BVwG W178 2136729-1

BVwGW178 2136729-115.11.2016

ASVG §113 Abs1 Z1
ASVG §113 Abs2
B-VG Art.133 Abs4
ASVG §113 Abs1 Z1
ASVG §113 Abs2
B-VG Art.133 Abs4

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2016:W178.2136729.1.00

 

Spruch:

W178 2136729-1/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Drin Maria PARZER als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX , vertreten durch THUM WEINREICH SCHWARZ CHYBA REITER Rechtsanwälte OG, Josefstraße 3, 3100 St. Pölten, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Gebietskrankenkasse vom 31.03.2016, Zl. VA/ED-FP-0046/2016, betreffend Vorschreibung eines Beitragszuschlages nach dem ASVG in der Höhe von 3.800,00 Euro zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Am 19.01.2016 fand aufgrund einer anonymen Anzeige eine Kontrolle durch Organe der Finanzpolizei in einem Gebäude statt, welches im Eigentum des XXXX (in weiterer Folge: Beschwerdeführer - Bf) steht.

Bei dieser Kontrolle stellten die Bediensteten der Finanzpolizei fest, dass im ehemaligen Wohnhaus seit 24.12.2015 11 Asylwerber untergebracht sind und am Tag der Kontrolle 6 Asylwerber dabei betreten wurden, die mit Maurerhämmern die Wände abschlugen, Ziegel aus der Mauer brachen und Bauschutt mittels Scheibtruhen in einen vor dem Haus abgestellten Container verbrachten. Die Befragung eines Asylwerbers ergab, dass ihnen von Herrn XXXX diese Arbeiten zu einem Stundensatz von 3 Euro angeboten worden seien und er selbst den Besitzer des Gebäudes nicht kenne.

Bei seiner niederschriftlichen Einvernahme am 02.02.2016 führte der Beschwerdeführer an, dass er derzeit das Gebäude saniere, da er es als größere Unterkunft für Asylwerber nutzen wolle. Es bestehe zu diesem Objekt ein Vormietvertrag mit seinem Neffen XXXX bzw dessen KG, ein endgültiger Mietvertrag liege noch nicht vor. Die Asylwerber hätten sich regelrecht angebiedert, arbeiten zu dürfen. Daraufhin habe er eine Information der Landesregierung eingeholt, aus der er geschlossen habe, dass die Asylwerber unter bestimmten Bedingungen arbeiten lassen zu können. Da er nur fallweise vor Ort sei, könne er nicht beurteilen, welche Arbeiten die Asylwerber verrichtet hätten. Ebenso sei Herr XXXX nicht immer auf der Baustelle gewesen. Die Asylwerber seien angehalten gewesen, nur leichte Arbeiten zu verrichten, wenn der Beschwerdeführer oder Herr XXXX anwesend seien. Die Entlohnung sei bei 3 Euro pro Stunde festgelegt gewesen, bezahlt habe diese die XXXX KG.

Herr XXXX wurde am 21.01.2016 niederschriftlich einvernommen. Er führte an, dass es zwischen seiner KG und dem Beschwerdeführer einen Vorvertrag über die Miete des betroffenen Gebäudes gebe. Die Renovierungsarbeiten würden zwischen dem Beschwerdeführer und ihm geteilt, einen Aufteilungsschlüssel gebe es nicht. Die Asylwerber hätten nur leichte Arbeiten, wie zB Schutt wegräumen, Baumaterial abladen oder Reinigungstätigkeiten durchgeführt. Für die Tätigkeit seien 3 Euro pro Stunde als Bezahlung vereinbart gewesen.

2. Am 31.03.2016 erließ die Niederösterreichische Gebietskrankenkasse (in weiterer Folge: belangte Behörde) unter GZ VA/ED-FP-0046/2016 einen Bescheid, in dem festgestellt wurde, dass dem Beschwerdeführer gemäß § 113 Abs. 1 Z 1 iVm Abs. 2 ASVG einen Beitragszuschlag in der Höhe von 3.800,00 Euro vorgeschrieben wird, weil er die Anmeldung für 6 namentlich im Bescheid genannte Personen zur Pflichtversicherung als Dienstnehmer nicht vor Arbeitsantritt erstattet habe.

Die belangte Behörde verwies weiter auf die Feststellungen der Finanzpolizei (siehe Pkt 1.).

Der Beitragszuschlag setze sich wie folgt zusammen: Teilbetrag für die gesonderte Bearbeitung: 3.000,00 Euro, Teilbetrag für den Prüfeinsatz: 800,00 Euro.

3. Der Beschwerdeführer erhob am 28.04.2016 fristgerecht gegen diesen Bescheid im Wege seiner rechtsfreundlichen Vertretung Beschwerde.

Der im Raum stehende Vorwurf sei unrichtig. Laut Aktenabschrift hätten sowohl Herr XXXX als auch der befragte Zeuge ausdrücklich bestätigt, dass der Beschwerdeführer in die Organisation dieser Arbeiten bzw die Beauftragung der Asylwerber in keiner Weise eingebunden gewesen sei. Der Zeuge habe weiter bestätigt, dass er den Beschwerdeführer nicht kenne. Der Beschwerdeführer sei weder Arbeitgeber, Dienstgeber, Auftraggeber oä gewesen. Aufgrund einer Mitteilung des Amtes der NÖ Landesregierung vom 21.01.2016 sei weiter davon auszugehen, dass die von den Asylwerbern geleisteten Tätigkeiten als gemeinnützige Arbeiten (Remunerantentätigkeiten) zu qualifizieren seien.

Es werde die Aufhebung des Bescheides und die Einstellung des Verfahrens beantragt.

4. Die belangte Behörde übermittelte den Beschwerdeakt am 05.10.2016 dem Bundesverwaltungsgericht.

In ihrer Stellungnahme führte die belangte Behörde aus, dass der Beschwerdeführer Eigentümer der gegenständlichen Liegenschaft sei. In dem mit der KG seines Neffen abgeschlossenen Mietvertrag sei vereinbart worden, dass das Mietverhältnis beginne, sobald ein Rohbauzustand hergestellt sei, voraussichtlich per 01.02.2016. Bei der Betretung am 19.01.2016 sei der Rohbauzustand noch nicht vorgelegen. Da das Mietverhältnis daher noch nicht in Geltung gewesen sei, seien die Arbeiter dem Beschwerdeführer als Dienstgeber zuzurechnen. Nach Ansicht der belangten Behörde sei eine Beschäftigung in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt vorgelegen. Das Argument der Remunerantentätigkeit gehe ins Leere, da hier ausschließlich gemeinnützige Tätigkeiten für Bund, Länder oder Gemeinden gemeint seien.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1 Am 19.01.2016 um 14:20 Uhr sind 6 Asylwerber in der XXXX in XXXX , in einem Gebäude, welches im Eigentum des Beschwerdeführers steht und in Zukunft auch der Unterbringung von - weiteren - Asylwerbern dienen sollte, bei Abbrucharbeiten und Schutträumung auf einer Baustelle von der Finanzpolizei angetroffen worden. Zugegen war auch Herr XXXX Rauf sowie zwei beim Unternehmen XXXX Gastro & Catering KG geringfügig zur Sozialversicherung gemeldete Dienstnehmer.

Herr XXXX ist der Neffe des Bf und Komplementär der KG; diese war zum Betretungszeitpunkt Auftragnehmerin für das Amt der Niederösterreichischen Landesregierung für die Unterbringung von Flüchtlingen; es war nach der Beendigung der Renovierung des hinteren Gebäudetraktes eine Erweiterung der Unterbringung geplant.

1.2 Zwischen der XXXX Gastro & Catering KG und dem Bf bestand zum Zeitpunkt der Betretung ein Mietvorvertrag vom 20.11.2015 über das Mietobjekt in 3710 XXXX , XXXX , in dem die Betretung stattfand. Die Überlassung des Objekts sollte lt. Vertrag- §1 -zum Zwecke des Betriebs von Asylunterkünften (Selbstversorgungsquartiere) erfolgen. Wörtlich, vgl. §1 2.Satz): "Als vereinbart gilt, dass nach der Herstellung eines unbedenklichen Rohbaus durch den Vermieter, die Sanierung und Instandsetzung der Anlage dem Mieter obliegen".

Nach § 2 sollte das Mietverhältnis selbst mit 01.02.2016 beginnen, weil es zum Vertragsabschluss noch nicht bezugsfertig war; das Mietverhältnis sollte beginnen, sobald der Rohbau fertig gestellt ist und dem Mieter angeboten werden kann; als monatliche Grundmiete wurden € 4.331,-- festgesetzt (§ 4).

1.3 Das Gericht geht davon aus, dass sowohl der Bf durch Herrn XXXX die Asylwerber zu den Bau-Hilfsarbeiten, wie Mauern abschlagen, Schutt wegräumen, Baumaterialien abladen etc., herangezogen hat. Die Arbeiten waren solche, die vor der Fertigstellung des Rohbaus geleistet werden. Das Entgelt in der Höhe von € 3 pro Arbeitsstunde erhielten sie von Herrn XXXX , der vor Ort anwesend war und die Arbeiten einteilte; es wurde aus den Mitteln des Bf gezahlt. Es wurden über die geleisteten Stunden Stundenaufzeichnungen geführt.

1.4 Der Bf hat bei der Koordinationsstelle für Ausländerfragen beim Amt der Niederösterreichischen Landesregierung wegen der Beschäftigung von Asylwerbern angefragt und dabei selbst mitgeteilt, dass er die Flüchtlinge im Quartier als Gehilfen zB als Putzkraft, zum Einkäufe Ausräumen, um Sachen zu tragen, Schnee zu schaufeln und Salz zu streuen, einsetze; er fragt an, ob ein Stundenlohn von € 3 richtig sei.

Mit Email von 20.01.2016 wurde ihm von dieser Stelle geantwortet, dass bei geringfügiger Beschäftigung € 3-5 bezahlt werden können, aber nicht mehr als 120€ monatlich dazuverdient werden dürfen.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen ergeben sich aus dem vorgelegten Verwaltungsakt, insbesondere aus den Niederschriften mit dem Bf, Herrn XXXX (Neffe des Bf) sowie mit Herrn XXXX und dem Mietvorvertrag.

Der Beschwerdeführer räumt in seiner Niederschrift vom 02.02.2016 ein, den Asylwerbern leichte Arbeiten aufgetragen zu haben, bestreitet jedoch die Beauftragung der festgestellten Arbeiten.

Herr XXXX hat in der Niederschrift vom 21.01.2016 die von den Asylwerbern verrichteten Arbeiten mit Bauschutt wegräumen, Baumaterial abladen, Reinigungstätigkeiten benannt.

Das diesbezügliche Vorbringen des Bf ist nicht glaubwürdig, sondern wird als Schutzbehauptung gewertet.

Aufgrund dieser Aussage und vor allem weil die Personen (Asylwerber) von der Finanzpolizei bei den Bauhilfsarbeiten angetroffen worden sind und damit amtliche Wahrnehmungen vorliegen, ist für das Gericht erwiesen, dass sie diese Arbeiten wie oben festgestellt auch tatsächlich verrichtet haben.

Auf wessen Rechnung und Gefahr die Arbeiten erbracht wurden, ist eine Rechtsfrage, dazu unten.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zuständigkeit und Verfahren

§ 414 Abs. 1 ASVG normiert die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts zur Entscheidung über Beschwerden gegen Bescheide eines Versicherungsträgers.

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gemäß § 414 Abs. 2 ASVG entscheidet in Angelegenheiten nach § 410 Abs. 1 Z 1, 2 und 6 bis 9 das Bundesverwaltungsgericht auf Antrag einer Partei durch einen Senat; dies gilt auch für Verfahren, in denen die zitierten Angelegenheiten als Vorfragen zu beurteilen sind.

Die Vorschreibung eines Beitragszuschlages nach § 113 Abs. 1 Z 1 iVm Abs. 2 ASVG ist nicht von § 414 Abs. 2 ASVG umfasst. Gegenständlich liegt somit EinzelrichterInnenzuständigkeit vor.

3.2. Zu A) Abweisung der Beschwerde

Rechtliche Grundlagen:

Gemäß § 4 Abs. 1 Z 1 ASVG sind die bei einem oder mehreren Dienstgebern beschäftigten Dienstnehmer in der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung versichert (vollversichert), wenn die betreffende Beschäftigung weder gemäß den §§ 5 und 6 ASVG von der Vollversicherung ausgenommen ist, noch nach § 7 ASVG nur eine Teilversicherung begründet.

Gemäß § 4 Abs. 2 1. Satz ASVG ist Dienstnehmer im Sinne dieses Bundesgesetzes, wer in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt wird; hierzu gehören auch Personen, bei deren Beschäftigung die Merkmale selbständiger Ausübung der Erwerbstätigkeit überwiegen.

Gemäß § 35 Abs. 1 1. Satz ASVG gilt als Dienstgeber im Sinne des ASVG unter anderem derjenige, für dessen Rechnung der Betrieb (die Verwaltung, die Hauswirtschaft, die Tätigkeit) geführt wird, in dem der Dienstnehmer in einem Beschäftigungsverhältnis steht, auch wenn der Dienstgeber den Dienstnehmer durch Mittelspersonen in Dienst genommen hat oder ihn ganz oder teilweise auf Leistungen Dritter an Stelle des Entgeltes verweist.

Gemäß § 33 Abs. 1 ASVG haben Dienstgeber jede von ihnen beschäftigte, nach dem ASVG in der Krankenversicherung pflichtversicherte Person (Vollversicherte und Teilversicherte) vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden und binnen sieben Tagen nach dem Ende der Pflichtversicherung abzumelden. Die An(Ab)meldung durch den Dienstgeber wirkt auch für den Bereich der Unfall- und Pensionsversicherung, soweit die beschäftigte Person in diesen Versicherungen pflichtversichert ist.

Gemäß § 113 Abs. 1 ASVG können den in § 111 Abs. 1 ASVG genannten Personen (Stellen) Beitragszuschläge vorgeschrieben werden, wenn

1. die Anmeldung zur Pflichtversicherung nicht vor Arbeitsantritt erstattet wurde oder

2. die vollständige Anmeldung zur Pflichtversicherung nach § 33 Abs. 1a Z 2 nicht oder verspätet erstattet wurde oder

3. das Entgelt nicht oder verspätet gemeldet wurde oder

4. ein zu niedriges Entgelt gemeldet wurde.

Der Beitragszuschlag setzt sich gemäß § 113 Abs. 2 ASVG im Fall des Abs. 1 Z 1 nach einer unmittelbaren Betretung im Sinne des § 111a aus zwei Teilbeträgen zusammen, mit denen die Kosten für die gesonderte Bearbeitung und für den Prüfeinsatz pauschal abgegolten werden. Der Teilbetrag für die gesonderte Bearbeitung beläuft sich auf 500 € je nicht vor Arbeitsantritt angemeldeter Person; der Teilbetrag für den Prüfeinsatz beläuft sich auf 800 €. Bei erstmaliger verspäteter Anmeldung mit unbedeutenden Folgen kann der Teilbetrag für die gesonderte Bearbeitung entfallen und der Teilbetrag für den Prüfeinsatz bis auf 400 € herabgesetzt werden. In besonders berücksichtigungswürdigen Fällen kann auch der Teilbetrag für den Prüfeinsatz entfallen.

§ 7 Grundversorgungsgesetz-Bund 2005 - GVG-B 2005 in der hier anzuwendenden Fassung des BGBl. I Nr. 100/2005, regelt die Beschäftigung von Asylwerbern wie folgt:

(1) Die Aufnahme einer unselbständigen Erwerbstätigkeit durch Asylwerber richtet sich nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz in der geltenden Fassung. Die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung ist von der zuständigen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice der Behörde mitzuteilen.

(2) Die Ausübung einer selbständigen Erwerbstätigkeit ist in den ersten 3 Monaten nach Einbringung des Asylantrages unzulässig. Der Beginn und das Ende einer selbständigen Erwerbstätigkeit ist der Behörde mitzuteilen.

(3) Asylwerbern und Fremden nach § 2 Abs. 1, die in einer Betreuungseinrichtung (§ 1 Z 5) von Bund oder Ländern untergebracht sind, können mit ihrem Einverständnis 1. für Hilfstätigkeiten, die im unmittelbaren Zusammenhang mit ihrer Unterbringung stehen (zB Reinigung, Küchenbetrieb, Transporte, Instandhaltung) und

2. für gemeinnützige Hilfstätigkeiten für Bund, Land, Gemeinde (zB Landschaftspflege und gestaltung, Betreuung von Park- und Sportanlagen, Unterstützung in der Administration)

herangezogen werden.

(4) Asylwerber, deren Verfahren gemäß § 28 AsylG 2005 zugelassen wurde, können mit ihrem Einverständnis zu Tätigkeiten im Sinne des Abs. 3 auch dann herangezogen werden, wenn sie von Dritten betreut werden.

(5) Werden solche Hilfstätigkeiten erbracht, ist dem Asylwerber ein Anerkennungsbeitrag zu gewähren. Dieser Anerkennungsbeitrag gilt nicht als Entgelt im Sinne des § 49 Abs. 1 und 2 des Bundesgesetzes vom 9. September 1955 über die Allgemeine Sozialversicherung, BGBl. Nr. 189/1955 und unterliegt nicht der Einkommensteuerpflicht.

(6) Durch Tätigkeiten nach Abs. 3 und 4 wird kein Dienstverhältnis begründet; es bedarf keiner ausländerbeschäftigungsrechtlichen Erlaubnis.

3.3. Für den vorliegenden Fall bedeutet das:

3.3.1 Vorliegen eines Dienstverhältnisses

Voraussetzung für die nach § 33 Abs. 1 ASVG normierte Meldeverpflichtung von Dienstnehmern zur Sozialversicherung ist das Vorliegen von Beschäftigungsverhältnissen.

Ob bei der Beschäftigung die Merkmale persönlicher Abhängigkeit des Beschäftigten vom Empfänger der Arbeitsleistung gegenüber jenen persönlicher Unabhängigkeit überwiegen und somit persönliche Abhängigkeit im Sinne des § 4 Abs. 2 ASVG gegeben ist, hängt nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes davon ab, ob nach dem Gesamtbild dieser konkret zu beurteilenden Beschäftigung die Bestimmungsfreiheit des Beschäftigten durch diese und während dieser Beschäftigung weitgehend ausgeschaltet oder - wie bei anderen Formen der Gestaltung einer Beschäftigung (z.B. aufgrund eines Werkvertrages oder eines freien Dienstvertrages) - nur beschränkt ist (VwGH 19.02.2014, 2013/08/0267; vgl. verstärkter Senat 10.12.1986, 83/08/0200).

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die Behörde berechtigt, wenn jemand bei der Erbringung von Dienstleistungen unter solchen Umständen arbeitend angetroffen wird, die nach der Lebenserfahrung üblicherweise auf ein Dienstverhältnis hindeuten (wie dies bei Hilfsarbeiten auf einer Baustelle der Fall ist), von einem Dienstverhältnis im üblichen Sinn auszugehen, sofern im Verfahren nicht jene atypischen Umstände dargelegt werden können, die einer solchen Deutung ohne nähere Untersuchung entgegenstehen (vgl. VwGH 13.11.2013, 2011/08/0153 mit Verweis auf VwGH 27.04.2011, 2010/08/0091; VwGH 03.03.2016, Ro 2014/08/0020 und VwGH 14.10.2015, 2013/08/0269, jeweils zu Spachtelarbeiten; VwGH 11.06.2014, 2012/08/0170, bezüglich Verspachteln von Gipskartonwänden und für das Aufstellen und die Montage von Seitenwänden und mobilen Trennwänden; VwGH 24.04.2014, 2012/08/0134, Isolierungsarbeiten auf einer privaten Baustelle).

Spricht also die Vermutung für ein Dienstverhältnis, dann muss die Partei ein ausreichend substantiiertes Vorbringen erstatten, aus dem man anderes ableiten könnte. Die Behörde ist in einem solchen Fall nicht gehalten, Ermittlungen und weitwendige Überlegungen zu der Frage anzustellen, ob die betretene Person in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis steht, da dies - wenn anders lautende konkrete Behauptungen samt Beweisanboten nicht vorliegen - unter den gegebenen Umständen ohne weiteres vorausgesetzt werden kann (VwGH 26.05.2014, 2012/08/0207 mit Verweis auf VwGH 22.07.2013, 2012/08/0033, mwN; vgl. auch VwGH 14.10.2015, 2013/08/0269).

Die wirtschaftliche Abhängigkeit, die nach der Rechtsprechung ihren sinnfälligen Ausdruck im Fehlen der im eigenen Namen auszuübenden Verfügungsmacht über die nach dem Einzelfall wesentlichen organisatorischen Einrichtungen und Betriebsmittel findet, ist bei entgeltlichen Arbeitsverhältnissen die zwangsläufige Folge persönlicher Abhängigkeit (vgl. VwGH 02.12.2013, 2013/08/0191; 21.02.2001, 96/08/0028).

Verfahrensgegenständlich steht unbestritten fest, dass die Betretenen auf der Baustelle im zu sanierenden Haus, das im Eigentum des Beschwerdeführers steht, im Zuge einer Kontrolle durch die Finanzbehörde bei Arbeiten angetroffen und für diese Tätigkeit entsprechend entlohnt wurden.

Die von den Betretenen ausgeführten Tätigkeiten (Abbrucharbeiten, Schuttverbringung, Reinigungstätigkeiten) sind zweifelsohne als einfache manuelle Tätigkeiten bzw. Hilfstätigkeiten im Sinne der Judikatur zu werten, bei denen nach der Lebenserfahrung kein ins Gewicht fallender Gestaltungspielraum des Dienstnehmers vorhanden ist und die nach der Lebenserfahrung üblicherweise im Rahmen eines Dienstverhältnisses im Sinne des § 4 Abs. 2 ASVG erbracht werden.

3.3.2 Zur Frage, ob eine versicherungsfreie Remunerantentätigkeit vorlag:

Die Argumentation in der Beschwerde, es läge eine sogenannte Remuneratentätigkeit vor, die keine Pflichtversicherung auslöse, geht ins Leere:

Der Beschwerdeführer hat über die Voraussetzungen für eine solche mit dem Amt der Niederösterreichischen Landesregierung kommuniziert, jedoch die Tätigkeit nicht wahrheitsgemäß geschildert, sodass die Antwort für das gegenständliche Verfahren keine Bedeutung hat.

Es handelt sich bei den gegenständlichen Tätigkeiten weder um Hilfstätigkeiten, die im unmittelbaren Zusammenhang mit ihrer Unterbringung stehen noch um gemeinnützige Tätigkeiten, die für Gemeinden, Länder oder den Bund erbracht werden. Der Beschwerdeführer hätte dies erkennen müssen.

3.3.2.1 Zur Frage, was unter Hilfstätigkeiten zu verstehen ist:

Das Gesetz selbst führt beispielsweise Reinigung, Küchenbetrieb, Transporte, Instandhaltung an. Das lag nicht vor. Auch das Abladen von Baumaterial fällt nicht unter "Transporte" im Sinne der Bestimmung.

Der Bf beruft sich darauf, dass Instandhaltungsarbeiten geleistet wurden, dies ist zu verneinen:

3.3.2.2 Die Instandhaltung wird nach ÖNORM EN 13306 definiert als:

"Kombination aller technischen und administrativen Maßnahmen sowie Maßnahmen des Managements während des Lebenszyklus einer Einheit, die dem Erhalt oder der Wiederherstellung ihres funktionsfähigen Zustands dient, sodass sie die geforderte Funktion erfüllen kann".

Umbauarbeiten, wie im vorliegenden Fall und damit in Zusammenhang stehende Tätigkeiten können in diesem Sinne nicht mehr als Instandhaltungstätigkeiten qualifiziert werden, zumal entsprechende Bauarbeiten ein Gefahrenpotenzial beinhalten, welches nur durch eine entsprechende Einschulung oder Ausbildung minimiert werden kann.

§ 7 Abs 3, 4, 5 und 6 Grundversorgungsgesetz-Bund kann somit als Basis für die Ausnahme von der Pflichtversicherung der verrichteten Hilfstätigkeiten nicht herangezogen werden. Es gebührt daher auch nicht ein Anerkennungsbetrag nach § 7 Abs 5 Grundversorgungsgesetz-Bund, sondern der Anspruchslohn nach § 49

ASVG.

Im Ergebnis ist daher im gegenständlichen Fall zum Zeitpunkt der Kontrolle vom Vorliegen sozialversicherungspflichtiger Dienstverhältnisse iSd § 4 Abs. 1 Z 1 iVm Abs. 2 ASVG der Betretenen zum Beschwerdeführer auszugehen.

3.3.3 Zur Dienstgebereigenschaft

Seitens des Bf wurde bestritten, dass er als Dienstgeber der betretenen Beschäftigten anzusehen sei, dazu ist Folgendes auszuführen:

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs ist für die Dienstgebereigenschaft wesentlich, wer nach rechtlichen (und nicht bloß tatsächlichen) Gesichtspunkten aus den im Betrieb getätigten Geschäften unmittelbar berechtigt und verpflichtet wird, wen also das Risiko des Betriebes im Gesamten unmittelbar trifft (vgl. das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 10. Dezember 1986, 83/08/0200, VwSlg 12325 A/1986; VwGH vom 15.07.2013, Zl. 2011708/0151).

Aus dem Blickwinkel des SV-Rechts geht es va darum, sicherzustellen, dass die DG-Pflichten tatsächlich denjenigen treffen, dem die Leistungen des DN wirtschaftlich zugutekommen (vgl idS auch Schrank in Schrammel, Versicherungs- und Beitragspflicht 30 [33]). Zwei mögliche Umgehungshandlungen - die Indienstnahme durch Mittelspersonen und die Verweisung auf Leistungen Dritter an Stelle des Entgelts - werden in § 35 Abs 1 ausdrücklich als für die Bestimmung des sv-rechtlichen DG unerheblich erklärt. Insoweit galt daher schon seit der Stammfassung die durch das StrukturanpassungsG 1996, BGBl 1996/201, in § 539 a für die Beurteilung von Sachverhalten generell verankerte "wirtschaftliche Betrachtungsweise". (Julcher in Mosler/Müller/Pfeil, Der SV-Komm § 35 ASVG Rz 2 (Stand: 1.3.2016, rdb.at))

3.3.4 Da der am 20.11.2015 abgeschlossene Mietvorvertrag aufgrund der Vereinbarungen in dessen § 2 erst mit 01.02.2016 oder mit der Herstellung des Rohbauzustandes beginnen sollte, war zum Zeitpunkt der Betretung am 19.01.2016 der Beschwerdeführer nach rechtlichen Gesichtspunkten berechtigt und verpflichtet, da die Herstellung eines unbedenklichen Rohbaus dem Beschwerdeführer als Vermieter oblag (§ 1 des Mietvorvertrages). Aufgrund der festgestellten Abbrucharbeiten ist davon auszugehen, dass die Herstellung eines unbedenklichen Rohbaus am 19.01.2016 nicht abgeschlossen war.

Die Wertschöpfung durch die Bauarbeiten kam somit dem Bf zugute, weil dieser aufgrund des Vertrages für die Herstellung des Rohbaus zuständig war.

Aufgrund der Aktenlage steht fest, dass die Sanierung des Gebäudes durch den Beschwerdeführer und der KG seines Neffen ohne Aufteilungsschlüssel erfolgte.

Es ist für die Zuordnung der Dienstgebereigenschaft unerheblich im Sinne der oben zitierten Judikatur (Rz 2 im Kommentar zu § 35 ASVG), dass die Entlohnung nicht durch den Beschwerdeführer, sondern durch einen Dritten, nämlich den Neffen erfolgen sollte.

Nach rechtlichen Gesichtspunkten war der Bf am Betrieb, in dem die Beschäftigten tätig waren - und als solche gilt auch eine Baustelle - berechtigt.

Es muss daher festgehalten werden, dass der Beschwerdeführer als Dienstgeber der betretenen Personen einzustufen ist, jedenfalls als Mit-Dienstgeber im Sinne des § 67 ASVG.

3.3.5 Da es der Beschwerdeführer unterlassen hat, die betretenen Dienstnehmer vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden, hat er gegen die ihm obliegenden sozialversicherungsrechtlichen Meldepflichten verstoßen und den Tatbestand des § 113 Abs. 1 Z 1 ASVG erfüllt.

Nach dem Wortlaut der gesetzlichen Bestimmungen sowie der Materialien (EBRV BlgNR 23. GP 77) ist Zweck der Beitragszuschläge, den wegen der Säumigkeit des Meldepflichtigen verursachten Mehraufwand in der Verwaltung (Bearbeitungskosten) auszugleichen, sohin einen Kostenbeitrag demjenigen vorzuschreiben, der diese Kosten auch verursacht hat ("Verursacherprinzip") und damit als Sicherungsmittel für das ordnungsgemäße Funktionieren der Sozialversicherung zu werten (vgl. VwGH 07.08.2002, 99/08/0074). Die Vorschreibung von Beitragszuschlägen nach § 113 Abs. 1 Z 1 ASVG setzt voraus, dass objektiv ein Meldeverstoß verwirklicht wurde, gleichgültig aus welchen Gründen.

Im gegenständlichen Fall steht außer Streit, dass die Dienstnehmer bei Arbeiten auf der Baustelle im zu sanierenden Haus des Beschwerdeführers angetroffen wurden, ohne zur Sozialversicherung angemeldet zu sein, weshalb der Tatbestand des § 113 Abs. 1 Z 1 ASVG eindeutig erfüllt ist.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

3.4. Zum Absehen von der mündlichen Verhandlung

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung wurde nicht beantragt.

Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG konnte das Gericht von der Verhandlung absehen, weil der maßgebliche Sachverhalt ausreichend ermittelt ist und in der Beschwerde und dem Vorlageantrag nicht bestritten wurde. Die Schriftsätze der Parteien und die Akten des Verfahrens lassen erkennen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und dem auch Art 6 Abs. 1 EMRK nicht entgegensteht (vgl. die Entscheidung des EGMR vom 2. September 2004, 68.087/01 [Hofbauer/Österreich ], wo der Gerichtshof unter Hinweis auf seine frühere Rechtsprechung dargelegt hat, dass die Anforderungen von Art 6 EMRK auch bei Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung oder überhaupt jegliche Anhörung [im Originaltext "any hearing at all"] erfüllt sind, wenn das Verfahren ausschließlich rechtliche oder "technische" Fragen betrifft und in diesem Zusammenhang auch auf das Bedürfnis der nationalen Behörden nach zweckmäßiger und wirtschaftlicher Vorgangsweise verwiesen hat, vgl. dazu auch das zuletzt das Erkenntnis des VwGH vom 29.April 2015, Zl. Ro 20015/08/0005. Vielmehr erschien der Sachverhalt zur Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Bescheides aus der Aktenlage geklärt.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Es weicht die gegenständliche Entscheidung nicht von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab. Es fehlt zwar zur Frage der Definition von "Remunerantentätigkeit", d.h. zu § 7 Grundversorgungsgesetz-Bund, an einer Rechtsprechung des VwGH, aber da im gegenständlichen Fall durch den klaren Wortlaut des Gesetzes kein Interpretationsspielraum bleibt, ist die Revision nicht zuzulassen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

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