BVwG W187 2278331-1

BVwGW187 2278331-126.9.2023

BVergG 2018 §12 Abs1
BVergG 2018 §2 Z15
BVergG 2018 §2 Z5
BVergG 2018 §327
BVergG 2018 §328 Abs1
BVergG 2018 §333
BVergG 2018 §334 Abs2
BVergG 2018 §342 Abs1
BVergG 2018 §350 Abs1
BVergG 2018 §350 Abs2
BVergG 2018 §351 Abs1
BVergG 2018 §351 Abs3
BVergG 2018 §351 Abs4
BVergG 2018 §352
BVergG 2018 §4 Abs1 Z2
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2023:W187.2278331.1.00

 

Spruch:

 

W187 2278331-1/2E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch den Richter Mag. Hubert REISNER über den Antrag der XXXX vertreten durch die KWR Karasek Wietrzyk Rechtsanwälte GmbH, Fleischmarkt 1, 3. Stock, 1010 Wien, auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung betreffend das Vergabeverfahren „Abschluss eines Rahmenvertrages mit einem Bieter zur Erbringung von Dienstleistungen betreffend die Überstellung und Kremierung von Körperspenden für die Medizinische Universität Wien sowie den Betrieb einer Hotline zur Abwicklung und Koordination der Überstellung der Körperspenden nach deren Tod.“, AZ: 12699, der Auftraggeberin Medizinische Universität Wien, Spitalgasse 23, 1090 Wien, vertreten durch die vergebende Stelle Medizinische Universität Wien, Gebäude-, Sicherheits- und Infrastrukturmanagement, Spitalgasse 23 / BT88, 1090 Wien, vertreten durch die CMS Reich-Rohrwig Hainz Rechtsanwälte GmbH, Gauermanngasse 2, 1010 Wien, vom 21. September 2023:

A)

Das Bundesverwaltungsgericht gibt dem Antrag der XXXX , „das Bundesverwaltungsgericht möge der Auftraggeberin mittels einstweiliger Verfügung bis zur Entscheidung über den Antrag auf Nichtigerklärung (Nachprüfungsantrag ‚Zuschlagsentscheidung‘) ab Antragstellung die Erteilung des Zuschlages im Vergabeverfahren ‚Abschluss eines Rahmenvertrages mit einem Bieter zur Erbringung von Dienstleistungen betreffend die Überstellung und Kremierung von Körperspenden für die Medizinische Universität Wien sowie den Betrieb einer Hotline zur Abwicklung und Koordination der Überstellung der Körperspenden nach deren Tod.‘ (AZ: 12699) untersagen“, gemäß §§ 350 Abs 1, 351 Abs 1, 3 und 4 BVergG 2018 statt.

Das Bundesverwaltungsgericht untersagt der Auftraggeberin Medizinische Universität Wien für die Dauer des Nachprüfungsverfahrens im Vergabeverfahren „Abschluss eines Rahmenvertrages mit einem Bieter zur Erbringung von Dienstleistungen betreffend die Überstellung und Kremierung von Körperspenden für die Medizinische Universität Wien sowie den Betrieb einer Hotline zur Abwicklung und Koordination der Überstellung der Körperspenden nach deren Tod.“, AZ: 12699, den Zuschlag zu erteilen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

 

Begründung

I. Verfahrensgang

1. Mit Schriftsatz vom 21. September 2023 beantragte die XXXX vertreten durch die KWR Karasek Wietrzyk Rechtsanwälte GmbH, Fleischmarkt 1, 3. Stock, 1010 Wien, in der Folge Antragstellerin, die Durchführung einer mündlichen Verhandlung, die Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung, den Ersatz der Pauschalgebühr, die Akteneinsicht, die Ausnahme der Aktenbestandteile des eigenen Angebots von der Akteneinsicht sowie die Erlassung einer einstweiligen Verfügung wie im Spruch unter A) wiedergegeben. Die Anträge betreffen das Vergabeverfahren „Abschluss eines Rahmenvertrages mit einem Bieter zur Erbringung von Dienstleistungen betreffend die Überstellung und Kremierung von Körperspenden für die Medizinische Universität Wien sowie den Betrieb einer Hotline zur Abwicklung und Koordination der Überstellung der Körperspenden nach deren Tod.“, AZ: 12699, der Auftraggeberin Medizinische Universität Wien, Spitalgasse 23, 1090 Wien, vertreten durch die vergebende Stelle Medizinische Universität Wien, Gebäude-, Sicherheits- und Infrastrukturmanagement, Spitalgasse 23 / BT88, 1090 Wien, vertreten durch die CMS Reich-Rohrwig Hainz Rechtsanwälte GmbH, Gauermanngasse 2, 1010 Wien.

1.1 Nach Darstellung des Sachverhalts, Ausführungen zur Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts, der Rechtzeitigkeit des Nachprüfungsantrags und der Höhe der geschuldeten und bezahlten Pauschalgebühr führt die Antragstellerin zur Rechtswidrigkeit der angefochtenen Zuschlagsentscheidung im Wesentlichen aus, dass es sich bei dem hier ausschreibungsgegenständlichen Beschaffungsvorhaben um hochkomplexe und spezialisierte Leistungen im Bereich der Überstellung und Kremierung von Körperspenden handle. Es müsse daher jederzeit sichergestellt sein, dass eine zeitnahe, fehlerfreie und qualitativ hochwertige Leistungserbringung durch den zukünftigen Auftragnehmer erfolge; dies über einen Zeitraum von mehreren Jahren. Davon könnten keine Abstriche gemacht werden. Dass sich dieser Umstand letztendlich auch in den angebotenen Preisen widerspiegeln müsse, sei evident.

1.2 Die Preise des Angebots der Antragstellerin seien geprüft worden. Eine vertiefte Prüfung der Preise des Angebots der in Aussicht genommenen Zuschlagsempfängerin könne nicht stattgefunden haben. Der von der in Aussicht genommenen Zuschlagsempfängerin angebotene bewertungsrelevante Gesamtpreis sei im Hinblick auf die ausgeschriebenen Leistungen keinesfalls auskömmlich und keinesfalls plausibel. Das Angebot sei auszuscheiden. Die zwingend einzuhaltenden Kalkulationsvorgaben wie insbesondere die Einhaltung von arbeits- und sozialrechtlichen Vorgaben, etc könnten keinesfalls eingehalten werden. Zudem könnten derart niedrige Preise auch nicht einmal pauschal durch „strategische Nachlässe“ im Rahmen des Markteintritts erklärt werden. Die Antragstellerin könne nur vermuten, dass der unplausibel niedrige Gesamtpreis der präsumtiven Zuschlagsempfängerin nur durch eine Abweichung von den in der Ausschreibung geforderten Quantitäten und Qualitäten erklärt werden könne. Auch vermute die Antragstellerin, dass diese Abweichungen von den Vorgaben der Ausschreibung insbesondere die Leistungsbereiche „Erstellung und Betrieb einer Körperspendehotline“ sowie die Beistellung der erforderlichen Särge betreffen müsse. Gerade diese Bereiche seien im Zuge der zweiten Verfahrensstufe mehrfach Gegenstand von Fragestellungen, Berichtigungen und Klarstellungen gewesen, die insbesondere auch die anzubietenden Qualitäten betroffen und sich auf die anzubietenden Preise ausgewirkt hätten. Anders könne der Preis der in Aussicht genommenen Zuschlagsempfängerin nicht erklärt werden. Ein Abweichen von den Vorgaben der Ausschreibungsunterlagen führe jedoch zum Ausscheiden des Angebots der in Aussicht genommenen Zuschlagsempfängerin. Sollten die seitens der in Aussicht genommenen Zuschlagsempfängerin zu derart niedrigen Preisen angebotenen Leistungen jedoch tatsächlich – der Interpretation der Auftraggeberin folgend – den Ausschreibungsunterlagen entsprechen, seien die Vorgaben der Ausschreibungsunterlagen offenkundig unterschiedlich interpretierbar, nicht eindeutig und führten im Ergebnis zum zwingend erforderlichen Widerruf des Vergabeverfahrens, da eine Vergleichbarkeit der Angebote nicht gewährleistet werden könne. Die Antragstellerin habe eine Kalkulation mit „Minimalansätzen“ vorgenommen. Diese habe ergeben, dass der von der in Aussicht genommenen Zuschlagsempfängerin angebotene Gesamtpreis dieses Minimalgrenze jedoch um mehr als 10 % unterschreite. Der von der präsumtiven Zuschlagsempfängerin angebotene Gesamtpreis sei somit keinesfalls plausibel und schon gar nicht betriebswirtschaftlich nachvollziehbar. Das Angebot sei wegen nicht plausibler Zusammensetzung des Gesamtpreises und Widerspruchs zur Ausschreibung auszuscheiden.

1.3 Das Angebot der in Aussicht genommenen Zuschlagsempfängerin sei auch wegen fehlender Eignung auszuscheiden. Die XXXX als federführendes Mitglied der Bietergemeinschaft weise in jedem Jahresabschluss seit ihrem Bestehen in den Geschäftsjahren 2017 bis 2021 ein negatives Eigenkapital auf. Aufgrund des kurzen Bestehens der Mitglieder der Bietergemeinschaft entstünden auch Zweifel, ob sie die gefragten Referenzen erbringen könnten. Fraglich sei, ob die in Aussicht genommene Zuschlagsempfängerin in der Lage sein werde, das gegenständliche Leistungsvolumen zu bearbeiten. Aus Sicht der Antragstellerin sei das Angebot mangels Eignung auszuscheiden.

1.4 Der unplausibel niedrige Gesamtpreis der in Aussicht genommenen Zuschlagsempfängerin könne wohl nur derart erklärt werden, dass die in den Ausschreibungsunterlagen geforderten Quantitäten und Qualitäten insbesondere im Bereich der Körperspendehotline sowie der Beistellung der Särge nicht eingehalten worden seien. Sollte nunmehr jedoch die Ansicht vertreten werden, dass es sich hierbei um einen zulässigen Interpretationsansatz der in Aussicht genommenen Zuschlagsempfängerin gehandelt habe, so sei evident, dass die Ausschreibungsunterlagen eine Vergleichbarkeit der Angebote nicht zulasse und das Vergabeverfahren zwingend zu widerrufen sei. Die Antragstellerin erachte sich aus all diesen Gründen in ihren subjektiven Rechten auf Durchführung eines dem BVergG 2018 entsprechenden Vergabeverfahrens, auf Gleichbehandlung der Bieter, auf Ausscheiden eines zwingend auszuscheidenden Angebots, in ihrem Recht auf ausschreibungs- und gesetzeskonforme Ermittlung des Zuschlagsempfängers, in ihrem Recht auf Zuschlagserteilung sowie in ihrem Recht auf Widerruf des gegenständlichen Vergabeverfahrens verletzt.

1.5 Die Antragstellerin legt ihr Interesse am Vertragsabschluss und den drohenden Schaden dar.

1.6 Die Auftraggeberin könne den Zuschlag erteilen. Dem Nachprüfungsantrag komme keine aufschiebende Wirkung zu. Aus der Möglichkeit der Zuschlagserteilung ergebe sich für die asi eine unmittelbar drohende Schädigung ihrer Interessen. Eine bloße Feststellung der fehlerhaften Zuschlagserteilung und allenfalls zustehende Schadenersatzforderungen vermögen die Chance, den Auftrag zu erhalten, nicht aufzuwiegen. Die Antragstellerin erhebt ihr Vorbringen zum Nachprüfungsantrag auch zum Vorbringen zum Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung. Einer einstweiligen Untersagung der Zuschlagserteilung stehe ein allfälliges besonderes Interesse der Auftraggeberin nicht entgegen. In den Ausschreibungsunterlagen finde sich auch kein Hinweis, dass mit dem Vorhaben nicht bis zum Ende des Nachprüfungsverfahrens zugewartet werden könne. Eine einstweilige Aussetzung stelle daher für die Auftraggeberin keine unverhältnismäßige Belastung dar. Öffentliche Interessen, etwa die Gefährdung von Leib und Leben oder Eigentum, vermögen in diesem Fall nicht die Erlassung einer einstweiligen Verfügung zu verhindern, da im konkreten Fall keine und überdies keine aktuelle Gefährdung vorliege. Die Schädigung des Interesses der Antragstellerin durch die bevorstehende Zuschlagserteilung drohe unmittelbar. Eine allfällige Verzögerung der Auftragsdurchführung, die aus der Durchführung eines Nachprüfungsverfahrens resultiere, stelle somit keinen tauglichen Hinderungsgrund dar, wolle man die Wirksamkeit dieses Rechtsinstitutes nicht völlig aushöhlen. Zudem habe die Auftraggeberin kein beschleunigtes Verfahren durchgeführt, sodass selbst die Auftraggeberin nicht von einer besonderen Dringlichkeit der Leistungsdurchführung ausgegangen sei. Öffentliche Auftraggeber hätten nach der Spruchpraxis der Vergabekontrollbehörden bei der Erstellung des Zeitplans die Möglichkeit von Nachprüfungsverfahren und die damit einhergehenden Verzögerungen ins Kalkül zu ziehen. Da wesentliche Interessen der Antragstellerin bei Zuschlagserteilung an die Mitbewerberin gefährdet seien, eine vorläufige Maßnahme keinerlei berücksichtigungswürdige Interessen der Auftraggeberin schädige, und auch sonst keine öffentlichen Interessen an der Fortführung des Vergabeverfahrens bestünden, habe die Interessenabwägung zugunsten der Antragstellerin auszufallen. Wegen der Erforderlichkeit der Maßnahme, deren Eignung sowie der Tatsache, dass es sich im gegebenen Fall um das gelindeste Mittel handelt, seien die gesetzlichen Voraussetzungen der §§ 350 ff BVergG 2018 gegeben. Die Untersagung der Zuschlagserteilung sei im Hinblick darauf, dass die rechtswidrige Zuschlagserteilung zugunsten der Mitbewerberin zu verhindern sei, geeignet und auch nicht überschießend, da zum einen die Interessen der Antragstellerin durch eine Zuschlagserteilung zugunsten der Mitbewerberin geschädigt würden und zum anderen die Auftraggeberin alle übrigen Entscheidungen, zB die Zurücknahme der angefochtenen Entscheidung, in einem Vergabeverfahren treffen könne.

2. Mit Schriftsatz vom 26. September 2023 teilte die Auftraggeberin die Vertretungsverhältnisse mit, erteilte allgemeine Auskünfte zum Vergabeverfahren, sprach sich nicht gegen die Erlassung einer einstweiligen Verfügung aus und beantragte die Durchführung einer mündlichen Verhandlung.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen

1. Feststellungen (Sachverhalt)

1.1 Die Medizinische Universität Wien vertreten durch die vergebende Stelle Medizinische Universität Wien, Gebäude-, Sicherheits- und Infrastrukturmanagement schreibt unter der Bezeichnung „Abschluss eines Rahmenvertrages mit einem Bieter zur Erbringung von Dienstleistungen betreffend die Überstellung und Kremierung von Körperspenden für die Medizinische Universität Wien sowie den Betrieb einer Hotline zur Abwicklung und Koordination der Überstellung der Körperspenden nach deren Tod.“, AZ: 12699, einen Dienstleistungsauftrag mit dem CPV-Code 98370000-7 „Dienstleistungen des Bestattungswesens“ für den Hauptteil und den weiteren CPV-Codes 98371000-4 „Bestattungsdienste“, 33900000-9 „Postmortem- und Bestattungsartikel“, 33949000-4 „Behälter für den Leichentransport“ sowie 79512000-6 „Call-Center“ in einem Verhandlungsverfahren mit vorheriger Bekanntmachung nach dem Bestangebotsprinzip aus. Der geschätzte Auftragswert liegt im Oberschwellenbereich. Die Bekanntmachung der Ausschreibung erfolgte in Österreich am 21. Jänner 2022 mit der Geschäftszahl 12699. Unionsweit wurde die Bekanntmachung der Ausschreibung im Supplement zum Amtsblatt der Europäischen Union vom 24. Jänner 2022 zur Zahl 2022/S 016-038308, abgesandt am 19. Jänner 2022, veröffentlicht. (Angaben der Auftraggeberin; Unterlagen des Vergabeverfahrens)

1.2 Die Auftraggeberin öffnete am 20. Juni 2022 die Erstangebote, am 6. Dezember 2022 die Zwischenangebote und am 10. März 2023 die Letztangebote jeweils der Antragstellerin und der in Aussicht genommenen Zuschlagsempfängerin, jeweils ohne Beteiligung von Bietern. Sie versandte kein Öffnungsprotokoll. (Angaben der Auftraggeberin; Unterlagen des Vergabeverfahrens)

1.3 Die Auftraggeberin schied kein Angebot aus. Am 19. September 2023 teilte die Auftraggeberin allen Bietern die Zuschlagsentscheidung zugunsten der Bietergemeinschaft bestehend aus XXXX mit, indem sie diese auf der Vergabeplattform elektronisch bereitstellte. (Angaben der Auftraggeberin; Zuschlagsentscheidung in den Unterlagen des Vergabeverfahrens)

1.4 Die Auftraggeberin hat weder das Vergabeverfahren widerrufen noch den Auftrag erteilt. (Angaben der Auftraggeberin)

1.5 Die Antragstellerin bezahlte Pauschalgebühren in der Höhe von € 3.240. (Verfahrensakt)

2. Beweiswürdigung

2. Dieser Sachverhalt ergibt sich schlüssig aus den jeweils in Klammern genannten Quellen. Diese sind Veröffentlichungen und die Unterlagen des Vergabeverfahrens, sowie Auskünfte, die nur die Auftraggeberin erteilen kann. Auskünfte und Unterlagen der Antragstellerin betreffen ebenso ausschließlich mit der Auftraggeberin gemeinsame Dokumente. Die Echtheit und Richtigkeit von in den Schriftsätzen herangezogenen Unterlagen hat keine der Verfahrensparteien bestritten. Die herangezogenen Beweismittel sind daher echt. Ihre inhaltliche Richtigkeit steht außer Zweifel. Widersprüche traten nicht auf.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1 Anzuwendendes Recht

3.1.1 Die maßgeblichen Bestimmungen des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes – BVwGG, BGBl I 2013/10, idF BGBl I 2023/77 lauten:

„Einzelrichter

§ 6. Das Bundesverwaltungsgericht entscheidet durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.“

3.1.2 Die maßgeblichen Bestimmungen des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes – VwGVG, BGBl I 2013/33 idF BGBl I 2023/88, lauten:

„Anwendungsbereich

§ 1. Dieses Bundesgesetz regelt das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes.

Erkenntnisse

§ 28. (1) Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

(2) …

Beschlüsse

§ 31. (1) Soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist, erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss.

(2) An seine Beschlüsse ist das Verwaltungsgericht insoweit gebunden, als sie nicht nur verfahrensleitend sind.

(3) Auf die Beschlüsse des Verwaltungsgerichtes sind § 29 Abs. 1 zweiter Satz, Abs. 4 und § 30 sinngemäß anzuwenden. Dies gilt nicht für verfahrensleitende Beschlüsse.

…“

3.1.3 Die einschlägigen Bestimmungen des Bundesgesetzes über die Vergabe von Aufträgen (Bundesvergabegesetz 2018 – BVergG 2018), BGBl I 2018/65 idF BGBl II 2019/91, lauten:

„Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes

§ 327. Das Bundesverwaltungsgericht ist zuständig zur Entscheidung über Anträge wegen Rechtswidrigkeit eines Verhaltens eines Auftraggebers in den Angelegenheiten des öffentlichen Auftragswesens, soweit es sich um Auftraggeber handelt, die gemäß Art. 14b Abs. 2 Z 1 B-VG in den Vollziehungsbereich des Bundes fallen.

Senatszuständigkeit und -zusammensetzung

§ 328. (1) Das Bundesverwaltungsgericht entscheidet in den Angelegenheiten des § 327, soweit es sich nicht um die Entscheidung über einen Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe für die Einbringung eines Feststellungsantrags, über einen Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung, die Entscheidung über den Gebührenersatz oder die Entscheidung über eine Verfahrenseinstellung nach Zurückziehung eines Nachprüfungs- oder Feststellungsantrages handelt, in Senaten.

(2) …

Anzuwendendes Verfahrensrecht

§ 333. Soweit in diesem Bundesgesetz und im Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz – VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013, nichts anderes bestimmt ist, sind die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles in den Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht nach diesem Bundesgesetz sinngemäß anzuwenden.

Zuständigkeit

§ 334. (1) Das Bundesverwaltungsgericht entscheidet nach Maßgabe der Bestimmungen dieses Abschnittes über Anträge zur Durchführung von Nachprüfungsverfahren (2. Abschnitt), zur Erlassung einstweiliger Verfügungen (3. Abschnitt) und zur Durchführung von Feststellungsverfahren (4. Abschnitt). Derartige Anträge sind unmittelbar beim Bundesverwaltungsgericht einzubringen.

(2) Bis zur Zuschlagserteilung bzw. bis zum Widerruf eines Vergabeverfahrens ist das Bundesverwaltungsgericht zum Zwecke der Beseitigung von Verstößen gegen dieses Bundesgesetz und die hierzu ergangenen Verordnungen oder von Verstößen gegen unmittelbar anwendbares Unionsrecht zuständig1. zur Erlassung einstweiliger Verfügungen, sowie2. zur Nichtigerklärung gesondert anfechtbarer Entscheidungen des Auftraggebers im Rahmen der vom Antragsteller geltend gemachten Beschwerdepunkte.

(3) …

Einleitung des Verfahrens

§ 342. (1) Ein Unternehmer kann bis zur Zuschlagserteilung bzw. bis zur Widerrufserklärung die Nachprüfung einer gesondert anfechtbaren Entscheidung des Auftraggebers im Vergabeverfahren wegen Rechtswidrigkeit beantragen, sofern1. er ein Interesse am Abschluss eines dem Anwendungsbereich dieses Bundesgesetzes unterliegenden Vertrages behauptet, und2. ihm durch die behauptete Rechtswidrigkeit ein Schaden entstanden ist oder zu entstehen droht.

(2) …

Antragstellung

§ 350. (1) Das Bundesverwaltungsgericht hat auf Antrag eines Unternehmers, dem die Antragsvoraussetzungen nach § 342 Abs. 1 nicht offensichtlich fehlen, durch einstweilige Verfügung unverzüglich vorläufige Maßnahmen anzuordnen, die nötig und geeignet erscheinen, um eine durch die behauptete Rechtswidrigkeit einer gesondert anfechtbaren Entscheidung entstandene oder unmittelbar drohende Schädigung von Interessen des Antragstellers zu beseitigen oder zu verhindern.

(2) Der Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung hat zu enthalten:1. die genaue Bezeichnung des betreffenden Vergabeverfahrens, der gesondert anfechtbaren Entscheidung sowie des Auftraggebers, des Antragstellers und gegebenenfalls der vergebenden Stelle einschließlich deren elektronischer Adresse,2. eine Darstellung des maßgeblichen Sachverhaltes sowie des Vorliegens der in § 342 Abs. 1 genannten Voraussetzungen,3. die genaue Bezeichnung der behaupteten Rechtswidrigkeit,4. die genaue Darlegung der unmittelbar drohenden Schädigung der Interessen des Antragstellers und eine Glaubhaftmachung der maßgeblichen Tatsachen,5. die genaue Bezeichnung der begehrten vorläufigen Maßnahme und6. die Angaben, die erforderlich sind, um zu beurteilen, ob der Antrag rechtzeitig eingebracht wurde.

(3) …

Erlassung der einstweiligen Verfügung

§ 351. (1) Vor der Erlassung einer einstweiligen Verfügung hat das Bundesverwaltungsgericht die voraussehbaren Folgen der zu treffenden Maßnahme für alle möglicherweise geschädigten Interessen des Antragstellers, der sonstigen Bewerber oder Bieter und des Auftraggebers sowie ein allfälliges besonderes öffentliches Interesse an der Fortführung des Vergabeverfahrens gegeneinander abzuwägen. Ergibt diese Abwägung ein Überwiegen der nachteiligen Folgen einer einstweiligen Verfügung, ist der Antrag auf Erlassung der einstweiligen Verfügung abzuweisen.

(2) Ein entgegen einer Anordnung in einer einstweiligen Verfügung erteilter Zuschlag, erfolgter Abschluss einer Rahmenvereinbarung bzw. erklärter Widerruf des Vergabeverfahrens ist absolut nichtig bzw. unwirksam.

(3) Mit einer einstweiligen Verfügung können das gesamte Vergabeverfahren oder einzelne Entscheidungen des Auftraggebers bis zur Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes über eine allfällige Nichtigerklärung vorübergehend ausgesetzt oder sonstige geeignete Maßnahmen angeordnet werden. Dabei ist die jeweils gelindeste noch zum Ziel führende vorläufige Maßnahme zu verfügen.

(4) In einer einstweiligen Verfügung ist die Zeit, für welche diese Verfügung getroffen wird, zu bestimmen. Die einstweilige Verfügung tritt nach Ablauf der bestimmten Zeit, spätestens jedoch mit der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes über den Antrag auf Nichtigerklärung außer Kraft, in dem die betreffende Rechtswidrigkeit geltend gemacht wird. Das Bundesverwaltungsgericht hat die einstweilige Verfügung unverzüglich auf Antrag oder von Amts wegen aufzuheben, sobald die Voraussetzungen, die zu ihrer Erlassung geführt haben, weggefallen sind. Das Bundesverwaltungsgericht hat die einstweilige Verfügung unverzüglich auf Antrag oder von Amts wegen zu erstrecken, wenn die Voraussetzungen, die zu ihrer Erlassung geführt haben, nach Ablauf der bestimmten Zeit fortbestehen.

(5) Einstweilige Verfügungen sind sofort vollstreckbar.

Verfahrensrechtliche Bestimmungen

§ 352. (1) Parteien des Verfahrens zur Erlassung einer einstweiligen Verfügung sind der Antragsteller und der Auftraggeber. Soweit eine zentrale Beschaffungsstelle ein Vergabeverfahren oder Teile eines Vergabeverfahrens als vergebende Stelle durchführt, tritt sie als Partei des Verfahrens zur Erlassung einer einstweiligen Verfügung an die Stelle des Auftraggebers. Der Auftraggeber kann, soweit die zentrale Beschaffungsstelle an seine Stelle tritt, dem Verfahren zur Erlassung einer einstweiligen Verfügung als Nebenintervenient beitreten; §§ 17 Abs. 1, 18 Abs. 1 und 19 Abs. 1 ZPO sind sinngemäß anzuwenden. Wird ein Vergabeverfahren von mehreren Auftraggebern gemeinsam durchgeführt, so bilden die in der Ausschreibung genannten Auftraggeber eine Streitgenossenschaft im Verfahren zur Erlassung einer einstweiligen Verfügung. Die Bestimmungen der §§ 14 und 15 ZPO sind sinngemäß anzuwenden.

(2) Über einen Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung ist unverzüglich, längstens jedoch binnen 10 Tagen nach Einlangen des Antrages zu entscheiden. Musste der Antrag zur Verbesserung zurückgestellt werden, ist über ihn längstens binnen 15 Tagen zu entscheiden. Die Frist ist gewahrt, wenn die Erledigung an alle Parteien nachweislich vor ihrem Ablauf abgesendet wurde.

(3) …“

3.2 Zu Spruchpunkt A) –Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung

3.2.1 Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts und Zulässigkeit des Antrages

3.2.1.1 Auftraggeberin im Sinne des § 2 Z 5 BVergG 2018 ist die Medizinische Universität Wien. Sie ist nach ständiger Rechtsprechung öffentliche Auftraggeberin gemäß § 4 Abs 1 Z 2 BVergG 2018 (zB BVwG 19. 6. 2020, W273 2231776-1/2E; zur medizinischen Universität Graz BVwG 21. 12. 2020, W187 2237702-1/4E; zur Medizinischen Universität Innsbruck BVA 29. 12. 2011, N/0122-BVA/07/2011-EV8). Bei der gegenständlichen Ausschreibung handelt es sich um einen Dienstsleistungsauftrag. Der geschätzte Auftragswert des Gesamtvorhabens liegt jedenfalls über dem relevanten Schwellenwert des § 12 Abs 1 Z 3 BVergG 2018, jener des verfahrensgegenständlichen Loses unterhalb dieses Werts, sodass gemäß § 12 Abs 1 BVergG 2018 ein Vergabeverfahren im Oberschwellenbereich vorliegt.

3.2.1.2 Der gegenständliche Beschaffungsvorgang liegt somit im sachlichen und persönlichen Geltungsbereich des BVergG 2018. Die allgemeine Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts zur Überprüfung des Vergabeverfahrens und zur Durchführung von Nachprüfungsverfahren entsprechend § 327 BVergG 2018 iVm Art 14b Abs 2 Z 1 lit d B-VG ist sohin gegeben.

3.2.1.3 Da darüber hinaus laut Stellungnahme der Auftraggeberin das Vergabeverfahren nicht widerrufen und der Zuschlag noch nicht erteilt wurde, ist das Bundesverwaltungsgericht damit gemäß § 334 Abs 2 BVergG 2018 zur Nichtigerklärung rechtswidriger Entscheidungen der Auftraggeberin und zur Erlassung einstweiliger Verfügungen zuständig.

3.2.1.4 Schließlich geht das Bundesverwaltungsgericht vorläufig davon aus, dass der Antragstellerin die Antragsvoraussetzungen nach § 342 Abs 1 BVergG 2018 nicht offensichtlich fehlen. Der Nachprüfungsantrag wurde rechtzeitig eingebracht. Er enthält alle in § 344 Abs 1 BVergG 2018 geforderten Inhalte.

3.2.1.5 Im Ergebnis ist daher vorläufig davon auszugehen, dass der Antrag auf Erlassung der begehrten einstweiligen Verfügung gemäß § 350 Abs 1 BVergG 2018 zulässig ist, wobei auch die Voraussetzungen des § 350 Abs 2 BVergG 2018 vorliegen.

3.2.2 Inhaltliche Beurteilung des Antrages

3.2.2.1 Im Rahmen der Interessenabwägung nach § 351 Abs 1 BVergG 2018 sowie auch im Hinblick auf die zu verfügende einstweilige Maßnahme ist zunächst darauf Bedacht zu nehmen, dass von Seiten der Auftraggeberin die Zuschlagserteilung beabsichtigt ist. Es kann aus der Sicht des Provisorialverfahrens nicht ausgeschlossen werden, dass die von der Antragstellerin relevierten Rechtswidrigkeiten zumindest teilweise zutreffen und sie daher an einem sodann rechtmäßigen Verfahren erfolgreich teilnehmen wird können, wodurch ihr aufgrund der behaupteten Rechtswidrigkeiten der Entgang des Zuschlags mit allen daraus erwachsenden Nachteilen droht. Mit der vorliegenden einstweiligen Verfügung müssen daher – bei Nichtüberwiegen der nachteiligen Folgen einer einstweiligen Verfügung gemäß § 351 Abs 1 BVergG 2018 – die Maßnahmen getroffen werden, die eine spätere den Grundprinzipien des Vergaberechts entsprechende Teilnahme am Vergabeverfahren über die ausgeschriebenen Leistungen und den Erhalt des Zuschlags ermöglicht. Zur wirksamen Sicherung dieser möglicherweise bestehenden Ansprüche muss daher das Verfahren bis zur Entscheidung in der Hauptsache durch das Bundesverwaltungsgericht in einem Stand gehalten werden, der eine allfällige späteren Zuschlagserteilung an das Angebot der Antragstellerin ermöglicht (BVwG 29. 1. 2015, W187 2017416-1/3E; BVwG 25. 9. 2023, W139 2278158-1/2E).

3.2.2.2 Die Interessen der Antragstellerin bestehen im Wesentlichen in der Abwendung des drohenden Schadens und der Zuschlagserteilung an ihr Angebot.

3.3.2.3 Die Auftraggeberin sprach sich nicht gegen die Erlassung der einstweiligen Verfügung aus.

3.2.2.4 Bei der Interessenabwägung ist schließlich auf die allgemeinen Interessen und Grundsätze Rücksicht zu nehmen, dass der Auftraggeber bei seiner zeitlichen Planung des Beschaffungsvorganges die Dauer eines allfälligen Rechtschutzverfahrens mit einzukalkulieren hat (siehe zB BVwG 22. 8. 2014, W187 2010665-1/11E; BVwG 11. 7. 2017, W187 2163208-1/3E), dass das öffentliche Interesse an der Sicherstellung der Auftragserteilung an den tatsächlichen Bestbieter zu berücksichtigen ist (grundlegend VfGH 1. 8. 2002, B 1194/02) und schließlich dass gemäß § 351 Abs 1 BVergG 2018 von der Erlassung einer einstweiligen Verfügung nur dann abzusehen ist, wenn die Interessenabwägung ein Überwiegen der nachteiligen Folgen ergibt (zB BVwG 2. 3. 2015, W187 2101270-1/6E; BVwG 19. 1. 2017, W187 2144680-1/2E). Es besteht ein Primat des vergaberechtlichen Primärrechtsschutzes (EuGH 9. 4. 2003, C-424/01, CS Austria, Rn 30, ECLI:EU:C:2003:213 = Slg 2003, I-3249).

3.2.2.5 Öffentliche Interessen, die eine sofortige Fortsetzung des Vergabeverfahrens erforderlich machen würden, machte keine Verfahrenspartei geltend und diese kann auch das Bundesverwaltungsgericht nicht erkennen.

3.2.2.6 Stellt man daher im vorliegenden Fall die Interessen der Antragstellerin den öffentlichen Interessen sowie den Interessen der Auftraggeberin gegenüber, ergibt sich, dass im gegenständlichen Fall vom grundsätzlichen Überwiegen der für die Erlassung einer einstweiligen Verfügung sprechenden Interessen auszugehen ist. Dem Zweck des einstweiligen Rechtsschutzes, nämlich der Ermöglichung der Teilnahme an einem rechtskonformen Vergabeverfahren und die Zuschlagserteilung an die allenfalls obsiegende Antragstellerin, ist durch eine entsprechende Maßnahme Genüge zu leisten. Ungeachtet eines gesetzlichen Auftrags ist die Auftraggeberin verpflichtet, die Dauer eines Nachprüfungsverfahrens bei ihrer Zeitplanung zu berücksichtigen. Eine besondere Dringlichkeit hat die Auftraggeberin lediglich für eine sechs Wochen übersteigende Dauer der einstweiligen Verfügung behauptet jedoch nicht belegt. Die Erfolgsaussichten des Hauptantrags sind im Provisorialverfahren nicht zu prüfen (zB VwGH 4. 11. 2013, AW 2013/04/0045). Sie gehören nicht zu den Kriterien, die die für Nachprüfungsverfahren im Rahmen der Vergabe öffentlicher Aufträge zuständige Instanz berücksichtigen muss oder kann, wenn sie über einen Antrag auf vorläufige Maßnahmen gemäß Art 2 Abs 1 lit a RL 89/665/EWG entscheidet; die Rechtsmittelrichtlinie untersagt eine solche Berücksichtigung jedoch auch nicht (EuGH 9. 4. 2003, C-424/01, CS Austria, Rn 29, ECLI:EU:C:2003:213 = Slg 2003, I-3249). Sie sind nach dem zitierten Urteil des Europäischen Gerichtshofs nach Maßgabe der innerstaatlichen Vorschriften unter Beachtung des Äquivalenzgrundsatzes und des Effektivitätsgrundsatzes zu berücksichtigen. Erfasst sind jedenfalls Fälle, in denen der Nachprüfungsantrag formal unzulässig ist. Dieser Umstand liegt gegenständlich nicht vor. Die Rechtmäßigkeit der Prüfung und Bewertung der Angebote sowie der Durchführung des Vergabeverfahrens kann angesichts der kurzen Entscheidungsfrist im Provisorialverfahren nicht abschließen geklärt werden, vielmehr ist sie Gegenstand des Nachprüfungsverfahrens (zB BVwG 10. 8. 2022, W187 2257846-1/2E; BVA 14. 11. 2012, N/0103-BVA/10/2012-EV12; BVA 18. 3. 2013, N/0020-BVA-07/2013-EV8).

3.2.2.7 Zweck einer einstweiligen Verfügung ist es demnach, die dem Antragsteller bei Zutreffen seines Vorbringens drohenden Schäden und Nachteile abzuwenden, indem der denkmögliche Anspruch auf Zuschlagserteilung dadurch wirksam gesichert wird, dass das Verfahren bis zur Entscheidung in der Hauptsache in einem Stand gehalten wird, der eine allfällige Teilnahme der Antragstellerin am Vergabeverfahren ermöglicht. Dabei ist gemäß § 351 Abs 3 BVergG 2018 die jeweils gelindeste zum Ziel führende Maßnahme anzuordnen.

3.2.2.8 Bei einer bevorstehenden Zuschlagserteilung ist das nötige und gelindeste Mittel gemäß § 351 Abs 3 BVergG 2018 die vorläufige Untersagung derselben (zB BVwG 19. 1. 2017, W187 2144680-1/2E; BVwG 17. 11. 2017, W187 2175977-1/3E; BVwG 10. 4. 2018, W187 2190113-1/3E; BVwG 28. 4. 2022, W187 2254118-1/2E). Es soll somit lediglich der Rechtsgestaltungsanspruch dahingehend gesichert werden, dass durch die einstweilige Verfügung verhindert wird, dass eine nachfolgende im Hauptverfahren erfolgte Nichtigerklärung unmöglich oder sonst absolut sinnlos wird (zB BVwG 10. 1. 2014, W187 2000170-1/11; BVwG 7. 8. 2017, W187 2165912-1/2E; BVwG 27. 2. 2018, W187 2186439-1/2E).

3.2.2.9 Durch die Begrenzung der einstweiligen Verfügung mit der Dauer des abzusichernden Nachprüfungsverfahrens wird die Dauer der einstweiligen Verfügung bestimmbar gemacht (Kodek in Angst/Oberhammer, Kommentar zur Exekutionsordnung³ [2015], § 391 Rz 2; Pimmer in Mohr/Pimmer/Schneider, EO17 § 391 [Stand 1.7.2021, rdb.at]). Die Zeit bemisst sich nach der Dauer des Nachprüfungsverfahrens. Eine Begrenzung der Dauer der angeordneten Maßnahme könnte mit einer besonderen Dringlichkeit des Auftraggebers begründet werden, wurde aber nicht belegt. § 351 Abs 4 BVergG 2018 verlangt lediglich die Festsetzung einer Zeit, legt jedoch keine Höchstfrist fest. Aus dem Zweck der einstweiligen Verfügung, der Absicherung eines effektiven Nachprüfungsverfahrens, ergibt sich, dass die einstweilige Verfügung für die gesamte Dauer des Nachprüfungsverfahrens erlassen werden soll und mit dieser Dauer durch das Gesetz überdies begrenzt ist. Die Auftraggeberin ist durch eine derartige Bestimmung derzeit nicht belastet, da die Entscheidungsfrist des Bundesverwaltungsgerichts davon nicht verlängert wird, sie jederzeit bei Wegfall der Voraussetzungen für die Erlassung der einstweiligen Verfügung deren Aufhebung beantragen kann und die einstweilige Verfügung mit der Entscheidung über den Nachprüfungsantrag außer Kraft tritt. Wenn die Auftraggeberin nun eine Befristung von sechs Wochen ab der Erlassung der einstweiligen Verfügung begehrt, ist dem zu entgegnen, dass zu erwarten ist, dass das Bundesverwaltungsgericht innerhalb dieser Frist entscheiden wird, und das Bundesverwaltungsgericht gemäß § 351 Abs 4 BVergG 2018 jederzeit über Antrag oder von Amts wegen über die Dauer der einstweiligen Verfügung neu entscheiden kann. Von der Bestimmung einer nach einem bestimmten Datum festgesetzten Frist konnte daher abgesehen werden (zB BVwG 10. 1. 2014, W187 2000170-1/11; BVwG 4. 5. 2015, W187 2106525-1/2E; siehe auch VwGH 10. 12. 2007, AW 2007/04/0054).

3.2.2.10 Über den Antrag auf Ersatz der Pauschalgebühr wird gesondert entschieden werden.

3.3 Zu Spruchpunkt B) – Nichtzulassung der Revision

3.3.1 Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

3.3.2 Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl dazu VwGH 6. 11. 2002, 2002/04/0138; 30. 6. 2004, 2004/04/0028; 1. 2. 2005, 2005/04/0004; 29. 6. 2005, 2005/04/0024; 1. 3. 2007, 2005/04/0239; 27. 6. 2007, 2005/04/0254; 29. 2. 2008, 2008/04/0019; 14. 1. 2009, 2008/04/0143; 14. 4. 2011, 2008/04/0065; 29. 9. 2011, 2011/04/0153) ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

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