VwGH Ra 2019/02/0143

VwGHRa 2019/02/014327.9.2019

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Beck sowie den Hofrat Mag. Straßegger und die Hofrätin Dr. Koprivnikar als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Friedwagner, über die Revision des Mag. H in W, vertreten durch die Dorda Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Universitätsring 10, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 13. Juni 2019, Zl. W204 2209288- 1/8E, betreffend Übertretung des BörseG (Partei gemäß § 21 Abs. 1 Z 2 VwGG: Finanzmarktaufsichtsbehörde; weitere Partei:

Bundesminister für Finanzen), den Beschluss gefasst:

Normen

B-VG Art133 Abs4
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2019:RA2019020143.L00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wurde der Revisionswerber als zum Tatzeitpunkt gemäß § 9 Abs. 2 letzter Satz VStG verantwortlicher Beauftragter einer näher genannten AG, deren Aktien im Amtlichen Handel der Wiener Börse AG notieren, der Übertretung des § 48 Abs. 1 Z 2 Börsegesetz 1989 - BörseG, BGBl. Nr. 555/1989 idF BGBl. I Nr. 150/2015, iVm § 48d Abs. 1 BörseG, BGBl. Nr. 555/1989 idF BGBl. I Nr. 68/2015, schuldig erkannt und zu einer Geldstrafe von EUR 10.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 45 Stunden) verurteilt. Das Gericht stellte fest, dass am 8. Juni 2016 der finale Konzernabschluss für das Geschäftsjahr 2015/16 vorgelegen und die Freigabe des konsolidierten Jahresabschlusses durch den Konzernprüfer erfolgt sei. Damit sei ein Ergebnis je Aktie von EUR 2,39 hinreichend wahrscheinlich gewesen und der Revisionswerber habe noch am selben Tag Kenntnis von der Entscheidung des Vorstandes erlangt, der Hauptversammlung eine Dividende von EUR 1,50 je Aktie vorzuschlagen. Nach dem Aufsichtsratsbeschluss vom Nachmittag des 21. Juni 2016, dem Vorschlag des Vorstands über die Verteilung des Bilanzgewinns zu folgen, habe der Revisionswerber am 22. Juni 2016 eine Ad-hoc Meldung über den genannten Gewinnverwendungsvorschlag veranlasst. Danach sei die Aktie auf einen zahlenmäßig angegebenen Höchstkurs gestiegen und das gehandelte Volumen sei deutlich gestiegen.

2 Rechtlich ging das Verwaltungsgericht davon aus, dass bereits am 8. Juni 2016 eine Insider-Information vorgelegen sei, weil ein verständiger Anleger die Information über die Höhe der geplanten Dividende pro Aktie jedenfalls als Grundlage seiner Anlageentscheidung genutzt hätte. Der Revisionswerber habe mit der Veröffentlichung zwei Wochen zugewartet, sodass die Ad-hoc Meldung vom 22. Juni 2016 verspätet erfolgt sei und der Revisionswerber den Tatbestand des § 48d Abs. 1 BörseG erfüllt habe. Die danach tatsächlich eingetretene Kursentwicklung stelle lediglich ein Indiz für die Erheblichkeit der Information dar. Der zur Tatzeit geltende § 48d BörseG (offenbar gemeint: § 48 Abs. 1 Z 2 BörseG, BGBl. Nr. 555/1989, idF BGBl. I Nr. 83/2012) sehe einen geringeren Strafrahmen als der im Entscheidungszeitpunkt geltende § 155 Abs. l Z 2 BörseG 2018, BGBl. I Nr. 107/2017, vor und sei daher gemäß § 1 Abs. 2 VStG anzuwenden. Einem Absehen von der Bestrafung nach § 48e Abs. 5 BörseG, BGBl. Nr. 555/1989, idF BGBI. I Nr. 76/2016 stehe schon entgegen, dass die juristische Person nicht bestraft worden sei, und die in Rede stehende Regelung stelle darüber hinaus eine verfahrensrechtliche Bestimmung dar, die vom Günstigkeitsvergleich ausgenommen sei.

3 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

4 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. 5 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. 6 Die Revision macht zu ihrer Zulässigkeit zunächst geltend, es fehle Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Rechtsfrage, ob die tatsächliche nachträgliche Kursentwicklung eine widerlegliche Vermutung für die Kurserheblichkeit darstelle oder lediglich ein Indiz dafür sei.

7 Dem steht die bereits vom Verwaltungsgericht zitierte Rechtsprechung VwGH 27.4.2017, Ro 2016/02/0020 bis 0023, mwN, entgegen, wobei der Umstand allein, dass in der Lehre zur Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes gegenteilige Rechtsauffassungen vertreten werden, noch nicht die Zulässigkeit einer Revision begründet (vgl VwGH 21.1.2016, Ra 2015/12/0051). Selbst wenn man der Rechtsauffassung des Revisionswerbers folgen würde, wonach die tatsächliche nachträgliche Kursentwicklung eine widerlegliche Vermutung für die Kurserheblichkeit darstelle, zutreffend wäre, hat der Revisionswerber die Relevanz des solcherart behaupteten Verfahrensmangels nicht dargestellt. 8 Außerdem mangle es nach den Zulässigkeitsausführungen der Revision an Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Rechtsfrage, ob in den Günstigkeitsvergleich nach § l Abs. 2 VStG auch einzubeziehen sei, dass die Strafbarkeit der natürlichen Person entfalle, weil nur die juristische Person zu bestrafen wäre.

9 Hier geht die Revision - ohne sich dagegen zu wenden - nicht von dem dem angefochtenen Erkenntnis zu Grunde liegenden Sachverhalt aus, nach dem die juristische Person im vorliegenden Fall nicht bestraft worden ist (ES 22). Damit fehlt es an einer Tatbestandsvoraussetzung für eine mögliche Anwendung des § 22 Abs. 6 Z 2 FMABG, weshalb schon deshalb ein Günstigkeitsvergleich nicht in Betracht kommt.

10 Schließlich bringt die Revision zu ihrer Zulässigkeit noch vor, es fehle Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Rechtsfrage, ob für die Beurteilung einer Information als wesentlich ein Kaufanreiz gegeben sein müsse und insbesondere, ob dafür auch Transaktionskosten und Steuern sowie die Relation der Dividende zum Kurswert einzubeziehen seien, weil das Verwaltungsgericht dazu trotz Vorbringens des Revisionswerbers und Beweisen keine Feststellungen getroffen habe.

11 Auch zu dieser Frage unterlässt es die Revision aufzuzeigen, welches konkrete Vorbringen zu Kosten und zum Kurs-Dividende-Verhältnis dem vom Verwaltungsgericht angenommenen Kaufanreiz entgegengestanden wäre, sodass die Wesentlichkeit des behaupteten Verfahrensmangels nicht dargestellt wurde. 12 In der Revision werden sohin keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.

Wien, am 27. September 2019

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