BVwG W168 2216327-1

BVwGW168 2216327-110.8.2022

AsylG 2005 §54 Abs1 Z1
AsylG 2005 §56 Abs1
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52
FPG §55
VwGVG §28 Abs2

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2022:W168.2216327.1.00

 

Spruch:

 

W168 2216327-1/17E

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter MMag.Dr. Bernhard MACALKA als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. China, vertreten durch RA Dr. Farid RIFAAT, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 12.02.2019, Zl. 477344206/181036237, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 30.06.2022, zu Recht:

A)

I. Der Beschwerde wird stattgegeben und XXXX wird gemäß § 56 Abs. 1 iVm § 54 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 der Aufenthaltstitel „Aufenthaltsberechtigung plus“ für die Dauer von 12 Monaten erteilt.

II. Die Erlassung einer Rückkehrentscheidung in Bezug auf den Herkunftsstaat die VR China wird auf Dauer für unzulässig erklärt.

III. Im Übrigen wird der angefochtene Bescheid ersatzlos behoben.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Die Beschwerdeführerin (in der Folge: der BF), eine volljährige Staatsangehörige Chinas, reiste legal in das Bundesgebiet ein, wo sie sich mit einem Aufenthaltstitel als Schülerin von 2009 bis Juni 2015 rechtmäßig aufgehalten hat. Anschließend ist sie nach der Einstellung dieses Verfahrens weiterhin illegal im Bundesgebiet verblieben.

2. Am 31.10.2018 stellte die BF den verfahrensgegenständlichen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels in besonders berücksichtigungswürdigen Fällen gemäß § 56 Abs. 1 AsylG 2005 und gab an, über entsprechende Deutschkenntnisse zu verfügen, legte jedoch keine diesbezüglichen Nachweise vor. Beigefügt war die Kopie eines in Mailand ausgestellten und bis 13.05.2028 gültigen chinesischen Reisepasses sowie einer bis 03.03.2012 gültig gewesenen Aufenthaltsberechtigungskarte als Schülerin.

3. Zum Verbesserungsauftrag vom 31.10.2018, die notwendigen Unterlagen binnen vier Wochen vorzulegen, wurde seitens des Vertreters des BF eine weitere Fristerstreckung um zehn Wochen erbeten.

Mit Schriftsatz vom 30.01.2019 führte der Vertreter zum Antrag aus und benannte Nachweise zum vorliegenden Antrag, welche vorgelegt werden sollten.

4. Im Zuge der niederschriftlichen Einvernahme beim BFA am 31.01.2019 brachte die BF in Anwesenheit ihres Vertreters im Wesentlichen auf Chinesisch vor, dass sie sich seit Mai 2009 mit einem Aufenthaltstitel als Schülerin rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten habe. Da sie psychisch krank gewesen sei (Depressionen), habe sie auch aus Unwissenheit keinen weiteren Titel beantragt. Sie bewohne hier eine Mietwohnung gemeinsam mit ihrem Freund und zahle € 181.-, sie sei auch krankenversichert. Sie sei ledig. Ihren Lebensunterhalt bestreite sie durch monatliche Überweisungen der Eltern ihres Lebensgefährten in Höhe von 1.500.- €. Künftig könne sie ihr Leben als Telefonistin selbst finanzieren. Sie wolle in Österreich bleiben, weil sie Tiere liebe und die Menschen hier tierlieb seien; sie werde ihr Studium fortsetzen, sie sei im Musikkonservatorium eingeschrieben. Sie habe hier einen Hund und sie wolle nicht nach China zurückkehren. Sie sei schon seit 10 Jahren in Österreich, alle ihre Freunde seien hier. Sie habe das Gefühl, einen Bezug mehr nach China zu haben. Vorgelegt wurde eine Inskriptionsbestätigung vom 31.08.2018 am Richard Wagner Konservatorium, ein ärztliches Attest vom 04.12.2018, wonach die BF wegen Gewichtsverlust (BMI 16,5) und Depressionen medizinische Betreuung in Anspruch genommen hat, eine Meldebestätigung, einen Mietvertrag vom 29.10.2018 gemeinsam mit ihrem Lebensgefährten über ein 74m² große Wohnung für 181.- monatlich, eine notarielle Geburtsbestätigung vom 02.11.2018 samt Übersetzung, Zeugnis einer Integrationsprüfung vom 06.12.2018 auf dem Sprachniveau A2 samt Werte und Orientierungswissen, eine Versicherungspolizze vom 23.01.2019 über eine Unfallversicherung für die BF und ihren Lebensgefährten „als Gastwirte“, eine Versicherungsbestätigung vom 28.01.2019 über die Krankenversicherung ihres Lebensgefährten bei der Wiener Städtischen seit dem 01.02.2019 sowie eine bedingte Absichtserklärung der Firma XXXX Gmbh in XXXX über ein Beschäftigungsverhältnis mit einer Probezeit von 4 Wochen zu einem unbestimmten Entgelt.

5. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid des BFA vom 12.02.2019 wies das BFA den Antrag der BF auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus besonders berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 56 AsylG 2005 ab (Spruchpunkt I.), erließ eine Rückkehrentscheidung gegen die BF (Spruchpunkt II.), stellte die Zulässigkeit ihrer Abschiebung nach China fest (Spruchpunkt III.) und legte die Frist für die freiwillige Ausreise mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung fest (Spruchpunkt IV.). Im Wesentlichen wurde dies damit begründet, dass der BF als nunmehr illegal im Bundesgebiet Aufhältige keiner erlaubten Erwerbstätigkeit nachgehe und mangels ausreichender finanzieller Mittel zur Belastung einer Gebietskörperschaft werden könnte. Eine Rückkehrentscheidung sei auch nicht auf Dauer unzulässig.

6. Die dagegen erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des BVwG vom 16.10.2019, Zl. W168 2216327-1/2E, als unbegründet abgewiesen.

Die dagegen erhobene Beschwerde an den VfGH wurde mit Beschluss vom 27.02.2020 abgelehnt und die Beschwerde an den VwGH abgetreten.

7. Mit Erkenntnis des VwGH vom 24.02.2022, Ra 2020/21/0241, wurde der dagegen erhobenen außerordentlichen Revision nach Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung Folge gegeben und die angefochtene Erkenntnis aufgehoben.

8. Am 30.06.2022 fand beim BVwG eine mündliche Verhandlung statt, im Zuge derer der BF (BF1) und seine Lebensgefährtin (BF2) in Anwesenheit seines Vertreters und eines Dolmetschers für die Sprache Chinesisch ausführlich hinsichtlich des Beschwerdegegenstandes befragt wurden. Diesen wurde hierbei die Möglichkeit eingeräumt den Grad ihrer Integration, bzw. das Erfüllen sämtlicher Erteilungsvoraussetzungen in Hinblick auf den beantragten Aufenthaltstitel, dies unter allfällig Vorlage des notwendigen Nachweises, darzulegen.

Ebenso wurde im Zuge der Verhandlung vor dem BVwG dem Vertreter der BF die Möglichkeit eingeräumt konkret die Erfüllung der Voraussetzungen einer Gewährung einer Aufenthaltsberechtigung bzw. Aufenthaltsberechtigung Plus in den gegenständlichen Verfahren darzulegen. Hierzu führte der Vertreter wie folgt aus:

RV: Zum Zeitpunkt der Antragstellung haben sich die Antragsteller bereits seit über 5 Jahren aufgehalten und haben hiervon mindestens die Hälfte der Zeit bzw. mindestens 3 Jahre sich rechtmäßig aufgehalten. Rechtmäßig und legal aufgehalten. Darüber hinaus haben sie nicht nur das Modul 1 der Integrationsvereinbarung, sondern auch das Modul 2 der Integrationsvereinbarung erfüllt. Sie haben zum jetzigen Entscheidungszeitpunkt eine Einstellungszusage zu einer erlaubten Tätigkeit mit dem sie geringfügig grenzen der ASVG überstritten werden kann. Sie verfügen darüber hinaus eine Unterkunft ausreichen Unterhaltsmittel und über eine aktuelle Krankenversicherung in Österreich die Leistungsfähig ist. Sie leisten einen hohen Grad der Integration und der Selbsterhaltungsfähigkeit. Sie haben ihre schulische und berufliche Ausbildung in Österreich absolviert. Beide sind Musiker. Sie erfüllen § 9 Abs. 2 BFA-VG, sie erfüllen die erforderlichen Kriterien zum Ausspruch das eine Ausweisung auf Dauer unzulässig ist. Der beantragte Aufenthaltstitel ist in Form einer Aufenthaltsberechtigung Plus zu gewähren. Sie befinden sich seit mehr als 10 Jahren, das wäre hin auch eine überwiegen der persönlichen Interessen an verbleibt in Österreich anzunehmen.“

Den BF wurde durch das erkennende Gericht eine Frist von 2 Wochen zum Nachweis des Vorliegens eines aktuell aufrechten Versicherungsschutzes eingeräumt.

9. Am 11.07.2022 wurde dem BVwG der konkrete Nachweis über das Bestehen einer aktuell aufrechten Versicherung für die BF samt monatlichen Zahlungsbeleg übermittelt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen

Die BF ist chinesische Staatsangehörige, ist gesund, ledig, kinderlos, volljährig und im erwerbsfähigen Alter. Die Identität der BF steht fest. Ihre Eltern leben noch im Herkunftsstaat. Die BF lebt mit einem chinesischen Staatsbürger (Beschwerdeführerin zu W168 2216328-1) ohne aktuellen Aufenthaltstitel im Bundesgebiet im gemeinsamen Haushalt.

Die BF reiste im Jahr 2009 legal nach Österreich ein und war bis 2015 mit einem Aufenthaltstitel als Schülerin hier legal aufhältig. Danach ist sie weiterhin jedoch illegal im Bundesgebiet verblieben.

Am 31.10.2018 beantragte sie gemeinsam mit ihrem Lebensgefährten einen Aufenthaltstitel gemäß § 56 AsylG 2005.

Gegen die BF besteht weder eine rechtskräftige Rückkehrentscheidung noch ein Einreiseverbot. Eine bestehende Rückführungsentscheidung eines anderen EWR-Staates ist ebenfalls nicht bekannt.

Sie verfügt im Bundesgebiet über eine ortsübliche Unterkunft in einer unbefristeten Mietwohnung, wo sie mit ihrem Lebensgefährten zusammenlebt. Außerdem hat sie eine Tante und eine Cousine in Österreich.

Sie verfügt ab 01.07.2022 über eine umfassende österreichische Krankenversicherung bei der Wiener Städtischen Versicherung.

Sie verfügt auch über eine Absichtserklärung der Firma XXXX GmbH vom 29.05.2022, sie in Vollzeit für netto ca. 1.800.- € sozialversicherungspflichtig zu beschäftigen.

Die BF ist seit dem Mai 2009 in Österreich aufhältig und verfügte bis 2015 über einen Aufenthaltstitel. Seither ist ihr insgesamt schon 13-jähriger Aufenthalt im Bundesgebiet illegal.

Die Integrationsprüfung mit Deutschkenntnissen auf dem Niveau A2 hat sie am 06.12.2018 bestanden.

Die unbescholtene BF ist um ihre Integration in Österreich sehr bemüht (viele Freunde, ausreichende Sprachkenntnisse, Absichtserklärung eines Arbeitgebers, Fortführung ihres Musikstudiums).

2. Beweiswürdigung

Die Feststellungen zur Staatsangehörigkeit der BF und ihren Lebensumständen in Österreich ergeben sich aus den insoweit unstrittigen Verwaltungs- und Gerichtsakten des BF. Ihre Identität ergibt sich aus dem vorgelegten chinesischen Reisepass sowie Aufenthaltstitel. Ihre Angaben über die Dauer dieses Aufenthaltstitels werden der Entscheidung zu Grunde gelegt. Dass gegen sie keine Rückkehrentscheidung vorliegt, auch kein Einreiseverbot ist dem Bezug habenden Auszug aus dem Fremdenregister zu entnehmen.

Dem vorgelegten unbefristeten Mietvertrag kann eine ortsübliche Unterkunft mit Rechtsanspruch entnommen werden. Die bestehende Krankenversicherung hat sie durch die am 11.07.2022 vorgelegte Versicherungspolizze der Wiener Städtischen Versicherung samt ersten monatlichen Zahlschein belegt.

Die Feststellung über die beabsichtigte Beschäftigung der BF in Vollzeit resultiert aus der vorgelegten Erklärung, welche als echt erachtet wird. Von ihrer inhaltlichen Richtigkeit ist - im Hinblick auf die erforderliche Progonoseentscheidung zu § 60 Abs. 2 Z 3 AsylG 2005)- ebenfalls auszugehen, zumal es keine Hinweise darauf gibt, daran zu zweifeln.

Die für eine bereits erfolgte Integration sprechenden Umstände ergeben sich aus den Angaben der BF sowie den in der Verhandlung beim BVwG vorgelegten Integrationsbelegen.

Ihre strafgerichtliche Unbescholtenheit ergibt sich aus der Einsichtnahme in das österreichische Strafregister.

3. Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchteil A)

3.1. § 56 AsylG 2005 normiert unter dem Titel „Aufenthaltstitel in besonders berücksichtigungswürdigen Fällen“:

„(1) Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen kann in besonders berücksichtigungswürdigen Fällen auf begründeten Antrag, auch wenn er sich in einem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme vor dem Bundesamt befindet, eine „Aufenthaltsberechtigung plus“ erteilt werden, wenn der Drittstaatsangehörige jedenfalls

1. zum Zeitpunkt der Antragstellung nachweislich seit fünf Jahren durchgängig im Bundesgebiet aufhältig ist,

2. davon mindestens die Hälfte, jedenfalls aber drei Jahre, seines festgestellten durchgängigen Aufenthaltes im Bundesgebiet rechtmäßig aufhältig gewesen ist und

3. das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 IntG erfüllt hat oder zum Entscheidungszeitpunkt eine erlaubte Erwerbstätigkeit ausübt, mit deren Einkommen die monatliche Geringfügigkeitsgrenze (§ 5 Abs. 2 ASVG) erreicht wird.

(2) Liegen nur die Voraussetzungen des Abs. 1 Z 1 und 2 vor, ist eine „Aufenthaltsberechtigung“ zu erteilen.

(3) Die Behörde hat den Grad der Integration des Drittstaatsangehörigen, insbesondere die Selbsterhaltungsfähigkeit, die schulische und berufliche Ausbildung, die Beschäftigung und die Kenntnisse der deutschen Sprache zu berücksichtigen. Der Nachweis einer oder mehrerer Voraussetzungen des § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 kann auch durch Vorlage einer einzigen Patenschaftserklärung (§ 2 Abs. 1 Z 26) erbracht werden. Treten mehrere Personen als Verpflichtete in einer Erklärung auf, dann haftet jeder von ihnen für den vollen Haftungsbetrag zur ungeteilten Hand.“

Laut Materialien soll in § 56 AsylG 2005 aus systematischen Gründen die Erteilung eines Aufenthaltstitels in besonders berücksichtigungswürdigen Gründen in einer Bestimmung zusammengefasst werden. Inhaltlich bildet dieser die Bestimmungen zu § 41a Abs. 10 und § 43 Abs. 4 NAG in der Fassung BGBl. I Nr. 38/2011 ab.

Zielgruppe sind jene Personen, die jedenfalls zum Zeitpunkt der Antragstellung nachweislich seit fünf Jahren durchgängig im Bundesgebiet aufhältig sind; mindestens die Hälfte davon, jedenfalls aber drei Jahre des festgestellten durchgängigen Aufenthaltes im Bundesgebiet muss der Betreffende rechtmäßig aufhältig gewesen sein. Eine „Aufenthaltsberechtigung plus“ ist zu erteilen, wenn der Fremde das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 14a NAG (bzw. § 9 IntG) erfüllt hat oder zum Entscheidungszeitpunkt über den Antrag eine erlaubte Erwerbstätigkeit ausübt, mit deren Einkommen die monatliche Geringfügigkeitsgrenze (vgl. dazu § 5 Abs. 2 ASVG) erreicht wird. Mit Erteilung dieses Titels wird dem umfassten Personenkreis die Möglichkeit gegeben, einen unbeschränkten Arbeitsmarktzugang zu erhalten.

Soweit sie keine der Voraussetzungen erfüllen, erhalten sie einen Aufenthaltstitel „Aufenthaltsberechtigung“, der der bisherigen „Niederlassungsbewilligung“ gemäß § 43 Abs. 4 NAG in der Fassung BGBl. I Nr. 38/2011 entspricht.

Eine „Aufenthaltsberechtigung plus“ berechtigt gemäß § 54 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 zu einem Aufenthalt im Bundesgebiet und zur Ausübung einer selbständigen und unselbständigen Erwerbstätigkeit gemäß § 17 Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG). Eine „Aufenthaltsberechtigung“ berechtigt demgegenüber gemäß § 54 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 zu einem Aufenthalt im Bundesgebiet und zur Ausübung einer selbständigen und einer unselbständigen Erwerbstätigkeit, für die eine entsprechende Berechtigung nach dem AuslBG Voraussetzung ist.

§ 60 AsylG 2005 legt allgemeine Erteilungsvoraussetzungen für Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen fest (siehe VwGH 14.04.2016, Ra 2016/21/0077).

Nach § 60 Abs. 1 AsylG 2005 dürfen Aufenthaltstitel nicht erteilt werden, wenn gegen den betreffenden Drittstaatsangehörigen eine aufrechte Rückkehrentscheidung gemäß §§ 52 iVm. 53 Abs. 2 oder 3 FPG oder eine Rückführungsentscheidung eines anderen EWR-Staates oder der Schweiz besteht.

Gemäß § 60 Abs. 2 AsylG 2005 dürfen Aufenthaltstitel gemäß § 56 AsylG 2005 nur erteilt werden, wenn der Antragsteller einen Rechtsanspruch auf eine Unterkunft nachweist, die für eine vergleichbar große Familie als ortsüblich angesehen wird (Z 1), über einen alle Risiken abdeckenden Krankenversicherungsschutz verfügt und die Versicherung in Österreich auch leistungspflichtig ist (Z 2), sein Aufenthalt zu keiner finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft (§ 11 Abs. 5 NAG) führen könnte (Z 3) und dadurch die Beziehungen der Republik Österreich zu einem anderen Staat oder einem anderen Völkerrechtssubjekt nicht wesentlich beeinträchtigt werden (Z 4).

Aufenthaltstitel dürfen einem Drittstaatsangehörigen nach § 60 Abs. 3 AsylG 2005 nur erteilt werden, wenn sein Aufenthalt nicht öffentlichen Interessen widerstreitet. Der Aufenthalt eines Drittstaatsangehörigen widerstreitet dem öffentlichen Interesse, wenn dieser ein Naheverhältnis zu einer extremistischen oder terroristischen Gruppierung hat und im Hinblick auf deren bestehende Strukturen oder auf zu gewärtigende Entwicklungen in deren Umfeld extremistische oder terroristische Aktivitäten derselben nicht ausgeschlossen werden können, oder auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, dass dieser durch Verbreitung in Wort, Bild oder Schrift andere Personen oder Organisationen von seiner gegen die Wertvorstellungen eines europäischen demokratischen Staates und seiner Gesellschaft gerichteten Einstellung zu überzeugen versucht oder versucht hat oder auf andere Weise eine Person oder Organisation unterstützt, die die Verbreitung solchen Gedankengutes fördert oder gutheißt (Z 1) oder im Falle der §§ 56 und 57 AsylG 2005 der Aufenthalt die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährden würde (Z 2).

Gemäß § 11 Abs. 5 NAG führt der Aufenthalt eines Fremden dann zu keiner finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft, wenn er feste und regelmäßige eigene Einkünfte hat, die ihm eine Lebensführung ohne Inanspruchnahme von Sozialhilfeleistungen ermöglichen und der Höhe nach den Richtsätzen des § 293 ASVG entsprechen. Für Alleinstehende beträgt dieser Richtsatz ab 01.01.2022 EUR 1.030,49. Diese Einkünfte werden durch regelmäßige Aufwendungen geschmälert, insbesondere durch Mietbelastungen, Kreditbelastungen, Pfändungen und Unterhaltszahlungen an nicht im gemeinsamen Haushalt lebende Personen. Dabei bleibt einmalig ein Betrag bis zu der in § 292 Abs. 3 zweiter Satz ASVG festgelegten Höhe (EUR 309,93 für das Jahr 2022) unberücksichtigt und führt zu keiner Erhöhung der notwendigen Einkünfte im Sinne des ersten Satzes. Bei Nachweis der Unterhaltsmittel durch Unterhaltsansprüche oder durch eine Haftungserklärung ist zur Berechnung der Leistungsfähigkeit des Verpflichteten nur der das pfändungsfreie Existenzminimum gemäß § 291a EO übersteigende Einkommensteil zu berücksichtigen. In Verfahren bei Erstanträgen sind soziale Leistungen nicht zu berücksichtigen, auf die ein Anspruch erst durch Erteilung des Aufenthaltstitels entstehen würde, insbesondere Sozialhilfeleistungen oder die Ausgleichszulage.

§ 58 AsylG 2005 regelt das Verfahren zur Erteilung von Aufenthaltstiteln gemäß §§ 55 ff AsylG 2005.

Von Aufenthaltstiteln nach § 56 AsylG 2005 sollen jene Konstellationen erfasst werden, in denen die Schwelle des Art. 8 EMRK noch nicht erreicht wird (vgl. VwGH 22.03.2021, Ra 2020/21/0448).

Ein rechtmäßiger Aufenthalt liegt etwa dann nicht vor, wenn dieser durch bewusst unwahre Identitätsangaben zur Verhinderung der Abschiebung während eines Asylverfahrens erreicht wurde (VwGH 26.06.2019, Ra 2019/21/0032).

Einer erlaubten unselbständigen Erwerbstätigkeit liegt ein Aufenthaltstitel sowie eine Berechtigung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (§ 4 AuslBG) zu Grunde (vgl. VwGH 16.09.2009, 2007/09/0204). Einer Arbeitsplatzzusage kommt demnach in einem Verfahren betreffend Ausweisung mangels Aufenthaltsberechtigung und Arbeitserlaubnis des Fremden keine wesentliche Bedeutung zu (VwGH 29.06.2010, 2010/18/0195).

Auch darf nach § 60 Abs. 2 Z 3 AsylG 2005 ein Aufenthaltstitel an Fremde nur erteilt werden, wenn dessen Aufenthalt im Bundesgebiet zu keiner finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft (§ 11 Abs. 5 NAG) führen könnte.

 

§ 60 Abs. 2 AsylG 2005 sieht in der Z 3 vor, dass die Erteilung des (dort: nach § 56 AsylG 2005) begehrten Aufenthaltstitels nur erfolgen darf, wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen zu keiner finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft (§ 11 Abs. 5 NAG) führen könnte. Damit legt das AsylG 2005 unverkennbar eine dem § 11 Abs. 2 Z 4 NAG 2005 nachgebildete Erteilungsvoraussetzung fest, für deren Verständnis (ebenfalls) die Anordnung des § 11 Abs. 5 NAG 2005 einzubeziehen ist (vgl. in diesem Sinn auch die Erläuterungen in RV 996 BlgNR 25. GP 1, 2, 4; und AB 1097 BlgNR 25. GP , 2, 4, 8 wo in Bezug auf die [mit BGBl. I Nr. 24/2016 erfolgte] Änderung des § 35 AsylG 2005 mehrfach von "festen und regelmäßigen Einkünften im Sinne des § 11 Abs. 5 NAG" die Rede ist). Vor diesem Hintergrund ist die zu § 11 Abs. 2 Z 4 und Abs. 5 NAG 2005 ergangene Rechtsprechung für die Auslegung des § 60 Abs. 2 Z 3 AsylG 2005 als maßgeblich anzusehen (VwGH 15.12.2021, Ra 2021/20/0105).

 

Ein einmaliges Erreichen der Richtsätze in der Vergangenheit ist kein geeigneter Nachweis dafür, dass der Aufenthalt des Fremden während der Dauer des beantragten Aufenthaltstitels zu keiner finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft führen könnte, sofern nicht Umstände festgestellt werden, aufgrund derer künftig von einer Änderung der Einkommensverhältnisse auszugehen ist (VwGH 15.12.2021, Ra 2021/20/0105).

 

Bei der Prüfung, ob ausreichende Unterhaltsmittel zur Verfügung stehen, ist eine Prognose über die Erzielbarkeit ausreichender Mittel zu treffen. Ein Abstellen allein auf den Zeitpunkt der Erlassung der Entscheidung verbietet sich dann, wenn in absehbarer Zeit mit einer Änderung der Einkommensverhältnisse zu rechnen ist (Hinweis E 9. September 2014, Ro 2014/22/0032). Es genügt für den Nachweis ausreichender Unterhaltsmittel, wenn eine hinreichend konkrete Aussicht besteht, dass im Fall der Erteilung des beantragten Aufenthaltstitels eine konkretisierte Erwerbstätigkeit aufgenommen und damit das notwendige Ausmaß an Einkommen erwirtschaftet werden könnte (VwGH 27.02.2020, Ra 2019/22/0203).

 

Im Zusammenhang mit § 53 Abs. 2 Z 6 FrPolG 2005 ist nach der Judikatur des VwGH (21.12.2021, Ra 2020/21/0131) bei der Prüfung einer allfälligen Mittellosigkeit des Fremden als Grund für die Erlassung eines Einreiseverbotes ein arbeitsrechtlicher Vorvertrag grundsätzlich als Nachweis der Unterhaltsmittel für den (zukünftigen) - auf Grund eines angestrebten Aufenthaltstitels eine Erwerbstätigkeit erlaubenden - Aufenthalt im Bundesgebiet geeignet (vgl. VwGH 27.4.2020, Ra 2019/21/0277, mit Hinweis auf § 7 Abs. 1 Z 7 NAG-DV 2005, in dem arbeitsrechtliche Vorverträge ausdrücklich als Bescheinigungsmittel zum Nachweis des gesicherten Lebensunterhalts genannt sind). Ein derartiger Nachweis kann überdies auch durch eine glaubwürdige und ausreichend konkretisierte Bestätigung über eine beabsichtigte Einstellung erbracht werden (vgl. VwGH 9.9.2014, Ro 2014/22/0032; VwGH 27.5.2010, 2008/21/0630). Daher kann insbesondere bei der Prüfung, ob eine hinreichend konkrete Aussicht auf die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit im Fall der Erteilung des beantragten Aufenthaltstitels und damit auf die Erwirtschaftung des erforderlichen Unterhalts besteht, einem von der Fremden vorgelegten Arbeitsvorvertrag und Einstellungszusage nicht generell jegliche Bedeutung abgesprochen werden (vgl. VwGH 27.2.2020, Ra 2019/22/0203).

Eine Einstellungszusage ist aber hinsichtlich ihrer Glaubwürdigkeit und der ausreichend konkreten Bestätigung einer beabsichtigten Einstellung seitens der Behörde einer Beweiswürdigung zu unterziehen (vgl. VwGH 09.09.2010, 2008/22/0113).

Demgegenüber ist aber gemäß § 56 Abs. 1 AsylG 2005 –jedenfalls- ua. nach Z 3 leg.cit. entweder die Erfüllung des Moduls 1 der Integrationsvereinbarung oder die Ausübung einer erlaubten Erwerbstätigkeit mit einem Mindesteinkommen (§ 5 Abs. 2 ASVG) zum Entscheidungszeitpunkt erforderlich.

Die Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung nach § 56 Abs. 1 AsylG 2005 setzt neben der Erfüllung der Voraussetzungen der Z 1 bis 3 leg cit. auch voraus, dass ein besonders berücksichtigungswürdiger Fall vorliegt (VwGH 29.03.2022, Ra 2021/22/0069).

Eine Entscheidung des VwG, mit der die dem BFA in einem Verfahren nach § 56 AsylG 2005 offenstehende, stets auf Grund der Umstände des Einzelfalls vorzunehmende Ermessensübung bestätigt wird, ist im Regelfall, so die maßgeblichen Umstände vollständig und frei von Verfahrensmängeln berücksichtigt wurden und die erfolgte Einzelfallbeurteilung nicht unvertretbar ist, nicht revisibel (vgl. VwGH 19.12.2019, Ra 2019/21/0308; 19.10.2021, Ra 2021/22/0170).

3.2. Die BF ist als Staatsangehörige Chinas Drittstaatsangehörige iSd § 2 Abs. 4 Z 10 FPG.

Sie hielt sich zum Zeitpunkt der Antragstellung nach § 56 am 31.10.2018 bereits seit mehr als fünf Jahren im Bundesgebiet auf und ihr Aufenthalt war auch Großteils rechtmäßig (§ 56 Abs. 1 Z 1 und 2 AsylG 2005).

Die Behörde begründete die Abweisung des Antrags jedoch damit, dass die BF mangels ausreichender Unterhaltsmittel einer Gebietskörperschaft zur Lasten fallen könnte.

Im fortgesetzten Verfahren ergibt sich nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung, dass die BF nun die allgemeinen Voraussetzungen nach § 60 AsylG 2005 unter Bedachtnahme auf die dazu ergangene Judikatur erfüllt und keine Umstände hervorgekommen sind, welche der Erteilung eines Aufenthaltstitels entgegenstünden:

Gegen die BF besteht weder eine aufrechte Rückkehrentscheidung (iVm Einreiseverbot) gemäß §§ 52 iVm 53 Abs. 2 oder 3 FPG noch eine Rückkehrentscheidung eines anderen EWR-Staates oder der Schweiz (§ 60 Abs. 1 AsylG 2005). Die BF bewohnt als Studentin (gemeinsam mit ihrem Lebensgefährten) eine 74 m² große Mietwohnung und hat dadurch einen Rechtsanspruch auf eine ortsübliche Unterkunft nachgewiesen (§ 60 Abs. 2 Z 1 AsylG 2005). Ebenso belegte sie durch die Versicherung bei Wiener Städtischen Versicherung ab 01.07.2022 einen alle Risiken abdeckenden Krankenversicherungsschutz (§ 60 Abs. 2 Z 2 AsylG 2005), wobei zudem mit Aufnahme einer Beschäftigung bei der Firma XXXX GmbH auch dahingehend eine gesetzliche Pflichtversicherung bestehen wird. Die BF hat durch die Vorlage der Absichtserklärung der Firma XXXX GmbH über ihre Einstellung zu einem den Richtsatz des ASVG deutlich übersteigenden Bruttomonatslohn von 1.800.- € einen geeigneten Nachweis vorgelegt, dass ihr Aufenthalt zu keiner finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft führt (nach § 7 Abs. 1 Z 7 NAG-DV stellen arbeitsrechtliche Vorverträge einen geeigneten Nachweis des gesicherten Lebensunterhaltes dar; vgl. dazu etwa auch VwGH 21.12.2021, Ra 2020/21/0135; 15.12.2021, Ra 2021/20/0105). Es hat sich auch kein Grund ergeben, an der Echtheit und Richtigkeit dieser Absichtserklärung zu zweifeln (§ 60 Abs. 2 Z 3 AsylG 2005). Hinweise auf eine Beeinträchtigung der Beziehungen der Republik Österreich zu einem anderen Staat bzw. Völkerrechtsubjekt durch die Erteilung eines Aufenthaltstitels sind im Verfahren ebenso wenig hervorgekommen wie ein Nahverhältnis zu einer extremistischen oder terroristischen Gruppierung (§ 60 Abs. 2 Z 4 und Abs. 3 Z 1 AsylG 2005). Zwar kam die BF nach Ablauf ihres Aufenthaltstitels ihrer sich hieraus ergebenden Pflicht zur Ausreise nicht nach, sondern stellte den gegenständlichen Antrag. Sie verfügte damals über kein Aufenthaltsrecht mehr (§ 58 Abs. 13 AsylG 2005), doch kann allein aus diesen Gründen nicht gesagt werden, dass der Aufenthalt der BF – zumal prognostisch – die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährden würde (§ 60 Abs. 3 Z 2 AsylG 2005). Dass die BF trotz Verlustes ihres Aufenthaltsrechts weiterhin illegal im Bundesgebiet verblieben ist, kann ihr zwar grundsätzlich zum Vorwurf gemacht werden, jedoch ist zu bedenken, dass genau dieser Umstand durch ihren Antrag nach § 56 AsylG 2005 bereinigt werden soll, womit ihr Aufenthalt aus diesem Blickwinkel aber ohnehin keine Gefahr für die öffentliche Ordnung mehr darstellt.

Auch haben die BF im fortgesetzten Verfahren nachgewiesen, dass diese aus eigenen Mitteln bisher ihre Unterkunft finanzieren konnten, bisher keine Mittel der Grundversorgung in Anspruch genommen haben und über insgesamt in der Vergangenheit als auch aktuell über jedenfalls ausreichende Geldmittel zur Bestreitung ihrer Lebenserhaltungskosten aufgrund von regelmäßigen Überweisungen von Familienmitgliedern verfügen, bzw. glaubhaft machen konnten, dass diese dieserart Geldleistungen auch hinkünftig diese erhalten werden.

Es hat sich auch kein Grund ergeben, an der Echtheit und Richtigkeit der Absichtserklärung zu zweifeln (§ 60 Abs. 2 Z 3 AsylG 2005).

Hinweise auf eine Beeinträchtigung der Beziehungen der Republik Österreich zu einem anderen Staat bzw. Völkerrechtsubjekt durch die Erteilung eines Aufenthaltstitels sind im Verfahren ebenso wenig hervorgekommen wie ein Nahverhältnis zu einer extremistischen oder terroristischen Gruppierung (§ 60 Abs. 2 Z 4 und Abs. 3 Z 1 AsylG 2005). Zwar kam der BF nach Ablauf seines Aufenthaltstitels seiner sich hieraus ergebenden Pflicht zur Ausreise nicht nach, sondern stellte den gegenständlichen Antrag. Er verfügte über kein Aufenthaltsrecht mehr (§ 58 Abs. 13 AsylG 2005), doch kann allein aus diesen Gründen nicht gesagt werden, dass der Aufenthalt des BF – zumal prognostisch – die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährden würde (§ 60 Abs. 3 Z 2 AsylG 2005). Dass der BF trotz Verlustes seines Aufenthaltsrechts weiterhin illegal im Bundesgebiet verblieben ist, kann ihm zwar grundsätzlich zum Vorwurf gemacht werden, jedoch ist zu bedenken, dass genau dieser Umstand durch seinen Antrag nach § 56 AsylG 2005 bereinigt werden soll, womit sein Aufenthalt aus diesem Blickwinkel aber ohnehin keine Gefahr für die öffentliche Ordnung mehr darstellt.

Die Erteilungsvoraussetzungen nach § 60 AsylG 2005 sind damit erfüllt und liegen auch keine Erteilungshindernisse iSd § 60 Abs. 1, Abs. 2 Z 4 und Abs. 3 AsylG 2005 vor.

Die BF hat ein Zeugnis über eine bestandene Integrationsprüfung mit Deutschkenntnissen auf dem Niveau A2 vorgelegt, womit sie das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 IntG erfüllt. Die guten Deutschkenntnisse der BF bestätigten sich zudem in der gegenständlichen mündlichen Beschwerdeverhandlung. Die Voraussetzungen nach § 56 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 liegen somit ebenfalls vor.

Da die BF bereits über eine Absichtserklärung für einen Arbeitsplatz verfügt, ist von ihrer absehbaren Selbsterhaltungsfähigkeit auszugehen. Bislang hat sie ihren Lebensunterhalt durch Unterstüzungsleistungen der Eltern ihres Lebensgefährten bzw. einer unselbständigen Erwerbstätigkeit bestritten.

Die BF hat neben ihren verwandtschaftlichen Beziehungen (Tante, Cousine) auch zahlreiche freundschaftliche und bekanntschaftliche Anknüpfungspunkte in Österreich gefunden und ist auch karitativ engagiert, sodass insgesamt betrachtet auch von einer gesellschaftlichen und kulturellen Integration ausgegangen werden kann.

Zwar mag es im Übrigen sein, dass die BF insbesondere durch ihre Eltern noch über Anknüpfungspunkte im Herkunftsstaat verfügt, doch sind diese Bindungen – zumal angesichts des inzwischen mehr als dreizehn Jahre dauernden Aufenthaltes in Österreich – als stark relativiert zu betrachten.

Eine Prüfung des Grades der Integration des BF iSd § 56 Abs. 3 AsylG 2005 fällt somit ebenso zu ihren Gunsten aus.

Da die BF zusätzlich das Modul 1 der Integrationsvereinbarung erfüllt hat, sowie die übrigen Voraussetzungen gem. §56 AsylG vorliegen, ist daher in Stattgebung der Beschwerde eine „Aufenthaltsberechtigung plus“ gemäß § 56 Abs. 1 iVm § 54 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 zu erteilen.

Die BF weist somit unter Berücksichtigung all ihrer Integrationsschritte im konkreten Einzelfall in Gesamtheit eine Integration in Österreich auf, die die öffentlichen Interessen an einer Aufenthaltsbeendigung gegenüber ihren privaten Interessen an einem weiteren Bleiberecht in den Hintergrund treten lassen.

Unter Abwägung aller angeführten Umstände und der zitierten höchstgerichtlichen Judikatur war im Hinblick auf die Kriterien nach § 9 Abs. 2 BFA-VG in einer Interessensabwägung im Ergebnis den privaten Interessen der BF der Vorzug gegenüber dem öffentlichen Interesse an einer Aufenthaltsbeendigung zu geben.

Das Bundesverwaltungsgericht kommt daher aufgrund der vorgenommenen Interessenabwägung im konkreten Einzelfall zum Ergebnis, dass eine Rückkehrentscheidung zum Entscheidungszeitpunkt für unzulässig zu erkennen ist.

Des Weiteren ist davon auszugehen, dass die drohende Verletzung des Privatlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend, sondern auf Dauer gegeben sind. Daher war gemäß § 9 Abs. 3 BFA-VG zu erkennen, dass die Vornahme einer Rückkehrentscheidung gegen die BF auf Dauer unzulässig ist.

Angesichts dieses Verfahrensergebnisses liegen die Voraussetzungen für die Anordnung einer Rückkehrentscheidung gemäß § 10 AsylG 2005, § 52 FPG nicht vor, wie die Zulässigkeit der Abschiebung des BF und/oder eine Frist für die freiwillige Ausreise gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG; der angefochtene Bescheid war daher auch in diesem Umfang zu beheben.

Die übrigen Spruchpunkte II. bis VII. des angefochtenen Bescheides haben als Folge dieser Entscheidung ersatzlos zu entfallen.

Zu Spruchpunkt B) wegen Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Es liegen auch keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Im gegenständlichen Fall konnte sich daher das Bundesverwaltungsgericht auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen.

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

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