 13), Mag. XXXX (CFO / Finanzvorstand, Zurechnungsperson im vorliegenden Verfahren) und Mag. XXXX (COO).

Der CFO war seit 23.03.2020 zum verantwortlichen Beauftragten gemäß § 9 Abs 2 VStG für die in seinem Verantwortungsbereich als Vorstand zugeordneten Angelegenheiten bestellt, ua für die Einhaltung der Kapitalmarktvorschriften (Bestimmungen des Börsegesetzes, Marktmissbrauchsverordnung etc) sowie der Vorschriften der FMA über Grundsätze der Informationsweitergabe im Unternehmen sowie die betreffenden organisatorischen Maßnahmen zur Vermeidung von Insider- und Informationsmissbrauch für Emittenten für die XXXX Gruppe und sämtliche Konzernunternehmen (Bestellungsurkunde, ON 03, integrierter Bestandteil des Straferkenntnisses).

II.1.2. Ermächtigungsgrundlage durch Beschlüsse der Hauptversammlung

Insbesondere folgender Rahmen lag dem Vorstand in Bezug auf die verfahrensrelevanten Kapitalerhöhungen im Jahr 2020 vor:

Beschlüsse der XXXX . ordentlichen Hauptversammlung vom XXXX

Tagesordnungspunkt 8

Ermächtigung des Vorstands zur Kapitalerhöhung gemäß § 169 AktG (genehmigtes Kapital) gegen Bar- und/oder Sacheinlage samt Ermächtigung des Vorstands zum Ausschluss des Bezugsrechts, verbunden mit dem Widerruf der bestehenden Ermächtigung zur Kapitalerhöhung (genehmigtes Kapital) im nicht ausgenutzten Umfang:

1. Der Vorstand wird für die Dauer von fünf Jahren nach Eintragung der entsprechenden Satzungsänderung im Firmenbuch gemäß § 169 AktG ermächtigt, mit Zustimmung des Aufsichtsrats, das Grundkapital um bis zu EUR 500.000.000,00 durch Ausgabe von bis zu 500.000.000 Stück neuen auf Inhaber lautende Stammaktien der Gesellschaft gegen Bar- und/oder Sacheinlagen auch in mehreren Tranchen zu erhöhen und den Ausgabebetrag, der nicht unter dem anteiligen Betrag des Grundkapitals liegen darf, die Ausgabebedingungen und die weiteren Einzelheiten der Durchführung der Kapitalerhöhung im Einvernehmen mit dem Aufsichtsrat festzusetzen sowie allenfalls die neuen Aktien im Wege des mittelbaren Bezugsrechts gemäß § 153 Abs 6 AktG den Aktionären zum Bezug anzubieten. Der Vorstand wird ermächtigt, mit Zustimmung des Aufsichtsrats das Bezugsrecht der Aktionäre ganz oder teilweise auszuschließen, (i) wenn die Kapitalerhöhung gegen Bareinlage erfolgt und in Summe der rechnerisch auf die gegen Bareinlage unter Ausschluss des Bezugsrechts ausgegebenen Aktien entfallende Anteil am Grundkapital der Gesellschaft die Grenze von EUR 112.085.269,00 (nach Wirksamkeit der Kapitalherabsetzung zu Tagesordnungspunkt 10 EUR 11.208.526,00), das entspricht 10% (zehn Prozent) des Grundkapitals der Gesellschaft, nicht übersteigt, (ii) wenn die Kapitalerhöhung gegen Sacheinlage erfolgt, (iii) zur Bedienung einer Mehrzuteilungsoption (Greenshoe) oder (iv) für den Ausgleich von Spitzenbeträgen. Auf die Summe der nach dieser Ermächtigung unter Ausschluss des Bezugsrechts der Aktionäre gegen Bar- und/oder Sacheinlagen ausgegebenen Aktien darf rechnerisch ein Anteil am Grundkapital von insgesamt nicht mehr als EUR 224.170.539,00 (nach Wirksamkeit der Kapitalherabsetzung zu Tagesordnungspunkt 10 EUR 22.417.053,00), das entspricht 20% (zwanzig Prozent) des Grundkapitals der Gesellschaft, entfallen. Auf diese Grenze ist die Zahl jener Aktien anzurechnen, auf die mit einer während der Laufzeit dieser Ermächtigung unter Ausschluss des Bezugsrechts begebenen Wandelschuldverschreibung Umtausch- und/oder Bezugsrechte eingeräumt werden. Der Aufsichtsrat ist ermächtigt, Änderungen der Satzung, die sich durch die Ausgabe von Aktien aus dem genehmigten Kapital ergeben, zu beschließen.

Tagesordnungspunkt 9

Ermächtigung zur Ausgabe von Wandelschuldverschreibungen und zu bedingtem Kapital, und zwar a) Ermächtigung des Vorstandes zur Ausgabe von Wandelschuldverschreibungen und Ausschluss des Bezugsrechts, verbunden mit dem Widerruf der bestehenden Ermächtigung des Vorstandes zur Ausgabe von Wandelschuldverschreibungen im nicht ausgenutzten Umfang; b) bedingte Kapitalerhöhung (§ 159 Abs 2 Z 1 AktG) […].

1.1. Der Vorstand wird ermächtigt, binnen fünf Jahren ab dem Datum der Beschlussfassung mit Zustimmung des Aufsichtsrates Wandelschuldverschreibungen bis zu einem Gesamtnennbetrag von insgesamt EUR 572.000.000,00, mit denen Umtausch- und/oder Bezugsrechte auf bis zu 200.000.000 Stück auf Inhaber lautende Aktien der Gesellschaft mit einem anteiligen Betrag am Grundkapital von bis zu EUR 200.000.000,00 verbunden sind, auch in mehreren Tranchen auszugeben und alle weiteren Bedingungen, die Ausgabe und das Umtauschverfahren der Wandelschuldverschreibungen festzusetzen. Die Wandelschuldverschreibungen können gegen Barleistung und auch gegen Sacheinlagen ausgegeben werden. Das Bezugsrecht der Aktionäre ist ausgeschlossen. Die Ermächtigung zur Emission von Wandelschuldverschreibungen kann auch wiederholt ausgenützt werden. Dabei darf die Summe aus (i) den an Inhaber von Wandelschuldverschreibungen gemäß dieser Ermächtigung bereits gelieferten Aktien und (ii) den Aktien, für die Umtausch- und/oder Bezugsrechte aus bereits emittierten und im Rahmen der Wiederausnützung zu emittierenden Wandelschuldverschreibungen ausgeübt werden können, die in diesem Beschluss festgesetzte Höchstzahl nicht übersteigen. Gleiches gilt sinngemäß für den in dieser Ermächtigung festgelegten Gesamtnennbetrag der Wandelschuldverschreibungen. Die Umtausch- und/oder Bezugsrechte können durch bedingtes Kapital, durch genehmigtes Kapital, aus eigenen Aktien oder im Wege einer Lieferung durch Dritte, oder einer Kombination daraus, bedient werden.

1.2. Die Ausgabe von Wandelschuldverschreibungen darf nach dieser Ermächtigung nur erfolgen, wenn auf die Summe der neuen Aktien, auf die Umtausch- und/oder Bezugsrechte mit solchen Wandelschuldverschreibungen eingeräumt werden, rechnerisch ein Anteil am Grundkapital der Gesellschaft von insgesamt nicht mehr als EUR 224.170.539,00 (nach Wirksamkeit der Kapitalherabsetzung zu Tagesordnungspunkt 10 EUR 22.417.053,00), das entspricht 20% (zwanzig Prozent) des Grundkapitals der Gesellschaft, entfällt. Auf diese Grenze sind auch neue Aktien anzurechnen, die während der Laufzeit dieser Ermächtigung unter Ausschluss des Bezugsrechts der Aktionäre aus genehmigtem Kapital ausgegeben werden; weiters auch die Summe jener neuen Aktien auf die Umtausch- und/oder Bezugsrechte mit Wandelschuldverschreibungen eingeräumt werden, die unter Ausnutzung einer anderen Ermächtigung während der Laufzeit dieser Ermächtigung unter Ausschluss des Bezugsrechts ausgegeben werden.

1.3. Der Vorstand wird ermächtigt, mit Zustimmung des Aufsichtsrats, nach Maßgabe der aktienrechtlichen Bestimmungen die Ausgabe- und Ausstattungsmerkmale sowie die Bedingungen der Wandelschuldverschreibungen, insbesondere Zinssatz, Ausgabekurs, Laufzeit und Stückelung, Verwässerungsschutzbestimmungen, Wandlungszeitraum und/oder -zeitpunkt, Wandlungsrechte und/oder -pflichten, Wandlungsverhältnis sowie Wandlungspreis und Umtausch- und/oder Bezugsbedingungen zu bestimmen. Insbesondere können folgende Bedingungen (oder eine Kombination daraus) vorgesehen werden:

(i) eine in bar zu leistende Zuzahlung und die Zusammenlegung oder eine Barabfindung für nicht wandlungsfähige Spitzen;

(ii) ein fixes oder ein variables Wandlungsverhältnis oder eine Bestimmung des Wandlungspreises innerhalb einer vorgegebenen Bandbreite in Abhängigkeit von der Entwicklung des Kurses der Aktien der Gesellschaft während der Laufzeit der Wandelschuldverschreibung;

(iii) das Recht der Gesellschaft, im Falle der Wandlung (Ausübung des Umtausch- und/oder Bezugsrechts) nicht Aktien zu gewähren, sondern eine angemessene, am Kurs der Aktien der Gesellschaft orientierte Barabfindung zu bezahlen;

(iv) das Recht der Gesellschaft, die Wandelschuldverschreibungen vorzeitig zu kündigen und den Wandelschuldverschreibungsgläubigern den Ausgabepreis der Wandelschuldverschreibungen zurückzuzahlen;

(v) das Recht der Wandelschuldverschreibungsgläubiger, die Wandelschuldverschreibungen vorzeitig zu kündigen und den Ausgabepreis der Wandelschuldverschreibungen zurückzuerhalten; oder

(vi) eine Wandlungspflicht (Umtausch- und/oder Bezugspflicht) zum Ende der Laufzeit (oder zu einem anderen Zeitpunkt) oder das Recht der Gesellschaft, bei Fälligkeit der Wandelschuldverschreibungen den Wandelschuldverschreibungsgläubigern ganz oder teilweise anstelle der Zahlung eines Geldbetrages Aktien der Gesellschaft zu gewähren.

1.4. Die Wandelschuldverschreibungen können auch durch eine zu 100% direkt oder indirekt im Eigentum der BF stehende Gesellschaft ausgegeben werden; für diesen Fall wird der Vorstand ermächtigt, mit Zustimmung des Aufsichtsrats, für die Gesellschaft eine Garantie für die Wandelschuldverschreibungen zu übernehmen und im Falle der Wandlung (Ausübung von Umtausch- und/oder Bezugsrechten) Aktien der Gesellschaft zu gewähren.

1.5. Der Preis der Wandelschuldverschreibungen ist unter Berücksichtigung marktüblicher Berechnungsmethoden in einem marktüblichen Preisfindungsverfahren zu ermitteln. Der Preis (Ausgabebetrag) einer Wandelschuldverschreibung ist dabei insbesondere aus dem Preis (Ausgabebetrag) einer festverzinslichen Schuldverschreibung sowie dem Preis für das Wandlungsrecht unter Berücksichtigung der sonstigen Ausstattungsmerkmale zu bestimmen. Der Ausgabekurs einer Schuldverschreibung wird auf Grundlage marktüblicher Berechnungsmethoden nach Maßgabe der Fälligkeit der Schuldverschreibung, der Verzinsung der Schuldverschreibung, des aktuellen Marktzinssatzes sowie unter Berücksichtigung der Kreditqualität der Gesellschaft ermittelt. Die Berechnung des Werts des Wandlungs- und/oder Bezugsrechts erfolgt mit den Methoden der Optionspreisberechnung, insbesondere unter Berücksichtigung der Fälligkeit/Ausübungszeit, der Kursentwicklung der Aktie (Volatilität) oder sonstiger Finanzkennzahlen und des Verhältnisses des Wandlungs- und/oder Bezugspreises zum Kurs der Aktien der Gesellschaft. Weitere Ausstattungsmerkmale, etwa vorzeitige Kündigungsrechte, eine Wandlungspflicht, ein fixes oder variables Wandlungsverhältnis sind zu berücksichtigen.

1.6. Der Ausgabebetrag der bei Wandlung (Ausübung des Umtausch- und/oder Bezugsrechts) auszugebenden Aktien und das Bezugs- und/oder Umtauschverhältnis sind unter Berücksichtigung marktüblicher Berechnungsmethoden sowie des Kurses der Aktien der Gesellschaft zu ermitteln (Grundlagen der Berechnung des Ausgabebetrags); der Ausgabebetrag darf nicht unter dem anteiligen Betrag des Grundkapitals liegen.

2.1. Das Grundkapital wird gemäß § 159 Abs 2 Z 1 AktG um bis zu EUR 200.000.000,00 durch Ausgabe von bis zu 200.000.000 Stück neuen auf Inhaber lautende Stückaktien bedingt erhöht. Die bedingte Kapitalerhöhung wird nur insoweit durchgeführt, als Umtausch- und/oder Bezugsrechte von Inhabern von auf der Grundlage des Hauptversammlungsbeschlusses vom XXXX 2018 ausgegebenen Wandelschuldverschreibungen bedient werden. Der Ausgabebetrag und das Umtausch- und/oder Bezugsverhältnis sind unter Berücksichtigung marktüblicher Berechnungsmethoden sowie des Kurses der Aktien der Gesellschaft zu ermitteln (Grundlagen der Berechnung des Ausgabebetrags); der Ausgabebetrag darf nicht unter dem anteiligen Betrag des Grundkapitals liegen. Der Vorstand ist ermächtigt, mit Zustimmung des Aufsichtsrates die weiteren Einzelheiten der Durchführung der bedingten Kapitalerhöhung (insbesondere Ausgabebetrag, Inhalt der Aktienrechte, Zeitpunkt der Dividendenberechtigung) festzulegen. Der Aufsichtsrat ist ermächtigt, Änderungen der Satzung, die sich durch die Ausgabe von Aktien aus dem bedingten Kapital ergeben, zu beschließen.

Beschlüsse der XXXX . Ordentlichen Hauptversammlung am XXXX 2019

Zu Punkt 8. der Tagesordnung:

Ermächtigungen des Vorstands im Zusammenhang mit dem Erwerb und der Veräußerung eigener Aktien.

1. Die in der XXXX . ordentlichen Hauptversammlung vom XXXX .2018 erteilte Ermächtigung des Vorstands zum Erwerb eigener Aktien wird aufgehoben und der Vorstand wird gleichzeitig gemäß § 65 Abs 1 Z 8 AktG sowie Abs 1a und Abs 1b AktG für die Dauer von 30 Monaten ab dem Datum der Beschlussfassung ermächtigt, mit Zustimmung des Aufsichtsrats eigene Aktien der Gesellschaft im Ausmaß von bis zu 10% des Grundkapitals der Gesellschaft sowohl über die Börse als auch außerbörslich auch unter Ausschluss des quotenmäßigen Andienungsrechts der Aktionäre zu erwerben. Die Ermächtigung kann ganz oder teilweise oder auch in mehreren Teilbeträgen und in Verfolgung eines oder mehrerer Zwecke durch die Gesellschaft, durch mit ihr verbundene Unternehmen oder für deren Rechnung durch Dritte ausgeübt werden. Der Gegenwert je Stückaktie darf die Untergrenze in Höhe von EUR 1,00 nicht unterschreiten. Der höchste beim Rückerwerb zu leistende Gegenwert je Stückaktie darf nicht mehr als 15% über dem durchschnittlichen nach den jeweiligen Handelsvolumina gewichteten Tages-Schlusskurs der Aktien der Gesellschaft der vorangegangenen 10 Handelstage an der Wiener Börse liegen. Erfolgt im Rahmen von Finanzierungsgeschäften (etwa Pensions- oder Swapgeschäften) oder Wertpapierleihe- oder Wertpapierdarlehensgeschäften eine Veräußerung und ein Rückerwerb von eigenen Aktien durch die Gesellschaft, gilt der Veräußerungspreis zuzüglich einer angemessenen Verzinsung als höchster Gegenwert für den Rückerwerb.

2. Die in der XXXX . ordentlichen Hauptversammlung vom XXXX 2018 erteilte Ermächtigung des Vorstands zur Veräußerung eigener Aktien wird aufgehoben und der Vorstand wird gleichzeitig für die Dauer von 5 Jahren ab Beschlussfassung gemäß § 65 Abs 1b AktG ermächtigt, mit Zustimmung des Aufsichtsrates eigene Aktien der Gesellschaft auch auf andere Art als über die Börse oder durch ein öffentliches Angebot zu veräußern oder zu verwenden und hierbei auch das quotenmäßige Kaufrecht der Aktionäre auszuschließen (Ausschluss des Bezugsrechts). Die Ermächtigung kann ganz oder teilweise oder auch in mehreren Teilbeträgen und in Verfolgung eines oder mehrerer Zwecke ausgeübt werden.

3. Die in der XXXX . ordentlichen Hauptversammlung vom XXXX 2018 erteilte Ermächtigung des Vorstands zur Einziehung eigener Aktien wird aufgehoben und der Vorstand wird gleichzeitig ermächtigt, ohne weitere Befassung der Hauptversammlung, mit Zustimmung des Aufsichtsrats eigene Aktien einzuziehen. Der Aufsichtsrat wird ermächtigt, Änderungen der Satzung, die sich durch die Einziehung von Aktien ergeben, zu beschließen.

 

Derartige Ermächtigungen stellen einen üblichen Standard in Gesellschaften, wie die BF ist, dar, um flexibel auf Marktgegebenheiten reagieren zu können. Die Beschlüsse waren veröffentlicht und den Marktteilnehmern bekannt.

II.1.3. Chronologie der Abläufe ab Mai 2020 bis zum XXXX 2020 (Ad-hoc Mitteilung)

In der Vorstandssitzung vom 13.05.2020 besprach der Gesamtvorstand den damals aktuellen Stand des Ergebnisses des ersten Quartals. Es wurde davon ausgegangen, dass ein negatives Q1-Konzernergebnis vorliegen werde, und vom Vorstand einstimmig beschlossen, die vorläufigen Zahlen in Form einer Ad-hoc Meldung zu veröffentlichen.

Am 26.05.2020 fand eine Telefonkonferenz mit Standard&Poors (im Folgenden: S&P) zu den Auswirkungen der aktuellen Situation (Update) mit dem COO und dem CFO (siehe deren Kalendereinträge; vgl zum Inhalt ON 43a, Beilage 1, Bulletin S&P Global Ratings) statt.

Aus der Presseinformation / Corporate News vom 27.05.2020 geht hervor, dass die BF zwar ihr operatives Ergebnis im Q1 2020 um 18 % steigern konnte, jedoch ein negatives Bewertungsergebnis aus Bestandsimmobilien und Firmenwerten in Höhe von EUR –45,0 Mio die negativen Auswirkungen der Covid-19-Pandemie widerspiegelten, weshalb das Konzernergebnis sich auf EUR –37,6 Mio belief.

Im Mai 2020 befand sich die BF in einer schwierigen wirtschaftlichen Gesamtsituation der Weltwirtschaft. Der CFO wollte sich nach einem schwierigen Corona-Winter mit dem Thema befassen, ob eine Kapitalerhöhung unter anderen Maßnahmen etwas wäre, mit dem der Vorstand sich beschäftigen müsste, um sich Optionen zu schaffen und – mit Erinnerung an die damals unvorbereitete Lage 2008 aufgrund der Lehman-Krise – vorbereitet zu sein. Zu dem Zeitpunkt war nicht klar, ob diese Kapitalerhöhung notwendig ist, da dies weder der Liquiditätsbedarf des Unternehmens noch andere Indikatoren wie Eigenkapitalquote angezeigt hätten. Seine Überlegungen teilte der CFO mit dem Head M&A, in dessen Verantwortungsbereich „Corporate Finance“ derartige Fragen fielen. Der CFO kontaktierte in weiterer Folge XXXX (im Folgenden: XXXX ), um zu evaluieren, was im vorhandenen Umfeld möglich wäre und der Markt „hergibt“.

Am 27.05.2020 fand ab 15:30 Uhr (Kalender CFO) ein Webex-Meeting zwischen Vertretern von XXXX sowie dem CFO statt (ON 38). Zu diesem Termin übermittelte XXXX dem CFO am selben Tag eine Präsentationsunterlage mit dem Titel „Project XXXX – Kick-off Materials“, datiert mit 27.05.2020 (Folie 1; ON 39), mit dem Hinweis: „Ahead of our call please find attached some materials we have prepared to support our discussion“. Auf Folie 2-8 wird der Markt allgemein bzw mit Blick auf die BF dargestellt. Auf Folie 9 wird die „Agenda“ dargestellt mit den Kapiteln 1. „Execution considerations“, 2. „Mandatory convertible considerations“; 3. „Documentation requirements“, 4. „Next steps“, 5. „Appendix“. Im Abschnitt „Execution Considerations“ (S 10) untergliedert sich die Folie „High Level Term Sheet“ in Struktur (Kapitalerhöhung ohne Bezugsrechte für gegenwärtige Aktionäre, dies als „combined transaction“ ohne Erstellung eines Prospekts; Accelerated Bookbuilding-Verfahren (ABB) und Pflichtwandelanleihe; Angebot an institutionelle Investoren), Preisbildung (Preisermittlung durch Bookbuilding-Verfahren unter Berücksichtigung des letzten Schlusskurses am Tag der Einführung; die Beteiligung von Ankerinvestoren wird sich auf den endgültigen Angebotspreis und den erreichbaren Gesamtumfang auswirken), Erwägungen zum Volumen (10% des Grundkapitals: 11.2 Mio Anteile / Wert ca. € 185 Mio / 19 Handelstage; 20% des Grundkapital: 22.4 Mio Anteile / Wert ca. € 370 Mio / 37 Handelstage; 25% des Grundkapital: 28.0 Mio Anteile / Wert ca. € 465 Mio / 47 Handelstage), zeitlicher Ablauf (Ausführung so schnell wie möglich, vorangetrieben primär durch vorbereitende Arbeiten für die Pflichtwandelanleihe; 1 bis 2 Tage Wall Crossing der Investoren vor dem Launch, Veröffentlichung im Amtsblatt der Wiener Zeitung 2 Wochen vor dem Launch, falls erforderlich; Bezugsrechtsausschlussbericht und Ad-hoc Mitteilung, falls erforderlich). Auf der Folie „Execution considerations“ (S 11) wurde unter anderem angeführt: geteiltes Verfahren zwischen ABB und Pflichtwandelanleihe, neu emittierte Aktien vs bestehende eigene Aktien; Bestätigung der Teilnahme von Ankerinvestoren, buchhalterische Wirkungen der Transaktion, Aktualisierung der Bewertungsberichte, Bestätigung der genauen rechtlichen Anforderungen, Prozess und Struktur der Sorgfaltsprüfung (Due Diligence), Kommunikation mit dem Markt, Mitteilung der Ergebnisse des 1. Quartals im Lichte der möglichen Kapitalbeschaffung. Auf der Folie „Illustrative execution timetable for a launch of an ABB in June or July“ (S 12) wurden zwei Szenarien beginnend mit 22/23.06.2020 bzw 29./30.06.2020 bei „Go/No Go decision to commence wallcrossing“ dargelegt. Dies erfolgte unter den Überlegungen, so schnell wie möglich („as soon as practicable“) auf den Markt zu kommen, um die derzeitige gute Marktstimmung für Aktienemissionen zu nutzen; vorbehaltlich der rechtzeitigen Veröffentlichung der Bekanntmachung im Amtsblatt der Wiener Zeitung am 08.06.2020 wäre der Launch am 22.06.2020 möglich, jedoch für 23.06.2020 empfohlen. Davor noch 1-2 Tage Wall Crossing der Investoren (diese bevorzugten ein Wall Crossing am selben Tag), ein Launch am 29.06.2020 oder 06.07.2020 stelle eine tragfähige Ausweichmöglichkeit war, falls notwendig/gewünscht. Ein Launch im Juli sei ohne größere Hindernisse möglich, werde jedoch nicht später als Mitte Juli empfohlen. Im Abschnitt „Mandatory convertible considerations“ wurde auf Folie 14 die Funktionsweise einer Pflichtwandelanleihe erklärt. In Folie 15 legte XXXX die Folie „Key headline terms for a mandatory convertible“, also mit den Schlüsselbegriffen der Pflichtwandelanleihe vor, wonach ua die zugrundeliegenden Aktien Stammaktien und das Ranking stark untergeordnet sei, die Laufzeit 3 Jahre betragen und vom Emittenten aufschiebbar sein sollte (ON 39, Folie 15). Dargelegt wurde weiter auf Folie 17 ein Überblick von IFRS in Bezug auf bilanzielle Behandlung von Pflichtwandelanleihen und auf Folie 18 die Anforderungen der Ratingagenturen, hier von S&P Global, um einer Pflichtwandelanleihe einen Eigenkapitalanteil zuzuweisen, wonach eine Laufzeit von maximal 3 Jahren vorzusehen sei; dies mit konkreten Beispielen auf Folie 19 und einem detaillierten Ausführungszeitplan für das ABB und die Pflichtwandelanleihe.

Am 29.05.2020 fand um 12:00 Uhr ein Telefonat zwischen XXXX und dem CFO statt (Kalender CFO, ON 10, 38), an dem auch der Head M&A teilnahm und für welches XXXX die Präsentation „Project XXXX – mandatory convertible considerations“, Mai 2020, vorlegte und dort vorstellte (Rechtfertigung, Seite 13; ON 10). Die Präsentation (ON 9) legte Vor- und Nachteile unterschiedlicher Arten von Wandelanleihen und entsprechende Praxisbeispiele dar. Die Folie 7 „Indicative terms for a mandatory convertible“ (indikative Bedingungen für eine Pflichtwandelanleihe) enthielt dabei folgende nicht verbindliche Parameter für die BF als Emittentin: Volumen der Pflichtwandelanleihe von 250 Mio Euro; Laufzeit von drei Jahren; Zinsen zwischen 4,25% bis 4,75% bzw 4,75% bis 5,25% bei Referenzaktienkurs 115% bis 120%/ 120% bis 125%; Dividendenschutz: Anpassung des Mindest- und Höchstumtauschpreises für jede ausgeschüttete Dividende nach unten. Zusätzlich wurden mögliche Auswirkungen auf zentrale Kennzahlen der BF diskutiert.

Am 02.06.2020 brachte der CFO seine Überlegungen zu einer allfälligen Kapitalerhöhung erstmals – als Tischvorlage – in die um 11:00 Uhr stattfindende Vorstandssitzung (Kalender COO, CFO) ein, wobei er die XXXX -Präsentation beischloss. Unter TOP I.1.c Projekt XXXX (s Protokoll, ON 17) diskutierte der Vorstand die Entwicklung der Finanzmärkte. Im Hinblick auf mögliche Änderungen zur Bewertung im Laufe des Sommers und zur Stärkung der Eigenkapital-Struktur wurde eine Kapitalerhöhung mit einem Volumen von max. EUR 500 Mio in Betracht gezogen. Insbesondere wurden folgende Faktoren dabei berücksichtigt: Die Absicherung des IG-Ratings (Update S&P), wobei das Rating für den Fall, dass es zu stärkeren Abwertungen am Immobilienmarkt durch Covid-19 und eine drohende Rezession der Wirtschaft komme, als „gefährdet“ eingestuft wurde. Eine gestärkte Bilanz könne nach einer Krise dazu beitragen, sich bietende Chancen zu nutzen und das Wachstum fortzuführen. Eine drohende Rezession und eine mögliche Bankenkrise könnten dazu führen, dass Refinanzierungen in den Jahren 2020 und 2021 durch Eigenkapital ersetzt werden müssten (Volumen von rund EUR 250 Mio). Der Vorstand beschloss einstimmig den Projektauftrag für das Projekt „ XXXX “ unter der Leitung des CFO und, dass ein Vertraulichkeitskreis eingerichtet und ein Handelsverbot dazu verhängt wird.

Noch am 02.06.2020 wurde der Vertraulichkeitsbereich um 14:00 Uhr eingerichtet (ON 10; ON 4 Liste zum Vertraulichkeitsbereich) – anfänglich galt dieser nur für die Vorstände, die Compliance-Beauftragte, die Vorstandsassistenz und den Head M&A.

Am 02.06.2020 legte die Kanzlei XXXX (im Folgenden: RV) nach einem Telefonat mit dem CFO ein Beratungsangebot für die in Aussicht genommenen Platzierungen (E-Mail an CFO und Head M&A). Die Rechtsanwaltskanzlei ging von folgender Transaktionsstruktur aus: a) Platzierung des Bestands an eigenen Aktien der AG in einem Accelerated Bookbuilding Verfahren mit (institutionellen) Investoren und unter Nutzung von Prospektausnahmen; dies unter Bezugsrechtsausschluss auf Basis der HV-Ermächtigung 2019 zur Veräußerung eigener Aktien auf andere Art als über die Börse oder öffentliches Angebot (ON 15, Seite 2). b) Emission einer Pflichtwandelanleihe auf Basis der HV-Ermächtigung 2018. Die Platzierung erfolgt ebenso in einem ABB an (institutionelle) Investoren unter Nutzung von Prospektausnahmen sowie Bezugsrechtausschluss gemäß HV-Beschluss 2018 (ON 15, Beilage 02). Die Transaktion solle rasch umgesetzt werden; ein möglicher Abschluss werde bis Anfang Juli 2020 in Aussicht genommen (ON 15, Seite 3).

Am 03.06.2020 legte XXXX direkt vor einem Call eine aktualisierte Präsentationsunterlage mit dem Titel „Project XXXX – Kick-off materials“ vor (ergangen an CFO, Head M&A, XXXX , XXXX , cc: RV, Compliance-Beauftragte). Als Beteiligte waren darin neben XXXX und XXXX bereits die RV und XXXX als Auditor angeführt. Weitere Beteiligte waren noch offen. Die allgemeinen anfänglichen Darstellungen des früheren Entwurfes entfielen in dieser Vorlage. Benannt wurde Folie 2 nun (statt früherer Folie 10 „High level term sheet“) als gleichzeitige ABB und Herausgabe der „Delta-1“ Pflichtwandelanleihe – Überblick über die geplante Transaktion („Concurrent accelerated bookbuilding and „Delta-1“ mandatory convertible issuance – Overview of contemplated transaction“). Klargestellt wurde zur Transaktionsstruktur, dass diese gleichzeitig durch Accelerated Bookbuilding wie auch Pflichtwandelanleihen mit vorhandenen eigenen sowie neu ausgegebenen Aktien unter Ausschluss der Bezugsrechte für bestehende Aktionäre und ohne Prospekt, basierend auf den aktuellen Kapitalermächtigungen der Gesellschaft, erfolgen sollte. Zusätzlich sollten neue Aktien institutionellen Investoren angeboten werden, wobei der Preis durch einen Bookbuilding-Prozess mit Referenz auf Tages-Schlusskurs am Start der Transaktion bestimmt werden sollte (ON 16, S 3). Hinsichtlich des Volumens der Kapitalerhöhung war nun eine Erhöhung von 10% oder von 25% des Grundkapitals angeführt, der Wert von 20% entfiel im Vergleich zur früheren Version. Die Durchführung sollte so früh wie möglich, primär angetrieben durch die vorbereitende Arbeit für die Pflichtwandelanleihe, erfolgen. Als Vorteile wurden angeführt, dass die beiden Maßnahmen zwei Investorenpools ansprechen und damit die Prozesse der Kapitalerhöhung maximieren sowie die Preisgestaltung optimieren. Die Pflichtwandelanleihe sei so strukturiert, dass die höchste Bilanz- und Rating-Agentur-Kreditwürdigkeit erreicht wird, dies nahe am reinen Eigenkapital. Die Go / No Go Entscheidung für den Beginn des Wall Crossings sollte am 29/30.06. (Szenario 1) oder am 06./07.07.[2020] (Szenario 2) erfolgen. Bei entsprechender Meldung im Amtsblatt zur Wiener Zeitung am XXXX .[2020] (so notwendig – vorbehaltlich der Bestätigung des RV) wäre der Launch mit Beginn der Woche 29.06.[2020] möglich. Empfohlen werde der 29.06.[2020], aber auch Anfang Juli sei noch ohne größere Hindernisse möglich (ON 16, Folie 4). Der Plan der Arbeitsabläufe wurde damit um eine Woche nach hinten verschoben (ON 16, Folie 5). Bei den unmittelbar nächsten Schritten („Immediate next steps“) wurde als Schritt 1 der Draft „Amtsblatt zur Wiener Zeitung“ und der Ad-hoc Meldung zur Ankündigung der Kapitalerhöhung angeführt (ON 16, Folie 7). Im Anhang der Präsentation findet sich ein „Detailed execution timetable“ welcher die Hauptprozesse sowie die involvierten Parteien im Zeitraum der Kapitalerhöhung darstellt (ON 16, Folien 10,11). Den Beginn (T-1) kennzeichnet der Go / No Go call für das Wall Crossing Verfahren der ABB wie auch der Pflichtwandelanleihe sowie die entsprechende Go / No Go- Entscheidung der BF, die an XXXX mit E-Mail mitzuteilen sei.

Am Donnerstag, 04.06.2020 besprach der Vorstand die Transaktionsunterlage von XXXX „Project XXXX – Mandatory convertible considerations, June 2020“ (ON 10, 36) (Überlegungen zur Pflichtwandelanleihe): Als geplante Transaktionen wurde beschrieben (S 1), eckige Klammern im Original: EUR 300 Mio Pflichtwandelanleihe: Pflichtwandelanleihe in Höhe von bis zu 300 Millionen Euro, platziert über ein Bookbuilding-Verfahren (Eigenkapital- und/oder Ankerinvestoren) mit einem „premium“ von mindestens [12]% zum ABB-Kurs, einem fixen Wandlungspreis, einer Laufzeit von drei Jahren und einem Zinssatz von [4.00]% p.a., Ausgabe unter Ausschluss von Bezugsrechten für gegenwärtige Aktionäre und ohne Prospekt, basierend auf den aktuellen Kapitalermächtigungen der Gesellschaft. EUR 200 Mio Kapitalerhöhung: Kapitalerhöhung im Wege des ABB durch neu ausgegebene sowie bestehende Aktien. Ausgabe unter Ausschluss der Bezugsrechte für gegenwärtige Aktionäre und ohne Prospekt, basierend auf den aktuellen Kapitalermächtigungen der Gesellschaft. Die neuen Anteile werden institutionellen Investoren angeboten, wobei der Preis im Wege eines „bookbuilding process“ mit Referenz auf den letzten Schlusspreis am Tag des Launchs gebildet wird. Die Pflichtwandelanleihe solle in Höhe von 15 % des Grundkapitals erfolgen, das ABB in Höhe von 10 % des Grundkapitals, 5 % Kapitalerhöhung, 5 % eigene Aktien – dies jeweils auf der Grundlage des dreimonatlichen täglichen EU-Durchschnittshandelswerts (ON 36, Folie 1). Kennzeichnende Bedingungen für die Pflichtwandelanleihe sollten sein: Größenordnung EUR 300 Mio, fester Zinssatz [4] % p.a., fester Umwandlungspreis von [112.0%] des Referenzaktienkurses von EUR 18.86, Ausgabe von 16,81 Mio Aktien (ON 36, Folie 3). Kennzeichnende Bedingungen für die ABB sollten sein: Status Eigenkapital, Größenordnung EUR 200 Mio, Referenzaktienkurs durch Bookbuilding bestimmt, geschätzt EUR 16.84 bei 11,20 Mio Aktien (ON 36, Folie 5). Der beigelegte Zeitplan sah eine möglichst schnelle Ausführung vor, bei einem Kick-off in der Woche 01.06., Publikation in der Woche XXXX . und damit frühest möglicher Launch am 29.06. (ON 36, Folie 6).

Der CFO legte diese Unterlage dem Vorstand vor, weil sie zusammenfasste, welche Optionen die BF aus den Kapitalermächtigungen der Hauptversammlung hatte und welche Marktgegebenheiten man vorfand, um die Dinge leichter einordnen zu können.

In derselben Besprechung (04.06.2020) legte der Vorstand die nächsten Schritte auf der Zeitleiste fest und erteilte dem CFO den Auftrag, weiter zu evaluieren.

Am Donnerstag, 04.06.2020, 17:40 Uhr, ersuchte die BF um ein Update des Beratungsangebots der RV.

Mit 04.06.2020 wurde das Beratungsangebot der RV über den Gesamtrahmen angenommen (RV, VHS 06.06.2020, S 19).

Ebenfalls am 04.06.2020, 20:23 Uhr, übermittelte die RV Ergänzungen des Angebots vom 02.06.2020 an die BF. Als Transaktionsalternative c) komme in Betracht: die Platzierung junger Aktien aus genehmigtem Kapital (Barkapitalerhöhung) in einem ABB mit (institutionellen) Investoren unter Nutzung von Prospektausnahmen; die Kapitalerhöhung erfolgt unter Bezugsrechtsausschluss jeweils gemäß den HV-Ermächtigungen 2018 (ON 15 Seiten 1,2). Für ihre Beratungsleistungen bot die RV nun einen Honorarhöchstbetrag von EUR XXXX an und führte aus, sich über die Zusammenarbeit bei dieser Transaktion zu freuen (ON 15, Seite 1).Die RV wurde in weiterer Folge mandatiert.

Der CFO teilte dem RV und dem Head M&A, cc: an Compliance-Beauftragte, per E-Mail den in der Vorstandssitzung vereinbarten Zeitplan mit (E-Mail des CFO vom 04.06.2020, 21:44 Uhr; ON 40):

1. Montag, XXXX .2020: Aufsichtsratssitzung „zur Information über die geplanten Maßnahmen“ (eine Einladung des Aufsichtsrates zur Sitzung erfolgt nächste Woche nach Vorstandsfreigabe)

Zustimmung des Aufsichtsrates zu einem Umlaufbeschluss über die konkrete Transaktion zu einem späteren Zeitpunkt kurz vor Launch der Transaktion

Ad-hoc Veröffentlichung nach der Aufsichtsratssitzung

2. Dienstag, 16.06.2020: Bericht über den Bezugsrechtsausschluss in der Wiener Zeitung

3. Weitere Schritte gemäß Zeitplan in der Präsentation

4. Möglicher Launch der Transaktion am 02.07.; XXXX .; XXXX . frühestens – davor erfolgt ein Aufsichtsrats-Umlaufbeschluss.

Der CFO ersuchte in seinem E-Mail den RV um Mitteilung, ob der Ablauf so ok sei, und den Head M&A um Information des Zeitplanes an XXXX sowie um Vorbereitung (wie vorbesprochen) der Informationsunterlage samt Zustimmung für den Umlaufbeschluss des Aufsichtsrats. XXXX (rechtlicher Vertreter von XXXX ) solle „asap“ einen ersten Entwurf der T&Cs (Terms & Conditions) für eine Pflichtwandelanleihe entwerfen, damit „wir“ mit S&P und XXXX sprechen können.

Der RV meldete am folgenden Tag mit der oben ersichtlichen Änderung zurück, dass der Ablauf so passe und nahm zwei Präzisierungen vor (Aufsichtsratssitzung in der Früh wegen Information an die Wiener Zeitung, Launch Date bei 16.06.2020 plus 2 Wochen plus 1 Tag ab 01.07.2020 möglich; ON 40).

Am 05.06.2020 fand um 12:30 Uhr ein sog. „Project XXXX – All-party update call“ statt (Kalender CFO). Teilgenommen haben Mitarbeiter von XXXX , seitens der BF der CFO, der Head M&A und die Compliance-Beauftragte sowie Mitarbeiter der RV und von XXXX . Die allgemein erforderlichen Unterlagen für die Vorbereitung und Dokumentation von Kapitalmaßnahmen (Kapitalerhöhung, Veräußerung eigener Aktien, Pflichtwandelanleihe) wurden erörtert (ON 10).

Am 08.06.2020, 17:30 Uhr, fand die „Besprechung Entwurf Termsheet Projekt XXXX “ unter Teilnahme des CFO, des Head M&A, der Compliance-Beauftragten und der RV statt (Kalender CFO; ON 10). In diesem Telefonat wurden anhand des von XXXX übermittelten Entwurfes eines „Term Sheets“ die rechtlichen Bedingungen und die Funktionsweise einer Pflichtwandelanleihe erörtert. Beim Term Sheet handelte es sich um eine Zusammenfassung der Bedingungen und Konditionen der vorgeschlagenen Anleihen, wobei XXXX festhielt, dass Änderungen vorbehalten sind und ohne Gewähr ist, dass die Anleihen überhaupt ausgegeben werden (ON 4, Indicative Term Sheet). Für das Volumen, den Wandlungspreis, den Zins, das Launch-Datum waren noch Platzhalter eingefügt.

Am 09.06.2020, Termin mit CEO, besprach der Gesamtvorstand Vorstandsagenden und berichtete der CFO zum Projekt XXXX . Es wurde besprochen, wie schon am 04.06.2020 avisiert, den Aufsichtsrat zu möglichen Kapitalmaßnahmen zu informieren und den Aufsichtsrat mit der Frage und Entscheidung zu einer Detailprüfung und Vorbereitung von möglichen Kapitalmaßnahmen zu befassen (ON 10, Stellungnahme der RV vom 24.09.2021; E-Mail des CFO vom 04.06.2020 mit Transaktionsbeschreibung und Zeitplan).

Der am 02.06.2020 eingerichtete Vertraulichkeitsbereich für das Projekt „ XXXX “ wurde am 09.06.2020 auf die Aufsichtsratsmitglieder erweitert (ON 10).

Am selben Tag erfolgte die Einberufung der außerordentlichen Aufsichtsratssitzung für den XXXX .2020 (ON 05). Mit E-Mail vom 09.06.2020, 17:59 Uhr, wies die Compliance-Beauftragte darauf hin, dass „die Informationen im Zusammenhang mit dem Projekt ‚ XXXX ‘ (Überlegungen zu Kapitalmaßnahmen) potentielle vertrauliche Insiderinformationen darstellen, weshalb die streng vertraulich zu behandeln sind und den Vertraulichkeitsbereich grundsätzlich nicht verlassen dürfen sowie ein Handelsverbot in Finanzinstrumente besteht. Die ao Aufsichtsratssitzung finde am XXXX .2020 um 08:30 Uhr mit Videokonferenz statt. „Die Unterlagen für das Projekt XXXX werden Tischvorlage.“ Elektronisch abrufbar wurde ua die Tagesordnung (Einladung zur außerordentlichen Aufsichtsratssitzung; ON 4) gestellt, wonach unter TOP 3. „Genehmigungspflichtiges Geschäft: ‚Projekt XXXX ‘ – Überlegungen zu Kapitalmaßnahmen“ angeführt wurde.

Am 10.06.2020, fand um 13:00 Uhr ein Meeting des CFO und des Head M&A mit XXXX statt (Kalender CFO), in dem XXXX aufgrund des Interesses, mit der Durchführung von Kapitalmaßnahmen beauftragt zu werden, seine Expertise und Platzierungskraft darlegte (ON 10). XXXX wurde seitens der Vertreter der BF um ein Honorarangebot als Information in die Unterlage des Aufsichtsrats und für dessen Entscheidungsgrundlage gebeten.

In den am 02.06.2020 eingerichteten Vertraulichkeitsbereich für das Projekt „ XXXX “ wurde am 10.06.2020 die Leiterin für Corporate Communications & Investor Relations aufgenommen (ON 10).

11.06.2020 (Feiertag)

12.06.2020, 09:00 Uhr, Vorbereitung Due Diligence Call Banken (Kalender CFO), der um 11:00 Uhr stattfand („Project XXXX – Due diligence call“, Kalender CFO). Teil am Call nahmen der CFO, der Head M&A, die Compliance-Beauftragte, die RV, die Mitarbeiter XXXX und XXXX . Die BF beantwortete XXXX Due Diligence Fragen zur Geschäfts- und Unternehmenstätigkeit als Vorbereitung, um einen allfälligen Platzierungsauftrag übernehmen zu können (ON 10 und Due Diligence Fragebogen vom 12.06.2020). In der Unterlage von XXXX „Project XXXX – Management Due Diligence“ vom 12.06.2020 anlässlich des Conference Calls führte XXXX aus, dass dieser in Hinsicht auf das vorgeschlagene Angebot der Pflichtwandelanleihe und das vorgeschlagene gleichzeitige Angebot der Emission von neuen und/oder bestehenden Stammaktien via ABB erfolgen sollten; beide Angebote unter Bezugsrechtsausschluss für bestehende Aktionäre. Konkrete Beträge wurden dabei keine genannt. XXXX hielt fest, dass die vorliegende Liste lediglich ein Leitfaden sei. Das Unternehmen sei zudem gehalten, andere Themenbereiche mit signifikanten Auswirkungen auf die Unternehmensperformance zu ermitteln. Aus dem Due Diligence Verfahren könnten sich überdies weitere Fragen ergeben, die ergänzende Treffen oder Calls bedingen könnten.

Um 12.06.2020 um 13:30 Uhr erfolgte der (im Kalender wiederkehrende) Termin „Project XXXX – All-party update call“ (Kalender CFO). Teil nahmen der CFO, der Head M&A, die Compliance-Beauftragte sowie Mitarbeiter der RV, von XXXX und XXXX . Erörtert wurden Entwürfe zur Veröffentlichung für den Fall, dass am Montag, XXXX 2020, ein Vorbereitungsstart beschlossen wird. Am 12.06.2020 lag der 4. Entwurf der Ad-Hoc Mitteilung der RV vor, der bis auf das Datum der Abrufbarkeit auf der Internetseite und der Hinweisbekanntmachungen im Amtsblatt der Wiener Zeitung im Wesentlichen ident mit der dann am XXXX .2020 veröffentlichten Ad-Hoc Mitteilung war. In diesem Entwurf ist das Verhältnis des Kapitalmaßnahmen-Mix näher geregelt worden: Bis zu 20% neue und eigene Aktien, bis zu 15% Pflichtwandelanleihe, alles zusammen aber nicht mehr als 25%.

Unterlagen für die außerordentliche Aufsichtsratssitzung wurden als Tischvorlage vorbereitet und dem Aufsichtsrat am Samstag, 13.06.2020, als Download zur Verfügung gestellt (ON 10).

Am Morgen des XXXX .2020 wurden die geplanten Kapitalmaßnahmen erstmals in einer Sitzung des Aufsichtsrats besprochen, wobei der CFO die möglichen Kapitalmaßnahmen (Kapitalerhöhung, Veräußerung eigener Aktien, Pflichtwandelanleihe) im Detail darlegte. Dem CFO zufolge werde eine Pflichtwandelanleihe (mit bis zu drei Jahren Laufzeit) üblicherweise vom Wirtschaftsprüfer und der Rating Agentur großteils als Eigenkapital angesetzt. Diese ziehe eine zusätzliche Stärkung der Bilanz nach sich. Die Ausgestaltung der Pflichtwandelanleihe als ein solches Eigenkapitalinstrument werde im Rahmen des Projekts mit S&P und XXXX diskutiert werden. Der CEO betonte die aktuell hohe Volatilität an den Kapitalmärkten. Eine kapitalmäßige Stärkung der Gesellschaft und damit die Schaffung von genügend Spielraum werde als gute Vorbereitung für die Zukunft gesehen. Auf die Frage des Aufsichtsratsmitglieds XXXX zu den erwarteten Konditionen teilte der CFO mit, dass die Emissionsbedingungen im Antrag exemplarisch mit dem höchst möglichen Volumen dargestellt worden seien. Die endgültige Zusammensetzung werde schlussendlich von der konkreten Nachfrage im Bookbuilding abhängen. Der Vorsitzende des Aufsichtsrats merkte im Zuge der Diskussion im Aufsichtsrat an, dass bisher von einer guten Kapital- und Liquiditätsausstattung ausgegangen wurde und dass die Kapitalmaßnahmen insofern als überraschend anzusehen sind. Hierzu erläuterte der CFO, dass nicht die Liquiditätsbeschaffung, sondern die Stärkung der Bilanz durch Eigenkapital vorrangiges Ziel der Maßnahme ist (ON43a, Beilage 7, Protokoll der AR-Sitzung).

Obwohl der Aufsichtsrat durchaus den Überlegungen gegenüber kritisch in den Aufsichtsrat gegangen war und anfänglich nicht überzeugt war, dass diese geboten waren (VHP 06.06.2020, S 5), fasste der Aufsichtsrat in weiterer Folge einstimmig den Beschluss (ON43a, Beilage 3), den Vorstand mit der Detailprüfung und Vorbereitung

a) einer möglichen Platzierung von Aktien aus einer Barkapitalerhöhung aus genehmigtem Kapitel und /oder einer Veräußerung eigener Aktien im Ausmaß von zusammen 11.208.526 bis 22.417.052, also ca 10% bis 20% des Grundkapitals, jeweils unter Bezugsrechtsausschluss der Aktionäre sowie

b) einer möglichen Emission einer Pflichtwandelanleihe mit einer Laufzeit von 3 Jahren in Bezug auf 5.604.264 bis 16.812.790 Stück Aktien, also 5% bis 15% vom Grundkapital

zu beauftragen, wobei die Summen von zu platzierenden Aktien (Veräußerung eigener Aktien und Barkapitalerhöhung) und (anfänglichen) Aktien, in Bezug auf die eine Pflichtwandelanleihe emittiert wird, 28.021.316 Stück Aktien, also rund 25% des derzeitigen Grundkapitals, nicht überschreiten werden solle.

Die endgültige Entscheidung über die Durchführung einer Platzierung von Aktien bzw Emission einer Pflichtwandelanleihe, den jeweiligen Ausgabebetrag, die Ausgabebedingungen, die weiteren Einzelheiten einer Durchführung sowie – im Falle der Platzierung von Aktien der BF – die Entscheidung über den Ausschluss der Bezugsrechte der Aktionäre sei nachfolgenden gesonderten Beschlüssen des Aufsichtsrats vorbehalten und könnten mit Umlaufbeschluss gefasst werden.

Am XXXX .2020 erging anschließend ein Beschluss des Vorstandes der BF.

Im Sitzungsprotokoll wurde hierzu vermerkt:

„Start der Emission einer nachrangigen Pflichtwandelanleihe

1. Ausgangslage – Rahmenbeschluss des Vorstands vom XXXX .2020

Der Vorstand hat am XXXX .2020 beschlossen, die Vorbereitung von Kapitalmaßnahmen zu beginnen, die auch die mögliche Emission einer Pflichtwandelanleihe umfassen. Für den Fall der Emission einer Pflichtwandelanleihe hat der Vorstand beschlossen, dass diese im Rahmen einer Privatplatzierung unter Ausschluss der Bezugsrechte der Aktionäre mittels eines beschleunigten Platzierungsverfahrens (Accelerated Bookbuilding-Verfahrens) institutionellen Investoren angeboten werden soll.

Dies vorausgeschickt beschließt der Vorstand der [BF] was folgt:

2. Vorstandsbeschluss

2.1 Start der Emission einer nachrangigen Pflichtwandelanleihe

Die [BF] startet gemäß der Ermächtigung der Hauptversammlung vom XXXX .2018 die Emission einer nachrangigen Pflichtwandelanleihe mit einer Laufzeit von 3 Jahren in Bezug auf anfänglich ca. 5.604.263 Stück Aktien der Gesellschaft, entsprechend rund 5 % des derzeitigen Grundkapitals der Gesellschaft.

Die Pflichtwandelanleihe mit einer Stückelung von EUR 100.000 soll zum Nennwert ausgegeben und mit einem festzulegenden Kupon, halbjährlich nachträglich zahlbar, verzinst werden.

Die Pflichtwandelanleihe wird mit Fälligkeit verpflichtend in neue oder bestehende Stammaktien gewandelt, es sei denn, sie wird zuvor auf Wunsch der Anleihegläubiger oder der Gesellschaft oder bei Eintritt bestimmter besonderer Ereignisse gemäß den Bedingungen der Pflichtwandelanleihe gewandelt.

Eine Einbeziehung der Pflichtwandelanleihe an der Wiener Börse im Markt Vienna MTF soll beantragt werden.

Der Abschluss der Vereinbarungen mit den Emissionsbanken, insbesondere eine Platzierungsvereinbarung (Subscription Agreement), sowie der Abschluss der für die Pflichtwandelanleihe erforderlichen Vereinbarungen mit der Zahl- und Wandlungsstelle sowie der Berechnungsstelle wird beschlossen.

2.2 Ermittlung des Ausgabebetrags, des Wandlungspreises und des Kupons sowie Platzierung der Pflichtwandelanleihe im Rahmen eines Platzierungsverfahrens (Accelaterated Bookbuilding-Verfahrens)

Die Platzierung der Pflichtwandelanleihe bei institutionellen Investoren soll im Rahmen eines beschleunigten Platzierungsverfahrens (Accelerated Bookbuilding-Verfahrens) erfolgen, das von Emissionsbanken durchgeführt wird.

Gleichzeitig mit der Emission der Pflichtwandelanleihe sollen Aktien der Gesellschaft im Rahmen eines beschleunigten Platzierungsverfahrens (Accelerated Bookbuilding-Verfahrens) platziert werden.

Der anfängliche Wandlungspreis der Pflichtwandelanleihe soll mit einer Prämie von 12 % über dem erzielten Ausgabebetrag (Veräußerungspreis) der Aktien im Rahmen der zeitgleich erfolgenden Aktienplatzierung festgesetzt werden. Der jährliche Kupon der Pflichtwandelanleihe soll innerhalb einer Spanne von 4,00-5.5,00% pro Jahr festgesetzt werden.

Die endgültigen Emissionsbedingungen, einschließlich des Gesamtnennbetrages, des Wandlungspreises und des Zinssatzes, werden vom Vorstand mit Zustimmung des Aufsichtsrats in gesonderten Beschlüssen festgelegt und nach Abschluss des Accelerated Bookbuilding-Verfahrens bekanntgegeben.“

Am XXXX .2020 um XXXX Uhr veröffentlichte die AG eine Ad-hoc Mitteilung (ON 6, Seiten 1, 2; integrierter Bestandteil des angefochtenen Straferkenntnisses).

Nach diesem Aufsichtsratsbeschluss wie auch diesem Vorstandsbeschluss zum Start der Vorbereitung einer möglichen Platzierung von Aktien sowie einer möglichen Emission einer Pflichtwandelanleihe und Ad-hoc Veröffentlichung wurde der am 02.06.2020 eingerichtete Vertraulichkeitsbereich für das Projekt „ XXXX “ um Personen aus relevanten Unternehmensbereichen zu den Vorarbeitungsarbeiten einbezogen, so Konsolidierung, weitere Mitarbeiter aus den Bereichen M&A, Dept Capital Markets, Corporate Communications & Investor Relations; eine Woche später dann auch der Leiter Cash Management und Mitarbeiter der Steuerabteilung (ON 10).

Um eine Person mehr als die Hälfte der Personen im Vertraulichkeitsbereich wurden ab und nach dem XXXX .2020 beigezogen (ON 4, Liste zum Vertraulichkeitsbereich).

II.1.4 Wortlaut der Ad-hoc Mitteilung (ON 6)

„Adhoc Mitteilung Wien, XXXX 2020

XXXX AG erwägt mögliche Kapitalmaßnahmen

 

Der Vorstand der XXXX AG (FN XXXX , ISIN AT XXXX ) hat heute beschlossen, die Vorbereitung einer möglichen Platzierung von Aktien der Gesellschaft sowie einer möglichen Emission einer Pflichtwandelanleihe zu beginnen. Für den Fall der Durchführung einer der Kapitalmaßnahmen sollen die Aktien bzw die Pflichtwandelanleihe im Rahmen von Privatplatzierungen unter Ausschluss der Bezugsrechte der Aktionäre mittels beschleunigter Platzierungsverfahren (Accelerated Bookbuilding-Verfahren) institutionellen Investoren angeboten werden.

Aktienplatzierung

Für eine mögliche Platzierung von Aktien der Gesellschaft kann die Erhöhung des Grundkapitals der Gesellschaft gegen Bareinlagen unter Ausnutzung des in der Hauptversammlung vom XXXX .2018 genehmigten Kapitals (§§ 169 ff AktG) sowie eine Veräußerung eigener Aktien der Gesellschaft kombiniert werden, jeweils unter Ausschluss des Bezugsrechts der Aktionäre gemäß den Ermächtigungen der Hauptversammlung vom XXXX .2018 sowie vom XXXX .2019. Die erforderlichen Berichte des Vorstands zu den Ausschlüssen der Bezugsrechte für eine Barkapitalerhöhung aus genehmigtem Kapital sowie eine Veräußerung eigener Aktien werden voraussichtlich am oder um den 16.06.2020 auf der Internetseite der Gesellschaft abrufbar sein und entsprechende Hinweisbekanntmachungen im Amtsblatt zur Wiener Zeitung veröffentlicht werden.

Eine kombinierte Aktienplatzierung aus Barkapitalerhöhung und Veräußerung eigener Aktien kann zusammen insgesamt bis zu 22.417.052 Stück Aktien der Gesellschaft umfassen. Das entspricht rund 20 % des derzeitigen Grundkapitals der Gesellschaft. Das mögliche maximale Platzierungsvolumen reduziert sich entsprechend, wenn die Gesellschaft eine Pflichtwandelanleihe emittiert (siehe nachstehend). Die Festlegung des Ausgabebetrags (Veräußerungspreises) der Aktien soll in einem beschleunigten Platzierungsverfahren (Accelerated Bookbuilding-Verfahrens) erfolgen.

Emission einer Pflichtwandelanleihe

Als mögliche Kapitalmaßnahme wird ferner die Emission einer Pflichtwandelanleihe mit einer Laufzeit von 3 Jahren in Bezug auf anfänglich bis zu 16.812.790 Stück Aktien der Gesellschaft in Betracht gezogen. Das entspricht rund 15 % des derzeitigen Grundkapitals der Gesellschaft. Die maximale Aktienanzahl in Bezug auf eine mögliche Pflichtwandelanleihe und damit deren Gesamtnennbetrag reduziert sich, wenn die Gesellschaft in einem bestimmten Ausmaß eine Aktienplatzierung vornimmt (siehe nachstehend). Eine mögliche Emission der Pflichtwandelanleihe erfolgt gemäß Beschluss der Hauptversammlung vom XXXX .2018 unter Ausschluss des Bezugsrechts der Aktionäre. Bei Fälligkeit wird eine Pflichtwandelanleihe zwingend in neue oder existierende Stammaktien der Gesellschaft zu einem vordefinierten Wandlungspreis gewandelt.

Falls die Emission der Pflichtwandelanleihe durchgeführt wird, werden die Emissionsbedingungen, einschließlich des Gesamtnennbetrags, der Wandlungsprämie und der Verzinsung der Pflichtwandelanleihe in einem beschleunigten Platzierungsverfahren (Accelerated Bookbuilding- Verfahrens) festgelegt werden. Bei paralleler Durchführung der Aktienplatzierung und Emission einer Pflichtwandelanleihe entspricht der Referenzpreis für die Pflichtwandelanleihe dem im Rahmen der Durchführung der Aktienplatzierung festgelegten Ausgabebetrag (Veräußerungspreis) der Aktien.

Die Gesamtsumme aus (i) der Anzahl zu platzierender Aktien (Veräußerung eigener Aktien und Barkapitalerhöhung) und (ii) der Anzahl der (anfänglichen) Aktien in Bezug auf die eine Pflichtwandelanleihe emittiert wird, wird 28.021.316 Stück Aktien nicht überschreiten. Das entspricht rund 25 % des derzeitigen Grundkapitals der Gesellschaft.

Ob und welche der Kapitalmaßnahmen – Aktienplatzierung sowie Emission einer Pflichtwandelanleihe – durchgeführt werden, sowie jeweils Zeitpunkt und konkrete Bedingungen, hängen insbesondere vom Kapitalmarktumfeld, dem Kaufinteresse von Investoren sowie von der Zustimmung des Aufsichtsrates der Gesellschaft ab.

Mittelverwendung

Die Kapitalmaßnahmen sollen zur Kapitalstärkung der Gesellschaft erfolgen und auch zur Stärkung der relevanten Kennzahlen für das bestehende Emittentenrating und Anleiherating (ISIN XXXX ) von Standard & Poor's, derzeit jeweils Investmentgrade-Rating (BBB-, stabiler Ausblick) dienen.

Die Nettoemissionserlöse sollen zur Refinanzierung von Finanzverbindlichkeiten, zur Nutzung potentieller Wachstumschancen und zu allgemeinen Unternehmenszwecken eingesetzt werden.

Hinweise

Diese Mitteilung ist eine Pflichtmeldung gemäß Art 17 der Marktmissbrauchsverordnung (EU) Nr 596/2014. […]“

Es erfolgte kein Aufschub der Veröffentlichung dieser Information gemäß Art 17 Abs 4 oder 5 Verordnung (EU) Nr 596/2014 (ON 10) und ein solcher wurde der FMA nicht angezeigt.

Die Veröffentlichung am XXXX .2020 erfolgte unverzüglich nach der Beschlussfassung durch den Vorstand im Anschluss an den Beschluss des Aufsichtsrats, den Vorstand mit einer Detailprüfung und Vorbereitung zu ermächtigen.

II.1.5. Kursverlauf auf die gegenständliche Ad-hoc Meldung:

 

 

Der Kurs fiel entsprechend gegenüber dem Vortag von 16,34 EUR auf 15,51 EUR (rund -5,08%).

 

Die Underperformance der AG Aktie (rot) gegenüber dem ATX (grau) am Tag der Ad-Hoc Veröffentlichung am XXXX .2020 ist deutlich erkennbar.

 

II.1.6 Weiterer chronologischer Verlauf nach dem XXXX .2020

Mit E-Mail vom XXXX .2020 kontaktierte S&P Global den Head M&A zu den Plänen der Kapitalerhöhung und ersuchte um einen Rückruf.

Mit 18.06.2020 wurde der Projektauftrag Projekt XXXX , Version V1.0, angelegt. Inhalt des Projekts war die Detailprüfung und Vorbereitung einer möglichen Platzierung von Aktien aus einer Barkapitalerhöhung aus genehmigtem Kapital und/oder einer Veräußerung eigener Aktien im Ausmaß von zusammen 11.208.526 Stück Aktien bis zu 22.417.052 Stück Aktien, jeweils unter Ausschluss des Bezugsrechts der Aktionäre, sowie einer möglichen Emission einer Pflichtwandelanleihe mit einer Laufzeit von 3 Jahren mit Bezug auf 5.604.264 Stück Aktien bis zu 16.812.790 Stück Aktien, wobei die Summe, die von zu platzierenden Aktien und Aktien in Bezug auf die Pflichtwandelanleihe emittiert wird, 28.021.316 Stück Aktien nicht überschreiten soll. Im Projekt werden als Aktivitäten anvisiert und ist gleichzeitig Projektinhalt: die Prüfung und Vorbereitung möglicher oa Kapitalmaßnahmen und Ausarbeitung der Vertragsdokumentation. Projektstart war der XXXX .2020, das Projektende noch festzulegen. An Meilensteinen war der XXXX .2020 mit Vorstandsbeschluss sowie Aufsichtsratsbeschluss betreffend die Vorbereitung möglicher Kapitalmaßnahmen und der 16.06.2020 mit der Veröffentlichung der Berichte zum Bezugsrechtsausschluss vermerkt. Das Projekt mit maximalen Kosten EUR XXXX Mio (im Projektauftrag näher aufgelistet) war im Group Budget 2020-2024 nicht budgetiert. Als Projektleiter wurde der Head M&A eingesetzt, der CFO als Steuerungsgruppe.

Mit E-Mail vom 18.06.2020 übermittelte XXXX einen Entwurf der Langform der „Terms and Condition“ an den RV. Laut Kalender des CFO fanden erst wieder am 19.06.2020 Projekt XXXX bezogene Termine statt, wie Calls zu Pflichtwandelanleihe mit XXXX , Call zu „ XXXX – Investor Targeting“, „Project XXXX – All-party update call“.

Mit 19.06.2020 wandte sich S&P Global mit einigen weiteren Fragen an den Head M&A.

Am 22.06.2020 fand eine Vorstandssitzung zum Thema „Allfälliges: Genehmigter Vorstandsantrag betreffend Projekt „ XXXX “ (Mail Head M&A) statt.

Mit E-Mail vom 22.06.2020 übermittelte die RV an die Compliance-Beauftragte, cc: CFO, Head H&M, einen Entwurf des Ablaufplans (ON 37). Darin hielt die RV in ihrem Entwurf vom 22.06.2020, als „streng vertraulich“ klassifiziert, mit Status „erl. durch RV“ fest, dass am 10.06.[2020] die Vorabstimmung mit dem FB-Gericht zur Hinweisbekanntmachung in der Wiener Zeitung und Veröffentlichung der Vorstandsberichte auf der Website, am 12.06.2020 die Platzreservierung in der Wiener Zeitung und – nun jeweils mit Status erl. durch BF/RV – am XXXX .2020 die Aufsichtsratssitzung zur Information über mögliche Kapitalmaßnahmen und Zustimmung zur Vorbereitung wie auch zu Umlaufbeschlüssen über Bezugsrechtsausschluss und endgültige Bedingungen nach ABBs stattfand. Am XXXX .[2020] ist weiter Vorstandsbeschluss (Initial Resolution) als Rahmenbeschluss zu Kapitalmaßnahmen, insbesondere Kapitalerhöhung aus gen Kap, Vorstandsbericht zu Bezugsrechtsausschluss, und Veräußerung eigener Aktien, Vorstandsbericht zu Bezugsrechtsausschluss, „Ad-hoc Mitteilung Preparations: Kapitalmaßnahmen“, nach AR- und Vorstandbeschluss, vermerkt. Ebenfalls am XXXX .2020 wird die Freigabe an die Wiener Zeitung durch RV, Mitteilung FMA und Wiener Börse der Ad-hoc Mitteilung und der Details „Veräußerung“ eigener Aktien festgehalten wie für den 16.06.[2020] Veröffentlichung der Vorstandsberichte. Im Entwurfstatus waren vermerkt: Termsheet Pflichtwandelanleihe, Terms&Conditions, Mitteilung an OekB zu Emissionskalender, Unterfertigung Zulassungsantrag an Wiener und W XXXX Börse, Unterfertigung Placement Agreement, Zeichnungsscheine.

Mit E-Mail vom 26.06.2020 teilte der Head M&A mit (großer Verteiler), dass XXXX die allgemeine Meinung vertrete, dass die Pflichtwandelanleihe zu 100% als Eigenkapital verbucht werden könne, was gute Neuigkeiten seien. Jedoch ergäben sich noch Problembereiche mit einer anderen Bestimmung, die einen Zahlungsanspruch gewähre.

Am 28.06.2020 legte die RV der BF ein Memorandum betreffend Project XXXX – Kapitalmaßnahmen: Barkapitalerhöhung aus genehmigtem Kapital und Veräußerung eigener Aktien sowie Ausgabe einer Pflichtwandelanleihe als Stellungnahme zu Rechtsfragen nach österreichischem Recht vor.

Mit schriftlicher Vereinbarung vom 03.07.2020 bestätigte XXXX die Ernennung als „Sole Global Coordinator and Bookrunner“ für die BF im Rahmen des geplanten Angebots von Stammaktien und/oder aktiengebundenen Wertpapieren auf MTF der Wiener Börse (das „Engagement“).

Mit Ad-hoc Mitteilung vom XXXX .2020 wurde der Start der Platzierung der Aktien und der nachrangigen Pflichtwandelanleihe in ABB-Verfahren mitgeteilt.

Am XXXX .2020, XXXX Uhr, ersuchte XXXX die BF (CFO und Head M&A) um Bestätigung der übermittelten „ XXXX Allocation Policy“ vor dem Zuweisungsverfahren vom selben Abend. Dies wurde um 23:41 Uhr durch den CFO bestätigt und sich für die „great transaction“ bedankt.

Mit Ad-hoc Mitteilung vom XXXX .2020 wurde die erfolgreiche Aktienplatzierung und die Emission einer nachrangingen Pflichtwandelanleihe bei Bruttoemissionserlös von rund EUR 356 Mio mitgeteilt sowie das Settlement am/um den 23.07.2020 angekündigt.

Die Erste Group Research, Equity Weekly vom 13.07.2020, berichtete, dass die BF EUR 356 Mio über Kapitalmaßnahmen aufgenommen habe. EUR 236 Mio über die Platzierung von insgesamt 15,4 Mio Aktien (13,8% des Grundkapitals, davon 10% neue Aktien und 3,8% Aktien aus dem eigenen Bestand). Über eine dreijährige Pflichtwandelanleihe mit Kupon von 4% seien dem Unternehmen zusätzlich EUR 120 Mio zugeflossen. Die Aktien seien ohne Abschlag zum Kurs von EUR 15,31 platziert worden.

Am 06.08.2020 gab die BF mit Ad-hoc Mitteilung die Absicht der Begebung einer nicht nachrangingen Anleihe im Benchmark-Volumen (ON 11), am 08.10.2020 mit Corporate News (ON 12) die erfolgreiche Platzierung einer nicht-nachrangigen, festverzinslichen, unbesicherten Anleihe im Volumen von EUR 50 Mio bekannt.

II.1.7. Compliance in der BF

Die Compliance-Richtlinie in der BF vom 19.01.2018 legte im vorgeworfenen Tatzeitraum dar, was eine Insiderinformation bzw auch ein gestreckter Vorgang mit Zwischenschritt ist (3.4. Begriffsdefinition mit Beispielen), so ua Informationen über gesellschaftsrechtliche Maßnahmen wie Kapitalerhöhungen (S 9). Bei Insiderinformationen oder auch potentiellen Insiderinformationen wird umgehend ein Vertraulichkeitsbereich eingerichtet (S 16).

Zum Aufschub einer Veröffentlichung hält die Richtlinie in 9.2.3. fest, dass kumulierend vorliegen muss: Die unverzügliche Offenlegung wäre geeignet, die berechtigten Interessen der BF zu beeinträchtigen; der Aufschub nicht geeignet, die Öffentlichkeit irrezuführen; die Geheimhaltung der Information kann sichergestellt werden. Als in Betracht kommende berechtigte Interessen für einen Aufschub werden ua laufende Verhandlungen oder die ausstehende Zustimmung des Aufsichtsrats festgehalten (S 26).

Der Compliance-Bereich in der BF wird von der Compliance-Beauftragten geleitet, einer Juristin, die seit über zehn Jahren diese Funktion ausübt und über 50 Ad-hoc Mitteilungen verantwortet. Sie hat das Projekt XXXX ebenfalls begleitet und Vertraulichkeitsbereiche eingerichtet sowie Handelsverbote verhängt. In der BF wird ein konservativer Ansatz verfolgt und – sobald eine Kapitalmaßnahme im Raum steht, oder es Überlegungen bzw einen Projektauftrag gibt – zur Sicherheit ein Vertraulichkeitsbereich errichtet. Ein Aufschub wurde vorliegend entgegen der Compliance-Richtlinie nicht angedacht.

II.1.8. Lauf des Verwaltungsstrafverfahrens

Die FMA ersuchte die BF mit Schriftsatz vom 16.07.2021, GZ FMA-AD210422/0001-WAM/2021, um Auskunft zu den Vorgängen zwischen dem 01.05.2020 und dem 31.07.2020, dem die BF durch ihre RV mit 03.09.2021 durch Vorlage diverser Dokumente (ua Kalenderauszüge, Vorstandprotokolle, Unterlagen und Korrespondenz) nachkam.

Das Auskunftsersuchen der FMA vom 10.09.2021, GZ FMA-AD210422/0001-WAM/2021, wurde mit Schriftsatz vom 24.09.2021 und der Vorlage von Unterlagen zur außerordentlichen Aufsichtsratssitzung vom XXXX .2020 wie auch zum Projektauftrag und zur Dokumentation des Vertraulichkeitsbereichs des Projekts „ XXXX “ beantwortet.

Mit E-Mail vom 20.10.2021 wurde das ergänzende Auskunftsersuchen vom 06.10.2021 (ua Fragen zu den Ordereingängen und zur Ad-hoc Mitteilung vom XXXX .2020) durch die RV/BF beantwortet.

Die Aufforderung zur Rechtfertigung vom 14.12.2021 verließ binnen laufender Verfolgungsverjährungsfrist jedenfalls die Sphäre der Behörde und wurde am 16.12.2021 an die BF (ON 42 Übernahmebestätigung) und auch an den CFO (zu einem jedoch nicht mehr nachvollziehbaren Datum) zugestellt.

Die FMA nahm in der Aufforderung zur Rechtfertigung noch auf einen Zeitraum vom 02.06.2020 bis XXXX .2020 Bezug, und sah den damaligen Vorstandbeschluss bereits als präzise Information.

Die BF nahm mit E-Mails vom 25.02.2021 zur Aufforderung zur Rechtfertigung umfassend Stellung (ON 43ff). Der CFO war wesentlich an der Erstellung dieser an die FMA ergangenen Stellungnahme der BF beteiligt, sah jedoch von einer eigenen Stellungnahme ab. Im Vorfeld hatte er sich bei der RV erkundigt, ob das Verfahren auch gegen ihn als Privatperson gerichtet sei oder nur gegen die juristische Person.

Das Straferkenntnis vom 29.03.2023 zu FMA-EL00059.100/0001-LAW/2021 richtet sich an die BF und wurde dieser am 29.03.2023 per Boten (ON 46), dem CFO als Zurechnungsperson mit einem Begleitschreiben, das ihn auf seine Parteirechte als Zurechnungsperson hinwies, am 31.03.2023 zugestellt (ON 46a).

II.1.9. Zur Zurechnungsperson (Beschuldigter)

Der CFO hat Betriebswirtschaft und Wirtschaftsinformatik studiert und war danach im Finanzbereich für einen großen Asset-Manager tätig, bevor er in die BF wechselte, wo er insgesamt 14 Jahre, davon zuletzt rund sechs Jahre als Finanzvorstand, tätig war. Aktuell ist der BF nicht mehr in der BF tätig, weil er am 08.06.2022 aus dem Vorstand ausgeschieden ist und mit Ende 2022 auch seine Beratungstätigkeiten für die BF eingestellt hat.

In seinem Tätigkeitsbereich war er verantwortlich für Ad-hoc Mitteilungen und hat diese in den sechs Jahren vor seinem Ausscheiden – so auch im vorgeworfenen Tatzeitraum – gemeinsam mit der Compliance-Verantwortlichen verantwortet. Als börsenotiertes Unternehmen gab es einen umfassenden Compliance-Bereich mit entsprechenden Richtlinien (s oben), die im Unternehmen dementsprechend veröffentlicht waren. Regelmäßig wurden Weiterbildungen durchgeführt, die Compliance-Beauftragte und die Mitarbeiter wurden regelmäßig geschult. Das Thema der Kapitalmarkt-Compliance war das Tagesgeschäft des CFO, weil er in den sechs Jahren als CFO eine Vielzahl an Kapitalmarkttransaktionen geleitet und verantwortet hat. Ihm war bewusst, dass es bei derart komplexen Verfahren, wie vorliegend, regelmäßig sehr viele Zwischenschritte gab, die zu evaluieren waren. Er hat sich intensiv damit beschäftigt und ihm war die Gesetzeslage und Judikatur hinreichend bekannt. In der BF hat der CFO im Tatzeitraum gemeinsam mit der Compliance-Beauftragten und der RV die Prozesse begleitet und ständig evaluiert. Die RV hat die BF und insbesondere den CFO in dieser Zeit – wie auch davor und danach regelmäßig – durchgehend zum Thema „Kapitalmarkt-Compliance“ beraten. Da der CFO überzeugt war, rechtsrichtig zu handeln, hat er für die Frage nach dem Timing die FMA nie kontaktiert, dies erfolgte jedoch zu Bilanzierungsfragen.

Im praktischen Ablauf, im gestreckten Sachverhalt, hat der CFO gemeinsam mit der Compliance-Beauftragten und der RV die entsprechende Ad-hoc Mitteilung verfasst und veranlasst. Die Freigabe erfolgte durch den Gesamtvorstand, die technische Veröffentlichung/Abwicklung durch die Investor Relations-Abteilung.

Komplexere Themen wurden in der BF in einer Projektorganisation bearbeitet. Dieser Bereich wurde im Dezember 2019 vom COO übernommen und ab Jahresbeginn 2020 eine neue PMO-Struktur mit einer neuen Standardstruktur für Projektabläufe geschaffen, die deshalb im Tatzeitraum noch nicht vollständig etabliert war. Der Projektlebenszyklus hatte dabei vier Quadranten:

1. Einleitungs- oder Evaluierungsphase, „Projektidee“, in der allgemein Sachverhalte erhoben wurden und es um Datensammlung und Aufbereitung ging;

2. Planungsphase, Projektstart (gegebenenfalls als Vorstandsbeschluss bei genehmigungspflichtigen Projekten)

3. Umsetzungsphase bzw Ausführung (Bautätigkeit, Vertrag-, Kreditabschluss, Einrichtung der IT)

4. Follow up als Nachschau mit Evaluierungs-und Verbesserungsphase.

II.1.10 Bewertende Feststellungen der Abläufe im Tatzeitraum

Vorliegend sah sich der Vorstand im Jahr 2020 bedingt durch die Pandemie einer schwierigen Lage gegenüber. So war das Jahr 2020 eines der schwierigsten Jahre für die BF nach der Lehman-Krise 2008, unter der die BF bereits besonders gelitten hatte. Der CFO hat die damalige Krise bereits in der BF miterlebt und war durch die negative Aussicht im Mai 2020 alarmiert. Auf Grund der vielen verschiedenen Covid 19-Regelungen in den Ländern, in denen die BF tätig war, hatte die BF im Jahr 2020 eine dramatische Reduzierung der Mieteinnahmen und wusste auch nicht, ob diese jemals erstattet würden. Die Shoppingcenter waren geschlossen und die Bürogebäude waren durch das verordnete Home-Office leer. Es herrschte große Unsicherheit auch in Hinblick auf die weitere Entwicklung der Kapitalmärkte und die BF fürchtete eine Entwicklung wie in der Finanzkrise 2008.

Aufgrund der allgemein schwierigen Situation der Weltwirtschaft und unsicheren Lage der BF im Mai/Juni 2020 hatte der CFO die Überlegungen, die Ermächtigungen der Hauptversammlungsbeschlüsse zu Kapitalerhöhungen zu ergreifen. Sein Bereich war mit ausreichend vielen Mitarbeitern gut aufgestellt und auch mit dem RV gut eingespielt. Pflichtwandelanleihen waren jedoch Neuland, der CFO dachte im Tatzeitraum, dass die BF hiermit die erste am österreichischen Markt sei. Gleichzeitig war in der BF der Umgang damit aus anderen Ländern bekannt und legte XXXX dem CFO nach einem Gespräch Ende Mai 2020 am 27.05.2020 eine erste Unterlage zu im Rahmen der Beschlüsse der Hauptversammlungen möglichen Kapitalmaßnahmen vor, die in weiterer Folge Anfang Juni präzisiert wurden. Klar stellte XXXX dabei, dass der im Rahmen der HV-Beschlusses eingebettete und aufgrund der Marktsituation empfohlene Maßnahmenmix ab der Urlaubszeit Mitte Juli nicht mehr angewandt werden kann. Damit verblieb dem CFO wenig Zeit zur Vorbereitung und Umsetzung der Maßnahmen.

Bereits im Mai 2020 waren die Themen im Vorstand die negative Aussicht nach dem ersten Quartal wie auch die Fragen des Rankings. Thema in der Vorstandssitzung vom 02.06.2020 war deshalb, dass „wir etwas tun müssen oder wollen, um Eigenkapital zu stärken“ (COO, VHS 06.06.2020, S 11). Die beiden anderen Vorstandsmitglieder standen am 02.06.2020 der Idee der Kapitalerhöhung mittels Pflichtwandelanleihe und ABB noch eher abwartend gegenüber, erteilten dem CFO jedoch bereits den Projektauftrag wie auch den Auftrag zur weiteren Evaluierung und Konkretisierung der von ihm angedachten Kapitalmaßnahmen. Bereits mit 04.06.2020 und den neuen von XXXX erstellten, konkreter auf die BF und die vorgesehenen Massnahmen angepassten Unterlagen konnte der CFO den Vorstand überzeugen und einigte der Vorstand sich auf den weiteren Fahr- und Zeitplan mit einer Befassung des Aufsichtsrates. Diesem wurde vom Vorstand „nur das, was er als gangbare Variante ansah,“ vorgelegt (AR-Mitglied, VHS 06.06.2020, S 8).

Weitere Möglichkeiten, wie beispielsweise die Überlegung, Assets zu verkaufen, wurden – schon aufgrund der Marktsituation mit geschlossenen Einkaufshäusern und wegen Homeoffice der Mitarbeiter reduzierten Büros – nicht in Erwägung gezogen. Hingegen überzeugten bei in der BF befürchtetem Szenario einer Rezession und Bankenkrise die durch XXXX fundierten Ideen des CFO zur Kapitalerhöhung, hinter denen jedenfalls ab 04.06.2020 der Gesamtvorstand stand.

Dass der Vorstandswille mit 04.06.2020 schon sehr eindeutig war, zeigt einerseits, dass der CFO – noch vor dem Projektstart mittels des Projektmanagements am XXXX .2020 nach Beschluss des Aufsichtsrates und des Vorstandes – konkretere Informationen zum Thema einholte, um den Aufsichtsrat informieren und Unterlagen zu dessen Überzeugung vorbereiten zu können, auch klärte er diesbezüglich die Projektkosten – im Wesentlichen Beratungskosten und Kosten für die Investmentbanken – ab. Andererseits begann der CFO aufgrund der Zustimmung des Gesamtvorstandes zum Projekt bereits, Mandate zu vergeben (so an die RV) und den Maßnahmenmix weiter zu konkretisieren. Neben der RV und XXXX waren auch schon XXXX mit im Projektteam eingebunden und standen S&P und XXXX schon als Beteiligte fest.

Die geplanten Kapitalmaßnahmen sollten zu Zwecken der Absicherung des IG-Ratings (Update S&P) in Hinblick auch auf allfällige Umschuldungen bzw Refinanzierungen in den Jahren 2020 dienen wie sich auch aus der Stärkung der Eigenkapital-Struktur Chancen bieten, die im Falle des Aufschwungs durch die sich bietende Liquidität zur Fortführung des Wachstums genützt werden konnten. Alle Maßnahmen auf Eigenkapitalseite wurden als geeignet gesehen, die Gesellschaft aus der schwierigen Lage herauszuführen (AR-Mitglied, VHS 06.06.2020, S 9). Thema war auch die Chancenrisikoabwägung, also welche Chancen sich pro futuro ergeben. Weitere Varianten wurden vom Vorstand nicht konkret angedacht und auch dem Aufsichtsrat nicht unterbreitet.

Festgestellt wird, dass der CFO (bzw auch der Vorstand, die BF) den Inhalt der ad-hoc Mitteilung vom XXXX 2020 als zu veröffentlichenden Zwischenschritt ansah. Die darin mitgeteilte Erwägung möglicher Kapitalmaßnahmen und Vorbereitung einer möglichen Platzierung von Aktien der Gesellschaft sowie einer möglichen Emission einer Pflichtwandelanleihe wurde aber bereits am 02.06.2020 im Vorstand beschlossen und im Laufe des 04.06.2020 weiter vertieft, weshalb der veröffentlichte Inhalt wie oben ausführlich dargestellt, bereits auf den 04.06.2020 zutrifft.

Die Möglichkeit eines Aufschubes wurde trotz der eindeutigen Anweisungen in der Compliance-Richtlinie und des Willens der Vorstände nicht angedacht.

Mit dem ersten Aufsichtsratsbeschluss am XXXX .2020 (Ermächtigungsbeschluss) stand bereits fest, dass die Kapitalerhöhung wie angedacht durchgeführt werden soll (Head M&A, VHS 06.06.2020). Nach dem XXXX .2020 wurden die Pläne bereits umgesetzt und die angedachten Kapitalerhöhungen intensiv vorbereitet. Dabei wurden ua wesentliche Rechtsfragen, wie die Höhe der Zurechnung zum Eigenkapital, und andere rechtliche Fragen geklärt, Terms&Condition weiter bearbeitet und XXXX mandatiert. Es liegt in der Natur der angedachten Kapitalmaßnahmen, dass diese bis zuletzt scheitern können (s COO, VHS 06.06.2020). Dies ist den Marktteilnehmern auch bewusst.

II.2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen sind weitgehend unstrittig und beruhen im Wesentlichen auf unbedenklichen Beweismitteln, die von der BF vorgelegt und von den Parteien als echt und richtig erkannt wurden. Da auch das Bundesverwaltungsgericht daran nicht zweifelt, konnten diese den Sachverhaltsfeststellungen zugrunde gelegt werden und wurde zur besseren Zuordnung und, um Redundanzen zu vermeiden, bereits in den Feststellungen auf die jeweilige Quelle hingewiesen. Es wurden jedoch die Feststellungen der FMA anhand der unstrittigen Beweisvorlagen überprüft und deren zitierter Wortlaut ergänzt bzw teils auch berichtigt.

Im Einzelnen beruhen die Feststellungen auf folgenden Erwägungen:

Die Feststellungen zum Vorstand der BF beruhen auf dem im Akt der FMA wie auch des Bundesverwaltungsgerichts einliegenden Firmenbuchauszug. Die Feststellungen zum Unternehmen und dessen Geschäftstätigkeit beruhen auf öffentlichen Urkunden wie dem Firmenbuchauszug (ON 14) sowie öffentlich verfügbaren Daten der BF.

Die Bestellung des im Tatzeitraum zuständigen Vorstandes XXXX zum verantwortlichen Beauftragten ergibt sich aus der Bestellungsurkunde, die auch integrierter Teil des angefochtenen Straferkenntnisses ist (ON 03, 46, 46a). Die Feststellungen zur finanziellen Situation der Emittentin ergeben sich aus den Jahresberichten der XXXX AG (ON 44 bzw öffentlich auf der Website abrufbar).

Für die Feststellungen zum chronologischen Ablauf im gegenständlichen Tatzeitraum zwischen 04.06.2020 bis XXXX .2020 wurden die von der Emittentin vorgelegten Urkunden herangezogen. Bereits die FMA hatte keine Anhaltspunkte, dass diese Unterlagen nicht echt und richtig wären. Grundsätzlich wurde der von der FMA festgestellte Sachverhalt auch nicht bestritten, vielmehr bestritt die BF im Wesentlichen das Vorliegen einer Insiderinformation und damit die Rechtsauslegung der Behörde.

Die Feststellungen zu den Ad-Hoc Mitteilungen der BF sowie den darauf erfolgten Reaktionen beim Börsenkurs wurden von der FMA aufgrund des unstrittigen Akteninhalts getroffen und von der BF nicht bestritten. Das Bundesverwaltungsgericht sieht daher keinen Grund, diese Feststellungen nicht seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

Ad II.1.1. Zum Unternehmen

Die Daten zum Unternehmen, wie dessen Börsenotierung, Umsatzerlöse, Marktkapitalisierung und zum (Gesamt-)Vorstand, der Aufgabenverteilung sowie zum CFO, wurden bereits von der FMA angenommen und von der BF nicht bestritten. Die Bestellung zum verantwortlichen Beauftragten ergibt sich aus der unbedenklichen, von der FMA dem Straferkenntnis beigelegten Bestellungsurkunde.

Ad. II.1.2. Beschlüsse der Hauptversammlung

Die Auszüge aus den Beschlüssen der XXXX . und XXXX . ordentlichen Hauptversammlung sind öffentlich abrufbar, wurden mit der Beschwerde ebenfalls vorgelegt und werden überdies in den unbedenklichen Beweisvorlagen – teils handelt es sich dabei um veröffentlichte Beschlüsse – zitiert. Dass diese bereits den Rahmen für die vorgenommenen Kapitalmaßnahmen vorgeben, wird durch alle Parteien anerkannt.

Ad. II.1.3. Chronologie der Abläufe ab Mai 2020 bis zum XXXX 2020 (Ad-hoc Mitteilung)

Die Chronologie der Abläufe ergibt sich einerseits aus dem angefochtenen Straferkenntnis der FMA, in dem diese auf die vorgelegten Beweismittel und die jeweilige ON verweist. Andererseits hat das Bundesverwaltungsgericht die Feststellungen der FMA anhand der von der BF vorgelegten unstrittigen Beweismittel wie auch anhand der Ergebnisse des Beweisverfahrens zur besseren Darstellung der Vorkommnisse ergänzt. Hervorzuheben ist dabei, dass es aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes hier durchaus teils der konkreteren Darstellung bedarf. So macht es einen wesentlichen Unterschied, ob wiedergegeben wird, dass sich ein Dokument in der anfänglichen Entwurfsphase befindet oder bspw in der Transaktionsunterlage von XXXX , die am 04.06.2020 besprochen wurde, 12% oder als Platzhalter [12%] stehen, die Geschehnisse auch entsprechend der Uhrzeit chronologisch dargestellt werden bzw wer gewisse Schritte setzte. Zahlreiche der Dokumente sind lediglich Punktationen und weitgehend erste Entwürfe, die es ebenso gemäß dem Wortlaut der Dokumente darzustellen galt. Insbesondere hat es die FMA aber gänzlich unterlassen, die BF wie auch die Zurechnungsperson und weitere Zeugen persönlich zu befragen. Dies hat das Bundesverwaltungsgericht in zwei Verhandlungsterminen nachgeholt. Durch die Befragung des CFO als verantwortlichem Beauftragten und damit als Zurechnungsperson / Beschuldigtem sowie der BF mittels des RV und den zahlreichen beantragten Zeugen und deren glaubhaften, untereinander, aber insbesondere mit den vorgelegten Beweismitteln übereinstimmenden Aussagen konnte sich das Bundesverwaltungsgericht ein Bild der Vorkommnisse machen und waren die Feststellungen auch durch den Eindruck aus der mündlichen Beschwerdeverhandlung zu ergänzen.

Auf die zeugenschaftliche Einvernahme des RV selbst wurde durch diesen verzichtet, nicht zuletzt, weil nur er die BF vertreten könne. Als deren Vertreter stand es ihm überdies frei, seine eigenen Eindrücke aus den Vorkommnissen wie auch seine eigene damalige Rolle darzulegen, wovon er jedoch mit Verweis auf seine Schriftsätze Abstand genommen hat.

Ad II.1.4 Wortlaut der Ad-hoc Mitteilung

Dieser ist öffentlich abrufbar und unstrittig.

Unstrittig ist auch, dass kein Aufschub der Veröffentlichung erfolgte. Das Bundesverwaltungsgericht sieht daher keinen Grund, diese Feststellungen nicht seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

Ad II.1.5 Kursverlauf

Dieser ist unstrittig. Die BF bemängelte nur, dass der Kursverlauf vom XXXX .2020 nicht Indiz für den 04.06.2020 sein könne, den die FMA als für die Veröffentlichung des Zwischenschrittes heranziehe, weil die Ad-hoc Mitteilung zu diesem Datum aus ihrer Sicht dann weit weniger präziser und aussagekräftiger hätte ausfallen müssen. Hier handelt es sich jedoch um eine Rechtsfrage.

Ad II.1.6 Weiterer chronologischer Verlauf

Das Bundesverwaltungsgericht gibt der BF recht, dass für die Bewertung des Zwischenschrittes und einer Ad-hoc Mitteilungspflicht auch die Vorkommnisse nach dem XXXX .2020 und der erfolgten Ad-hoc Mitteilung interessieren, um diesen in den richtigen Zusammenhang zu setzen, weshalb – wenn auch nicht in der Detailliertheit des vorgeworfenen Tatzeitraums - auch der weitere Verlauf dargestellt wurde. Dies erfolgte neuerlich anhand der unstrittigen Beweisvorlagen.

Ad II.1.7. Compliance in der BF

Die Feststellungen ergeben sich sowohl aus der unstrittigen vorgelegten Compliance-Richtlinie als auch den glaubhaften Aussagen des CFO und der Zeugin bzw Compliance-Beauftragten in der mündlichen Beschwerdeverhandlung. Hinsichtlich der Zuständigkeit konnte der CFO aufklären, dass die Abteilung IR lediglich für die technische und rechtzeitig funktionierende Übermittlung, nicht jedoch für den Wortlaut wie auch die grundsätzliche Entscheidung verantwortlich zeichnete.

Ad II.1.8 Verwaltungsstrafverfahren

Der Lauf des Verwaltungsstrafverfahrens ergibt sich aus der Aktenlage.

Dass dem CFO die Aufforderung zur Rechtfertigung an seiner Büroadresse zuging, hat dieser in der Beschwerdeverhandlung bestätigt. Ebenso, dass er maßgeblich an der Erstellung aller Stellungnahmen beteiligt war.

Ad II.1.9 Zur Zurechnungsperson

Die diesbezüglichen Feststellungen ergeben sich aus den nachvollziehbaren, plausiblen und damit glaubhaften Aussagen des CFO wie auch der Zeugen in der Beschwerdeverhandlung und stehen in Einklang mit den vorgelegten Beweismitteln.

Die schwierige Lage aufgrund der Pandemie betonten neben der BF und dem CFO alle Zeugen, ist weitgehend notorisch und insbesondere der CFO wie auch der COO legten die Schwierigkeiten für die BF sehr anschaulich in der Beschwerdeverhandlung dar.

Ad II.1.10 Bewertende Feststellungen der Abläufe im Tatzeitraum

Die Feststellungen zur Gesamtsituation anlässlich der Pandemie und der Bedenken in der BF, sowie, dass einzig die Frage der Kapitalerhöhungen mit Blick auf die Stärkung der Eigenkapitalstruktur diskutiert wurde, ergaben sich aus den Befragungen des CFO und der Zeugen.

Die Projektorganisation wurde durch den CFO wie auch den COO in der Beschwerdeverhandlung dargelegt. Dass bereits das Projekt mit 02.06.2020 gestartet wurde, der Projektstart im PMO erst nach dem XXXX 2020 erfolgte, ergibt sich aus den vorgelegten Unterlagen (Quellen s Chronologie) zu den Vorbereitungen der Maßnahmen zur Kapitalerhöhung. Hierzu hat der COO in der Beschwerdeverhandlung auch glaubhaft ausgeführt, dass der Projektstart in der PMO erst dann erfolgen kann, wenn das dazugehörende Sheet komplett befüllt und damit erst abgespeichert werden kann. Dem Projektstart im PMO muss deshalb untergeordnete Bedeutung zukommen, weil es in zeitlicher Hinsicht nicht mit der Meinungsbildung des Vorstandes zusammenfiel, sondern erst später erstellt werden konnte.

Der erkennende Senat stimmt zur Frage, ab wann der Vorstand die Maßnahmenumsetzung geplant hatte, nicht mit den Aussagen der BF, des CFO und der befragten Zeugen überein, die darzustellen versuchen, dass es vor dem XXXX 2020 noch keinen Willen des Vorstandes gegeben habe. So räumte der COO ein, dass er am 02.06.2020 die Kombination interessant fand, aber Zweifel wegen der Außenstände des Konzerns und der Themen der Verwässerung sowie der Negativzinsen bei Liquidität hatte. Er fürchtete, dass die BF, bei niedrigem Aktienkurs und hoher Liquidität zum Übernahmeziel werden könnte.

Der CFO bzw der Vorstand hätte die Ad-hoc Mitteilung nicht veröffentlicht, wenn nicht er selbst – in Absprache mit seiner RV und den anderen Vorstandsmitgliedern – dies als Zwischenschritt betrachtet hätte, der zu veröffentlichen ist. Am 04.06.2020 war die Kapitalerhöhung jedoch keine bloße „Projektidee“ mehr, wie der COO vermeint, sondern wurden Kapitalmaßnahmen jedenfalls – wie jedoch erst am XXXX .2020 ad-hoc mitgeteilt -, so die mögliche Platzierung von Aktien wie auch die mögliche Emission einer Pflichtwandelanleihe, erwogen. Ab dem XXXX .2020 trat die BF bereits in die konkrete Umsetzungsphase ein. Dass das Projekt jederzeit aufgrund von Marktentwicklungen hätte scheitern können (COO, VHS 06.06.2020, S 13, 14), war von äußeren Umständen abhängig und ändert nichts am Wille des Vorstandes, die Kapitalerhöhung umzusetzen. Aufgrund des zeitlichen Faktors von nur wenigen Wochen (nämlich bis längstens Mitte Juli) mussten dabei konkrete Fragestellungen und die Ausarbeitung der Verträge naturgemäß parallel verlaufen. Dass der gewünschte Effekt der Bilanzierung ins Eigenkapital erreicht werden kann, stand überdies zu einem frühen Zeitpunkt aufgrund der gewählten Kapitalmaßnahme fest, dass es nicht nur 80%, sondern 100% sein würden, ändert nichts am Willen der BF, die Kapitalerhöhungen mittels Pflichtwandelanleihe und ABB noch vor Mitte Juli 2020 durchzuführen.

II.3. Rechtliche Beurteilung:

II.3.1. Zur Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts, zum anwendbaren Recht und zur Zulässigkeit der Beschwerde

Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz (BVwGG), BGBl I Nr 10/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gemäß § 22 Abs 2a Finanzmarktaufsichtsbehördengesetz (FMABG) entscheidet über Beschwerden gegen Bescheide der FMA das Bundesverwaltungsgericht durch Senat, ausgenommen in Verwaltungsstrafsachen bei Bescheiden, bei denen weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine 600 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde. Gegenständlich wurde eine 600 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt, sodass Senatszuständigkeit vorliegt.

Gemäß § 38 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art 130 Abs 1 B-VG in Verwaltungsstrafsachen die Bestimmungen des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG, BGBl Nr 52/1991, mit Ausnahme des 5. Abschnittes des II. Teiles, und des Finanzstrafgesetzes - FinStrG, BGBl Nr 129/1958, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Das Bundesverwaltungsgericht hat in Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 50 VwGVG, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, in der Sache selbst zu entscheiden. Gemäß § 48 VwGVG ist bei Fällung des Erkenntnisses nur auf das Rücksicht zu nehmen, was in einer durchgeführten Verhandlung auch tatsächlich vorgekommen ist.

Das Straferkenntnis wurde der BF am 29.03.2023 zugestellt und die Beschwerde am 26.04.2023 bei der FMA eingebracht. Die Beschwerde ist somit rechtzeitig und auch sonst zulässig.

II.3.2. Zu Spruchpunkt A):

II.3.2.1. Anzuwendende Rechtslage:

Art 3 Abs 1 Z 21 Verordnung (EU) Nr 596/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. April 2014 über Marktmissbrauch (Marktmissbrauchsverordnung) und zur Aufhebung der Richtlinie 2003/6/EG des Europäischen Parlaments und des Rates und der Richtlinien 2003/124/EG , 2003/125/EG und 2004/72/EG der Kommission (MAR) lautet:

Für die Zwecke dieser Verordnung gelten folgende Begriffsbestimmungen:

‚Emittent‘ bezeichnet eine juristische Person des privaten oder öffentlichen Rechts, die Finanzinstrumente emittiert oder deren Emission vorschlägt, wobei der Emittent im Fall von Hinterlegungsscheinen, die Finanzinstrumente repräsentieren, der Emittent des repräsentierten Finanzinstruments ist;

Art 7 MAR lautet auszugsweise:

(1) Für die Zwecke dieser Verordnung umfasst der Begriff ‚Insiderinformationen‘ folgende Arten von Informationen:

a) nicht öffentlich bekannte präzise Informationen, die direkt oder indirekt einen oder mehrere Emittenten oder ein oder mehrere Finanzinstrumente betreffen und die, wenn sie öffentlich bekannt würden, geeignet wären, den Kurs dieser Finanzinstrumente oder den Kurs damit verbundener derivativer Finanzinstrumente erheblich zu beeinflussen; […]

(2) Für die Zwecke des Absatzes 1 sind Informationen dann als präzise anzusehen, wenn damit eine Reihe von Umständen gemeint ist, die bereits gegeben sind oder bei denen man vernünftigerweise erwarten kann, dass sie in Zukunft gegeben sein werden, oder ein Ereignis, das bereits eingetreten ist oder von den vernünftigerweise erwarten kann, dass es in Zukunft eintreten wird, und diese Informationen darüber hinaus spezifisch genug sind, um einen Schluss auf die mögliche Auswirkung dieser Reihe von Umständen oder dieses Ereignisses auf die Kurse der Finanzinstrumente oder des damit verbundenen derivativen Finanzinstruments, der damit verbundenen Waren-Spot-Kontrakte oder der auf den Emissionszertifikaten beruhenden Auktionsobjekte zuzulassen. So können im Fall eines zeitlich gestreckten Vorgangs, der einen bestimmten Umstand oder ein bestimmtes Ereignis herbeiführen soll oder hervorbringt, dieser betreffende zukünftige Umstand bzw das betreffende zukünftige Ereignis und auch die Zwischenschritte in diesem Vorgang, die mit der Herbeiführung oder Hervorbringung dieses zukünftigen Umstandes oder Ereignisses verbunden sind, in dieser Hinsicht als präzise Information betrachtet werden.

(3) Ein Zwischenschritt in einem gestreckten Vorgang wird als eine Insiderinformation betrachtet, falls er für sich genommen die Kriterien für Insiderinformationen gemäß diesem Artikel erfüllt.

(4) Für die Zwecke des Absatzes 1 ist sind unter ‚Informationen, die, wenn sie öffentlich bekannt würden, geeignet wären, den Kurs von Finanzinstrumenten, derivativen Finanzinstrumenten, damit verbundenen Waren-Spot-Kontrakten oder auf Emissionszertifikaten beruhenden Auktionsobjekten spürbar zu beeinflussen‘ Informationen zu verstehen, die ein verständiger Anleger wahrscheinlich als Teil der Grundlage seiner Anlageentscheidungen nutzen würde.

Art 17 Abs 1, 4 MAR:

(1) Emittenten geben der Öffentlichkeit Insiderinformationen, die unmittelbar den diesen Emittenten betreffen, so bald wie möglich bekannt.

Die Emittenten stellen sicher, dass die Insiderinformationen in einer Art und Weise veröffentlicht werden, die es der Öffentlichkeit ermöglicht, schnell auf sie zuzugreifen, falls vorhanden, und sie vollständig, korrekt und rechtzeitig zu bewerten, und dass sie in dem amtlich bestellten System gemäß Artikel 21 der Richtlinie 2004/109/EG des Europäischen Parlaments und des Rates veröffentlicht werden. Die Emittenten dürfen die Veröffentlichung von Insiderinformationen nicht mit der Vermarktung ihrer Tätigkeiten verbinden. Die Emittenten veröffentlichen alle Insiderinformationen, die sie der Öffentlichkeit mitteilen müssen, auf ihrer Website und zeigen sie dort während eines Zeitraums von mindestens fünf Jahren an.

Dieser Artikel gilt für Emittenten, die für ihre Finanzinstrumente eine Zulassung zum Handel an einem geregelten Markt in einem Mitgliedstaat beantragt oder erhalten haben, bzw im Falle von Instrumenten, die nur auf einem multilateralen oder organisierten Handelssystem gehandelt werden, für Emittenten, die für ihre Finanzinstrumente eine Zulassung zum Handel auf einem multilateralen oder organisierten Handelssystem in einem Mitgliedstaat erhalten haben oder die für ihre Finanzinstrumente eine Zulassung zum Handel auf einem multilateralen Handelssystem in einem Mitgliedstaat beantragt haben.

(4) Ein Emittent oder ein Teilnehmer am Markt für Emissionszertifikate, kann auf eigene Verantwortung die Offenlegung von Insiderinformationen für die Öffentlichkeit aufschieben, sofern sämtliche nachfolgenden Bedingungen erfüllt sind:

a) die unverzügliche Offenlegung wäre geeignet die berechtigten Interessen des Emittenten oder Teilnehmers am Markt für Emissionszertifikate zu beeinträchtigen,

b) die Aufschiebung der Offenlegung wäre nicht geeignet, die Öffentlichkeit irrezuführen,

c) der Emittent oder Teilnehmer am Markt für Emissionszertifikate kann die Geheimhaltung dieser Informationen sicherstellen.

Im Falle eines zeitlich gestreckten Vorgangs, der aus mehreren Schritten besteht und einen bestimmten Umstand oder ein bestimmtes Ereignis herbeiführen soll oder hervorbringt, kann ein Emittent oder Teilnehmer am Markt für Emissionszertifikate auf eigene Verantwortung die Offenlegung von Insiderinformationen zu diesem Vorgang vorbehaltlich des Unterabsatzes 1 Buchstaben a, b und c aufschieben.

Hat ein Emittent oder ein Teilnehmer am Markt für Emissionszertifikate die Offenlegung von Insiderinformationen nach diesem Absatz aufgeschoben, so informiert er die gemäß Absatz 3 festgelegte zuständige Behörde unmittelbar nach der Offenlegung der Informationen über den Aufschub der Offenlegung und erläutert schriftlich, inwieweit die in diesem Absatz festgelegten Bedingungen erfüllt waren. Alternativ können Mitgliedstaaten festlegen, dass die Aufzeichnung einer solchen Erläuterung nur auf Ersuchen der gemäß Absatz 3 festgelegten zuständigen Behörde übermittelt werden muss.

§ 155 Abs 1 Z 2 BörseG 2018, BGBl I Nr 107/2017 in Kraft vom 03.01.2018 bis 28.05.2021 (unverändert zur aktuellen Rechtslage):

Wer

2. seine Verpflichtungen zur Veröffentlichung von Insiderinformationen gemäß Art 17 der Verordnung (EU) Nr 596/2014 nicht erfüllt oder gegen daran anknüpfende Verpflichtungen gemäß der aufgrund Art 17 Abs 10 der Verordnung (EU) Nr 596/2014 erlassenen technischen Durchführungsstandards verstößt,

begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der FMA mit einer Geldstrafe bis zum Dreifachen des aus dem Verstoß gezogenen Nutzens einschließlich eines vermiedenen Verlustes, soweit sich der Nutzen beziffern lässt oder hinsichtlich der Z 1 und 2 mit einer Geldstrafe bis zu 1 Million Euro oder hinsichtlich der Z 3 bis 5 mit einer Geldstrafe bis zu 500 000 Euro zu bestrafen.

§ 156 BörseG 2018, BGBl I Nr 107/2017 in Kraft seit 03.01.2018:

(1) Die FMA kann Geldstrafen gegen juristische Personen verhängen, wenn Personen, die entweder allein oder als Teil eines Organs der juristischen Person gehandelt haben und eine Führungsposition innerhalb der juristischen Person aufgrund

1. der Befugnis zur Vertretung der juristischen Person,

2. der Befugnis, Entscheidungen im Namen der juristischen Person zu treffen, oder

3. einer Kontrollbefugnis innerhalb der juristischen Person

innehaben, gegen die in den §§ 154 und 155 angeführten Verbote oder Verpflichtungen verstoßen haben.

(2) Juristische Personen können wegen der in Abs 1 genannten Verstöße auch verantwortlich gemacht werden, wenn mangelnde Überwachung oder Kontrolle durch eine in Abs 1 genannte Person die Begehung dieser Verstöße durch eine für die juristische Person tätige Person ermöglicht hat.

(3) Die Geldstrafe gemäß Abs 1 und 2 beträgt […]

2. im Falle von Verstößen gegen Art 16 und 17 der Verordnung (EU) Nr 596/2014 bis zu 2 500 000 Euro oder 2 vH des jährlichen Gesamtnettoumsatzes gemäß Abs 4 oder bis zum Dreifachen des aus dem Verstoß gezogenen Nutzens einschließlich eines vermiedenen Verlustes, soweit sich der Nutzen beziffern lässt, […]

(4) Der jährliche Gesamtnettoumsatz gemäß Abs 3 ist bei Kreditinstituten der Gesamtbetrag aller in Z 1 bis 7 der Anlage 2, Teil 2, zu § 43 BWG angeführten Erträge abzüglich der dort angeführten Aufwendungen; handelt es sich bei dem Unternehmen um eine Tochtergesellschaft, ist auf den jährlichen Gesamtnettoumsatz abzustellen, der im vorangegangenen Geschäftsjahr im konsolidierten Abschluss der Muttergesellschaft an der Spitze der Gruppe ausgewiesen ist. Bei sonstigen juristischen Personen ist der jährliche Gesamtumsatz maßgeblich. Soweit die FMA die Grundlagen für den Gesamtumsatz nicht ermitteln oder berechnen kann, hat sie diese zu schätzen. Dabei sind alle Umstände zu berücksichtigen, die für die Schätzung von Bedeutung sind.

 

II.3.2.2. Zur objektiven Tatseite:

Zunächst ist festzuhalten, dass es sich bei der BF unstrittig um eine Emittentin im Sinne des Art 3 Abs 1 Z 21 MAR handelt, weil sie im Tatzeitraum eine Aktiengesellschaft war, deren Aktien im Markt Amtlicher Handel im Marktsegment Prime Market der Wiener Börse notierten. Sie war damit unstrittig eine juristische Person des privaten Rechts, die Finanzinstrumente emittierte und Emittentin gemäß Art 3 Abs 1 Z 21 MAR.

Die BF war daher nach Art 17 Abs 1 MAR verpflichtet, Insiderinformationen nach Art 7 MAR so bald wie möglich bekannt zu geben. Die öffentliche Bekanntgabe von Insiderinformationen durch Emittenten ist von wesentlicher Bedeutung, um Insidergeschäften und der Irreführung von Anlegern vorzubeugen (Erwägungsgrund der MAR [Erw.] 49).

Die Bestimmungen der MAR zur Insiderinformation sind im Wesentlichen ident zu den Vorgängerbestimmungen in § 48a Abs 1 Z 1 BörseG, BGBl Nr 555/1989 idF BGBl I Nr 184/2013, und § 48d Abs 1, 2 BörseG, BGBl Nr 555/1989 idF BGBl I Nr 68/2015, sodass die dazu beziehungsweise auf die diese umsetzenden unionsrechtlichen Bestimmungen der Marktmissbrauchsrichtlinie ergangene Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs und des Gerichtshofs der Europäischen Union (im Folgenden: EuGH) auch auf die Bestimmungen der MAR übertragbar ist (so auch Hössl-Neumann/Torggler in Kalss/Oppitz/U. Torggler/Winner, BörseG/MAR Art 7 MAR, Rz 6).

Danach besteht der Begriff der Insiderinformation aus vier Tatbestandsmerkmalen (EuGH 11.03.2015, C-628/13, Lafonta, mit Verweis auf EuGH 28.06.2012, C-19/11, Geltl). Erstens muss es sich um eine präzise Information handeln, die zweitens nicht öffentlich bekannt ist, drittens direkt oder indirekt einen oder mehrere Finanzinstrumente oder deren Emittenten betrifft und viertens geeignet wäre, wenn sie öffentlich bekannt würde, den Kurs dieser Finanzinstrumente oder den Kurs sich darauf beziehender derivativer Finanzinstrumente erheblich zu beeinflussen.

PRÄZISE INFORMATION

Eine Information ist nach Art 7 Abs 2 erster Satz dann präzise, wenn damit ein Ereignis gemeint ist, das bereits eingetreten ist oder von dem vernünftigerweise erwartet werden kann, dass es in Zukunft eintreten wird, und diese Informationen darüber hinaus spezifisch genug sind, um einen Schluss auf die mögliche Auswirkung dieses Ereignisses auf die Kurse der Finanzinstrumente zuzulassen. Insiderinformationen sind nur präzise Informationen, wodurch spekulative und vage Informationen ausgenommen werden sollen. Die Präzision wird durch zwei kumulative Voraussetzungen definiert: Erstens muss der Gegenstand der Information objektiv gegeben oder seine Existenz vernünftigerweise zu erwarten sein („Objektivierbarkeit“, auch: Präzision ieS); zweitens muss die Information spezifisch genug sein, um einen Schluss auf die Kursentwicklung zuzulassen („Kursspezifität“, auch: Präzision iwS; Hössl-Neumann/Torggler in Kalss/Oppitz/U. Torggler/Winner, BörseG/MAR Art 7 MAR, Rz 20).

Präzise im engeren Sinne sind Informationen über zukünftige Umstände/Ereignisse, falls deren Eintritt bereits vernünftigerweise zu erwarten ist. Nach der Judikatur des EuGH handelt es sich um ein auf „den Regeln der allgemeinen Erfahrung beruhendes Kriterium.“ Beurteilungsgrundlage ist nach dem 16. Erw MAR eine Gesamtbewertung der zum relevanten Zeitpunkt vorhandenen Faktoren, aufgrund derer eine realistische Wahrscheinlichkeit des Eintritts besteht. Es handelt sich also um eine objektive Beurteilung aus Sicht ex ante (Hössl-Neumann/Torggler in Kalss/Oppitz/U. Torggler/Winner, BörseG/MAR Art 7 MAR, Rz 25).

Im Fall eines zeitlich gestreckten Vorgangs, der einen bestimmten Umstand oder ein bestimmtes Ereignis herbeiführen soll oder hervorbringt, kann dieser zukünftige Umstand bzw das zukünftige Ereignis auch Zwischenschritte innerhalb dieses Vorgangs umfassen, die mit der Herbeiführung oder Hervorbringung dieses zukünftigen Umstandes oder Ereignisses verbunden sind. Ein Zwischenschritt in einem solcherart gestreckten Vorgang wird als eine Insiderinformation betrachtet, wenn er für sich genommen die Kriterien für Insiderinformationen gemäß diesem Artikel erfüllt (Art 7 Abs 3 MAR). Ein solcher „Zwischenschritt“ selbst muss also (i) entweder eingetreten sein oder sein Eintritt muss vernünftigerweise erwartet werden, (ii) kursspezifisch sein und (iii) eine eigenständige Kursrelevanz aufweisen (Kalss/Hasenauer in Kalss/Oppitz/U. Torggler/Winner, BörseG/MAR Art 17 MAR [2019] Art 7 Rz 33; vgl dazu auch Klöhn, Marktmissbrauchsverordnung [2018] Art 7 Rz 101).

Eine Information ist letztlich dann als „präzise“ zu werten, wenn das zugrundeliegende Ereignis bereits eingetreten ist. Von einer „eingetretenen Reihe von Umständen oder einem eingetretenen Ereignis“ kann demnach nur dann gesprochen werden, wenn es sich um Zustände und Geschehnisse handelt, die sinnlich wahrnehmbar in die Wirklichkeit getreten und einem Beweis zugänglich sind (Kalss/Hasenauer in Kalss/Oppitz/U. Torggler/Winner, BörseG/MAR Art 17 MAR [2019] Art 7 Rz 32, vgl dazu auch (Klöhn, Marktmissbrauchsverordnung [2018] Art 7 Rz 77 f).

Die Tatsache muss daher schon eine Außenwirksamkeit haben; eine bloß „innere Tatsache", wie etwa die innere Beschlussfassung durch ein einzelnes Vorstandsmitglied, bildet noch keine relevante Insiderinformation. Auch künftige Ereignisse können Grundlage einer genauen Information sein (Kalss/Oppitz/Zollner, Kapitalmarktrecht2, § 16 Z 28). Es kommt daher darauf an, ob ein Ereignis oder eine Tatsache bereits eingetreten ist oder der Eintritt dieser Tatsache oder dieses Ereignisses hinreichend wahrscheinlich ist. In einem zweiten Schritt ist zu fragen, ob die Information bestimmt/konkret genug ist, um kursrelevante Schlüsse zuzulassen. Das Tatbestandmerkmal „präzise" bezweckt ungenaue und unbestimmte Informationen wie reine Spekulationen, Vermutungen oder Gerüchte aus dem Tatbestand der Insiderinformation auszuschließen (Kalss/Oppitz/Zollner, Kapitalmarktrecht2, § 16 Rz 30; idS auch Kalss/Hasenauer in Kalss/Oppitz/U. Torggler/Winner, BörseG/MAR Art 17 MAR [2019] Art 7 Rz 31: Der Sinn und Zweck der Regelung besteht darin, dass der Markt nicht mit reinen Vermutungen oder Spekulationen überschwemmt wird).

Der deutsche BGH geht von einer hinreichenden Wahrscheinlichkeit des Eintritts eines Ereignisses aus, wenn zumindest eine „überwiegende" Wahrscheinlichkeit, dh eine Eintrittswahrscheinlichkeit von über 50 %, besteht (Mindesteintrittswahrscheinlichkeit; BGH 25.02.2008, II ZB 9/07). Nach der aktuellen deutschen Judikatur ist bei der Beurteilung dieses Kriteriums das Überwiegen der Wahrscheinlichkeit maßgeblich. In der österreichischen Kommentarliteratur wird dagegen die Auffassung vertreten, dass die Frage des Vorliegens einer hinreichenden Wahrscheinlichkeit nicht ziffernmäßig genau festgelegt werden könne (vgl zu alldem Kalss/Oppitz/Zollner, Kapitalmarktrecht2, § 16 Rz 31 ff mwN). Der EuGH wies zudem darauf hin, dass der erforderliche Grad der Eintrittswahrscheinlichkeit eines zukünftigen Ereignisses nicht mit den Folgen im Fall des Eintritts des Ereignisses vermengt werden dürfe (EuGH 28.06.2012, RS C-19/11, Rs. Geltl).

Im gegenständlichen Fall war aus objektiver Sicht ex ante schon am 04.06.2020 von einem solchen Zwischenschritt, der eine Insiderinformation darstellt, auszugehen, weil der Vorstand bereits seinen Beschluss mit Projektauftrag gefasst, einen Zeitplan festgelegt und sich auf die wesentlichen Parameter festgelegt hatte, die es in weiterer Folge weiter zu prüfen und konkretisieren bzw aus internen Gegebenheiten mit dem Aufsichtsrat abzustimmen gab. Ausgeschlossen von der Präzision im weiteren Sinn werden nämlich nur Informationen, die so vage oder allgemein sind, dass sie keinerlei Schlussfolgerung über ihre mögliche Auswirkung auf den Kurs zulassen. Es hat neben der Kursrelevanz keine eigenständige Abgrenzungswirkung und dient daher bloß als Grobprüfung, um solche Informationen auszuscheiden, die wegen Unbestimmtheit offenkundig keine Kursrelevanz hat, wie beispielsweise bloße Diskussionen, Überlegungen oder Meinungen. Nicht erforderlich ist, dass die Richtung der Kursentwicklung absehbar ist (Hössl-Neumann/Torggler in Kalss/Oppitz/U. Torggler/Winner, BörseG/MAR Art 7 MAR, Rz 27).

Im gegenständlichen Fall handelte es sich um mehr als bloße erste (interne) Überlegungen und grobe Variantenprüfung, wie auch den Mitgliedern des Vorstands im Wesentlichen bewusst war. Sie konnten daher auch bereits im Wesentlichen einschätzen, welche Maßnahmen nötig sein würden und wie sich das auf das Geschäftsergebnis auswirken würde. Spätestens am 04.06.2020, als sich der Gesamtvorstand einig war, dass der Aufsichtsrat mit der geplanten Kapitalerhöhung (Mix aus Kapitalmaßnahmen mit ABB und Pflichtwandelanleihe in Höhe von bis zu 25% des Grundkapitals unter fachlicher Leitung des CFO) befasst werden sollte, wäre die inkriminierte Insiderinformation zu veröffentlichen gewesen. Dabei waren neben einem Beschluss des Gesamtvorstandes mit dem Projektauftrag bereits externe Berater mandatiert, strategische Überlegungen und Auswirkungen auf die Kennzahlen der Emittentin abgefragt und haben Zeitpläne und geplante Maßnahmen vorgelegen. Die Überlegungen der Details der einzelnen Kapitalmaßnahmen und deren Zusammenspiel waren schon sehr konkret und die wesentlichen Parameter lagen insbesondere in den wesentlichen Bandbreiten vor. Auch der Vorstand ging davon aus, dass es sich dabei bereits um einen meldepflichtigen Zwischenschritt handelt, nichts Anderes besagt nämlich inhaltlich die von ihm am XXXX .2020 herausgegebene Ad-hoc Mitteilung, dass derartige Maßnahmen vom Vorstand im Rahmen der Hauptversammlungsbeschlüsse 2018 und 2019 erwägt werden.

Die Beschwerdeverhandlung hat gezeigt, dass der Zustimmung des Aufsichtsrates – trotz dem bereits fundierten Willen des Vorstandes – eine besondere Bedeutung zugesprochen wurde. Um diesen zu überzeugen, wurden die Unterlagen bereits sehr detailliert ausgestaltet und weitere Informationen eingeholt, Konkretisierungen vorgenommen. Jedoch wurde trotz des zu diesem Zeitpunkt schon klaren Willens des Vorstandes kein Aufschub beschlossen und der FMA angezeigt, obwohl die Compliance-Richtlinie des Unternehmens gerade diesen Fall der Aufsichtsratsbefassung vorsehen würde.

Dennoch wurden die Kapitalerhöhungen aufgrund des engen zeitlichen Fahrplans weiter vorangetrieben und zunehmend konkreter. So lagen am 04.06.2020 die wesentlichen Aspekte bereits ohne weitere Optionen vor:

 Ausschluss der Bezugsrechte,

 keine Erstellung eines Prospekts,

 ein Accelerated Bookbuilding (ABB),

 Festlegung des Preises für das Bookbuilding,

 Pflichtwandelanleihe iHv 15 % des derzeitigen Grundkapitals,

 eine Laufzeit der Pflichtwandelanleihe von 3 Jahren,

 Ausgabe eigener und neuer Aktien,

 Ausgabe nur an institutionelle Investoren,

 Struktur in Form einer Barkapitalerhöhung und Pflichtwandelanleihe.

Dass der feststehende Mix aus Kapitalmaßnahmen in einigen Bereichen noch im Detail geprüft werden musste, ändert nichts an der Einordnung als präzise Information.

Wie die FMA zu Recht hervorhob, zeigt auch die beabsichtigte Vorlage an den Aufsichtsrat deutlich die Ernsthaftigkeit der Absicht zur Durchführung der Kapitalmaßnahmen. Bereits am 04.06.2020 hat der Vorstand erwogen, den Aufsichtsrat mit der Frage und Entscheidung zu einer Detailprüfung und Vorbereitung von möglichen Kapitalmaßnahmen zu befassen, und einen klaren Zeitplan festgelegt.

Die Zustimmung des Aufsichtsrates war zudem nicht erforderlich, um von einer präzisen Information zu sprechen, weil der Wille zur Durchführung der Kapitalmaßnahmen, wie oben ausgeführt, bereits im Gesamtvorstand gefasst wurde – um die unternehmensinternen Gegebenheiten zu berücksichtigen, wäre folglich zumindest ein Aufschub geboten gewesen.

Das Beschwerdeverfahren hat überdies aufgezeigt, dass zwar vielleicht keine dringende bzw absolute Notwendigkeit für derartige Kapitalmaßnahmen bestanden hat, jedoch zur Absicherung des Investment Grade Ratings, infolge der Befürchtungen einer Wiederholung des Jahres 2008 aufgrund der unsicheren COVID 19-Lage sowie des Willens, auf Eigenkapitalseite tätig zu werden, nur ein enges Zeitfenster bis ca. Mitte Juli 2020 bestand, das es zu nützen galt. Andere Optionen, wie ein Assetverkauf, wurden nicht annähernd konkret angedacht. Umgekehrt wurde jedoch durchaus der Nutzen des Eigenkapitals, die Stärkung der Bilanz und der Liquidität – nicht zuletzt hinsichtlich allfälliger Wachstumschancen und eines ausreichenden Spielraums wie auch anstehender Refinanzierungen und einer Unabhängigkeit von den Banken – im Vorstand und weiter dann auch im Aufsichtsrat anerkannt.

Die BF hat zu diesem Zeitpunkt bereits externe Berater mandatiert, die die Emissionen begleitende Bank XXXX war frühzeitig involviert und wurde bereits regelmäßig über wesentliche Neuerungen und den Zeitplan informiert (ON 40) und vom Vorstand (über den Bereichsleiter) aufgefordert, die Informationsunterlage samt Zustimmung für den Umlaufbeschluss des Aufsichtsrates (ON 40) vorzubereiten. Auch ein Jour Fixe mit diesen Beteiligten war bereits eingerichtet. Insbesondere der CFO war in alle Detailplanungen involviert, nahm an den Terminen teil und war von den beiden anderen Vorständen auch damit beauftragt worden. Zwar anerkennt das Bundesverwaltungsgericht die besonderen Umstände des Jahres 2020 und die ex ante durchaus komplexe Fragestellung wie auch, dass gewisse vorbereitende Maßnahmen noch keinen mitteilungspflichtigen Zwischenschritt darstellen. Vorliegend stand aber zu einem besonders frühen Zeitpunkt fest, dass Kapitalerhöhungen gewünscht sind, dass diese nur in den erwähnten Parametern erfolgen sollen und dass der Zeitraum zur Umsetzung und Durchführung aufgrund der Marktsituation besonders eng war.

Das Bundesverwaltungsgericht verkennt auch nicht das Zusammenspiel des Vorstands mit dem Aufsichtsrat in der BF. Bereits die FMA hat aber zu Recht im angefochtenen Straferkenntnis wie auch in der Beschwerdeverhandlung vorgehalten, dass im vorliegenden Fall deshalb ein Aufschub angebracht gewesen wäre. So standen bereits über eine Woche vor der Aufsichtsratssitzung die wesentlichen Parameter fest und war die dann veröffentlichte Ad-hoc Mitteilung jedenfalls verspätet. Dies muss umso mehr gelten, als die Zeit vom 04.06.2020 bis zum XXXX .2020 intensiv zur weiteren Vorbereitung genutzt wurde. Dabei verkennt das Bundesverwaltungsgericht neuerlich nicht, dass sich die Anzahl an Personen im Vertraulichkeitsbereich ab dem XXXX .2020 noch in etwa verdoppelt hat, weitere externe Berater hinzugezogen wurden und in die Vertrags-/Emmissionsvorbereitung eingestiegen wurde sowie, dass erst dann für die BF durchaus wesentliche – wenn wohl teils auch nicht entscheidungswesentliche – Rechtsfragen geklärt wurden. So stand bereits früh fest, dass die Maßnahme eigenkapitalwirksam sein wird, nur war noch unklar, ob dies zu 100% erfolgen kann. Dass XXXX Vorleistungen erbrachte und erst kurz vor den Emissionen tatsächlich mandatiert wurde, hat der CFO in der Beschwerdeverhandlung selbst als Standard und übliche Vorgehensweise dargelegt. Für die weiteren Abläufe wird auf die obigen Feststellungen verwiesen.

Das Bundesverwaltungsgericht hat deutlich aufgezeigt, dass es sich um einen gestreckten Sachverhalt handelte, der naturgemäß mehrere Zwischenschritte hat, wobei jeder für sich eine Insiderinformation darstellen kann. Vorliegend war als erster Zwischenschritt die vorliegend dargelegte Insiderinformation zu nennen, die die Planung von konkret dargestellten Kapitalmaßnahmen umfasste, wie ohne Zweifel dargestellt werden konnte.

Folglich war der Zeitraum nach dem 04.06.2020 bzw in weiterer Folge jener nach der Veröffentlichung vom XXXX 2020, in dem es um die Information des Aufsichtsrates bzw die konkrete Umsetzung und Vorbereitung ging, von diesem ersten Schritt abzugrenzen und auf das umfassende diesbezügliche Beschwerdevorbringen nicht weiter einzugehen. Nicht relevant war dabei auch, ob der Aufsichtsrat die Ermächtigung zur Weiterverfolgung der Pläne erteilt (wobei seitens des Bundesverwaltungsgerichts nicht davon ausgegangen wird, dass dies tatsächlich fraglich war) und ob die Kapitalmaßnahme letztlich tatsächlich durchgeführt wird.

Dass es sich bereits um sensible Daten bzw eine Insiderinformation handelt, muss letztlich auch bereits in der BF bewusst gewesen sein, weil jede weitere eingeführte Person sogleich in den Vertraulichkeitsbereich aufgenommen und ein Handelsverbot ausgesprochen wurde – dies bereits ab dem 02.06.2020. Die gilt auch für die Mitglieder des Aufsichtsrates zeitgleich mit deren Einladung zur außerordentlichen Sitzung. Nicht zuletzt spricht auch dafür, dass die beinahe wortidente Ad-hoc Mitteilung – die die vorhergehende Befassung des Aufsichtsrates nicht angibt – bereits Tage vor der Veröffentlichung vorlag und es auch keine anderslautenden Textversionen gab, weil der Aufsichtsrat nur sehr konkrete Vorschläge seines Vorstandes erhalten wollte und keine weiteren Optionen zur Prüfung vorgesehen waren. Damit unterscheidet sich der vorliegende Fall auch von den durch die FMA wie auch die BF zitierten Judikaturlinien. Hervorzuheben ist jedoch, dass es bei einer Beurteilung einer derartigen Insiderinformation bzw wie vorliegend eines Zwischenschrittes immer um eine Einzelfallprüfung gehen muss, die letztlich losgelöst von anderen einschlägigen Einzelfällen zu beurteilen ist, weil die Parameter sich nicht gänzlich entsprechen (können).

Erst am XXXX .2020 erfolgte die Ad-hoc Mitteilung mit der Ankündigung, dass die BF die Durchführung von möglichen Kapitalmaßnahmen erwäge. Nicht zuletzt hat auch die Beschwerdeverhandlung mit Zeugenbefragung unter Wahrheitspflicht (s Beweiswürdigung) aufgezeigt, dass für den im gesamten Prozess involvierten Head M&A schon mit Erteilung der Ermächtigung durch den Aufsichtsrat am XXXX .2020 feststand, dass die Kapitalerhöhung entsprechend durchgeführt werden wird. Auch dies zeigt, dass damit die Erwägungs-/Planungsphase bereits längst überschritten war.

Eine Information ist bestimmt genug, wenn verständige Anleger aufgrund der Information verlässliche Rückschlüsse auf die Preisbewegung nach deren Veröffentlichung ziehen und Investitionsentscheidungen zu geringem finanziellem Risiko treffen können (Brandl in Temmel § 48a Rz 26, mit Verweis auf CESR/06-562b, I 1.8.). Die vorliegenden Informationen waren für verständige Anleger jedenfalls bestimmt genug, um kursrelevante Schlüsse zu ziehen, wobei es nicht notwendig ist, dass eine Information es erlaubt, die Änderung des Kurses des betreffenden Finanzinstrumentes in eine bestimmte Richtung vorherzusagen (EuGH in Lafonta). Insbesondere sind in diesem Zusammenhang – wie die in Lafonta getätigten Ausführungen des EuGH bereits darlegen – auch nur vage und allgemeine Informationen nicht zu beachten.

Die Tatsache, dass der gesamte Vorstand der BF Kapitalmaßnahmen iHv 500 Mio EUR / 25 % des Grundkapitals im dargelegten Maßnahmenmix ernsthaft plante, ist zweifelsohne eine Information, die bestimmt genug ist, um kursrelevante Schlüsse zu ziehen. Dazu noch genauer unter Kurserheblichkeit.

ÖFFENTLICH BEKANNT

Diese präzise Information der Erwägung / Planung der bevorstehenden Kapitalerhöhung durch den Vorstand war auch bis zur Ad-hoc Meldung vom XXXX .2020 nicht öffentlich bekannt und wurde vom Markt auch nicht erwartet, wie der CFO und die Compliance-Beauftragte sowie das Mitglied des Aufsichtsrates glaubhaft in der Beschwerdeverhandlung dargelegt haben und von der BF nicht bestritten wurde.

BETROFFENHEIT

Von dem nicht öffentlichen Ereignis war die BF als Emittentin direkt betroffen.

Bei der Planung derartiger Kapitalerhöhungen handelte es sich daher um eine nicht öffentlich bekannte präzise Information, die die Emittentin direkt betraf.

KURSERHEBLICHKEIT

Dieses Kriterium ist nach Art 7 Abs 4 MAR dann erfüllt, wenn ein verständiger Anleger dies wahrscheinlich als Teil der Grundlage seiner Anlageentscheidungen nutzen würde. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes wie auch des EuGH kommt es für die Eignung einer Information zur erheblichen Beeinflussung des Kurses darauf an, wie ein verständiger Anleger die Information ex ante anhand ihres Inhaltes und ihres Kontextes im Marktgeschehen beurteilen würde. Führt diese Prüfung zum Ergebnis, dass ein verständiger Anleger die Information wahrscheinlich als Teil der Grundlage seiner Anlageentscheidung nutzen würde, ist das Tatbestandselement der Kurserheblichkeit erfüllt. Eine tatsächliche, spürbare Beeinflussung des Kurses der betroffenen Finanzinstrumente – und damit ex post – ist nicht zu prüfen, vielmehr ist die genannte ex-ante Betrachtung anzustellen (VwGH 27.04.2017, Ro 2016/02/0020 mit Verweis auf EuGH 23.12.2009, C-45/08, Spector Photo Group NV und Chris Van Raemdonck, sowie VwGH 20.04.2016, Ra 2015/02/0152 ua). Eine nachträgliche Kursentwicklung stellt jedoch ein Indiz für eine Kurserheblichkeit dar (VwGH 27.09.2019, Ra 2019/02/0143).

Die Eignung zur erheblichen Kursbeeinflussung ist ex ante aus der Sicht eines verständigen Anlegers anhand des Inhalts und des Kontextes der Information im Marktgeschehen zu überprüfen, wobei der verständige Anleger eine Maßfigur ist, der aus unionsrechtlicher Perspektive zu unterstellen ist, dass sie alle bereits öffentlich bekannten Informationen kennt. Ein verständiger Anleger kann daher eine Information auch dann als Teil der Grundlage seiner Anlageentscheidung nutzen, wenn sie es ihm nicht erlaubt, die Änderung des Kurses in eine bestimmte Richtung vorherzusehen. Die hohe Komplexität der Finanzmärkte macht eine exakte Einschätzung der Kursentwicklung nämlich besonders schwierig, sodass allgemein betrachtet jeder Anleger zu unterschiedlichen Einschätzungen kommen kann. Würde eine Insiderinformation erst dann vorliegen, wenn sich die Richtung der Kursentwicklung bestimmen ließe, würde dies im Ergebnis dazu führen, dass Besitzer dieser Informationen zum Nachteil anderer Marktteilnehmer profitieren könnten, indem sie die Unsicherheit der Informationen vorgeben und sich deshalb einer Veröffentlichung enthalten könnten (VwGH 20.04.2016, Ra 2015/02/0152).

Ob ein verständiger Anleger eine Information wahrscheinlich seiner Anlageentscheidung zugrunde legen würde, bemisst sich demnach danach, ob die Information einen Handelsanreiz darstellt (vgl auch die Erwägungsgründe 14 und 23 der MAR). Das ist dann der Fall, wenn sie als Zusatzinformation zur gesamten öffentlichen (Ist-)Informationslage zu einer abweichenden Bewertung und daher zu Kauf- oder Verkaufsentscheidungen verständiger Anleger im erfassten Institut (einschließlich verbundener Derivate) führt. Die nicht öffentliche Information muss also den Ex-ante-Erwartungswert des Instituts (positiv oder negativ) beeinflussen, etwa wegen Veränderung von Zukunftserträgen oder Risiken des Instituts. Bereits eingepreiste Markterwartungen schließen die Kurserheblichkeit aus. Unsicherheit über vergangene oder künftige Ereignisse schließt einen Handelsanreiz nicht aus, sondern beeinflusst bloß die Höhe der Veränderung des Erwartungswerts (Hössl-Neumann/Torggler in Kalss/Oppitz/U. Torggler/Winner, BörseG/MAR Art 7 MAR, Rz 30f, 34).

Es kommt also nicht darauf an, ob der Kurs des Finanzinstruments nach der Offenlegung tatsächlich eine Veränderung zeigt, entscheidend ist vielmehr die Eignung, somit die Möglichkeit der Kursbeeinflussung. Es kommt für das Tatbestandselement der Kursrelevanz nur auf die Wahrscheinlichkeit an, ob eine Information Teil der Grundlage der Anlageentscheidung sein kann. Der Emittent hat dabei eine ex-ante-Prognose vorzunehmen, ob die Information tatsächlich zur erheblichen Kursbeeinflussung geeignet ist und sich möglicherweise auch auf das Anlageverhalten von verständigen Investoren auswirkt. Eine tatsächlich eingetretene Kursveränderung kann ex post als Indiz für das Kursbeeinflussungspotential herangezogen werden. Ein zwingender Zusammenhang besteht nicht (vgl zu alldem Kalss/Oppitz/Zollner, Kapitalmarktrecht2, §16 Rz 41 f).

Das entscheidende Kriterium für die Beurteilung der Kursrelevanz liegt in der sogenannten Anreiztheorie. Für das Vorliegen von Kursrelevanz muss es einen Handelsanreiz geben. Von der Information muss für verständige Anleger ein erheblicher Kauf- oder Verkaufsanreiz ausgehen, es muss sich also für sie lohnen, das Geschäft abzuschließen. Ist es nicht möglich, durch die Verwendung der Information einen nennenswerten wirtschaftlichen Vorteil zu ziehen, besteht auch kein Anreiz, die Information zu verwenden (Kalss/Hasenauer in Kalss/Oppitz/U. Torggler/Winner, BörseG/MAR Art 17 MAR [2019] Art 7 Rz 45; vgl dazu auch Klöhn, Marktmissbrauchsverordnung [2018] Art 7 Rz 211).

Ein verständiger Anleger würde daher auch unter Einpreisung eines gewissen Unsicherheitsfaktors diese Information einer allenfalls bevorstehenden Kapitalerhöhung in diesem Ausmaß und in dieser Form mit den oben dargestellten Parametern als Grundlage seiner Anlageentscheidung nutzen. Als Indiz ist zusätzlich auch die sich ex post zeigende tatsächliche Kursentwicklung zu werten, die zu einem Kurseinbruch von 5 % am Tag der Ad-hoc Mitteilung führte.

Die Eignung, den Kurs zu beeinflussen, ist somit ebenso zu bejahen, weshalb es sich bei der Mitteilung, dass die oben dargestellte Kapitalerhöhung erwägt werde, um eine Insiderinformation handelt.

Diese wäre nach Art 17 Abs 1 MAR so bald wie möglich bekannt zu geben. Auch wenn der Zeitrahmen in der MAR nicht exakt festgelegt ist, ist dieser nach ständiger Judikatur und herrschender Lehre zur Vorgängerbestimmung, die nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts auf Art 17 MAR übertragbar ist, möglichst kurz zu bemessen: vorhersehbare Ereignisse sind grundsätzlich sofort mit Eintritt und der erforderlichen Zeit für die technische Abwicklung, das heißt, binnen einer Stunde zu veröffentlichen, völlig unvorhersehbare Ereignisse sind einzelfallbezogen zu beurteilen, aber auch diese Insiderinformationen sind binnen weniger Stunden ab Kenntnis beziehungsweise Eintritt zu veröffentlichen. Ein Abwarten der Veröffentlichung der Ad-Hoc Meldung durch den Emittenten ist unzulässig (Kalss/Oppitz/Zollner, Kapitalmarktrecht2, § 16 Rz 48 Lechner/Temmel in Temmel, Börsegesetz – Praxiskommentar zu § 48d BörseG Rz 28, jeweils mwN).

Vorliegend hat die BF vom 04.06.2020 bis zum XXXX .2020 elf Tage lang zugewartet; dies obwohl der Entwurf der Ad-Hoc Meldung schon Tage zuvor feststand und in weiterer Folge unverändert veröffentlicht wurde. Die Insiderinformation wurde daher jedenfalls nicht „so bald wie möglich“ bekanntgegeben. Die Anpassung durch die FMA auf den Tatzeitraum beginnend mit 04.06.2020 schadet im Übrigen entgegen dem Beschwerdevorbringen nicht, weil die BF sich anlässlich der Aufforderung zur Rechtfertigung zum gesamten Tatzeitraum äußern und der vorgeworfene Sachverhalt klar umgrenzt, jedoch lediglich anhand der Stellungnahme vom 25.02.2021 zu ihren Gunsten anzupassen war.

Unstrittig ist, dass die BF bezüglich der verfahrensgegenständlichen Information auch keinen Aufschub im Sinne des Art 17 Abs 4 MAR getätigt hat.

Der objektive Tatbestand ist daher erfüllt.

Soweit die Beschwerde auch noch vorbringt, in einem Fall wie dem gegenständlichen sei es dem Emittenten unmöglich, die Rechtmäßigkeit seines Verhaltens präzise zu beurteilen und sich rechtskonform zu verhalten, da man sich durch die frühzeitige, nicht ausreichend konkretisierte Veröffentlichung derartiger Informationen dem Vorwurf der Marktmanipulation nach Art 12 Abs 1 lit c MAR aussetzen würde, ist sie auch damit nicht im Recht. Eine Information ist nämlich nur dann irreführend, wenn die Angaben zwar inhaltlich richtig sind, doch aufgrund ihrer Darstellung beim Empfänger eine falsche Vorstellung über den geschilderten Sachverhalt nahelegen (Kalss in Kalss/Oppitz/U. Torggler/Winner, BörseG/MAR Art 12 MAR, Rz 29). Die Meldung, dass der Vorstand die entsprechenden Kapitalmaßnahmen prüft, aber deren Eintritt noch ungewiss ist, löst beim Empfänger jedoch keine falsche Vorstellung über den geschilderten Sachverhalt aus.

II.3.2.3. Zur subjektiven Tatseite und der Zurechnung zur BF:

Der Verwaltungsgerichtshof hat in seiner Judikatur zur Bestrafung der juristischen Person im Verwaltungsstrafrecht (vgl VwGH 29.03.2019, Ro 2018/02/0023, und dann folgend 13.12.2019, Ra 2019/02/0184, sowie 13.12.2019, Ro 2019/02/0011) entschieden, dass die Bestrafung einer juristischen Person voraussetzt, dass eine ihr zurechenbare natürliche Person (Führungsperson) eine Straftat begangen hat. Der Strafbarkeit der juristischen Person [...] liegt dabei der Vorwurf zu Grunde, die dort genannten Führungspersonen hätten gegen die dort angeführten „Verpflichtungen verstoßen“ [...] oder sie hätten durch mangelnde Kontrolle oder Überwachung eine „Mitarbeitertat“ ermöglicht [...]" (VwGH 29.03.2019, Ro 2018/02/0023, Rz 25). Für eine Bestrafung der juristischen Person ist entscheidend, dass die zur Beurteilung eines tatbestandsmäßigen, rechtswidrigen und schuldhaften Verhaltens, das auch allfälligen zusätzlichen Voraussetzungen der Strafbarkeit genügt, erforderlichen Feststellungen getroffen und im Spruch alle notwendigen Elemente für eine Bestrafung der natürlichen Person aufgenommen werden (§ 44a VStG), mit dem Zusatz, dass das Verhalten der natürlichen Person der juristischen Person zugerechnet werde (VwGH 29.03.2019, Ro 2018/02/0023, Rz 33).

Richtet sich ein Vorwurf gegen die juristische Person, so ist – wegen der Abhängigkeit der Strafbarkeit der juristischen Person, hier der BF, von der Übertretung der ihr zurechenbaren natürlichen Person – darin auch der Vorwurf gegen die darin genannte natürliche Person enthalten und sind dieser die Beschuldigtenrechte einzuräumen (VwGH 29.03.2019, Ro 2018/02/0023). Dies bedeutet, dass eine natürliche Person, deren deliktisches Verhalten der juristischen Person zugerechnet werden soll, im gesamten Verwaltungsstrafverfahren gegen die juristische Person Partei im Sinne des § 32 VStG ist und ihr damit alle aus dieser Parteistellung erfließenden prozessualen Rechte zukommen (VwGH 08.09.2022, Ro 2022/02/0017). Dies muss – nicht zuletzt zur Wahrung der Rechte der juristischen Person – auch gelten, obwohl der CFO vorliegend keine Beschwerde erhoben hat (anders als in VwGH 08.09.2022, Ro 2022/02/0017, wo Beschwerde erhoben wurde).

Im Tatzeitraum war der CFO Vertretungsorgan der BF im Sinne des § 9 Abs 1 VStG. Er war ab 23.03.2020 als verantwortlicher Beauftragter im Sinne des § 9 Abs 2 VStG bestellt.

Die Aufforderung zur Rechtfertigung wurde der juristischen Person nachweislich und dem CFO laut dessen eigener Aussage in der Beschwerdeverhandlung an seinen damaligen Dienstort zugestellt – hier jedoch ohne im Akt einliegenden Zustellnachweis. Die FMA hat den CFO als zum verantwortlichen Beauftragten Bestellten herangezogen und nach ihm zugerechnet. Laut seinen eigenen Angaben war er dabei maßgeblich bei der Erstellung der Stellungnahmen der BF beteiligt und konnte sich so ins erstinstanzliche Verfahren einbringen, hat jedoch, trotz der sich ihm bietenden Möglichkeit, nicht im eigenen Namen eine Stellungnahme eingebracht. Die FMA hat den CFO– trotz des Ersuchens in den Stellungnahmen – nie befragt. Dies erfolgte auch nicht als Zeuge, was jedoch keinesfalls in Betracht käme und einen nicht sanierbaren Verfahrensfehler darstellen würde (VwGH 13.12.2019, Ra 2019/02/0147). In weiterer Folge hat die FMA auch dem CFO das Straferkenntnis an die BF zur Kenntnis gebracht, dieser hat selbst keine Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht erhoben.

Aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes wurden die Rechte des CFO als Beschuldigtem – und damit auch die Rechte der BF – verletzt, weil der CFO im Strafverfahren von der FMA nicht persönlich gehört wurde. Es sind jedoch allfällige Verletzungen der Beschuldigtenrechte der natürlichen Person im erstinstanzlichen Behördenverfahren kein Grund für das Verwaltungsgericht zur „ersatzlosen Aufhebung“ des Verfahrens gegen die juristische Person. Das Unionsrecht verlangt, dass zur Gewährleistung des effektiven Rechtsschutzes zumindest ein im Instanzenzug anrufbares Gericht insofern über eine ausreichende Rechts- und Tatsachenkognition verfügt, als es möglich sein muss, alle für die Wahrung der in Rede stehenden individuellen Unionsrechte relevanten rechtlichen und tatsächlichen Gesichtspunkte zu überprüfen. Die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts oder mindestens die Kontrolle durch unabhängige Instanzen (wenn der maßgebliche Sachverhalt bereits festgestellt wurde) ist im Anwendungsbereich des Art 6 EMRK und bei Geltendmachung gemeinschaftsrechtlicher (nunmehr unionsrechtlicher) Positionen geboten, weil nur so effektiver Rechtsschutz im Sinne dieser Vorgaben gewährleistet werden kann (VwGH 15.12.2014, Ro 2014/17/0121, mwN; zur Sanierung von Beschuldigtenrechten durch die Behörde zweiter Instanz vor Einführung der Verwaltungsgerichtsbarkeit vgl etwa VwGH 19.03.2010, 2009/02/0317, mwN). Betreffend die Kognitionsbefugnis der Verwaltungsgerichte ist – wie bereits oben ausgeführt – festzuhalten, dass gemäß Art 130 Abs 4 erster Satz B-VG (vgl auch § 50 VwGVG) in Verwaltungsstrafsachen das Verwaltungsgericht immer in der Sache selbst entscheidet, woraus folgt, dass in Verwaltungsstrafverfahren dem Verwaltungsgericht in jedem Fall auch die Befugnis und Verpflichtung zu allenfalls erforderlichen Sachverhaltsfeststellungen zukommt (VwGH 11.07.2018, Ra 2018/17/0048-0049, mwN).

Das Bundesverwaltungsgericht hat den CFO neben der BF als Beschuldigten geladen und diesen als Zurechnungsperson ausführlich mit vollen Beschuldigtenrechten befragt sowie entsprechende Feststellungen getroffen. Damit wurden seine Rechte wie auch die Rechte der BF gewahrt und gilt der erstinstanzliche Verfahrensfehler als saniert.

Im Weiteren ist folglich zu überprüfen, ob der CFO schuldhaft gehandelt hat.

Übertretungen des Art 17 MAR sind Ungehorsamsdelikte im Sinne des § 5 Abs 1 VStG, weil zum Tatbestand dieser Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört. Sofern eine Verwaltungsübertretung über das Verschulden nichts Näheres bestimmt, genügt gemäß § 5 Abs 1 VStG auf der subjektiven Tatseite fahrlässiges Verhalten, um eine Strafbarkeit zu begründen. Demnach ist Fahrlässigkeit bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Nach § 5 Abs 1a VStG, der mit 01.01.2019 in Kraft getreten ist, gilt diese Vermutung jedoch nicht, wenn die Verwaltungsübertretung mit einer Geldstrafe von über 50.000 Euro bedroht ist.

Nach höchstgerichtlicher Rsp ist die Unterscheidung zwischen verantwortlichen Beauftragten iSd § 9 Abs 2 erster Satz VStG (verantwortliches Vertretungsorgan) und verantwortlicher Beauftragter iSd § 9 Abs 2 letzter Satz VStG klar (VwGH 29.01.2020, Ra 2019/09/0058): Ein verantwortliches Vertretungsorgan ist als vertretungsbefugtes Organ ex lege, umfassend und kumulativ neben anderen vertretungsbefugten Organen (also „überlappend“) strafrechtlich verantwortlich. Seine Bestellung nach § 9 Abs 2 erster Satz VStG lässt seine strafrechtliche Verantwortlichkeit als Vertretungsorgan unberührt. Sie bewirkt nur (nach Maßgabe ihres Umfangs) den Entfall der strafrechtlichen Verantwortlichkeit der übrigen vertretungsbefugten Organe bzw deren Einschränkung auf den Fall vorsätzlicher Nichtverhinderung (§ 9 Abs 6 VStG). Unter Berücksichtigung dieser Rechtsprechung bewirkt im vorliegenden Fall die Bestellung des CFO zum verantwortlichen Beauftragten iSd § 9 Abs 2 VStG den Entfall der strafrechtlichen Verantwortlichkeit der übrigen vertretungsbefugten Organe. Den CFO trifft – trotz seiner Bestellung iSd § 9 Abs 2 VStG – ex lege die Verantwortlichkeit gemäß § 9 Abs 1 VStG als vertretungsbefugtes Organ.

Der CFO hat im Verfahren zur subjektiven Tatseite vorgebracht, dass sich die BF durch Mietentgänge und insbesondere die Ergebnisse des 1. Quartals wie auch die Weltwirtschaft in einer besonders schwierigen Lage befand, Ängste wurden geschürt, die an die Lehmann-Krise erinnerten, direkte soziale Kontakte waren sehr erschwert. In der BF war ein gutes Kontrollsystem etabliert. Seine ersten Gespräche mit XXXX zeigten dem CFO auf, dass es im Wesentlichen nur das gewählte Mixsystem als Option gab und dieses zeitlich binnen weniger Wochen vonstattengehen musste. Er wägte sich durch die jahrelange erfolgreiche Zusammenarbeit mit dem RV, die bisherige erfolgreiche Tätigkeit und weil es keinerlei Beanstandungen der FMA in Bezug auf die zahlreichen früheren Ad-hoc Mitteilungen gegeben hatte, die teils ebenfalls zu gestreckten Sachverhalten ergangen waren, wie auch im Vergleich zu anderen Verwaltungsstrafverfahren, in Sicherheit. Dabei übersah er aber ex ante, dass es sich vorliegend um ein sehr kurzes Zeitfenster handelte, weshalb sich - auch mangels Optionen – sein vom Gesamtvorstand auch beschlossenes Vorhaben derart schnell als hinreichend konkret (präzise) erwies und alle Kriterien einer Insiderinformation enthielt, dass er hätte ad-hoc mitteilen oder sich um einen Aufschub bemühen müssen. Dies hat ihm auch die FMA im Beschwerdeverfahren wie auch im Straferkenntnis vorgehalten. Indem er aber trotz Auftragserteilung durch den Vorstand und Festlegung der weiteren Schritte bis zur Befassung des Aufsichtsrates zugewartet hat und wegen des engen Zeitrahmens sowie zur Überzeugung des Aufsichtsrates weitere Konkretisierungen vornahm, erwies sich die längst vorbereitete Ad-hoc Mitteilung zur Veröffentlichung bereits schon als nicht mehr aktuell. Der CFO hat sich dabei auf die Rechtsmeinung seines RV verlassen, ohne dabei die in der BF vorhandene Compliance-Richtlinien zu befolgen, die bereits den Weg vorgezeigt hätten.

Da aus einer Sicht ex ante bei sich von der allerersten Überlegung bis zum fixen Plan bzw bis zu den „Erwägungen“ im genannten Setting vom CFO einer börsenotierten AG besondere Sorgfalt zu erwarten ist, hat der CFO fahrlässig gehandelt. Dies nahm auch bereits die FMA an. Dabei hilft es auch nicht, wenn der CFO darlegt, wie eingearbeitet die Mitarbeiter waren, dass Schulungen vorgenommen und alle Richtlinien wie auch die jüngste Judikatur und Gesetzeslage stets überprüft wurden und er mit dem RV eng zusammengearbeitet habe. In seiner Position musste er jeden seiner Schritte entsprechend überprüfen. Vorliegend hat der CFO dies falsch eingeschätzt und auch sein Kontrollsystem versagt.

So die BF in ihrer Beschwerde vorbringt, dass ein Verbotsirrtum vorliege, ist festzuhalten, dass dies nur dann der Fall ist, wenn der Täter bei Kenntnis des Sachverhalts die Existenz bzw die Reichweite der Verbotsnorm verkennt und deshalb nicht zur Unrechtseinsicht gelangt (VwGH 30.10.1991, 91/09/0086). Nach § 5 Abs 2 VStG entschuldigt die Unkenntnis der Verwaltungsvorschrift, der der Täter zuwidergehandelt hat, nur dann, wenn sie erwiesenermaßen unverschuldet ist und der Täter das Unerlaubte seines Verhaltens ohne Kenntnis der Verwaltungsvorschrift nicht einsehen konnte. Die Unkenntnis des Gesetzes, wie auch die irrige Gesetzesauslegung müssen unverschuldet sein (VwGH 12.08.2014, 2013/10/0203). Zur Vorschrift des § 5 Abs 2 VStG vertritt der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung die Auffassung, dass auch eine irrige Gesetzesauslegung einen Beschuldigten nicht zu entschuldigen vermag, der es unterlassen hat, Erkundigungen einzuholen, ob die von ihm zum vorliegenden Fragenkreis vertretene Rechtsansicht zutrifft. Solche Erkundigungen haben an der geeigneten Stelle zu erfolgen, worunter im Zweifelsfall die zur Entscheidung der Rechtsfrage zuständige Behörde zu verstehen ist (VwGH 18.09.2019, Ra 2019/02/0142). Der CFO räumt dabei selbst ein, die FMA gerade nicht diesbezüglich gefragt und auch keinen Aufschub gemeldet zu haben.

Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 22.02.2006, Zl. 2005/17/0195, dargelegt hat, bedarf es bei der Einhaltung der einem am Wirtschaftsleben Teilnehmenden obliegenden Sorgfaltspflicht einer Objektivierung durch geeignete Erkundigungen. Die entsprechenden Erkundigungen können zwar nicht nur bei den Behörden, sondern auch bei einer zur berufsmäßigen Parteienvertretung berechtigten Person eingeholt werden (VwGH 30.11.1981, Zl. 81/17/0126; 20.06.2018, Ra 2017/08/0012). Hat die Partei (zB von einem Rechtsanwalt) eine falsche Auskunft erhalten, so liegt ein schuldausschließender Irrtum dann nicht vor, wenn sie Zweifel an der Richtigkeit der Auskunft hätte haben müssen (VwGH 19.11.1998, Zl. 96/15/0153). Die Argumentation mit einer auch plausiblen Rechtsauffassung kann ein Verschulden am objektiv unterlaufenen Rechtsirrtum nicht ausschließen, vielmehr trägt das Risiko des Rechtsirrtums der, der es verabsäumt, sich an geeigneter Stelle zu erkundigen (VwGH 07.10.2013, Zl. 2013/17/0592). Solange weder eine Auskunft der zuständigen Stelle noch ein Feststellungsbescheid vorliegt, kann der Rechtsunterworfene sich nicht auf einen Schuldausschließungsgrund im Hinblick auf fehlende höchstgerichtliche Judikatur bzw eine komplizierte Rechtslage berufen (VwGH 27.04.2017, Ro 2016/02/0020 mwN).

Vorliegend wurde die RV am 04.06.2020 betraut und war diese selbstredend nicht bei den Vorstandssitzungen und -besprechungen vom 02. und 04.06.2020 anwesend, wie sie auch an weiteren Terminen und Telefonaten in dieser Zeit nicht teilnahm und kein umfassendes Wissen über den Stand haben konnte. Folglich kann schon deshalb nicht angenommen werden, dass der RV alle für die Beurteilung erforderlichen Informationen erteilt worden wären, um die Beurteilung der Frage der Ad-hoc Mitteilung auf dem Boden einer genügenden Sachverhaltsdarstellung zu erteilen (VwGH 29.05.2015, 2012/17/0524). Den CFO trafen als Vorstand eines börsenotierten Unternehmens hingegen besondere Sorgfaltspflichten, er war für die Ad-hoc Meldungen auch als CFO verantwortlich. Überdies lag bereits Judikatur vor, die einen zumindest vergleichbaren Sachverhalt (geplante Kapitalerhöhung eines Emittenten) sanktionierten. Folglich hätten hier zumindest Zweifel beim CFO vorliegen müssen, ob der verfahrensgegenständliche Fall auch eine Ad-hoc Meldepflicht auslösen kann, und er entweder die FMA kontaktieren oder einen Aufschub erwirken müssen.

Die BF als beschuldigte juristische Person hat, ausgehend vom festgestellten Sachverhalt und unter Berücksichtigung der Vorgaben des § 156 Abs 1 und 2 BörseG 2018, einem ihr auferlegten gesetzlichen Gebot nicht entsprochen. Der für die BF bestellte Vertreter hat dabei selbst die ihn treffende Verpflichtung, gesetzmäßig zu handeln (im konkreten Fall die gemäß Art 17 Abs 1 MAR vorgesehene Ad-Hoc Meldung unverzüglich zu veröffentlichen), verletzt, indem er die Veröffentlichung erst 11 Tage nach Vorliegen der veröffentlichungspflichtigen Insiderinformation veranlasste.

Der CFO hat damit objektiv und subjektiv sorgfaltswidrig gehandelt, zumal er nach seinen geistigen und körperlichen Verhältnissen im Tatzeitpunkt in der Lage war, die an ihn gestellten objektiven Sorgfaltsanforderungen des Art 17 MAR zu erkennen und zu erfüllen. Er hätte daher eine Ad-hoc Meldung veranlassen oder selbst vornehmen können und müssen. Er hat daher fahrlässig gehandelt.

Der Verstoß kann der BF daher nach § 156 Abs 1 Z 1 BörseG 2018 zugerechnet werden.

Im angefochtenen Straferkenntnis war die Zurechnung des schuldhaften Handelns der natürlichen Person nicht ausreichend festgehalten (§ 44a VStG) und enthielt der ausgetauschte Spruchteil des angefochtenen Strafbescheides einen unzulässigen Alternativvorwurf (vgl dazu VwGH 27.04.2023, Ra 2021/02/0180; 13.12.2019, Ro 2019/02/0011 mwN), was dem Bestimmtheitsgebot des § 44a VStG widerspricht und war daher in diesem Sinne zu korrigieren.

II.3.2.4. Zur Strafbemessung

Der Strafrahmen für den Verstoß der BF errechnet sich nach den Bestimmungen des § 156 Abs 3 Z 2 BörseG 2018. Demnach ist im Falle von Verstößen gegen Art 17 MAR bis zu 2 500 000 Euro oder 2 vH des jährlichen Gesamtnettoumsatzes gemäß Abs 4 oder bis zum Dreifachen des aus dem Verstoß gezogenen Nutzens einschließlich eines vermiedenen Verlustes, soweit sich der Nutzen beziffern lässt, als Strafe zu verhängen.

Bei sonstigen juristischen Personen, die – wie im Fall der BF – nicht Kreditinstitut oder Tochtergesellschaft einer Kreditinstituts-Gruppe sind, ist auf den jährlichen Gesamtumsatz abzustellen. Der von der FMA herangezogene Konzernabschluss im Zeitpunkt der Erlassung des Straferkenntnisses war der Jahresfinanzbericht 2021 (veröffentlicht im April 2022) (siehe ON 44). Der jährliche Gesamtumsatz der BF betrug demnach TEUR XXXX . Mittlerweile hat sich das Konzernergebnis laut öffentlich abrufbarem Jahresbericht 2022 auf TEUR XXXX massiv verringert (Einbeziehung des negativen Ergebnisses der XXXX ), was durch das Bundesverwaltungsgericht zu berücksichtigen ist. Dies ergibt nunmehr als verfügbare Höchststrafe gemäß § 156 Abs 3 Z 2 iVm § 156 Abs 4 BörseG 2018 (2% des Gesamtumsatzes) nicht mehr, wie von der FMA angenommen, EUR 7,5 Mio, sondern EUR 2,84 Mio.

Gemäß § 19 VStG sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten der BF sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen (§ 19 Abs 2 VStG).

Die FMA hat nach § 158 Abs 1 BörseG 2018 unbeschadet der sonstigen verwaltungsrechtlichen Bestimmungen bei der Festsetzung der Art der Sanktion sowie bei der Bemessung der Höhe einer Strafe insbesondere zu berücksichtigen, die Schwere und Dauer des Verstoßes (Z 1); den Grad der Verantwortung der verantwortlichen natürlichen oder juristischen Person (Z 2); die Finanzkraft der verantwortlichen natürlichen oder juristischen Person, wie sie sich beispielweise aus dem Gesamtumsatz der verantwortlichen juristischen Person oder den Jahreseinkünften der verantwortlichen natürlichen Person ablesen lässt (Z 3); die Höhe der von der verantwortlichen natürlichen oder juristischen Person erzielten Gewinne oder verhinderten Verluste, sofern diese sich beziffern lassen (Z 4); der Verlust, der Dritten durch den Verstoß zugefügt wurde, sofern sich dieser beziffern lässt (Z 5); die Bereitschaft der verantwortlichen natürlichen oder juristischen Person zur Zusammenarbeit mit der FMA (Z 6); frühere Verstöße der verantwortlichen natürlichen oder juristischen Person (Z 7) und nach dem Verstoß getroffene Maßnahmen der für den Verstoß verantwortlichen natürlichen oder juristischen Person zur Verhinderung einer Wiederholung dieses Verstoßes (Z 8).

Anders als im gerichtlichen Strafrecht ist Grundlage jeder Strafbemessung nicht primär das Verschulden, sondern der (objektive) Unrechtsgehalt der Tat (Weilguni in Lewisch/Fister/Weilguni, VStG2 § 19 Rz 7).

Ziel der Ad-Hoc Publizität ist der Schutz der Funktionsfähigkeit des Kapitalmarktes sowie der Anlegerschutz, wobei Kalss/Oppitz/Zollner unter Verweis auf weitere Quellen dazu ausführen, dass die zeitgleiche Offenlegung eine informationelle Gleichbehandlung und damit auch die ordnungsgemäße Preisbildung sicherstellt (Kalss/Oppitz/Zollner, Kapitalmarktrecht², § 16 Rz 4). Die Vorschriften zur Ad-Hoc Publizität dienen dem Schutz der Anlegerinteressen, sollen das reibungslose Funktionieren der Wertpapiermärkte und das Vertrauen der Öffentlichkeit in diese Märkte gewährleisten. Die öffentliche Bekanntgabe von Insiderinformationen durch Emittenten ist von wesentlicher Bedeutung, um Insidergeschäften und der Irreführung von Anlegern vorzubeugen (Erw 49 MAR). Verstöße gegen diese Bestimmungen sind als ein schwerer Eingriff in das Schutzsystem des Börsegesetzes und der MAR einzustufen und es ist der objektive Unrechtsgehalt der vorliegenden Verwaltungsübertretungen, selbst bei Fehlen sonstiger nachteiliger Folgen, wie vorliegend bereits von der FMA angenommen, als hoch einzustufen.

Die FMA berücksichtigte bei der Bemessung der Strafe, dass die im öffentlichen Interesse gelegenen Aufsichtsziele der FMA (Funktionsfähigkeit des Kapitalmarktes sowie Schutz der Anleger) durch die Übertretung nicht nur geringfügig beeinträchtigt wurden. Der FMA zufolge mache auch die Höhe der Strafdrohung deutlich, dass der Gesetzgeber dem Tatbestand der Verletzung der Veröffentlichungspflicht einen besonderen Unrechtsgehalt zugemessen habe. Die gegenständliche Verwaltungsübertretung schädige in nicht unerheblichem Ausmaß das gesetzlich geschützte öffentliche Interesse an der Kontrolle und Aufsicht von Emittenten und damit verbunden das öffentliche Interesse an der Aufrechterhaltung des Vertrauens in das Funktionieren der Kapitalmärkte. Zur Dauer des Verstoßes habe die BF die gegenständliche Insiderinformation erst am XXXX .2020 – sohin 11 Tage verspätet – veröffentlicht. Es erscheine daher angemessen, bei der weiteren Strafbemessung von einem Basisbetrag von EUR 375.000 auszugehen. Dass durch den Verstoß erzielte Gewinne oder verhinderte Verluste (§ 144 Z 4 BörseG 2018), Verluste für Dritte (§ 144 Z 5 BörseG 2018) oder Verluste, die dem Funktionieren der Märkte oder der Wirtschaft allgemein zugefügt worden seien (§ 144 Z 6 BörseG 2018), die sich beziffern ließen, entstanden seien, könne nicht festgestellt werden.

Betreffend den Grad der Verantwortung der verantwortlichen natürlichen oder juristischen Person (§ 144 Z 2 BörseG 2018) werde von fahrlässigem Verhalten ausgegangen. Die Fahrlässigkeit liege darin begründet, dass der CFO es unterlassen habe, die rechtzeitige Veröffentlichung der gegenständlichen Insiderinformation zu veranlassen und er daher nicht sämtliche gebotene und zumutbare Vorkehrungen zur Tatverhinderung getroffen habe. Dass die Verwirklichung des Tatbestandes aus besonderen Gründen nur schwer hätte vermieden werden können, sei aufgrund der Tatumstände nicht anzunehmen. Das rechtmäßige Alternativverhalten wäre die rechtzeitige Veröffentlichung bzw ein Aufschub gewesen. Das fahrlässige Verhalten werde weder als mildernd noch als erschwerend berücksichtigt.

Im Kernanwendungsbereich des Strafbemessungskriteriums des § 144 Z 7 BörseG 2018 liege die Außerstreitstellung des objektiven Tatbestandes, sofern dieser – wie gegenständlich bei verspäteten Veröffentlichungen – nicht ohnedies auf der Hand liege (vgl. Dellinger, Kommentar zum Bankwesengesetz, § 99e Rz 21). Die BF habe in ihrer Rechtfertigung Einwendungen hinsichtlich des Vorliegens einer Insiderinformation erhoben, habe die FMA jedoch durch die Vorlage von Unterlagen unterstützt und dadurch einen wesentlichen Beitrag zur Wahrheitsfindung geleistet. Strafmildernd sei ebenfalls zu berücksichtigen, dass die BF als juristische Person im Zeitpunkt der Erlassung dieses Straferkenntnisses keine verwaltungsstrafrechtlich relevanten Vorstrafen gehabt habe (§ 144 Z 8 BörseG 2018). Dass nach dem Verstoß Maßnahmen der für den Verstoß verantwortlichen natürlichen oder juristischen Person zur Verhinderung einer Wiederholung dieses Verstoßes getroffen worden seien (§ 144 Z 9 BörseG 2018), sei weder behauptet noch belegt worden.

Mit Verweis auf das Ergebnis der Gewinn- und Verlustrechnung, das Eigenkapital und die Rückstellungen sowie die Verbindlichkeiten sei die finanzielle Lage der BF als solide zu bezeichnen, so dass die Bezahlung der Geldstrafe zu keiner maßgeblichen Beeinträchtigung der Finanzkraft (§ 158 Abs 1 Z 3 BörseG 2018) der BF führen werde. Ein Bedarf zur Anpassung des Betrages von EUR 262.500 an die Finanzkraft des Unternehmens bestehe daher nicht.

Diesen Annahmen der FMA ist durch den erkennenden Senat nichts entgegenzusetzen, sie sind inhaltlich zutreffend und sachgerecht. Das Bundesverwaltungsgericht schließt sich diesen deshalb ausdrücklich an. Im Beschwerdeverfahren sind keine weiteren straferhöhenden oder –mildernden Gründe hervorgekommen.

Eine Einstellung des Verfahrens wegen Geringfügigkeit gemäß § 45 Abs 1 Z 4 VStG bzw ein Absehen von der Bestrafung gemäß § 22 Abs 6 Z 1 FMABG kommt bei dem vorliegenden Verstoß gegen die ad-hoc Meldepflicht nicht in Betracht.

Somit ist die verhängte Strafe auszusprechen, jedoch war diese entsprechend an das neue Konzernergebnis anzupassen und lautet deshalb folglich auf EUR 99.400,00.

Die konkret verhängte Strafe ist im Hinblick auf den verwirklichten Tatunwert und unter Berücksichtigung der Strafbemessungskriterien des § 144 BörseG 2018 gemessen am zur Verfügung stehenden Strafrahmen von EUR 2,84 Mio angemessen und auch erforderlich. Ein Bedarf zur weiteren verhältnismäßigen Anpassung an die Finanzkraft des Unternehmens wurde nicht vorgebracht und ist für das Bundesverwaltungsgericht nicht ersichtlich.

Bei diesem Ergebnis war der Beitrag zu den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens mit 10% der nunmehr verhängten Strafe neu zu berechnen (§ 64 Abs 2 VStG) und der BF vorzuschreiben.

Da der Beschwerde hinsichtlich der Strafbemessung und damit teilweise durch das Bundesverwaltungsgericht Folge gegeben worden ist, waren der BF keine Kosten des Beschwerdeverfahrens aufzuerlegen (§ 52 Abs 8 VwGVG).

II.3.2.5. Zahlungsinformation

Sie haben den Gesamtbetrag von insgesamt EUR 109.340,00 (Strafe iHv EUR 99.400,00 und Kosten des verwaltungsbehördlichen Verfahrens iHv EUR 9.940) binnen 2 Wochen auf das Konto des Bundesverwaltungsgerichtes (BVwG) mit dem IBAN AT840100000005010167 (BIC BUNDATWW) unter Angabe der Verfahrenszahl spesenfrei für den Empfänger einzuzahlen oder unter Mitnahme dieses Erkenntnisses beim Bundesverwaltungsgericht einzuzahlen. Bei Verzug muss damit gerechnet werden, dass der Betrag nach erfolgter Mahnung zwangsweise eingetrieben werden wird.

Die Geldstrafe fließt dem Bund zu (§ 144 letzter Satz BörseG 2018).

II.3.3. Zu Spruchpunkt B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor, insbesondere ist die Frage, ob es sich vorliegend um eine Insiderinformation handelt, anhand des vorliegenden Einzelfalls zu beurteilen.

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