B-VG Art.133 Abs4
Direktzahlungs-Verordnung §12
MOG 2007 §1
MOG 2007 §6
VwGVG §24 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2
VwGVG §28 Abs3 Satz2
VwGVG §31 Abs1
AVG 1950 §66 Abs2
B-VG Art.133 Abs4
Direktzahlungs-Verordnung §12
MOG 2007 §1
MOG 2007 §6
VwGVG §24 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2
VwGVG §28 Abs3 Satz2
VwGVG §31 Abs1
European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2017:W204.2116906.1.00
Spruch:
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht fasst durch die Richterin Dr. Esther Schneider als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX, BNr. XXXX, gegen den Bescheid der Agrarmarkt Austria vom 30.06.2009, AZ II/7-RP/08-103523696, betreffend die Gewährung von Rinderprämien 2008 den Beschluss:
A)
Der Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG stattgegeben, der angefochtene Bescheid behoben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverwiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
BEGRÜNDUNG:
I. Verfahrensgang:
I.1. Mit Bescheid der Agrarmarkt Austria (AMA) vom 25.02.2009, AZ II/7-RP/08-103037930, wurden dem Beschwerdeführer für das Antragsjahr 2008 Rinderprämien in Höhe von
EUR 2.823,64 gewährt.
Dem Begründungsteil des Bescheides ist zu entnehmen, dass sich dieser Betrag aus einer gewährten "Mutterkuhprämie für Kalbinnen" in Höhe von EUR 286,00 und einer gewährten "Schlachtprämie Inland" in Höhe von EUR 2.537,64 zusammengesetzt hat. Die Voraussetzungen für die Gewährung einer "Mutterkuhprämie" seien jedoch aufgrund einer zu geringen Anzahl an Abkalbungen bzw. einer zu geringen Verweildauer der Kälber nicht vorgelegen. Eine Mutterkuhprämie sei nur Betrieben zu gewähren, die Kälber für die Fleischerzeugung halten.
I.2. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 16.03.2009, eingelangt bei der belangten Behörde am selben Tag, Einwände und monierte die Nicht-Gewährung der "Mutterkuhprämie".
I.3. Mit Abänderungsbescheid der AMA vom 30.06.2009, AZ II/7-RP/08-103523696, wurden dem Beschwerdeführer für das Antragsjahr 2008 Rinderprämien in Höhe von EUR 4.745,30 gewährt.
Dem Begründungsteil des Abänderungsbescheides ist zu entnehmen, dass die Abänderung auf einer Erhöhung der "Schlachtprämie Inland" beruhte (nun EUR 30,40/Tier anstatt zuvor EUR 18,24/Tier). Die Höhe der gewährten "Mutterkuhprämie für Kalbinnen" erfuhr keine Änderung, eine "Mutterkuhprämie" wurde mit derselben Begründung abgewiesen wie im vorangegangenen Bescheid.
I.4. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 15.07.2009, eingelangt bei der belangten Behörde am selben Tag, das Rechtsmittel der Berufung und führte aus, einen rinderhaltenden Betrieb mit Milchproduktion, Mutterkuhhaltung und Mastkühen zu führen. Die Mastkühe seien dabei nicht für die Nachzucht gedacht, so würden diese circa drei bis zehn Monate am Betrieb gemästet und dann geschlachtet. Folge dessen seien diese auch keine Mutterkühe und dürften nicht für die Berechnung der Abkalbequote herangezogen werden.
Bei einem Kontingent (Milchreferenzmenge) von 165.317 kg und einem Stalldurchschnitt von 9.053 kg ergebe sich eine Anzahl von 19 rechnerischen Milchkühen. Aufgrund zugekaufter Mutterkuhquoten seien dem Beschwerdeführer im Antragsjahr 2008 in Summe 37 Mutterkuhquoten zur Verfügung gestanden. Somit müssten am Betrieb 56 Kühe (davon 37 Fleischrassekühe) vorhanden gewesen sein. An den Antragsstichtagen seien laut der belangten Behörde tatsächlich 68 Fleischrassekühe (inkl. Mastkühe) gehalten geworden.
Nach der alten, damals gültigen Richtlinie und Bestimmung für die Abkalbequote hätten somit 19 Stück der beantragten Kühe abkalben müssen. Tatsächlich hätten im Jahr 2008 25 Abkalbungen stattgefunden.
Die Aufstockung der Mutterkühe im Jahr 2008 sei aufgrund der Aufgabe der Stiermast schon im Voraus geplant gewesen.
Es könne nicht sein, dass eine bestehende Regelung für die Abkalbequote inmitten eines Wirtschaftsjahres rückwirkend geändert werde. Die Bezirkskammer XXXX sei erst am 19.05.2008 über die rückwirkende Änderung der Abkalbequote informiert worden. Ende 2008 habe der Beschwerdeführer keine Möglichkeit mehr gehabt, auf diese Änderung zu reagieren, da der letzte Stichtag der 10.04. sei. Wenn die Regelung zu Jahresbeginn bekannt gegeben worden wäre, hätte er noch reagieren können und zu den Stichtagen keine Mastkühe gehalten, sondern nur die notwendigen Milchkühe und Mutterkühe.
I.5. Mit Bescheid des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft (BMLFUW) vom 12.04.2012, BMLFUW-LE.4.1.10/0307/-I/7/2010, wurde die Berufung gegen den Bescheid der AMA vom 30.09.2009 abgewiesen.
Seine Entscheidung begründete das BMLFUW im Wesentlichen damit, dass es aufgrund des starken Wechsels von Kühen im Antragsjahr 2008 keine Mutterkuhhaltung am Betrieb des Beschwerdeführers gegeben habe bzw. der Beschwerdeführer die Voraussetzungen zum Bezug der Mutterkuhprämie iSd Art. 125 VO (EG) 1782/2003 künstlich geschaffen habe.
I.6. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der mit Beschluss vom 29.11.2011, B 699/10-6, deren Behandlung abgelehnt und die Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof abgetreten hat.
In einer vor dem Verwaltungsgerichtshof ergänzten Beschwerde machte der Beschwerdeführer inhaltliche Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge der Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.
I.7. Mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs vom 21.10.2015, 2012/17/0196, wurde der Bescheid des BMLFUW vom 12.04.2012 wegen Rechtswidrigkeit infolge der Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Begründend führte der Verwaltungsgerichtshof aus, dass sich aus der Begründung des Bescheides zunächst nicht mit Sicherheit entnehmen lasse, ob das BMLFUW davon ausgegangen sei, ob der Betrieb des Beschwerdeführers die in den einschlägigen Rechtsquellen angeführten Voraussetzungen für die Gewährung der Mutterkuhprämie erfüllt habe oder nicht. So führe das BMLFUW zum einen zwar aus, dass es aufgrund des starken Wechsels von Kühen keine Mutterkuhhaltung am Betrieb des Beschwerdeführers gegeben habe. Das BMLFUW dürfte zum anderen dann jedoch doch davon ausgegangen sein, dass die Voraussetzungen zum Bezug der Mutterkuhprämie an sich erfüllt worden seien, diese Voraussetzungen für den Erhalt der Mutterkuhprämie jedoch künstlich geschaffen worden seien. Beide Begründungsstränge würden sich mangels ausreichender Nachvollziehbarkeit jedoch der nachprüfenden Kontrolle durch den Verwaltungsgerichtshof entziehen. Aus der Begründung des angefochtenen Bescheides sei in keiner Hinsicht ersichtlich, dass die Vorgehensweise des BMLFUW in den unionsrechtlichen bzw. innerstaatlichen Vorschriften ihre Deckung finde.
I.8. Das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes langte am 09.11.2015 beim Bundesverwaltungsgericht ein.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
II.1. Zuständigkeit und Allgemeines:
Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.
Gemäß Art. 131 Abs. 2 B-VG erkennt das Verwaltungsgericht des Bundes über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 in Rechtssachen in den Angelegenheiten der Vollziehung des Bundes, die unmittelbar von Bundesbehörden besorgt werden. Gemäß der Verfassungsbestimmung des § 1 MOG 2007 können Vorschriften zur Durchführung der gemeinsamen Marktorganisationen unmittelbar von Bundesbehörden vorgesehen werden. Gemäß § 6 Abs. 1 leg. cit. ist die AMA zuständige Marktordnungs-, Interventions- und Zahlstelle im Sinne dieses Bundesgesetzes. Gemäß § 1 AMA-Gesetz können Angelegenheiten, soweit diese durch Bundesgesetz oder durch Verordnungen, die auf Grund von Bundesgesetzen erlassen werden, an die AMA übertragen werden, von der AMA unmittelbar als Bundesbehörde besorgt werden. Für Beschwerden über Entscheidungen dieser Behörde ist daher das Bundesverwaltungsgericht zuständig.
Das Bundesverwaltungsgericht entscheidet durch Einzelrichter (vgl. § 6 BVwGG) über die Beschwerde (vormals: Berufung) in der vorliegenden Rechtssache.
II.2. Zu Spruchpunkt A):
II.2.1. Rechtsgrundlagen in der Sache selbst:
§ 10 Abs. 1 und 2 der GAP-Beihilfen-Verordnung 2008, BGBI. II Nr. 43, lauten:
"(1) Die Angaben aus der elektronischen Datenbank für Rinder über die Haltung von Mutterkühen und Kalbinnen gelten als Antrag des Betriebsinhabers auf die Mutterkuhprämie.
(2) Als Antragsteller gilt der Betriebsinhaber, der prämienfähige Mutterkühe oder Kalbinnen am 1. Jänner, 16. März oder 10. April hält und für dessen Betrieb ein Sammelantrag für das betreffende Jahr abgegeben wird."
Die Artikel 29, 122 und 125 der Verordnung (EG) Nr. 1782/2003 des Rates vom 29. September 2003 mit gemeinsamen Regeln für Direktzahlungen im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik und mit bestimmten Stützungsregelungen für Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe und zur Änderung der Verordnungen (EWG) Nr. 2019/93, (EG) Nr. 1452/2001, (EG) Nr. 1453/2001, (EG) Nr. 1454/2001, (EG) Nr. 1868/94, (EG) Nr. 1251/1999, (EG) Nr. 1254/1999, (EG) Nr. 1673/2000, (EWG) Nr. 2358/71 und (EG) Nr. 2529/2001, ABI. L 270 vom 21.10.2003, 1, (in der Folge: VO (EG) 1782/2003) lauten auszugsweise wie folgt:
"Artikel 29 Beschränkung der Zahlungen
Unbeschadet besonderer Bestimmungen in den einzelnen Stützungsregelungen erhalten Betriebsinhaber keine Zahlungen, wenn feststeht, dass sie die Voraussetzungen für den Erhalt solcher Zahlungen künstlich geschaffen haben, um einen den Zielen der betreffenden Stützungsregelungen zuwiderlaufenden Vorteil zu erwirken."
"Artikel 122 Begriffsbestimmungen
Im Sinne dieses Kapitels bezeichnet der Ausdruck
[ ]
d) "Mutterkuh" eine Kuh einer Fleischrasse oder eine aus der Kreuzung mit einer Fleischrasse hervorgegangene Kuh, die einem Bestand angehört, in dem Kälber für die Fleischerzeugung gehalten werden. [ ]"
"Artikel 125 Mutterkuhprämie
(1) Ein Betriebsinhaber, der in seinem Betrieb Mutterkühe hält, kann auf Antrag eine Prämie zur Erhaltung des Mutterkuhbestands (Mutterkuhprämie) erhalten. Diese Prämie wird auf Jahresbasis je Kalenderjahr und Betriebsinhaber im Rahmen individueller Höchstgrenzen gewährt.
[ ]"
II.2.2. Zur Definition des in Art. 3 lit. f) VO (EG) 1254/1999 (gleichlautend mit Art. 122 lit. d) VO [EG] 1782/2003) angeführten Begriffs der "Mutterkuh" führte der EuGH bereits aus, dass die Kommission den Mitgliedstaaten die Aufgabe zugewiesen hat, den Begriff der "Mutterkuh" näher zu bestimmen. Gemäß der Rechtsprechung des EuGH steht es den Mitgliedstaaten frei, in diesem Zusammenhang Klarstellungen zu treffen, indem sie sich auf die übliche Rinderzuchtpraxis in ihrem Hoheitsgebiet stützen (vgl. EuGH 29.02.2008, C-446/06).
In Österreich fordert die AMA (als zuständige Stelle zur Abwicklung der Förderungsverwaltung in der Gemeinsamen Agrarpolitik) als Voraussetzungen für die Gewährung einer "Mutterkuhprämie" u.a., dass ein bestimmter prozentualer Anteil von im jeweiligen Antragsjahr gemeldeten Rindern abkalbt (Mindestabkalbequote) und ein bestimmter prozentualer Anteil der geborenen Kälber eine bestimmte Zeit am jeweiligen Betrieb verweilt (Mindestverweildauer). Innerstaatliche Vorschriften, die das Vorliegen dieser Voraussetzungen als Bedingung für die Gewährung einer "Mutterkuhprämie" normieren, bestehen nicht.
Der EuGH hat jedoch festgehalten, dass den europarechtlichen Vorgaben dem Grunde nach nicht entgegensteht, wenn der Anspruch auf Gewährung einer "Mutterkuhprämie" von einer Mindestabkalbequote und einer Mindestverweildauer abhängig gemacht wird (vgl. erneut EuGH 29.02.2008, C-446/06). Dass das in Österreich geforderte Ausmaß dieser Voraussetzungen (Abkalbungen von mindestens 50 % aller Fleischrassekühe; zweimonatige Verweildauer ab Geburt von mindestens 80 % der Kälber), welches die AMA seit Mai 2008 anwendet, wie vom EuGH gefordert auch der üblichen Rinderzuchtpraxis in Österreich entspricht, wurde in einem vom Bundesverwaltungsgericht in einem anderen Beschwerdeverfahren eingeholten Gutachten bestätigt (BVwG 05.11.2014, W104 2010023-1) und entspricht der ständigen Judikatur (vgl. u.a. BVwG 19.10.2015, W113 2112185-1, BVwG 29.08.2016, W114 2101340-1).
Die in Österreich gewählte Vorgehensweise, "Klarstellungen" zu treffen und eine Mindestabkalbequote und eine Mindestverweildauer als Voraussetzung für die "Mutterkuhprämie" zu fordern, steht somit im Einklang mit der oben angeführten Rechtsprechung des EuGH und ist nicht zu beanstanden. Auch dass die belangte Behörde diese Erfordernisse voraussetzt, ohne sich dabei auf innerstaatliche Regelungen, in welchen diese ausdrücklich normiert sind, zu stützen, schadet aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts nicht, stehen die Erfordernissedoch im Einklang mit der üblichen Rinderzuchtpraxis in Österreich.
II.2.3. Im Merkblatt "Tierprämien 2008", das den Landwirten zu Beginn des Antragsjahres 2008 als Hilfestellung für die Beantragung zur Verfügung gestellt wurde, führte die AMA zur Abkalbequote (Punkt 2.4) Folgendes aus:
"Die Grundgesamtheit für die Berechnung der Mindestabkalbequote bildet die Anzahl prämienfähiger Mutterkühe (siehe Punkt 5.5).
50 % der prämienfähigen Mutterkühe müssen im Antragsjahr am Betrieb abkalben (Mindestabkalbequote).
[ ]
Sowohl die Mindestabkalbequote als auch die Mindestverweildauer der Kälber müssen eingehalten werden, damit die Mutterkuhprämie gewährt wird."
Mit Schreiben vom 19.05.2008 informierte die AMA die Landwirtschaftskammern (mit dem Ersuchen zur Weiterleitung an die Bezirksbauernkammern), dass die seit 2005 bestehenden Anforderungen für das Erreichen der Mindestabkalbequote in der Form geändert werden, dass nunmehr 50 % aller zu den Antragsstichtagen gemeldeten Fleischrassekühe (zuvor 50 % aller gemeldeten Mutterkühe) abzukalben haben. Die Anforderung an die Verweildauer blieb unverändert. Das auf der Webseite der AMA zur Verfügung gestellte Merkblatt "Tierprämien 2008" (mit Stand Mai 2008) erfuhr unter Punkt 2.4 eine entsprechende Änderung:
"Die Grundgesamtheit für die Berechnung der Mindestabkalbequote bildet die Anzahl der ermittelten Fleischrassekühe (siehe Punkt 5.5).
50 % der ermittelten Fleischrassekühe müssen im Antragsjahr am Betrieb abkalben (Mindestabkalbequote).
[ ]
Sowohl die Mindestabkalbequote als auch die Mindestverweildauer der Kälber müssen eingehalten werden, damit die Mutterkuhprämie gewährt wird."
Diese Vorgehensweise der AMA, im Mai 2008 die Anforderungen an die Mindestabkalbequote zu ändern, wird vom Beschwerdeführer moniert. Da zu diesem Zeitpunkt die drei Antragsstichtage (01.01., 16.02. und 10.04.) bereits verstrichen gewesen seien, sei es ihm nicht möglich gewesen, für das Antragsjahr 2008 entsprechend zu reagieren.
Im Hinblick auf dieses Vorbringen gilt es zu prüfen, ob sich der Beschwerdeführer aufgrund der Angaben im (ursprünglichen) Merkblatt "Tierprämien 2008" auf den Grundsatz des Vertrauensschutzes berufen kann.
Auf den Grundsatz des Vertrauensschutzes kann sich nach ständiger Rechtsprechung des EuGH jeder berufen, bei dem ein Unionsorgan begründete Erwartungen geweckt hat. Präzise, nicht an Bedingungen geknüpfte und übereinstimmende Auskünfte von zuständiger und zuverlässiger Seite stellen unabhängig von der Form ihrer Mitteilung Zusicherungen dar, die solche Erwartungen wecken können. Dagegen kann niemand eine Verletzung dieses Grundsatzes geltend machen, dem die Verwaltung keine präzisen Zusicherungen gegeben hat (vgl. dazu mwN EuGH 14.03.2013, C-545/11, Agrargenossenschaft Neuzelle sowie die Ausführungen des BVwG im Erkenntnis vom 25.02.2015, W127 2001136-1.)
Der Gewährung von Vertrauensschutz werden in der Rechtsprechung allerdings dann Grenzen gezogen, wenn einer fehlerhaften Auskunft der Behörde eine eindeutige Regelung gegenübersteht. So ist der Antragsteller bei allfälligen Unsicherheiten dazu verpflichtet, alle zur Verfügung stehenden Informationsmöglichkeiten auszuschöpfen (vgl. VwGH 26.06.2000, 99/17/0460). Hat ein Antragsteller es verabsäumt, sich intensiv mit den Rechtsgrundlagen auseinanderzusetzen, kann er etwa nicht auf eine fehlerhafte telefonische Auskunft vertrauen (vgl. VwGH 28.04.2003, 2002/17/0007).
Nach der Rechtsprechung des EuGH zum Zollrecht können nur solche Irrtümer der Behörde Vertrauensschutz begründen, die für einen gutgläubigen Abgabenschuldner nicht erkennbar waren. Die Erkennbarkeit des Irrtums ist unter Berücksichtigung seiner Art, der Berufserfahrung der betroffenen Wirtschaftsteilnehmer und der von ihnen aufgewandten Sorgfalt zu beurteilen. Die Art des Irrtums ist unter Berücksichtigung des Komplexitätsgrades der betreffenden Regelung sowie der Länge des Zeitraums, in dem die Behörden in ihrem Irrtum verharrten, zu beurteilen (vgl. EuGH 03.05.2005, C-499/03, Biegi, Rz 47 f).
Von einem Berufslandwirt kann nach der Rechtsprechung des EuGH erwartet werden, dass er bei der Stellung eines Beihilfeantrags besondere Sorgfalt anwendet und von den Voraussetzungen für die Gewährung einer Beihilfe Kenntnis nimmt. Im Rahmen dieser Beurteilung hat das vorlegende Gericht allerdings sämtliche Umstände des Ausgangsrechtsstreits zu berücksichtigen (vgl. EuGH 02.07.2015, C-684/13, Demmer, Rz 81 ff).
Wie bereits oben ausgeführt, finden sich zu den Voraussetzungen einer Mindestabkalbequote und einer Mindestverweildauer weder innerstaatliche noch europarechtliche Vorschriften. Solche Voraussetzungen werden – wie ebenso oben bereits erläutert – im Einklang mit der Rechtsprechung des EuGH auf Grundlage der üblichen Rinderzuchtpraxis in Österreich seitens der AMA zur Frage des Vorliegens eines Mutterkuhbestandes jedoch gefordert. Hätte sich der Beschwerdeführer Anfang des Jahres 2008 bei der AMA zu den Voraussetzungen für die Gewährung einer "Mutterkuhprämie" erkundigt, wäre er zweifellos auf das Bezug habende (ursprüngliche) Merkblatt "Tierprämien 2008" verwiesen worden. Auch wenn dieses einen Hinweis auf seine rechtliche Unverbindlichkeit trägt - wie auch der VwGH zu Recht in seinem Erkenntnis vom 21.10.2015 hervorhebt - , rücken die darin enthaltenen Informationen in der vorliegenden Konstellation in die Nähe einer Zusicherung iSd eingangs zitierten Rechtsprechung des EuGH und mangels einschlägiger rechtlicher Grundlagen im Antragsjahr 2008. Es liegen zudem auch keine Gründe vor, aus denen geschlossen werden kann, dass der Beschwerdeführer zu Beginn des Jahres 2008 bzw. zu den Antragsstichtagen 2008 nicht auf die Angaben im Merkblatt und die bis dahin (seit dem Jahr 2005) geübte Praxis der AMA (Mindestabkalbequote 50 % aller gemeldeten Mutterkühe) vertrauen durfte.
Folglich ist der Berechnung der "Mutterkuhprämie" für das Antragsjahr 2008 eine Mindestabkalbequote auf Basis der Grundgesamtheit der Anzahl der gemeldeten prämienfähigen Mutterkühe (und nicht der Anzahl der ermittelten Fleischrassekühe) zu Grunde zu legen.
II.2.4. Zur Zurückverweisung:
II.2.4.1. Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.
Gemäß Abs. 2 leg. cit. hat über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG das Verwaltungsgericht selbst zu entscheiden, wenn 1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder 2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
Gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG hat das Verwaltungsgericht im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Voraussetzungen des Abs. 2 nicht vorliegen und die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung und Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhaltes unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hierbei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.
Das Modell der Aufhebung des Bescheides und Zurückverweisung der Angelegenheit an die Behörde folgt konzeptionell jenem des § 66 Abs. 2 AVG, setzt im Unterschied dazu aber nicht auch die Notwendigkeit der Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung voraus. Voraussetzung für eine Aufhebung und Zurückverweisung ist allgemein (nur) das Fehlen behördlicher Ermittlungsschritte. Sonstige Mängel, abseits jener der Sachverhaltsfeststellung, legitimieren nicht zur Behebung auf Grundlage von § 28 Abs. 3
2. Satz VwGVG (Fister/Fuchs/Sachs, Verwaltungsgerichtsverfahren (2013) § 28 VwGVG Anm. 11). § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG bildet damit die Rechtsgrundlage für eine kassatorische Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes, wenn "die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen" hat.
II.2.4.2. Im vorliegenden Fall erweist sich der angefochtene Bescheid in Bezug auf den zu ermittelnden Sachverhalt als mangelhaft:
Wie sich aus den Unterlagen im Verwaltungsakt ergeben hat, wendete die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid zur Berechnung der "Mutterkuhprämie" unzulässiger Weise die seit Mai 2008 festgelegten Voraussetzungen an und berechnete den Prozentsatz der erfolgten Abkalbungen auf Basis der Grundgesamtheit der Anzahl der ermittelten Fleischrassekühe.
Unter Berücksichtigung der Ausführungen unter II.2.3. hätte die belangte Behörde im Falle des Beschwerdeführers der Berechnung zur "Mutterkuhprämie" jedoch die noch im Zeitpunkt der Antragsstichtage 2008 angewendeten Voraussetzungen zu Grunde zu legen und den Prozentsatz der erfolgten Abkalbungen auf Basis der Grundgesamtheit der Anzahl der prämienfähigen Mutterkühe zu berechnen gehabt.
Damit hat die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid eine falsche Berechnungsgrundlage herangezogen. Sie hat es damit insbesondere unterlassen, die Anzahl der prämienfähigen Mutterkühe festzustellen sowie auf Basis dieser Anzahl die Abkalbequote zu berechnen, um in weiterer Folge das Vorliegen der zu erfüllende Mindestabkalbequote erst überprüfen zu können. Die belangte Behörde hat somit hinsichtlich der Frage, ob es sich bei den am Betrieb des Beschwerdeführers im Antragsjahr 2008 gehaltenen Kühen um Mutterkühe im Sinne des Art. 122 lit. d) VO (EG) 1782/2003 gehandelt hat, den Sachverhalt unzureichend ermittelt.
II.2.4.3. In Anbetracht der Komplexität der Bezug habenden Beihilferegelung und des technischen Charakters der Entscheidung über die aus dem neuen Sachverhalt erfließenden Berechnungen läge eine Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Bundesverwaltungsgericht im vorliegenden Fall weder im Interesse der Raschheit noch wäre diese mit einer Kostenersparnis verbunden. Insbesondere gilt es dabei auf die hohe Anzahl der am Betrieb des Beschwerdeführers im Antragsjahr 2008 gemeldeten Rinder bzw. die hohe Anzahl der verzeichneten Ersatzmeldungen zu verweisen. Folglich dient die Zurückverweisung der Angelegenheit einer raschen und kostensparenden Vervollständigung des neuen Sachverhalts (vgl. VwGH 26.06.2014, 2014/03/0063).
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden, der angefochtene Bescheid zu beheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückzuverweisen.
II.2.4.4. Die belangte Behörde wird im fortgesetzten Verfahren unter Berücksichtigung der Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofes wie des Bundesverwaltungsgerichtes die Berechnung der Mutterkuhprämie unter der Vorgabe durchzuführen haben, dass sie dieser die noch im Zeitpunkt der Antragsstichtage 2008 angewendeten Voraussetzungen zu Grunde zu legen hat. Demnach bildet die Anzahl der prämienfähigen Mutterkühe die Grundgesamtheit für die Berechnung der Mindestabkalbequote. Die belangte Behörde hat die Berechnung der Mutterkuhprämie auf Basis der Vorgabe, dass 50 % der prämienfähigen Mutterkühe abkalben müssen, vorzunehmen und unter Berücksichtigung der weiteren in diesem Zusammenhang heranzuziehenden Voraussetzungen (Verweildauer der Kälber, etc.) festzustellen, ob es sich bei den in Rede stehen Tieren um Mutterkühe im Sinne des Art. 122 lit. d) VO (EG) 1782/2003 handelte und somit eine "Mutterkuhprämie" für das Antragsjahr 2008 zu gewähren ist.
Sollte die belangte Behörde zu dem Ergebnis kommen, dass am Betrieb des Beschwerdeführers die Voraussetzungen für die Gewährung einer "Mutterkuhprämie" an sich vorliegen, im Zuge ihres Ermittlungsverfahrens jedoch zur Ansicht gelangen, dass die Voraussetzungen für den Erhalt der Prämie womöglich künstlich geschaffen worden sind (vgl. Art. 29 VO (EG) 1782/2003), so hat die belangte Behörde diesbezüglich ebenso konkrete, nachvollziehbare und ausreichend begründete Feststellungen zu treffen. Hingewiesen wird darauf, dass sich die Argumentation des BMLFUW im vom Verwaltungsgerichtshof aufgehobenen Bescheid vom 12.04.2010, BMLFUW-LE.4.1.10/0307-I/7/2010, mit der eine künstliche Schaffung der Voraussetzungen zur Erlangung einer "Mutterkuhprämie" darzulegen versucht wurde, aus Sicht des Verwaltungsgerichtshofs mangels ausreichender Nachvollziehbarkeit einer nachprüfenden Kontrolle entzog und in den unionsrechtlichen bzw. innerstaatlichen Vorschriften keine Deckung fand (vgl. VwGH 21.10.2015, 2012/17/0196). Im Übrigen wird die belangte Behörde im Zweifel aufgrund der überlangen Verfahrensdauer zugunsten des Beschwerdeführers zu entscheiden haben.
II.2.5. Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG abgesehen werden, weil eine mündliche Erörterung keine weitere Klärung der Rechtssache erwarten lässt und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegenstehen.
II.3. Zu Spruchpunkt B):
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Die Grundlage der Zurückverweisungsentscheidung sind ausschließlich Tatsachenfragen im konkreten Einzelfall.
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