BVwG W157 2262141-2

BVwGW157 2262141-216.8.2023

B-VG Art133 Abs4
ECG §7 Abs2
TKG 2003 §107 Abs2 Z1
TKG 2021 §174 Abs3
TKG 2021 §174 Abs4
TKG 2021 §188 Abs4 Z28
VStG 1950 §16
VStG 1950 §19 Abs1
VStG 1950 §19 Abs2
VStG 1950 §45
VStG 1950 §5 Abs1
VStG 1950 §5 Abs1a
VStG 1950 §5 Abs2
VStG 1950 §64 Abs1
VStG 1950 §64 Abs2
VStG 1950 §9 Abs1
VStG 1950 §9 Abs7
VwGVG §38
VwGVG §44 Abs1
VwGVG §50 Abs1
VwGVG §52 Abs1
VwGVG §52 Abs8

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2023:W157.2262141.2.00

 

Spruch:

 

W157 2262141-2/8E

 

IM NAMEN DER REPUBLIK!

 

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Dr. Margret KRONEGGER über die Beschwerde des XXXX , Geschäftsführer der XXXX , vertreten durch XXXX , gegen das Straferkenntnis des Fernmeldebüros vom 6.10.2022, XXXX (weitere Verfahrenspartei: XXXX , vertreten durch XXXX ), nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 1.8.2023, zu Recht:

 

A)

I. Die Beschwerde wird – soweit sich diese gegen den Schuldspruch richtet – gemäß § 174 Abs 3 TKG 2021 iVm § 188 Abs. 4 Z 28 TKG 2021, BGBl. I Nr. 190/2021, als unbegründet abgewiesen.

II. Hinsichtlich des Straf- und Verfahrenskostenausspruchs sowie des verhängten Gesamtbetrags wird der Beschwerde mit der Maßgabe Folge gegeben, dass

1. die verhängte Geldstrafe in der Höhe von insgesamt 500 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe insgesamt 18 Stunden) auf den Betrag in der Höhe von insgesamt 400 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 14 Stunden) herabgesetzt wird,

2. die Kosten des Verfahrens vor der belangten Behörde gemäß § 38 VwGVG iVm § 64 Abs. 2 VStG mit einem Betrag in der Höhe von insgesamt 40 Euro festgesetzt werden.

3. der Haftungsausspruch zu lauten hat: „Gemäß § 9 Abs 7 VStG haftet die XXXX für die verhängte Geldstrafe zur ungeteilten Hand.“

 

4. Weiters hat der Ausspruch über den Gesamtbetrag nunmehr zu lauten: „Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher 440 Euro.“

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

 

 

Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Bei der belangten Behörde langte am 2.9.2022 eine „Anzeige wegen Verstoß gegen Paragraph 174 TKG“ des XXXX ein. Es wurde ausgeführt, dass XXXX von der E-Mail-Adresse „ XXXX “ aus am 19.8.2022 eine E-Mail zu Werbezwecken erhalten habe, für die er keine Einwilligung erteilt habe.

2. Mit dem in weiterer Folge ergangenen und nun angefochtenen Straferkenntnis vom 6.10.2022, XXXX , sprach die belangte Behörde gegenüber dem Beschwerdeführer aus:

„Sie sind und waren zu dem sogleich unten angeführten Tatzeitpunkt Geschäftsführer der XXXX , somit deren außenvertretungsbefugtes Organ und die gem § 9 Abs 1 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG verwaltungsstrafrechtlich verantwortliche Person und haben daher dafür einzustehen, dass von Ihrem Unternehmen aus am

- 19.8.2022, 18:38 Uhr, die E-Mail mit dem Betreff XXXX

somit elektronische Post zu Zwecken der Direktwerbung für die Produkte / Leistungen Ihres Unternehmens und den in der E-Mail und Anlagen angeführten Leistungen unter Verwendung der E-Mail-Adresse XXXX an XXXX an die E-Mail-Adresse XXXX versendet wurde, ohne dass Ihnen bzw Ihrem Unternehmen vorher vom Empfänger der versendeten Nachricht eine Einwilligung dazu erteilt worden war und die E-Mail-Adresse des Empfängers in der gem § 7 Abs 2 E-Commerce-Gesetz zu führenden Liste eingetragen ist und somit sich der Empfänger für die Zusendung kommerzieller Kommunikation im Wege der elektronischen Post ausgeschlossen hat.“

Sie haben dadurch folgende zu dem/den Tatzeitpunkt(en) geltende(n) Rechtsvorschriften verletzt:

§ 174 Abs 3 Telekommunikationsgesetz 2021 – TKG 2021 BGBl I 190/2021 idF I 190/2021 iVm § 9 Abs 1 VStG;

Wegen dieser Verwaltungsübertretung(en) wird/werden über Sie folgende Strafe(n) verhängt:

Geldstrafe von 500,00 Euro

falls diese uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafe von 18 Stunden

gemäß

§ 188 Abs 4 Z 28 TKG 2021 BGBl I 190/2021 idF I 190/2021

Weitere Verfügungen (z.B. Verfallsausspruch, Anrechnung von Vorhaft, Haftungsausspruch etc.):

Die XXXX haftet gem § 9 Abs 7 VStG für die verhängte Strafe, sonstige in Geld bemessenen Unrechtsfolgen und die Verfahrenskosten zur ungeteilten Hand.

Ferner haben Sie gemäß § 64 Verwaltungsstrafgesetz (VStG) zu zahlen:

 50,00 Euro als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10 % der Strafe (mindestens vorzuschreiben ist ein Betrag in der Höhe von 10 Euro).

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher 550,00 Euro. […]“

3. Gegen dieses Straferkenntnis wendet sich die vorliegende Beschwerde des Beschwerdeführers vom 7.11.2022, welche am selben Tag per E-Mail bei der belangten Behörde einlangte. Mit der Beschwerde wird begehrt, „1. [der] Beschwerde vollinhaltlich stattzugeben, [f]erner/in eventu 2. [b]is zur Stattgabe der Beschwerde, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zukommen zu lassen und die Geldstrafe auszusetzen, [f]erner/in eventu 3. [d]as Verwaltungsstrafverfahren hinsichtlich der lit. 1 des Bescheides einzustellen, [f]erner/in eventu 4. [d]as Straferkenntnis abzuändern und auf das gelindeste Mittel der Verwarnung gegen [die] Beschwerde anzuerkennen, 5. [d]as Straferkenntnis der Höhe nach auf € 100,- abzuändern […], in eventu 6. [f]ür den Fall, dass die Behörde den Anträgen 1-5 nicht stattgibt, […] die Beigebung eines Verteidigers.“

4. Die belangte Behörde übermittelte dem Bundesverwaltungsgericht mit hg. am 10.11.2022 eingelangter Beschwerdevorlage den gegenständlichen Verwaltungsakt und beantragte die Abweisung der Beschwerde.

5. Mit Schreiben des Bundesverwaltungsgerichtes vom 24.5.2023 wurde der weiteren Verfahrenspartei die Beschwerde gemäß § 9 Abs. 7 VStG zur Kenntnis gebracht.

6. Mit Schriftsatz vom 6.6.2023 gab die weitere Verfahrenspartei dem Bundesverwaltungsgericht bekannt, sich der Beschwerde „anzuschließen“. Mit Schriftsatz vom 26.7.2023 erfolgte eine weitere Eingabe des Beschwerdeführers.

7. Am 1.8.2023 führte das Bundesverwaltungsgericht eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, an der der Beschwerdeführer und der weitere Geschäftsführer der weiteren Verfahrenspartei (vgl. zu diesem das parallel geführte Verfahren W157 2262141-1), die weitere Verfahrenspartei, vertreten durch ihre Geschäftsführer, sowie der Rechtsvertreter des Beschwerdeführers, des weiteren Geschäftsführers und der weiteren Verfahrenspartei teilnahmen. Ebenfalls nahm ein Vertreter der belangten Behörde an der Verhandlung teil. In der Verhandlung wurden der Beschwerdeführer und der weitere Geschäftsführer zum Sachverhalt befragt und der unter I.1. angeführte E-Mail-Empfänger sowie ein Mitarbeiter und eine Mitarbeiterin der weiteren Verfahrenspartei als Zeugen einvernommen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zum gegenständlichen E-Mail:

Die belangte Behörde legte dem angefochtenen Straferkenntnis die folgenden Feststellungen zugrunde (wörtlich – soweit vom Beschwerdeführer unbestritten – auszugsweise dem angefochtenen Straferkenntnis entnommen):

„[…] Die Zusendung der verfahrensgegenständlichen E-Mail vom 19.8.2022 erfolgte […] an die E-Mail-dresse XXXX ausgehend von der Ihrem Unternehmen zuzurechnenden E-Mail-Adresse XXXX . Zur E-Mail-Adresse XXXX ist in der Absenderinformation der E-Mail der Kontaktname XXXX angegeben. In der verfahrensgegenständlichen E-Mail vom 19.8.2022, 18:38 Uhr, mit dem Betreff XXXX und den Anlagen zur E-Mail sind die Firmendaten zu Ihrem Unternehmen angeführt.

Der Textinhalt der E-Mail vom 19.8.2022 lautet wie folgt:

 

‚Sehr geehrte Damen und Herren,

Liebe Kursteilnehmer,

In Zusammenarbeit mit den XXXX geben wir Ihnen XXXX bekannt.

XXXX

XXXX

XXXX

XXXX

XXXX

XXXX

XXXX

XXXX

XXXX

XXXX

Genaue Informationen und Termine entnehmen Sie den beiliegenden Newsletter.

Wir würden uns freuen, Sie bei einem der Kurse begrüßen zu dürfen.

 

XXXX

Dieser E-Mail angeschlossen waren die sechs Anlagen XXXX . […]“

1.2. Zum Beschwerdeführer:

Der Beschwerdeführer erhält eine Pension von rund 1500 Euro im Monat. Er hat keine Sorgepflichten. Hinsichtlich des Beschwerdeführers lagen zum gegenständlichen Tatzeitpunkt keine rechtskräftigen Strafvormerkungen vor.

1.3. Zur Einwilligung:

1.3.1. Die verfahrensgegenständliche E-Mail wurde von dem unter I.1. angeführten E-Mail-Empfänger ohne seine ausdrückliche Einwilligung empfangen.

1.3.2. Eine aufrechte Kundenbeziehung zwischen dem unter I.1. angeführten E-Mail-Empfänger und der weiteren Verfahrenspartei lag zum Versendungszeitpunkt der E-Mail am 19.8.2022 nicht vor. Eine Ablehnungsmöglichkeit der Nutzung der elektronischen Kontaktinformation ist in der E-Mail selbst nicht enthalten (jedoch in jeder der der E-Mail angefügten sechs Anlagen).

1.3.3. Ein verantwortlicher Beauftragter der weiteren Verfahrenspartei wurde nicht geltend gemacht. Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer zum Zeitpunkt des verfahrensgegenständlichen E-Mails ausreichende Maßnahmen zur Überprüfung des Vorliegens einer Einwilligung zum Erhalt von E-Mails zu Werbezwecken setzte, die Einhaltung dieser Maßnahmen durch allfällige für die Durchführung von Anrufen zu Werbezwecken zuständige Mitarbeiter kontrollierte und/oder konkrete Maßnahmen im Falle des Nicht-Funktionierens dieses Systems gegenüber diesen Mitarbeitern vorsah bzw. setzte.

2. Beweiswürdigung:

Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes wurde im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweis erhoben mittels Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht sowie durch Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde – insbesondere in das angefochtene Straferkenntnis – und in die Beschwerde.

Die unter II.1.1. getroffenen Feststellungen entsprechen den von Seiten des Beschwerdeführers in seiner Beschwerde unbestritten gelassenen Feststellungen im angefochtenen Straferkenntnis und können insoweit auch dieser Entscheidung zugrunde gelegt werden.

Die Feststellungen unter II.1.2. ergeben sich aus den diesbezüglichen Angaben des Beschwerdeführers in der mündlichen Beschwerdeverhandlung (vgl. S. 7 der Verhandlungsniederschrift), hinsichtlich der (nicht vorhandenen) Strafvormerkungen des Beschwerdeführers aus den Angaben des Behördenvertreters in der Beschwerdeverhandlung (vgl. S. 10 der Verhandlungsniederschrift).

Die Feststellungen unter II.1.3. ergeben sich aus dem Verwaltungsakt und der Beschwerdeverhandlung (vgl. insbesondere S. 6, 8, 9, 10-12, 15 und 18 der Verhandlungsniederschrift).

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchpunkt A)

3.1. Zu den gesetzlichen Grundlagen:

§ 174 TKG 2021, BGBl. I Nr. 190/2021, lautet auszugsweise wie folgt: „Unerbetene Nachrichten

§ 174. […]

(3) Die Zusendung einer elektronischen Post – einschließlich SMS – ist ohne vorherige Einwilligung des Empfängers unzulässig, wenn die Zusendung zu Zwecken der Direktwerbung erfolgt.

(4) Eine vorherige Einwilligung für die Zusendung elektronischer Post gemäß Abs. 3 ist dann nicht notwendig, wenn

1. der Absender die Kontaktinformation für die Nachricht im Zusammenhang mit dem Verkauf oder einer Dienstleistung an seine Kunden erhalten hat und

2. diese Nachricht zur Direktwerbung für eigene ähnliche Produkte oder Dienstleistungen erfolgt und

3. der Empfänger klar und deutlich die Möglichkeit erhalten hat, eine solche Nutzung der elektronischen Kontaktinformation bei deren Erhebung und zusätzlich bei jeder Übertragung kostenfrei und problemlos abzulehnen und

4. der Empfänger die Zusendung nicht von vornherein, insbesondere nicht durch Eintragung in die in § 7 Abs. 2 E-Commerce-Gesetz genannte Liste, abgelehnt hat.

(5) Die Zusendung elektronischer Post zu Zwecken der Direktwerbung ist jedenfalls unzulässig, wenn

1. die Identität des Absenders, in dessen Auftrag die Nachricht übermittelt wird, verschleiert oder verheimlicht wird, oder

2. die Bestimmungen des § 6 Abs. 1 E-Commerce-Gesetz verletzt werden, oder

3. der Empfänger aufgefordert wird, Websites zu besuchen, die gegen die genannte Bestimmung verstoßen oder

4. keine authentische Adresse vorhanden ist, an die der Empfänger eine Aufforderung zur Einstellung solcher Nachrichten richten kann.

(6) Wurden Verwaltungsübertretungen nach Absatz 1, 3 oder 5 nicht im Inland begangen, gelten sie als an jenem Ort begangen, an dem die unerbetene Nachricht den Anschluss des Nutzers erreicht.“

§ 188 TKG 2021, BGBl. I Nr. 190/2021, lautet auszugsweise wie folgt:

„Verwaltungsstrafbestimmungen

§ 188. […]

(4) Eine Verwaltungsübertretung begeht und ist mit einer Geldstrafe bis zu 50 000 Euro, im Falle ihrer Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Wochen, zu bestrafen, wer […]

28. entgegen § 174 Abs. 3 oder 5 elektronische Post zusendet.

[…]“

§ 5 VStG, BGBl. Nr. 52/1991 idF BGBl. I Nr. 57/2018, lautet:

„Schuld

§ 5. (1) Wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt, genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, daß ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

(1a) Abs. 1 zweiter Satz gilt nicht, wenn die Verwaltungsübertretung mit einer Geldstrafe von über 50 000 Euro bedroht ist.

(2) Unkenntnis der Verwaltungsvorschrift, der der Täter zuwidergehandelt hat, entschuldigt nur dann, wenn sie erwiesenermaßen unverschuldet ist und der Täter das Unerlaubte seines Verhaltens ohne Kenntnis der Verwaltungsvorschrift nicht einsehen konnte.“

§ 9 VStG, BGBl. Nr. 52/1991 idF BGBl. I Nr. 3/2008, lautet:

„Besondere Fälle der Verantwortlichkeit

§ 9. (1) Für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen oder eingetragene Personengesellschaften ist, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen und soweit nicht verantwortliche Beauftragte (Abs. 2) bestellt sind, strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist.

[…]

(7) Juristische Personen und eingetragene Personengesellschaften sowie die in Abs. 3 genannten natürlichen Personen haften für die über die zur Vertretung nach außen Berufenen oder über einen verantwortlichen Beauftragten verhängten Geldstrafen, sonstige in Geld bemessene Unrechtsfolgen und die Verfahrenskosten zur ungeteilten Hand.“

§ 19 VStG, BGBl. Nr. 52/1991 idF BGBl. I Nr. 33/2013, lautet:

„Strafbemessung

§ 19. (1) Grundlage für die Bemessung der Strafe sind die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.

(2) Im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.“

§ 38 VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013 lautet:

„Anzuwendendes Recht

§ 38. Soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, sind auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG in Verwaltungsstrafsachen die Bestimmungen des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 – VStG, BGBl. Nr. 52/1991, mit Ausnahme des 5. Abschnittes des II. Teiles, und des Finanzstrafgesetzes – FinStrG, BGBl. Nr. 129/1958, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.“

§ 52 VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013 idF BGBl. I Nr. 57/2018, lautet:

„Kosten

§ 52. (1) In jedem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes, mit dem ein Straferkenntnis bestätigt wird, ist auszusprechen, dass der Bestrafte einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens zu leisten hat.

xxx

[…]

(8) Die Kosten des Beschwerdeverfahrens sind dem Beschwerdeführer nicht aufzuerlegen, wenn der Beschwerde auch nur teilweise Folge gegeben worden ist.“

3.2. Zum angefochtenen Straferkenntnis:

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis stellte die belangte Behörde gegenüber dem Beschwerdeführer die Begehung einer Verwaltungsübertretung gemäß § 174 Abs 3 iVm § 188 Abs 4 Z 28 TKG 2021 fest, verhängte über ihn eine Geldstrafe in der Höhe von 500 Euro für die Versendung einer E-Mail zu Zwecken der Direktwerbung und verfügte einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens in der Höhe von 50 Euro (insgesamt entstand damit ein zu zahlender Gesamtbetrag in der Höhe von 550 Euro).

3.3. Zur vorliegenden Beschwerde:

Die gegen dieses Straferkenntnis erhobene Beschwerde des Beschwerdeführers ist rechtzeitig und zulässig.

Die Beschwerde bringt zusammengefasst vor, dass der unter I.1. angeführte E-Mail-Empfänger eine Visitenkarte, auf der handschriftlich seine E-Mail-Adresse festgehalten gewesen sei, dem Beschwerdeführer oder dem anderen Geschäftsführer der weiteren Verfahrenspartei übergeben habe, womit er dem Empfang der verfahrensgegenständlichen E-Mail konkludent zugestimmt habe. „ XXXX “ (gemeint: die E-Mail-Adresse des unter I.1. angeführten E-Mail-Empfängers) sei nicht in die Liste gemäß § 7 Abs 2 E-Commerce-Gesetz eingetragen. Überdies handle es sich bei verfahrensgegenständlicher E-Mail nicht um Werbung, sondern um einen Newsletter, mit dem interessierte Personen über Neuerungen und Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten in XXXX informiert würden. Der unter I.1. angeführte E-Mail-Empfänger hätte den Newsletter selbstverständlich abbestellen können. Da es sich beim Beschwerdeführer um einen Ersttäter handle, sei die Ermahnung das gelindeste Mittel.

3.4. Zum objektiven Tatbestand:

Gemäß § 174 Abs 3 TKG 2021 ist die Zusendung elektronischer Post ohne vorherige Einwilligung des Empfängers unzulässig, wenn die Zusendung zu Zwecken der Direktwerbung erfolgt.

Im Beschwerdefall steht fest, dass am 19.8.2022 um 18:38 Uhr die verfahrensgegenständliche E-Mail versendet wurde (vgl. die Feststellungen unter II.1.1.).

Der Beschwerdeführer bestreitet die objektive Tatbestandsmäßigkeit sowohl dahingehend, dass sich dabei um ein E-Mail zu Werbezwecken gehandelt habe, als auch dahingehend, dass die Einwilligung des unter I.1. angeführten E-Mail-Empfängers für die verfahrensgegenständliche E-Mail gefehlt habe.

3.4.1. Zum Werbebegriff:

Die Höchstgerichte haben den Werbebegriff im Zusammenhang mit der wortgleichen Vorgängerbestimmung von § 174 Abs 3 TKG 2021 (§ 107 Abs 2 Z 1 TKG 2003) weit ausgelegt und kann diese Judikatur zur elektronischen Direktwerbung bedenkenlos auf die nun geltende Bestimmung übertragen werden.

Werbung erfasst demgemäß jede elektronische Post, die für ein bestimmtes Produkt, aber auch für eine bestimmte Idee (einschließlich politischer Anliegen) wirbt oder dafür Argumente liefert. Darunter fällt im weiteren Sinn auch jede Maßnahme, die dazu dient, auf ein eigenes Bedürfnis und die Möglichkeit seiner Befriedigung hinzuweisen, wobei auch schon die Anregung zur Inanspruchnahme bestimmter Leistungen diesem Begriff unterstellt werden kann. Dabei hindert eine Gestaltung als Newsletter oder Informationsmail die Qualifikation als Werbung nicht (vgl. dazu OGH 30.9.2009, 7 Ob 168/09w, VwGH 19.12.2013, 2011/03/0198; vgl. weiters Riesz/Schilchegger (Hrsg.) TKG (2016) § 107 Rz 29f).

Im verfahrensgegenständlichen E-Mail wurde auf das Kursangebot von der weiteren Verfahrenspartei für Herbst 2022 bis Frühjahr 2023 hingewiesen und bezüglich genauer Informationen und Termine auf die sechs Attachments verwiesen, aus welchen sich Ort ( XXXX mit Telefonnummer, E-Mail-Adresse und Internetadresse), Zeit und Inhalte der einzelnen Kurse sowie die Anmeldungsmodalitäten („Anmeldungen richten Sie bitte direkt an XXXX “) entnehmen ließen.

Somit wurde in der E-Mail samt Attachments das Kursangebot der weiteren Verfahrenspartei umfassend vorgestellt. Da überdies die Anmeldemodalitäten für die Kurse bekannt gegeben wurden, ist ein hinter der verfahrensgegenständlichen E-Mail stehendes wirtschaftliches Interesse offensichtlich. Das Bundesverwaltungsgericht sieht daher keinen Anlass, die rechtliche Beurteilung der belangten Behörde hinsichtlich der Beurteilung der verfahrensgegenständlichen E-Mail als Werbung in Zweifel zu ziehen.

3.4.2. Zur Einwilligung des Empfängers:

Bei der Auslegung des Einwilligungsbegriffs ist für § 174 Abs 3 TKG 2021 – wie schon für § 107 Abs 2 Z 1 TKG 2003 – die datenschutzrechtliche Definition heranzuziehen (vgl. Riesz/Schilchegger aaO § 107 Rz 38 ff). Gemäß Art 4 Z 11 DSGVO bezeichnet der Ausdruck „Einwilligung“ der betroffenen Person jede freiwillig für den bestimmten Fall, in informierter Weise und unmissverständlich abgegebene Willensbekundung in Form einer Erklärung oder einer sonstigen eindeutigen bestätigenden Handlung, mit der die betroffene Person zu verstehen gibt, dass sie mit der Verarbeitung der sie betreffenden personenbezogenen Daten einverstanden ist.

Es muss daher entweder eine ausdrückliche oder eine konkludente Einwilligung zum Erhalt von elektronischer Post zu Werbezwecken vorliegen.

Wie (unter II.1.3.1.) festgestellt, gab es zu keinem Zeitpunkt eine ausdrückliche Einwilligung des unter I.1. angeführten E-Mail-Empfängers zum Erhalt der verfahrensgegenständlichen E-Mail, was im Übrigen vom Beschwerdeführer auch nicht vorgebracht wird.

Zur – vorgebrachten – konkludenten Einwilligung hat der Verwaltungsgerichtshof festgehalten, dass eine solche nur angenommen werden darf, wenn eine Handlung eindeutig zu verstehen ist und es keinen vernünftigen Grund daran zu zweifeln gibt, dass ein bestimmtes Verhalten nur als Einwilligung gedeutet werden kann (vgl. z.B. VwGH 24.03.2010, 2007/03/0177; OGH 01.02.2007, 2 Ob 161/06z). Dabei ist ein strenger Maßstab anzulegen (so stRsp des OGH seit 20.03.1986, 6 Ob 554/86, zuletzt 19.06.2013, 7 Ob 93/13x); daher kann auch die bloße Kontaktaufnahme auf einer Messe oder ähnlichen Veranstaltung keine solche Einwilligung bewirken (BVwG 11.03.2015, W120 2012498-1). Bloßes Schweigen alleine kann nicht als konkludente Zustimmung gewertet werden (Riesz/Schilchegger aaO § 107 Rz 47).

Der Beschwerdeführer leitet im vorliegenden Fall das Vorliegen einer konkludenten Einwilligung zum Erhalt der verfahrensgegenständlichen E-Mail daraus ab, dass der unter I.1. angeführte E-Mail-Empfänger eine Visitenkarte an den Beschwerdeführer oder den anderen Geschäftsführer der weiteren Verfahrenspartei übergeben habe, auf der handschriftlich die E-Mail-Adresse des unter I.1. angeführten E-Mail-Empfängers festgehalten gewesen sei. In der Beschwerdeverhandlung ist hervorgekommen, dass die Mitarbeiter der weiteren Verfahrenspartei davon ausgegangen seien, dass jene Personen, deren E-Mail-Adressen im Laufe der vergangenen Jahre in die Sphäre der weiteren Verfahrenspartei gelangt seien – meist in Form von Visitenkarten, die auf Messen des Baugewerbes übergeben oder in eine dafür vorgesehene Box geworfen worden seien –, mit der Zusendung der Newsletter der weiteren Verfahrenspartei einverstanden seien (weshalb in Folge die Kontaktdaten von der Sekretärin der weiteren Verfahrenspartei von den Visitenkarten in eine Excel-Tabelle übertragen worden seien, aus der dann die E-Mail-Adressaten für die verfahrensgegenständliche E-Mail entnommen worden sei).

Vor dem zitierten Hintergrund der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes und des Bundesverwaltungsgerichts stellt eine Kontaktaufnahme auf einer Messe jedoch keine Einwilligung zum Erhalt einer E-Mail mit Werbecharakter dar. Auch für den Fall, dass die Visitenkarte des unter I.1. angeführten E-Mail-Empfängers anderswo als auf einer Messe in die Sphäre der weiteren Verfahrenspartei gelangt ist, stellt die Übergabe einer Visitenkarte, selbst wenn darauf handschriftlich eine E-Mail-Adresse vermerkt ist, für das Bundesverwaltungsgericht keine ohne Weiteres anzunehmende Einwilligung zum Empfang von E-Mails zu Werbezwecken dar.

Im Ergebnis kann daher vor dem Hintergrund des strengen Maßstabs für eine konkludente Einwilligung zum Erhalt von elektronischer Post zu Werbezwecken im gegenständlichen Fall nicht vom Vorliegen einer konkludenten Einwilligung ausgegangen werden.

Es liegt daher weder eine ausdrückliche noch eine konkludente Einwilligung des unter I.1. angeführten E-Mail-Empfängers zum Empfang von elektronischer Post der weiteren Verfahrenspartei zu Werbezwecken vor.

3.4.3. § 174 Abs 4 TKG 2021 erlaubt (wortgleich mit der Vorgängerbestimmung in § 107 Abs 3 TKG 2003, vgl. dazu Riesz/Schilchegger aaO § 107 Rz 106 ff) unter Einhaltung spezifischer, kumulativ zu erfüllender Bedingungen die zustimmungslose Versendung von elektronischer Post zu Direktwerbezwecken.

Konkret ist eine vorherige Einwilligung für die Zusendung elektronischer Post gemäß § 174 Abs. 4 TKG 2021 dann nicht notwendig, wenn 1. der Absender die Kontaktinformation für die Nachricht im Zusammenhang mit dem Verkauf oder einer Dienstleistung an seine Kunden erhalten hat und 2. diese Nachricht zur Direktwerbung für eigene ähnliche Produkte oder Dienstleistungen erfolgt und 3. der Empfänger klar und deutlich die Möglichkeit erhalten hat, eine solche Nutzung der elektronischen Kontaktinformation bei deren Erhebung und zusätzlich bei jeder Übertragung kostenfrei und problemlos abzulehnen und 4. der Empfänger die Zusendung nicht von vornherein, insbesondere nicht durch Eintragung in die in § 7 Abs. 2 E-Commerce-Gesetz genannte Liste, abgelehnt hat.

Zum Kriterium in Z 1 leg.cit. ist Folgendes auszuführen: Für eine zustimmungslose Versendung elektronischer Post zu Werbezwecken ist zunächst erforderlich, dass der Absender die elektronischen Kontaktinformationen (Handynummer, E-Mail-Adresse u.a.) im Zusammenhang mit dem Verkauf eines Produkts oder einer Dienstleistung an seine Kunden erhalten hat. Die Diktion „an seine Kunden“ in Abs 4 Z 1 verdeutlicht die Voraussetzung einer bestehenden Kundenbeziehung, weshalb bei Erstkontakt stets eine vorherige Einwilligung einzuholen ist (vgl. die Ausführungen zur wortgleichen Vorgängerbestimmung in § 107 Abs 3 Z 1 TKG 2003 in Riesz/Schilchegger aaO § 107 Rz 107).

Zum Kriterium in Z 3 leg. cit. ist Folgendes auszuführen: Die Kriterien „problemlos“ (im Sinne von unkompliziert) und „kostenfrei“ sind dann nicht erfüllt, wenn sich für den durchschnittlichen Empfänger die Ablehnungsmöglichkeit aus der Gestaltung dieser nicht hinlänglich erschließt. Die Erhebung der Kontaktinformation kann nicht schon in Form eines Werbe-E-Mails erfolgen, da dies bereits eine unzulässige (da zustimmungslose) Direktwerbung darstellt. So hat daher bereits die erste E-Mail des Werbenden, die bloß der Erhebung der Kontaktinformation für spätere Werbung dient bzw. mit der um Einwilligung dafür ersucht wird, werblichen Charakter. Infolgedessen wird die werbende Person bzw. das werbende Unternehmen bereits bei diesem ersten Schritt Acht zu geben haben, nicht eine unzulässige elektronische Post an den Werbeempfänger zu senden (vgl. die Ausführungen zur wortgleichen Vorgängerbestimmung in § 107 Abs 3 Z 3 TKG 2003 in Riesz/Schilchegger aaO § 107 Rz 110 f).

Im vorliegenden Fall führt die Beschwerde nicht ins Treffen, die Kontaktinformation für die Nachricht im Zusammenhang mit dem Verkauf oder einer Dienstleistung an den unter I.1. angeführten E-Mail-Empfänger erhalten zu haben (sondern wurde im Gegenteil eine bestehende Kundenbeziehung ausdrücklich verneint, vgl. die Feststellungen unter II.1.3.2.). Überdies gab es im verfahrensgegenständlichen E-Mail keine Ablehnungsmöglichkeit, sondern hätte eine Ablehnung erst nach Öffnen der sechs als Attachments dem E-Mail beiliegenden Newsletter – für jeden Newsletter extra – erfolgen können (vgl. zu beidem die Feststellungen unter II.1.3.2.). Die Tatbestandsvoraussetzung des § 174 Abs. 4 TKG 2021 ist daher weder hinsichtlich der Z 1 noch der Z 3 erfüllt und kann eine Prüfung der weiteren (kumulativen) Tatbestandsvoraussetzungen des § 174 Abs 4 TKG 2021 damit unterbleiben.

3.4.4. Der Tatbestand des § 174 Abs 3 TKG 2021 ist damit hinsichtlich der E-Mail-Nachricht vom 19.8.2022 in objektiver Hinsicht erfüllt.

3.5. Subjektiver Tatbestand:

3.5.1. Zur strafrechtlichen Verantwortlichkeit:

Gemäß § 9 Abs. 1 VStG ist für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen oder eingetragene Personengesellschaften, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen und soweit nicht verantwortliche Beauftragte bestellt sind, strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist.

Zum Tatzeitpunkt im August 2022 war der Beschwerdeführer Geschäftsführer der weiteren Verfahrenspartei und (neben einem weiteren Geschäftsführer) zu deren Vertretung nach außen berufen. Ein verantwortlicher Beauftragter der weiteren Verfahrenspartei wurde nicht geltend gemacht (vgl. II.1.3.3.).

3.5.2. Zur Prüfung des Verschuldens:

Gemäß § 188 Abs. 4 Z 28 TKG 2021 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 50.000 Euro zu bestrafen, wer entgegen § 174 Abs. 3 oder 5 TKG 2021 elektronische Post zusendet.

Gemäß § 5 Abs. 1 VStG genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

Bei der im Beschwerdefall vorgeworfenen Verwaltungsübertretung des § 174 Abs 3 TKG 2021 handelt es sich um ein Ungehorsamsdelikt, da zum Tatbestand dieser Verwaltungsübertretung nicht der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr gehört. In einem solchen Fall besteht gemäß § 5 Abs. 1 zweiter Satz VStG von Vornherein die Vermutung eines Verschuldens (in Form fahrlässigen Verhaltens) des Täters, welches aber von ihm widerlegt werden kann (vgl. u.a. VwGH 13.12.1990, 90/09/0141; 12.03.1990, 90/09/0066). Bei einem Ungehorsamsdelikt im Sinne des § 5 Abs. 1 VStG liegt es daher am Beschuldigten, glaubhaft zu machen, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft (vgl. VwGH 24.05.2012, 2010/03/0056 zur Vorgängerbestimmung in § 107 Abs. 2 Z 1 TKG 2003). Zu einer solchen Glaubhaftmachung ist es erforderlich, dass der Beschuldigte initiativ von sich aus in substantiierter Form alles darlegt, was für seine Entlastung spricht (vgl. VwGH 19.01.1994, 93/03/0220; 14.10.1976, 1497/75; 20.05.1968, 0187/67). Dazu gehört u.a. die Darlegung, dass er Maßnahmen getroffen habe, die unter den vorhersehbaren Verhältnissen die Einhaltung der gesetzlichen Vorschrift mit gutem Grund erwarten haben lassen. Bloß allgemein gehaltene Behauptungen sind nicht geeignet, um diese Entlastungsbescheinigung für mangelndes Verschulden zu erbringen (vgl. VwGH 25.07.2013, 2012/07/0079). Belehrungen, Arbeitsanweisungen oder stichprobenartige Kontrollen reichen nicht aus, um die Einrichtung eines wirksamen Kontrollsystems glaubhaft zu machen (vgl. VwGH 08.11.2016, Ra 2016/11/0144). Ein geeignetes Kontrollsystem hat nicht nur Vorkehrungen für die Kontrolle durch den Arbeitgeber, sondern auch ein geeignetes Sanktionssystem bei Zuwiderhandeln des Arbeitnehmers zu enthalten (vgl. VwGH 19.09.2016, Ra 2016/11/0112). Zudem muss dargelegt werden, warum trotz der begangenen Übertretungen ein wirksames Kontrollsystem bestehen soll (vgl. VwGH 28.07.1995, 95/02/0275).

Im vorliegenden Fall wurde vom Beschwerdeführer das Vorliegen eines wirksamen Kontrollsystems nicht ins Treffen geführt. Ganz im Gegenteil wurde die Frage nach dem Vorliegen eines wirksamen Kontrollsystems von ihm (und dem als Zeugen einvernommenen Mitarbeiter und der als Zeugin einvernommenen Mitarbeiterin der weiteren Verfahrenspartei, vgl. die Feststellungen unter II.1.3.3. und die Beweiswürdigung unter II.2.) in der Beschwerdeverhandlung ausdrücklich verneint.

Da der Beschwerdeführer somit subjektiv vorwerfbar handelte und keine Hinweise auf eine fehlende Zumutbarkeit des objektiv sorgfaltsgemäßen Verhaltens hervorkamen, ist von einer fahrlässigen Verwirklichung und damit von der Erfüllung des subjektiven Tatbestandes auszugehen.

3.5.3. Der Tatbestand des § 174 Abs 3 TKG 2021 ist sohin auch in subjektiver Hinsicht (fahrlässiges Verhalten des Beschwerdeführers) erfüllt.

3.6. Zur beantragten Einstellung des Strafverfahrens:

Der Beschwerdeführer begehrt die Einstellung des Strafverfahrens und eine „Verwarnung“.

§ 45 VStG lautet:

„§ 45. (1) Die Behörde hat von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn

1. die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann oder keine Verwaltungsübertretung bildet;

2. der Beschuldigte die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht begangen hat oder Umstände vorliegen, die die Strafbarkeit aufheben oder ausschließen;

3. Umstände vorliegen, die die Verfolgung ausschließen;

4. die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat und das Verschulden des Beschuldigten gering sind;

5. die Strafverfolgung nicht möglich ist;

6. die Strafverfolgung einen Aufwand verursachen würde, der gemessen an der Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und der Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat unverhältnismäßig wäre.

(2) Wird die Einstellung verfügt, so genügt ein Aktenvermerk mit Begründung, es sei denn, daß einer Partei gegen die Einstellung Beschwerde beim Verwaltungsgericht zusteht oder die Erlassung eines Bescheides aus anderen Gründen notwendig ist. Die Einstellung ist, soweit sie nicht bescheidmäßig erfolgt, dem Beschuldigten mitzuteilen, wenn er nach dem Inhalt der Akten von dem gegen ihn gerichteten Verdacht wußte.“

Aufgrund der Erfüllung von objektivem und subjektivem Tatbestand des § 174 Abs 3 TKG 2021 durch den Beschwerdeführer kommen die Einstellungsgründe des § 45 Abs. 1 Z 1 und 2 VStG bereits nicht in Betracht. Im vorliegenden Fall kamen auch keine Hinweise und Anhaltspunkte hervor, dass die Einstellungsgründe des § 45 Abs. 1 Z 3, 5 und 6 VStG vorliegen würden; auch vom Beschwerdeführer wurde kein entsprechendes Vorbringen erstattet.

Bezüglich einer Einstellung gemäß § 45 Abs. 1 Z 4 VStG ist Folgendes festzuhalten:

Aus der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ergibt sich, dass die Anwendung des § 45 Abs. 1 Z 4 VStG voraussetzt, dass die dort genannten Umstände kumulativ vorliegen. Um daher eine Einstellung des Verfahrens nach dieser Vorschrift oder eine Ermahnung im Sinne des § 45 Abs. 1 letzter Satz VStG vornehmen zu können, müssen erstens die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes, zweitens die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat und drittens das Verschulden des Beschuldigten gering sein (vgl. VwGH 25.04.2019, Ra 2018/09/0209).

Das Verschulden ist geringfügig, wenn das tatbildmäßige Verhalten des Täters hinter dem in der betreffenden Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt erheblich zurückbleibt (vgl. VwGH 07.04.2017, Ra 2016/02/0245). Bei Fehlen eines funktionierenden Kontrollsystems zur Verhinderung von Übertretungen kann nicht von einem geringfügigen Verschulden gesprochen werden (vgl. VwGH 20.03.2018, Ra 2017/03/0092).

Schon insoweit – dh. aufgrund des bereits erörterten Fehlens eines wirksamen Kontrollsystems – kann im vorliegenden Fall kein geringes Verschulden des Beschwerdeführers angenommen werden. Die Einstellung nach § 45 Abs. 1 Z 4 VStG scheitert im gegenständlichen Fall auch daran, dass die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes in Ansehung des Strafrahmens (bis zu 50.000 Euro) und der Art des geschützten Rechtsgutes (Privatsphäre) nicht als gering zu betrachten ist. Auch die Intensität der Beeinträchtigung des geschützten Rechtsgutes der Privatsphäre war nicht bloß gering: Der unter I.1. angeführte E-Mail-Empfänger fühlte sich durch den Erhalt des E-Mails offensichtlich belästigt und entschloss sich, diesen Sachverhalt der belangten Behörde zur Kenntnis zu bringen.

Mangels Geringfügigkeit der Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und der Intensität seiner Beeinträchtigung sowie mangels Geringfügigkeit des Verschuldens des Beschwerdeführers, war auch – wie vom Beschwerdeführer in seiner Beschwerde erkennbar beantragt – ein Vorgehen gemäß § 33a VStG nicht möglich.

3.7. Strafbemessung:

3.7.1. Gemäß § 188 Abs. 4 Z 28 TKG 2021 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 50.000 Euro zu bestrafen, wer entgegen § 174 Abs. 3 oder 5 TKG 2021 elektronische Post zusendet.

Die belangte Behörde hat im angefochtenen Straferkenntnis (konkret ging es um die Versendung eines E-Mails zu Werbezwecken) eine Geldstrafe in der Höhe von 500 Euro verhängt.

Bei der Strafbemessung handelt es sich um eine Ermessensentscheidung, die nach den vom Gesetzgeber in § 19 VStG festgelegten Kriterien vorzunehmen ist (VwGH 20.05.2019, Ra 2018/08/0031). § 19 VStG unterscheidet zwischen objektiven (Abs. 1 leg.cit .) und subjektiven (Abs. 2 leg.cit .) Kriterien. Folgende objektive Strafbemessungskriterien bilden die Grundlage jeder Strafbemessung: die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat. Wird – wie gegenständlich – ein ordentliches Verfahren geführt, sind zusätzlich die subjektiven Kriterien des Schuldgehalts der Tat bei der Strafbemessung miteinzubeziehen. Demzufolge sind folgende drei subjektive, dh. in der Person des Täters gelegene Umstände bei der Strafbemessung zu berücksichtigen: Erschwerungs- und Milderungsgründe, das Ausmaß des Verschuldens und Einkommens-, Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten (vgl. Weilguni in Lewisch/Fister/Weilguni, VStG² § 19 [2017] Rz 3, 4 und 8).

3.7.2. Zu den objektiven Kriterien:

Im vorliegenden Fall wurde bereits erörtert (II.3.6.), dass die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat nicht bloß als gering einzustufen sind.

3.7.3. Zu den subjektiven Kriterien:

Zum Ausmaß des Verschuldens:

Im Beschwerdefall wurde ein E-Mail zu Werbezwecken an einen Empfänger ohne dessen vorherige Einwilligung versendet. Auch wenn nicht übersehen wird, dass – wie bereits angesprochen – gegenständlich das Vorliegen eines wirksamen Maßnahmen- und Kontrollsystems nicht dargetan wurde, weshalb schon insoweit nicht von einem bloß geringen Verschulden ausgegangen werden kann, ist das im Rahmen der Strafbemessung zu beachtende Ausmaß des Verschuldens in einer Gesamtbetrachtung im konkreten Fall nicht als gravierend zu bewerten.

Zu den Erschwerungs- und Milderungsgründen:

Die belangte Behörde wertete im angefochtenen Straferkenntnis die „Unbescholtenheit“ des Beschwerdeführers als Milderungsgrund. Das Vorliegen weiterer Milderungsgründe wurde vom Beschwerdeführer weder ins Treffen geführt, noch kamen entsprechende Anhaltspunkte für das Bundesverwaltungsgericht hervor.

Die belangte Behörde wertete im gegenständlichen Fall keinen Umstand als erschwerend. Erschwerungsgründe, wie zB eine rechtskräftig vorliegende gleichartige Bestrafung des Beschwerdeführers zum Tatzeitpunkt, sind auch für das Bundesverwaltungsgericht im Verfahren nicht hervorgekommen.

Zu den Einkommens- und Vermögensverhältnissen und allgemeinen Sorgepflichten:

In der Beschwerdeverhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht ist hervorgekommen, dass der Beschwerdeführer eine Pension iHv rund 1500 Euro pro Monat bezieht. Wie festgestellt, hat der Beschwerdeführer keine Sorgepflichten.

3.7.4. Zur Neubemessung der Strafe:

Die belangte Behörde hat bei der Strafbemessung die Pension des Beschwerdeführers (iHv rund 1500 Euro pro Monat) nicht berücksichtigt. Unter Berücksichtigung des Strafrahmens von 50.000 Euro und in Hinblick auf das nicht als gravierend zu wertende Verschulden des Beschwerdeführers sowie die fehlenden Erschwerungsgründe und das Vorliegen eines Milderungsgrundes erachtet das Bundesverwaltungsgericht eine Strafe in der Höhe von insgesamt 400 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 14 Stunden) als tat-, täter- und schuldangemessen.

Die verhängte Geldstrafe ist daher von insgesamt 500 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 18 Stunden) auf einen Betrag in der Höhe von 400 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 14 Stunden) herabzusetzen.

3.8. Ergebnis:

Der Beschwerde ist daher teilweise – hinsichtlich der Aussprüche über die Strafhöhe, den Kostenbeitrag und den Gesamtbetrag – Folge zu geben und der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses ist in diesem Sinne abzuändern [vgl. Spruchpunkt A) II.].

Dies bedeutet im Einzelnen: Zunächst ist die Strafhöhe herabzusetzen [vgl. Spruchpunkt A) II. 1.]. Aufgrund der Herabsetzung der Strafhöhe ist gemäß § 38 VwGVG iVm § 64 Abs. 2 VStG der Kostenbeitrag für das Verwaltungsstrafverfahren vor der belangten Behörde neu festzusetzen [vgl. Spruchpunkt A) II. 2.]. Auch ist die Haftungsverpflichtung der weiteren Verfahrenspartei, die sich nunmehr auf die herabgesetzte Geldstrafe bezieht, zu wiederholen [vgl. Spruchpunkt A) II. 3.] und der zu zahlende Gesamtbetrag neu festzulegen [vgl. Spruchpunkt A) II. 4.]. Darüber hinaus ist die Beschwerde als unbegründet abzuweisen [vgl. Spruchpunkt A) I.].

3.9. Zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens:

Da der Beschwerde teilweise Folge gegeben wird, sind dem Beschwerdeführer die Kosten des Beschwerdeverfahrens nicht aufzuerlegen (vgl. § 52 Abs. 8 VwGVG).

Zu Spruchpunkt B):

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist eine einzelfallbezogene Beurteilung grundsätzlich nicht revisibel, wenn diese Beurteilung auf einer verfahrensrechtlich einwandfreien Grundlage in vertretbarer Weise vorgenommen wurde (siehe zB VwGH 23.09.2020, Ra 2020/02/0209).

Die Revision ist vorliegend nicht zulässig.

Es liegt weder einer der vorgenannten Fälle, noch liegen sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor, zumal die gegenständliche Entscheidung eine auf den konkreten Einzelfall bezogene Beurteilung auf der Grundlage der zitierten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes beinhaltet.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte