ASVG §44
ASVG §49
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §28 Abs3 Satz2
European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2020:W156.2219442.1.00
Spruch:
W156 2219942-1/55E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Alexandra Krebitz als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , vertreten durch Dr. Michael KOTSCHNIGG, Steuerberater in 1220 Wien, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Gebietskrankenkasse, nunmehr Österreichische Gesundheitskasse, vom 27.03.2019, Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 21.01.2020 und am 01.10.2020
A) zu Recht erkannt:
I. Die Beschwerde wird hinsichtlich der Nachverrechnung von Sozialversicherungsbeiträgen in Höhe von € 567.669,66, resultierend aus der Einbeziehung von Diäten und Nächtigungskosten in die Beitragspflicht, zuzüglich der daraus sich ergebenden Verzugszinsen in Höhe von € 66.774,10 berechnet bis zum 27.03.2019 sowie hinsichtlich der Abfuhrdifferenz in Höhe von € 1,68 zuzüglich der sich daraus ergebenden Verzugszinsen in Höhe von € 0,12 berechnet bis zum 27.03.2019 als unbegründet abgewiesen.
beschlossen:
II. Der Beschwerde wird im Umfang von € 272.409,87 resultierend aus der Nachverrechnung von Sozialversicherungsbeträgen von Gehaltsbestandteilen, für die keine Sozialversicherungsbeiträge entrichtet wurden, samt der daraus sich ergebenden Verzugszinsen in Höhe von € 31.613,31 stattgegeben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die belangte Behörde zurückverwiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
Am 15.06.2016 wurde eine gemeinsame Prüfung aller lohnabhängigen Abgaben (GPLA) für den Prüfzeitrum vom 01.01.2013 bis 31.12.2015 am Firmensitz des Beschwerdeführers begonnen.
Eingeleitet wurde diese Prüfung aufgrund einer anonymen Anzeige an die Ombudsstelle der Niederösterreichischen Gebietskrankenkasse, nunmehr Österreichische Gesundheitskasse (in Folge als belangte Behörde bezeichnet) vom 30.07.2015, wonach beim Beschwerdeführer „Schwarzgeld“ zur Auszahlung gelangt sei.
Mit Schreiben vom 22.02.2016 einer Rechtsanwaltskanzlei, die einen ehemaligen Mitarbeiter vertrat, wurde die belangte Behörde ersucht, das Unternehmen zu überprüfen, da Nachtzulagen und Schlafenszeiten im Lkw nicht ausbezahlt worden seien und daher für diese Ansprüche keine Sozialversicherungsbeiträge abgeführt worden und daher bei der Pensionsversicherung nicht berücksichtigt worden seien.
Am 15.10.2015 wurde an die Zentrale Staatsanwaltschaft zur Verfolgung von Wirtschaftsstrafsachen und Korruption eine anonyme Anzeige erstattet, wonach der Beschwerdeführer an Mitarbeiter „Schwarzgeld“ seit Jahren in der Höhe zwischen € 300 und € 500 auszahlen würde.
Am 08.07.2016 stellte die Wirtschaft-und Korruptionsstaatsanwaltschaft ein Ermittlungsersuchen an die Finanzpolizei XXXX , für das Finanzamt XXXX .
Mit Schreiben vom 05.09.2016 teilte die zuständige Finanzpolizei folgendes mit:
Bei Gegenüberstellung mit der Lohnverrechnung seien Abweichungen im Bereich von Diäten und Überstunden bei Vergleich der GPS-Daten und der Lohnzettel festgestellt worden.
Im Zuge wurden neben dem Beschwerdeführer zwölf ehemalige Dienstnehmer des Beschwerdeführers durch die Finanzpolizei als Zeugen zum Thema Lohnsystem und Barauszahlungen einvernommen.
Mit Bescheid vom 27.03.2019 wurde der Beschwerdeführer als Dienstgeber zur Zahlung eines sich aus der durchgeführten GPLA-Prüfung ergebenden Nachverrechnungsbeitrages an Sozialversicherungsbeiträgen und Umlagen in Höhe von € 840.081,21 zuzüglich der darauf entfallenden Verzugszinsen in Höhe von € 98.187,53, somit insgesamt in Höhe von € 938.468,74 verpflichtet.
Begründend wurde nach Darstellung des Verfahrensganges und Auflistung der herangezogenen Beweismittel ausgeführt:
1. „Schwarzgeldzahlungen“
Für die belangte Behörde stehe aufgrund der Zeugenaussagen fest, dass vom Beschwerdeführer an die Arbeitnehmer Barzahlungen, die monatlich in Kuverts persönlich an diese übergeben worden seien, geleistet worden seien, wobei hinsichtlich dieser Zahlungen weder Sozialversicherungsbeiträge und Umlagen noch Lohnsteuer abgeführt worden sei. Fest stehe weiters, dass die Barzahlungen in unterschiedlicher Höhe erfolgt seien und diese Zahlungen nicht sämtlichen Arbeitnehmern zuteil geworden wären. Diese Umstände seien von den GPLA-Prüfern im Rahmen der Feststellungen berücksichtigt worden. Die Berechnung der nachzufordernden Sozialversicherungsbeiträge und Umlagen in diesem Zusammenhang erfolgte, wie folgt dargelegt:
In Betrachtung sämtlicher Zeugenaussagen sei ein Durchschnittswert i.H.v. € 250,83 gebildet worden. Dem einzelnen Arbeitnehmer sei demnach ein monatlicher Bruttobetrag i.H.v. € 350,83 an „Schwarzgeld“ zugerechnet worden. Im Zusammenhang mit der vorgenommenen Schätzung werde angemerkt, dass sowohl die Schätzmethode als auch die Schätzung selbst nachvollziehbar und ordnungsgemäß vorgenommen worden sei.
2. Prämiensystem/Bezugsumwandlung
Im Zuge der durchgeführten Erhebungen habe festgestellt werden können, dass die Entlohnung der LKW-Lenker auf Grundlage eines Nettogrundlohns sowie eines Prämiensystems erfolge bzw. erfolgt sei. Anhand einer Aufstellung werde das Entlohnungssystem dargestellt:
Grundlohn € 365/Woche, pro Tag € 73, mindestens drei Fuhren pro Tag.
Im Anschluss werden die Entlohnungen anhand einzelner Posten bzw. den Rundkursprämien dargestellt.
Darüber hinaus lägen handschriftliche Aufzeichnungen betreffend März bis Mai 2016 vor, die konkret veranschaulichten, wie sich der Nettolohn auf Basis der einzelnen gefahrenen Touren sowie Aktivitäten des einzelnen Fahrers zusammensetzte. Obwohl die Aufzeichnungen nicht lückenlos vorlägen, zumal diese Aufzeichnungen persönlich, wie vom Beschwerdeführer angegeben, von diesem in Heizkraftwerk entsorgt worden seien, wären diese Unterlagen i.V.m. den Verdienstnachweisen der Fahrer, den Angaben des Beschwerdeführers sowie der Fahrer jedenfalls geeignet, konkrete Feststellungen hinsichtlich des Entlohnungssystems, insbesondere aber auch hinsichtlich der konkreten Berechnung und Abrechnung zu treffen. Vom Beschwerdeführer sei im Rahmen der niederschriftlichen Befragung bestätigt worden, dass jedenfalls während des gesamten Zeitraums auf Basis der in der dargestellten Aufstellung ersichtlichen Beträge pro Tour der Anspruchsnettolohn ermittelt worden sei.
Es sei eindeutig erkennbar, dass einerseits die Löhne auf Basis der geleisteten Arbeitsstunden (GPS-System) errechnet worden seien und andererseits der tatsächlich den Fahrern gebührende und vom Beschwerdeführer auf Tourenbasis errechnete Anspruchsnettolohn berücksichtigt worden sei. Die auf Basis des GPS Systems errechneten Nettobeiträge würden solange angepasst, bis sich der vom Beschwerdeführer auf Grundlage der handschriftlichen Aufzeichnungen ermittelte Nettolohn ergäbe.
Diese Anpassungen erfolgten einerseits durch die Berücksichtigung von Diäten, die sowohl beitragsfrei als auch steuerfrei vom Unternehmen qualifiziert würden oder worden seien und andererseits durch eine gewisse Anzahl von zugerechneten Überstunden.
Anhand einer Abrechnung eines Mitarbeiters für den Monat Mai 2016 sei von Seiten des Unternehmens die Berechnungsmethode wie folgt erklärt worden:
Im ersten Schritt (handschriftliche Aufzeichnungen) sei der Lohn anhand des Prämiensystems errechnet worden und dann im zweiten Schritt die Personalverrechnung erstellt. Die auf Grundlage des GPS ermittelten und in die Lohnverrechnung übertragenen Werte seien an den Nettolohn laut Prämiensystem angepasst worden. Dies sei einerseits durch die Hinzurechnung von Überstunden zu den ursprünglich ermittelten Überstunden sowie andererseits durch Hinzurechnung der ebenfalls mittels GPS ermittelten Diäten, die sowohl steuerfrei als auch Sozialversicherung frei abgerechnet worden seien, erfolgt. Kleinere Abweichungen wären im aktuellen Monat auf das Folgemonat übertragen worden.
Zudem sei vorgekommen, dass zusätzlich zu den errechneten, grundsätzlich ohne Bezugsumwandlung gebührenden beitragsfreien Diäten, Beiträge, die als Diät bezeichnet, jedoch generell nicht mit Diäten im Zusammenhang stünden, zum Abzug gebracht worden seien und auch diese als beitragsfreie Aufwendungen vom Unternehmen erachtet worden seien. Jedenfalls habe festgestellt werden können, dass grundsätzlich sämtliche auf dem Lohnkonto ersichtliche Diäten auf den tatsächlich gebührenden beitragspflichtigen Nettolohn, somit jenen Nettolohn, der anhand der Touren berechnet worden sei, angerechnet worden sei.
Diesem Zusammenhang wurde darauf hingewiesen, dass der seinerzeitige mittels GPS (Arbeitszeit) ermittelte Arbeitslohn aufgrund der praktizierten Berechnungsform von den tatsächlichen Gegebenheiten abweiche.
Fest zu halten sei jedenfalls auch, dass ohnedies die Berechnung der Löhne auf Basis der geleisteten Arbeit irrelevant sei, zumal lediglich die tatsächliche Gewährung des Arbeitslohnes auf Basis der erbrachten Touren (Beträge und Prämien) von Bedeutung sei, zumal die Fahrer jedenfalls Anspruch auf diese Löhne gehabt hätten bzw. haben. Diese Beträge lägen bzw. liegen grundsätzlich über dem kollektivvertraglichen Anspruchslohn.
Eine gesonderte Vereinbarung hinsichtlich der Gewährung von Diäten sei weder der vom Beschwerdeführer vorgelegten Abrechnungsunterlage (Berechnung der Touren) zu entnehmen, noch lägen derartige Vereinbarungen tatsächlich auch vor.
Sämtliche an die Fahrer auf dieser Basis gewährten Beträge (Fixlöhne und Prämien) seien als beitragspflichtiges Entgelt im Sinne des § 49 Abs. 1 ASVG zu qualifizieren.
In Beachtung des vorliegenden Sachverhaltes liege sohin eine eindeutige Umwandlung beitragspflichtiger Bestandteile in Form von in Abzug gebrachten, vom Unternehmen als lohnsteuer-und sozialversicherungsfrei qualifizierten Reisekosten (Diäten) vor, weshalb in diesem Zusammenhang diese Beträge nachzuverrechnen wären.
Nachweislich seien vom Dienstgeber Reisekosten von dem ermittelten beitragspflichtigen Nettolohn abgezogen worden, weshalb deshalb zwangsläufig eine teilweise Umwandlung von beitragspflichtigen Entgeltbestandteilen in beitragsfreier Bezüge erfolgt sei. Eine Bezahlung von Reisekosten zusätzlich zu den vereinbart Nettolohn erfolgte demzufolge nicht. Die beschriebene Vorgangsweise des Dienstgebers (Umqualifizierung von beitragspflichtigen Entgeltbestandteilen in beitragsfreie Entgeltbestandteile) sei jedoch in Betrachtung der ständigen Rechtsprechung nicht zulässig. Es sei unerheblich, ob dafür die Bezeichnung „Umwandlung „oder „Herausschälung“ verwendet.
In Folge führt die belangte Behörde Judikatur zum Thema Bezugsumwandlung an.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer im Wege seines Steuerberaters fristgerecht Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht. Im Wesentlichen wandte sich das Vorbringen gegen Beweiswürdigung und dem der Erledigung zugrundegelegten Sachverhalt. Zum Vorwurf der „Schwarzgeldzahlungen“ wurde im Wesentlichen vorgebracht, dass die verwendeten Vernehmungsprotokolle mittelbare Beweise darstellten und wurde zusätzlich prinzipielle Fehlerhaftigkeit durch die befragenden Finanzpolizisten vorgebracht. Zur Bezugsumwandlung wurde mangelhafte Beweisaufnahme, fehlerhafte Rechtsanwendung und falsche rechtliche Beurteilung vorgebracht.
Mit Schreiben vom 27.05.2019 wurde die Beschwerde samt bezughabenden Akt dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vorgelegt.
Mit Schreiben vom 13.01.2020 wurde vom Beschwerdeführer eine zusätzliche anwaltliche Vertretung bekannt gegeben und eine weitere Stellungnahme abgegeben. Diese Stellungnahme weist im Wesentlichen neuerlich auf das fehlerhafte Ermittlungsverfahren der belangten Behörde hin, und wendet sich gegen den Vorwurf der Barauszahlung von Lohnbestandteilen.
Mit Schreiben vom 14.01.2020 wurde eine Stellungnahme des Steuerberaters eingebracht, die sich im Wesentlichen gegen „Schwarzzahlungen“ wandte, und vorbrachte, dass eine Nettolohnvereinbarung nicht vorgelegen sei. Es wurden Beweisanträge gestellt, die den Nachweis führen sollten, warum dieser Fall nicht entscheidungsreif sei und um Akteneinsicht ersucht. Beigelegt waren der Beschluss des OLG Wien, Zl. XXXX , mit dem die Verlängerung der Höchstdauer des Ermittlungsverfahrens durch das Erstgericht um zwei Jahre behoben wurde. Die Beschwerde wurde hinsichtlich der Antrag auf Einstellung des Verfahren durch den Beschwerdeführer abgewiesen. Weiter wurde um Vertagung der für den 21.01.2020 anberaumten mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht ersucht. Begründet wurde diese Vertagungsbitte mit dem Vorbringen, dass entweder ein mit einem enormen Aufwand verbundener Versuch unternommen werde, zu einer Entscheidung zu gelangen, die dann mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit angefochten werde. Oder die Verhandlung werde auf unbestimmte Zeit vertagt, um die weitere Entwicklung des Strafverfahrens abzuwarten und auf Basis klarerer Verhältnisse mit reduziertem Aufwand zur Entscheidung zu gelangen.
Am 21.01.2020 fand im Beisein des Beschwerdeführers, dessen Steuerberater und Rechtsanwälte sowie eines weiteren Steuerberaters des Unternehmens und Vertretern der belangten Behörde eine mündliche Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht statt.
Die für den 03.03.2020 angesetzte Verhandlung wurde auf Ersuchen des Steuerberaters auf den 19.03.2020 verschoben und in Folge Corona auf unbestimmte Zeit verschoben.
Am 02.03.2020 übermittelte der Beschwerdeführer die in der Verhandlung am 21.01.2020 in Auftrag gegebenen Nachweise der Dienstreisen persönlich beim Bundesverwaltungsgericht. In einem eigenen Schreiben wurde die Aufzeichnungen erläutert und vorgebracht, dass sich für das Jahr 2015 eine Überzahlung an Diäten insgesamt € 21.829,23 ergebe. Für das Jahr ergebe sich eine Überzahlung i.H.v. € 75.619,16 und für die Monate März bis Dezember 2013 eine Überbezahlung i.H.v. € 115.481,20.
Am 10.03.2020 nahm die belangte Behörde Einsicht die vom Beschwerdeführer übermittelten Unterlagen und nahm mit Schreiben vom 12.03.2020 dazu Stellung.
Mit Schreiben vom 05.06.2020 übermittelte der Steuerberater in Vorbereitung auf die Verhandlung am 10.06.2020 einen Schriftsatz samt Beilagen.
Die für den10.06.2020 anberaumten mündlichen Verhandlung wurde auf den 01.10.2020 verlegt.
Mit Schreiben vom 30.06.2020 nahm die belangte Behörde im Rahmen des Parteiengehörs Stellung zu den Unterlagen des Beschwerdeführers vom 05.06.2020.
Mit Schreiben vom 25.09.2020 brachte der Steuerberater in Vorbereitung auf die Verhandlung am 01.10.2020 eine Stellungnahme ein, in der im Wesentlichen die ergänzende Befragung des Beschwerdeführers beantragt wurde sowie neuerlich Bezug genommen wurde auf die Nachweisbarkeit der Dienstreisen.
Am 01.10.2020 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht eine weitere mündliche Verhandlung statt, an der der Beschwerdeführer, sein Steuerberater und die weitere rechtsfreundliche Vertretung, Vertreter der gelangten Behörde teilnahmen und der beantragte Zeuge XXXX einvernommen wurde. Vorgelegt wurden als Beispiel die Verdienstnachweise und die dazugehörigen Schichtauswertungen eines Mitarbeiters für das Jahr 2018.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der Beschwerdeführer betrieb im verfahrensrelevanten Zeitraum ein Transport-Einzelunternehmen mit Sitz in XXXX .
Durch einen Prüfer der Niederösterreichischen Gebietskrankenkasse wurde eine gemeinsame Prüfung lohnabhängiger Abgaben (GPLA) gemäß § 41 ASVG und § 147 BAO für den Zeitraum vom 01.01.2013 bis zum 31.12.2015 durchgeführt.
Im Zuge der Prüfung wurden vom Prüfer Mängel in der Abrechnung der beitrags- und steuerfreien Reisekostenersätze sowie bar ausgezahlter Gehaltsbestandteile festgestellt, insbesondere unzulässige Anspruchsumwandlung von Prämien in abgabefreie Diäten und Nächtigungsgelder sowie Auszahlung von Gehaltsteilen in bar, ohne diese zur Sozialversicherung und Lohnsteuer zu melden.
Gravierende Mängel im Rahmen vorangegangener GPLA-Prüfungen wurden nicht festgestellt.
Umfasst von der Nachverrechnung sind für das Jahr 2013 88 Mitarbeiter, davon 87 Fahrer, für das Jahr 2014 95 Mitarbeiter, davon 94 Fahrer, wobei unterjährig 9 das Dienstverhältnis begannen und 8 beendeten, und für das Jahr 2015 93 Mitarbeiter, davon 92 Fahrer.
1. Zur Lohngebarung und Reisekosten:
Das Unternehmen traf mit den LKW-Lenkern eine Lohnvereinbarung, die neben der Personalverrechnung erstellt wurde.
Der Grundlohn der Fahrer basiert auf 40 Stunden. Im GPLA-Zeitraum gestaltete sich die Vereinbarung so, dass wöchentlich € 365 als Grundlohn zur Auszahlung gelangten und für zusätzliche Fuhren Prämien ausbezahlt wurden. Die Prämien gelangten zur Auszahlung, wenn zu den mit den € 365 „abgedeckten Fuhren“ zusätzliche Fuhren übernommen wurden. Die Prämien wurden anhand der Zonen, in denen die Fahrten absolviert wurden, berechnet. So fanden kurze Fuhren im Raum Wien statt, die zweite Zone in der Region von Stockerau und die dritte Zone über die Region Stockerau hinaus, wobei zB auch Horn eine eigene Zone war. Mit den Fahrern war der Grundlohn vereinbart, die Überstunden und Diäten. Hinsichtlich der Diäten war die kollektivvertragliche Höhe vereinbart.
Mit den Prämien wurden auch andere Tätigkeiten abgegolten, wie z.B. Autowäsche.
Die Berechnung der Prämien erfolgte aufgrund von Unterlagen, die von den Disponenten erstellt wurden. Diese erhielten die Aufträge und teilten sie dem einzelnen Fahrer im Wege sogenannter Fahrerkarten zu. Diese Fahrerkarte war eine wöchentliche Aufzeichnung, in der pro Arbeitstag unterteilt wurde. Es gab eine grobe Einteilung pro Tour, wobei einzelne weitere Aufträge dem Fahrer telefonisch während der Fahrt bekannt gegeben wurden. Die erledigten Aufträge wurden durch den Fahrer dem Disponenten gemeldet. Die Unterlagen verblieben eine Woche beim Disponenten und wurden im Anschluss an die Fakturierung weitergeleitet. Die Buchhaltung erstellte die Rechnung an den Kunden und der Auftrag wurde in der Fahrerkarte gestrichen, damit ersichtlich war, dass dieser Auftrag abgearbeitet war. Am Ende des Monats übernahm der BF die gesammelten Fahrerkarten und errechnete daraus die Prämien.
Im verfahrensrelevanten Zeitraum galt dieses System für alle beim BF beschäftigten Fahrer.
Unterschiede gab es bei den sogenannten Aufstellern, das sind Fahrer, die mit Spezialfahrzeugen Standsilos transportierten, und den Silofahrern, das sind Fahrer, die Baustoffe in Pulverform transportieren, wobei der Unterscheid in der Höhe der Prämien besteht. Diesbezügliche schriftliche Vereinbarungen bestanden nicht.
Das monatliche Gehalt der Fahrer berechnet sich dementsprechend aus dem Grundlohn, den durch zusätzliche Fuhren gewährten Prämien, den Überstunden (50% bzw 100%) und den Diäten.
Dieses Prämiensystem übernahm der BF bei Übernahme des Unternehmens nach seiner Tante im Jahr 2013.
Die von den Fahrern geleistet Dienstzeit wurde über das in den Fahrzeugen befindliche GPS-System und den im verfahrensgegenständlichen Zeitraum noch benutzten Fahrerkarten (=Fahrtenschreiber) eruriert.
Zur Lohnabrechnung wurde im ersten Schritt der Lohn aufgrund der GPS-Daten bzw. Fahrerkarten ausgerechnet und ebenso jener aufgrund des Prämiensystems. Sofern der Lohn nach dem Prämiensystem höher ausfiel als aufgrund der GPS-Daten, wurden die Überstunden im gesetzlichen Rahmen nach oben korrigiert, wenn der Lohn nach dem Prämiensystem geringer ausfiel, wurden die Diäten nach unten korrigiert bis maximal zur Hälfte.
Bei Abweichungen zwischen dem laut Lohnverrechnung ermittelten Lohn und dem vereinbarten Lohn wurde mittels Erhöhung der Überstunden bzw. steuerfreien Reisekosten eine Korrektur bzw. Anpassung vorgenommen.
Die Gehaltsnachweise entsprechen nicht den GPS-Daten, da Überstunden ausgewiesen wurden, die nicht geleistet wurden, bzw. Reisekosten niedriger ausbezahlt wurden.
Die Fahrerkarten wurden für maximal ein Jahr archiviert und dann vernichtet, die Fahrerkarten für den verfahrensrelevanten Zeitraum als Grundlagen des Entlohnungssystems waren im Zeitpunkt der GPLA-Prüfung dementsprechend nicht mehr vorhanden.
Die Fahrer erhielten keine Abschrift der Berechnung des BF.
Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht wurden nach Aufforderung, Nachweise betreffend Diäten und Nächtigungsgelder vorzulegen, 1164 Blätter in DIN A3 Format, beidseitig mit handschriftlichen Aufzeichnungen beschrieben, in Summe somit 2324 Seiten, vorgelegt. Jede Blattseite umfasst eine Woche, gegliedert nach Wochentag, Fahrer und Einsatz des Fahrers. Pro Seite sind zwischen 3 und 6 Fahrer aufgelistet, somit zwischen 15 und 30 Datensätzen. Weiters wurde vorgelegt 1334 Monatsabrechnungen in gesonderten Tabellen aus den Tacholog-Daten pro Fahrer vorgelegt.
Die vorgelegten Excel-Tabellen enthalten für einen Monat je eine Spalte mit Beginn und Ende, die Gesamtarbeitszeit in Stunden, Normalarbeitszeit in Stunden, Überstunden (50% und 100%), ZA, Taggeld Inland, Taggeld Ausland, Nächtigungsgeld und Bestimmungsort/Fehlzeitgrund. Als Zielort sind laut den vorgelegten Unterlagen diverse angefahrene Orte in Österreich und Ausland sowie bei Auslandsfahrten die Dauer der Fahrten in Österreich und im Ausland.
Dazu führte der BF zusammengefasst aus:
Die Aufzeichnungen aus dem Tacholog Programm beinhalten den Beginn und das Ende der Reise basierend auf den Tachodaten und die Ziele/Zwecke der Reisen basierend auf den GPS Systemdaten.
Aus den „Fahrerkarten" (Format DIN A3) gingen die dazugehörigen Aufträge und deren Erledigung hervor. Diese Aufzeichnungen würden von den Disponenten geführt.
Die Tacholog-Daten seien in Form von Excel-Tabellen pro Monat beigefügt, aus denen sich für die einzelnen Mitarbeiter pro Tag, der Beginn und das Ende der Reise, sowie die Summe der berechneten Diäten ergäbe. Der Nachweis über das Ziel und den Zweck der Reise werde durch die „Fahrerkarten“ erbracht.
Die vorlegten Tacholog-Daten sind nicht lückenlos, da diese für einzelne Lenker nicht auffindbar bzw. abrufbar waren. Diese wurden mit dem Mittelwert der übrigen Lenker in die Berechnungen einbezogen.
Die vorgelegten Unterlagen weisen widersprüchliche Angaben auf. Aus den 42 stichprobenartigen Prüfungen der belangten Behörde ergab sich, dass die in den Monatsabrechnungen angeführten Ziele nicht lückenlos mit den in den rekonstruierten Fahrerkarten angegebenen Aufträgen korrelieren.
Für die Abrechnung der Diäten und insbesondere Nächtigungskosten wurden keine Belege vorgelegt. Für die angefahrenen Ziele wurden keine Nachweise vorgelegt.
Die Fahrten waren weder im Prüfzeitpunkt noch jederzeit nicht leicht überprüfbar.
Im Jahr 2013 wurde vom händischen Erfassungssystem der Fahrten auf ein elektronisches umgestellt, wobei beide Systeme anfangs parallel liefen. Die Dateneingabe wurde über ein GPS-System vorgenommen, wobei dieses weder stabil noch fehlerfrei war, sodass es aufgrund nicht passender Schnittstellen zu Problemen in der Datenübertragung kam.
Seit 2015 arbeitet der BF mit dem Bluelogico-Programm, das GPS-Daten zeitgleich ins System des BF übermittelt.
Die von Bluelogico übermittelten Daten stimmen aufgrund unterschiedlicher Bezeichnungen nicht mit den Aufzeichnungen der Disponenten überein. So verwendet der Disponent z.B. den Firmennamen, während Bluelogico den Ort angibt.
Seit 2018 ist das GPS-System des BF zur Erfassung der Fahrten nahezu fehlerfrei.
Aufgrund der mangelhaften Reisekostenabrechnungen, welche den gesetzlichen Anforderungen nicht entsprechen sowie der betragsmäßigen Differenzen ist der Nachweis der geltend gemachten Reisekostenersätze als nicht erbracht anzusehen und dem Grunde sowie der Höhe nach nicht überprüfbar.
Die Summe der ausbezahlten Diäten wurde anhand der vorhandenen Gehaltsnachweise der einzelnen Fahrer pro Monat berechnet und der Nachverrechnung zugrunde gelegt. Die Höhe wird dem Grunde nach nicht bestritten.
2. Bar ausgezahlte Entgeltsbestandteile:
Die belangte Behörde hat im Rahmen des Ermittlungsverfahrens zu diesem Thema keinen Mitarbeitern einvernommen, sondern ihre Feststellungen auf die Einvernahme von 12 Mitarbeitern durch da zuständige Finanzamt gestützt, von denen lediglich 6 vorbrachten, Bargeld erhalten zu haben, drei davon wussten, aber vorbrachten nichts erhalten zu haben, und drei vorbrachten, weder davon gewusst noch Zahlungen erhalten haben.
Anhängig gemacht wurde ein Verfahren vor den Steuerbehörden sowie der Wirtschafts-und Korruptionsstaatsanwaltschaft.
3. Abfuhrdifferenz:
Die Abfuhrdifferenz wurde dem Grund und der Höhe nach nicht bestritten.
2. Beweiswürdigung:
Beweis erhoben wurde durch Einsichtnahme in den verwaltungsbehördlichen Akt, den Unterlagen zur GPLA, dem Bescheid, die Beschwerde, die vor dem Bundesverwaltungsgericht eingebrachten Stellungnahmen und Unterlagen und den Angaben in den mündlichen Verhandlungen
1. Lohngebarung und Reisekosten:
Die Berechnung der Monatslöhne ergibt sich aus den Angaben des BF sowohl vor der belangten Behörde am 28.06.2016 als auch den Angaben des BF in der mündlichen Verhandlung vor dem BVwG am 21.01.2020. In beiden Einvernahmen gab der BF an, dass die Löhne insoferne angepasst wurde, als bei einem nach dem Prämiensystem gegenüber Dienstzeiten nach dem GPS höherem Lohnanspruch die Überstunden nach oben korrigiert worden seien, und im umgekehrten Fall die Diäten nach unten korrigiert worden seien.
Dass im Zeitpunkt der GPLA-Prüfung die zum Nachweis erforderlichen Unterlagen (Fahrerkarten) bereits vernichtet waren, ergibt sich aus den übereinstimmenden Angaben des BF im Zuge der Prüfung als auch vor dem BVwG am 21.01.2020.
Dass das elektronische Fahrtenerfassungssystem im verfahrensrelevanten Zeitraum nicht fehlerfrei funktionierte und es zu fehlerhaften Datenübertragung kam, ergibt sich aus den Angaben des BF in der mündlichen Verhandlung am 01.10.2020.
Dass die vom BF vorgelegten Unterlagen („Fahrerkarten“ und Monatsabrechnungen) in sich Widersprüche bergen, ergibt sich aus der Stellungnahme der belangten Behörde vom 12.03.2020 nach der Akteneinsicht am 10.03.2020. Darin wird anhand zweier Mitarbeiter exemplarisch detailliert und nachvollziehbar angeführt, welche Differenzen zwischen den vorgelegten „Fahrerkarten“ und den Monatsabrechnungen gegeben sind.
Dass für einzelne Mitarbeiter keine Tachologdaten auffindbar waren, ergibt sich aus der eingebrachten Stellungnahme des BF vom 02.03.2020 im Zusammenhang mit den vorgelegten Unterlagen.
Soweit der BF darin auf seine Berechnung der fehlerhaften Diäten hinweist und angibt, dass diese dem USB-Stick unter den Dateien „Diäten 2013, Diäten 2014 und Diäten 2015“ zu entnehmen wäre, ist anzuführen, dass es sich bei den vorgelegten Unterlagen lediglich um Vorlagen in Papierform handelt, denen eine Berechnung von Reisekostendifferenzen - wie vorgebracht - nicht zu entnehmen ist.
Im gesamten Verfahren wurden keine Nachweise und Belege vorgelegt. Weder konnte der BF die sogenannten Fahrerkarten im Original, Fahrtenbücher oder Belegen für Nächtigungen vorlegen. Vorgelegt wurden lediglich rekonstruierte Unterlagen, deren inhaltliche Behauptung nicht durch Nachweise belegt werden konnten.
Dass die behaupteten Dienstreisen im Prüfzeitpunkt nicht leicht nachprüfbar waren, ergibt sich aus der Tatsache, dass – wie der BF selbst zugestanden hat – im Prüfzeitpunkt die Fahrerkarten nicht mehr vorhanden waren. Auch aus den im Verfahren vor den BVwG vorgelegten Unterlagen ist eine leichte Überprüfbarkeit nicht zu ersehen, zumal die von BF vorgelegten Unterlagen sich als nachträgliche Rekonstruktionen erweisen, dies nicht vollständig sind und keinerlei Belege vorgelegt wurden.
Sofern der BF in den diversen Stellungnahmen - so insbesondere in der Stellungnahme vom 05.06.20202 - vorbringt, dass die für den Nachweis der Steuerfreiheit der Diäten erforderlichen Unterlagen, Daten und Informationen wie Lohnverrechnung, ASFINAG-Auswertungen, GPS-System und solcherart vorhanden und problemlos auffindbar seien, wurden derartige Nachweise im Verfahren nicht oder lediglich auszugsweise vorgelegt. Die im Rahmen dieser Stellungnahme vorgelegten auszugsweisen Daten (Aufstellung der „Sonn-/Feiertagsfahrten 2014“) des Betriebsprüfers des Finanzamtes, umfassen den Zeitraum von 11.01.2014 bis 18.10.2014, die Fahrzeugaktivitäten den Zeitraum von 03.08.2015 bis 03.09.2015 und von 02.11.2015 bis 04.12.2015, zudem sind die in den Fahrzeugaktivitäten ausgewiesenen Fahrzeuge nicht von Daten des Betriebsprüfers umfasst.
Auch die Angaben des einvernommenen Betriebsprüfers vermögen keinen entsprechenden Nachweis der Reisekosten zu erbringen, da dieser lediglich mit Fokus auf die ordnungsgemäße Abrechnung und Verbuchung von Fahrten prüfte, nicht aber ob diese als steuerfrei zu betrachten wären.
Auch das Vorbringen in der Stellungnahme vom 22.03.2019, dass aufgrund der ASFINAG-Daten nachgewiesen sei, dass die Fahrer sich auf dem Weg zu einem Kunden oder auf dem Rückweg befunden hätten, nicht aber am Firmenstandort, vermag keinen Nachweis zu erbringen, dies auch vor dem Hintergrund, dass sich diese Daten auf mautpflichtige Straßen beziehen und daher kein umfassendes Bild der Reisebewegung ergeben.
Soweit der BF in der Verhandlung vom 01.10.2020 auszugsweise Monatsabrechnungen, Schichtauswertungen und Verdienstnachweise vorlegt, ist anzumerken, dass diese das Jahr 2018 umfassen und somit für das gegenständliche Verfahren ohne Belang sind.
Sofern der BF vorbringt, dass in den der gegenständlichen GPLA-Prüfung vorangegangenen Prüfungen es zu keinen Beanstandungen gekommen sei, ist anzumerken, dass diese nicht Gegenstand des Verfahren sind.
2. Bar ausgezahlte Entgeltsbestandteile:
Dass die belangte Behörde keinen einzigen Dienstnehmer einvernahm, sondern sich ausschließlich auf die Einvernahmeprotokolle von 12 Mitarbeitern durch die Finanzbehörden einvernommenen Mitarbeiter stützt, ergibt sich aus dem Verfahrensakt. Weitere Verfahrensschritte konnten dem Akt nicht entnommen werden und wurden von der belangten Behörde auch nicht vorgebracht.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1.Zu Spruchpunkt A.I.
3.1.1. Gesetzliche Bestimmungen
Gemäß § 49 Abs. 1 ASVG sind unter Entgelt die Geld- und Sachbezüge zu verstehen, auf die der pflichtversicherte Dienstnehmer aus dem Dienstverhältnis Anspruch hat oder die er darüber hinaus auf Grund des Dienstverhältnisses vom Dienstgeber oder von einem Dritten erhält.
Nach § 49 Abs. 3 Z 1 ASVG idF BGBl. I Nr. 83/2009, gelten nicht als Entgelt im Sinne des Abs. 1 und 2 Vergütungen des Dienstgebers an den Dienstnehmer (Lehrling), durch welche die durch dienstliche Verrichtungen für den Dienstgeber veranlaßten Aufwendungen des Dienstnehmers abgegolten werden (Auslagenersatz); hiezu gehören insbesondere Beträge, die den Dienstnehmern (Lehrlingen) als Fahrtkostenvergütungen einschließlich der Vergütungen für Wochenend(Familien)heimfahrten, Tages- und Nächtigungsgelder gezahlt werden, soweit sie nach § 26 des Einkommensteuergesetzes 1988, BGBl. Nr. 400, nicht der Einkommensteuer(Lohnsteuer)pflicht unterliegen. § 26 des Einkommensteuergesetzes 1988 ist sinngemäß auch auf Vergütungen, die Versicherten nach § 4 Abs 4 gezahlt werden, anzuwenden. Unter Tages- und Nächtigungsgelder fallen auch Vergütungen für den bei Arbeiten außerhalb des Betriebes oder mangels zumutbarer täglicher Rückkehrmöglichkeit an den ständigen Wohnort (Familienwohnsitz) verbundenen Mehraufwand, wie Bauzulagen, Trennungsgelder, Übernachtungsgelder, Zehrgelder, Entfernungszulagen, Aufwandsentschädigungen, Stör- und Außerhauszulagen u.ä sowie Tages- und Nächtigungsgelder nach § 3 Abs. 1 Z 16b des Einkommensteuergesetzes 1988;.
Reisezeit ist prinzipiell Arbeitszeit, es kann jedoch rechtswirksam (kollektivvertraglich oder einzelvertraglich) vereinbart werden, dass diese Zeiten mit einem geringeren als dem sonstigen Entgelt zu vergüten sind. Mangels einer solchen Vereinbarung gebührt auch für Reisezeit das volle Entgelt. Der Ersatz der Reisekosten umfasst die Kosten des Fortbewegungsmittels (also die Fahrtkosten), die Nächtigungskosten, aber auch den Ersatz des (pauschalierten) Mehraufwands, der dadurch entsteht, dass man sich außerhalb des gewohnten Beschäftigungsortes versorgen muss (Taggelder).
Fahrtkostenvergütungen, sowie die Tages- und Nächtigungsgelder, die nach § 26 EStG nicht der Lohnsteuerpflicht unterliegen, werden durch Z 1 beitragsfrei gestellt. Der Verweis auf § 26 EStG bewirkt, dass für die Beitragsfreiheit dieselben Voraussetzungen gelten wie für die Steuerfreiheit. Es gilt daher der Dienstreisebegriff des § 26 Z 4 sowie die weiteren Voraussetzungen der der Z 4 angegliederten lit a – e.
Die Ziffer 4 des verwiesenen § 26 EStG 1988 lautet auszugsweise wie folgt:
"§ 26. Zu den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit gehören nicht:
(...)
4. Beträge, die aus Anlass einer Dienstreise als Reisevergütungen (Fahrtkostenvergütungen, Kilometergelder) und als Tagesgelder und Nächtigungsgelder gezahlt werden. Eine Dienstreise liegt vor, wenn ein Arbeitnehmer über Auftrag des Arbeitgebers
- seinen Dienstort (Büro, Betriebsstätte, Werksgelände, Lager usw.) zur Durchführung von Dienstverrichtungen verlässt oder
- so weit weg von seinem ständigen Wohnort (Familienwohnsitz) arbeitet, dass ihm eine tägliche Rückkehr an seinen ständigen Wohnort (Familienwohnsitz) nicht zugemutet werden kann
Bei Arbeitnehmern, die ihre Dienstreise vom Wohnort aus antreten, tritt an die Stelle des Dienstortes der Wohnort (Wohnung, gewöhnlicher Aufenthalt, Familienwohnsitz).
a) Als Kilometergelder sind höchstens die den Bundesbediensteten zustehenden Sätze zu berücksichtigen. Fahrtkostenvergütungen (Kilometergelder) sind auch Kosten, die vom Arbeitgeber höchstens für eine Fahrt pro Woche zum ständigen Wohnort (Familienwohnsitz) für arbeitsfreie Tage gezahlt werden, wenn eine tägliche Rückkehr nicht zugemutet werden kann und für die arbeitsfreien Tage kein steuerfreies Tagesgeld gezahlt wird.
Werden Fahrten zu einem Einsatzort in einem Kalendermonat überwiegend unmittelbar vom Wohnort aus angetreten, liegen hinsichtlich dieses Einsatzortes ab dem Folgemonat Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte vor.
b) Das Tagesgeld für Inlandsdienstreisen darf bis zu 26,40 Euro pro Tag betragen. Dauert eine Dienstreise länger als drei Stunden, so kann für jede angefangene Stunde ein Zwölftel gerechnet werden. Das volle Tagesgeld steht für 24 Stunden zu. Erfolgt eine Abrechnung des Tagesgeldes nach Kalendertagen, steht das Tagesgeld für den Kalendertag zu.
c) Wenn bei einer Inlandsdienstreise keine höheren Kosten für Nächtigung nachgewiesen werden, kann als Nächtigungsgeld einschließlich der Kosten des Frühstücks ein Betrag bis zu 15 Euro berücksichtigt werden.
d) Das Tagesgeld für Auslandsdienstreisen darf bis zum täglichen Höchstsatz der Auslandsreisesätze der Bundesbediensteten betragen. Dauert eine Dienstreise länger als drei Stunden, so kann für jede angefangene Stunde ein Zwölftel gerechnet werden. Das volle Tagesgeld steht für 24 Stunden zu. Erfolgt eine Abrechnung des Tagesgeldes nach Kalendertagen, steht das Tagesgeld für den Kalendertag zu.
e) Wenn bei einer Auslandsdienstreise keine höheren Kosten für Nächtigung einschließlich der Kosten des Frühstücks nachgewiesen werden, kann das den Bundesbediensteten zustehende Nächtigungsgeld der Höchststufe berücksichtigt werden.
Zahlt der Arbeitgeber höhere Beträge, so sind die die genannten Grenzen übersteigenden Beträge steuerpflichtiger Arbeitslohn.
Der Dienstreisebegriff des EStG
Der erste Tatbestand des § 26 Z 4 EStG (sog kleine Dienstreise) setzt voraus, dass der DN seinen Dienstort über Auftrag des DG zur Durchführung von Dienstverrichtungen verlässt. Weitere Anforderungen, wie beim Reisebegriff des § 16 Abs. 1 Z 9 EStG, werden an die Dienstreise nicht gestellt.
Unter Dienstort ist der regelmäßige Mittelpunkt des tatsächlichen dienstlichen Tätigwerdens des DN anzusehen. Meist wird der Dienstort eines DN mit dem Betriebsort des Unternehmens, bei dem der DN beschäftigt ist, zusammenfallen. Wird jedoch der DN an diesem Betriebsort dienstlich nicht tätig, weil seine tatsächliche ständige Arbeitsstätte außerhalb des Betriebsortes liegt, dann ist jene regelmäßige Einsatzstelle und nicht der Betriebsort als Dienstort des DN anzusehen (VwGH 2006/15/0218, 94/13/0253). Nach der steuerlichen Praxis umfasst die Dienstreise nach dem ersten Tatbestand Reisen im Nahbereich des Dienstortes. Dieser Nahbereich wird durch den Gesichtspunkt abgegrenzt, ob dem DN die tägliche Rückkehr zu seinem Wohnort zugemutet werden kann (VwGH 85/14/0028).
Bei Beschäftigung an einem Ort, der Dienstort ist, kommt die Annahme einer Dienstreise iSd ersten Tatbestands der zitierten Gesetzesstelle nicht in Betracht. Bei mehreren Dienstorten ist aber die Fahrt zwischen den beiden Orten eine Dienstreise.
Der zweite Tatbestand des § 26 Z 4 EStG (große Dienstreise) liegt vor, wenn ein DN so weit weg von seinem ständigen Wohnort (Familienwohnsitz) arbeitet, dass ihm eine tägliche Rückkehr an seinen ständigen Wohnort (Familienwohnsitz) nicht zugemutet werden kann (die steuerliche Praxis nimmt das ab 120 km an, darunter nur bei außergewöhnlichen Umständen – LStR 2002 [2013], 704). Steuerfreie Fahrtkostenvergütungen für die Fahrt zum Familienwohnsitz sind höchstens für eine Fahrt pro Woche für arbeitsfreie Tage zulässig, wenn eine tägliche Rückkehr nicht zugemutet werden kann und für die arbeitsfreien Tage kein steuerfreies Tagesgeld gezahlt wird.
Kehrt der Dienstnehmer faktisch täglich von der Arbeitsstätte an seinen ständigen Wohnort zurück, so stellt sich die Frage der Zumutbarkeit dieser Rückkehr daher nicht, weil die Zumutbarkeit der täglichen Rückkehr vom Dienstort zum ständigen Wohnort (Familienwohnsitz) nur zu prüfen ist, wenn der DN am Dienstort verbleibt und wegen der damit verbundenen Mehraufwendungen eine in den zitierten Gesetzesstellen genannte Vergütung erhält (VwGH 94/15/0218).
Dienstort bei fahrendem Personal
Die im Gesetz angeführten Beispiele Büro, Betriebsstätte, Werksgelände, Lager usw lassen erkennen, dass als Dienstort der regelmäßige Mittelpunkt des tatsächlichen dienstlichen Tätigwerdens des Dienstnehmers anzusehen ist. Bei Taxichauffeuren ist dies der Standort, von dem aus sie tätig sind (VwGH 1157/75, VwSlg 4939 F – Flughafen Schwechat). Dienstort kann aber auch ein mehrmals täglich befahrenes „Gebiet der ständigen Patrouillentätigkeit“ als Mittelpunkt der beruflichen Tätigkeit sein (vgl VwGH 94/13/0101, 95/13/0062, 94/14/0091, 2007/13/0138). Bei einer Fahrtätigkeit, die in der Durchführung von Behindertentransporten im Gemeindegebiet von Wien bestanden hat, ist das Gemeindegebiet regelmäßiger Mittelpunkt der Tätigkeit und damit als Dienstort iSd § 26 Z 4 EStG anzusehen (VwGH 2006/15/0038, 2002/13/0130, 2006/15/0039). Bei einer Tätigkeit, die ausschließlich in Fahrten – immer auf derselben Route – von Milchbauern zur Molkerei besteht, stellt diese Route auch den Dienstort dar und nicht etwa der Betriebsstandort des Dienstgebers (VwGH 2006/08/0176).
Beitragsfreie Reisekosten außerhalb von Dienstreisen iSd § 26 Z 4 EStG
Die Lohnsteuer- bzw Beitragspflicht von Vergütungen für „Nicht-Dienstreisen“ im Außendienst wurde mit der Reisegebührenreform 2007, BGBl I 2007/45, in Kraft getreten am 10.07.2007, in § 3 EStG neu geregelt. Diese Regelung ersetzt den vom VfGH aufgehobenen § 24 Z 4 letzter Satz EStG mit der Maßgabe, dass die Neuregelung nicht am Begriff der Dienstreise, sondern an den zustehenden Leistungen anknüpft. Gem § 3 Abs 1 Z 16b sind vom Dienstgeber als Reiseaufwandsentschädigungen gezahlte Tagesgelder und Nächtigungsgelder, soweit sie nicht gem § 26 Z 4 EStG zu berücksichtigen sind, von der Einkommensteuer befreit, wenn sie für Außendiensttätigkeit (zB Kundenbesuche, Patrouillendienste, Servicedienste), Fahrtätigkeit (zB Zustelldienste, Taxifahrten, Linienverkehr, Transportfahrten außerhalb des Werksgeländes des Dienstgebers), Baustellen- und Montagetätigkeit außerhalb des Werksgeländes des Dienstgebers oder für eine vorübergehende Tätigkeit an einem Einsatzort in einer anderen politischen Gemeinde gewährt werden (vgl dazu Doralt in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG § 3 Rz 129) und soweit der Dienstgeber aufgrund einer lohngestaltenden Vorschrift gem § 68 Abs 5 Z 1 – 6 EStG zur Zahlung verpflichtet ist. Die Tagesgelder dürfen die sich aus § 26 Z 4 EStG ergebenden Beträge nicht übersteigen. (Müller in Mosler/Müller/Pfeil, Der SV-Komm § 49 ASVG Rz 101 (Stand 1.1.2014, rdb.at))
Von einer Verpflichtung des Dienstgebers ist auch dann auszugehen, wenn eine vertragliche Vereinbarung für alle Dienstnehmer oder bestimmte Gruppen von Dienstnehmern vorliegt (§ 3 Abs 1 Z 16 b Satz 3 EStG). Auch diese Reise- und Nächtigungsgebühren bleiben gem § 49 Abs 3 Z 1 letzter Halbsatz beitragsfrei.
Der letzte Satz des § 49 Abs 3 Z 1 reichert den Begriff der Tages- und Nächtigungsgelder – über den Begriffsinhalt, der dem § 26 EStG nach dem ersten Satz dieser Rechtsvorschrift entnommen werden muss, hinaus – um weitere Entgelte unterschiedlicher Bezeichnung an. Dabei muss es sich um „Vergütungen für den bei Arbeiten außerhalb des Betriebes oder mangels zumutbarer täglicher Rückkehrmöglichkeit an den ständigen Wohnort (Familienwohnsitz) verbundenen Mehraufwand“ handeln, wobei im Gesetz als Beispiele „Bauzulagen, Trennungsgelder, Übernachtungsgelder, Zehrgelder, Entfernungszulagen, Aufwandsentschädigungen, Stör- und Außerhauszulagen uÄ“ genannt sind.
Durch den letzten Satzteil ist klargestellt, dass sich die Verweisung auf § 3 Abs 1 Z 16 b EStG bezieht und daher auch Bau- und Montagezulagen, sowie Trennungs- oder Zehrgelder nur unter den dort genannten weiteren Voraussetzungen beitragsfrei sind. Dabei kommt es nicht auf die Bezeichnung an, sondern nur darauf, ob diese Zulagen nach Zweck und Ausgestaltung den im § 3 Abs 1 Z 16 b EStG genannten Voraussetzungen entsprechen (vgl auch VwGH 2002/08/0169 – Höhenzulage von Vertragsbediensteten im Vermessungsdienst, die aus Anlass von Dienstreisen gewährt wird, beitragsfrei als Reisegebühr und nicht beitragspflichtig als Erschwerniszulage). (Müller in Mosler/Müller/Pfeil, Der SV-Komm § 49 ASVG Rz 98 ff)
Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits mehrfach dargelegt (vgl VwGH 2001/08/0147, 98/08/0358 mwN), dass es zur Frage, inwieweit nach den eingangs genannten gesetzlichen Bestimmungen Vergütungen des Dienstgebers an den Dienstnehmer als beitragsfrei zu behandeln sind, entsprechender Feststellungen bzw. insbesondere eines überprüfbaren Nachweises darüber bedürfe, in welchem Umfang ein Dienstnehmer In- und Auslandsdienstreisen vorgenommen hat. Den Dienstgeber treffe diesbezüglich eine qualifizierte Mitwirkungspflicht, die ihn dazu verhalte, konkrete Behauptungen aufzustellen und dafür geeignete Beweisangebote zu machen (vgl VwGH 99/08/0128). Die in § 49 Abs 3 Z 1 ASVG verwiesene Bestimmung des § 26 Z 4 EStG 1988 bezieht sich nämlich lediglich auf Leistungen, die anlässlich von Dienstreisen erbracht werden (vgl VwGH 2002/08/0092). Die Steuer- bzw. Beitragsfreiheit von Nächtigungsgeldern setzt zudem tatsächliche Nächtigungen, die durch einwandfreie Nachweise zu belegen sind, voraus (vgl VwGH 2000/08/0124).
Auch nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes in Abgabensachen dürfen nur mit einwandfreien Nachweisen belegte Reisekostenentschädigungen als steuerfrei behandelt werden. Die Richtigkeit des vom Arbeitgeber vorgenommenen Lohnsteuerabzuges muss jederzeit für das Finanzamt leicht nachprüfbar, vor allem aus Lohnbüchern, Geschäftsbüchern und sonstigen Unterlagen ersichtlich sein. Unter einem Nachweis dem Grunde nach ist der Nachweis zu verstehen, dass im Einzelnen nach der Definition des § 26 Z 4 EStG 1988 eine Dienstreise vorliegt und die dafür gewährten pauschalen Tagesgelder die je nach Dauer der Dienstreise bemessenen Tagesgelder des § 26 Z 4 EStG 1988 nicht überschreiten. Dies ist zumindest durch das Datum, die Dauer, das Ziel und den Zweck der einzelnen Dienstreise darzulegen und durch entsprechende Aufzeichnungen zu belegen. Ein Nachweis ist dem Grunde nach erst dann gegeben, wenn neben dem Nachweis einer einzelnen tatsächlich angetretenen Reise auch insbesondere deren exakte Dauer belegt werden kann (vgl VwGH 98/15/0068 mwN)
Wie der Verwaltungsgerichtshof wiederholt ausgeführt hat (VwGH 92/15/0001, 94/13/0253, 98/15/0068) gilt für alle im § 26 EStG 1988 erfassten Arbeitgeberleistungen der Grundsatz, dass darüber einzeln abgerechnet werden muss. In diesem Sinn hat der Gerichtshof bereits wiederholt ausgesprochen, dass der Nachweis der einzelnen Dienstreise durch entsprechende Belege zu erbringen ist. Beim Ersatz der Reisekosten durch Pauschbeträge gemäß § 26 Z4 EStG 1988 hat der Nachweis durch Belege dem Grunde nach zu erfolgen. Nur mit einwandfreien nachweisen belegten Reisekostenentschädigungen dürfen als steuerfrei bzw. beitragsfrei behandelt werden.
Unter einem Nachweis dem Grunde nach ist der Nachweis zu verstehen, dass im Einzelnen nach der Definition des § 26 Z4 EStG 1988 eine Dienstreise vorliegt und die dafür gewährten pauschalen Tagesgelder die je nach Dauer der Dienstreise bemessenen Tagesgelder nicht überschreiten. Dies ist zumindest durch das Datum, die Dauer, das Ziel und den Zweck der einzelnen Dienstreise darzulegen und durch entsprechende Aufzeichnungen zu belegen. Der Nachweis dem Grunde nach ist erst dann gegeben, wenn neben dem Nachweis einer einzelnen tatsächlich angetretenen Reise auch insbesondere deren exakte Dauer belegt werden kann. Diese Umstände sind für die Beurteilung maßgebend, ob die geltend gemachten Reisekostenersätze nicht zu den Einkünften aus nicht selbstständiger Arbeit gehören. (So hat der VwGH judiziert, dass auch ein vorgelegter Lieferschein über einen Transport von Wien nach Tirol ohne Angabe der exakten Dauer nicht ausreicht, vgl VwGH 98/15/0068).
Wie sich aus der Beweiswürdigung und dem festgestellten Sachverhalt ergibt, ist eine Überprüfung der Reisekostenabrechnungen verfahrensgegenständlich nicht möglich. Der Beschwerdeführer hat im Zuge der Beitragsprüfung durch die NÖGKK weder Unterlagen vorgelegt, aus denen sich Datum, Beginn, Ende, Zielort sowie dem Betrag der Tages- und Nächtigungsgelder der einzelnen Reisen ergibt noch Belege über die tatsächlich erfolgte Reise bzw deren Dauer.
Der Beschwerdeführer hat im Zuge der Beitragsprüfung durch die belangte Behörde betreffend Reisekostenabrechnung monatliche Verdienstnachweise und Auswertungen aus dem hausinternen GPS-System vorgelegt, aus denen die Einsatzzeit („von – bis“ und „gesamt“), Unterscheidung zwischen Normalarbeitszeit und Überstunden und die Höhe der Tag- und Nächtigungsgelder ersichtlich waren, jedoch keine Belege über die tatsächlich erfolgten einzelnen Reisen bzw. deren Dauer vorgelegt. Zudem ergaben sich Differenzen zwischen GPS-System und den monatlichen Gehaltsnachweisen.
Aus den erst nach Aufforderung im gegenständlichen Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegten rekonstruierten handschriftlichen Aufzeichnungen und Excel-Tabellen lassen sich die erforderlichen Informationen über die einzelnen Reisen allerdings nicht ableiten.
Daher hat die belangte Behörde zu Recht die ausbezahlten Beträge als beitragspflichtiges Entgelt gewertet, da eine bloße Glaubhaftmachung nicht ausreicht.
In seinem Erkenntnis vom 19.09.1989, Zl. 89/14/0121, hat der Verwaltungsgerichtshof – zum Thema Kilometergeld - ausgesprochen, dass die Berechnungsunterlagen, die bereits der Berechnung durch den Arbeitgeber zugrunde liegen müssen, so gestaltet sind, daß sie auch nachträglich bei der Überprüfung durch das Finanzamt die Kontrolle sowohl des dienstlichen Zweckes der einzelnen Fahrt als auch der tatsächlich zurückgelegten konkreten Fahrtstrecke erlauben. Die Benützung derartiger Aufzeichnungen, etwa in Form eines entsprechend gestalteten Fahrtenbuches, dessen Führung dem Arbeitnehmer auferlegt wird, ist durchaus zumutbar.
Zudem kann eine nachträgliche Beweisführung den Nachweis durch taugliche, zeitnahe Aufzeichnungen nicht ersetzen. Ein Beweis- oder Glaubhaftmachungsverfahren kann daher im gegebenen Zusammenhang nur etwa in Fällen in Betracht kommen, in denen Echtheit oder Richtigkeit inhaltlich ausreichender Aufzeichnungen von der Abgabenbehörde bezweifelt wird. Derartiges liegt hier nicht vor.
Kann der Zweck der Dienstreise den Aufzeichnungen nicht entnommen werden, so beseitigt auch der allgemeine Hinweis in der Beschwerde auf den Unternehmensgegenstand der Beschwerdeführerin nicht die den Aufzeichnungen anhaftenden Mängel. Auch das Ziel muss angegeben sein (vgl. VwGH vom 28.05.2008, 2006/15/0280).
Der Hinweis auf den Unternehmensgegenstand des BF beseitigt daher nicht die den Aufzeichnungen anhaftenden Mängel. Das Ziel der Dienstreisen lässt sich keinesfalls "jederzeit leicht" nachprüfen.
Sind die Voraussetzungen einer nicht unter die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit fallenden Leistung des Arbeitgebers nach den Abgabenvorschriften nicht dem Grunde nach nachgewiesen, erübrigt sich auch die - auf Grund der nunmehr bereinigten Rechtslage - vorzunehmende Prüfung, ob überhaupt eine Dienstreise im Sinne des EStG 1988 vorgelegen ist (vgl. VwGH vom 28.05.2008, 2006/15/0280).
Sofern der BF vermeint, es sei ihm vom BVwG zu Unrecht aufgetragen worden, den Nachweis für das Vorliegen von Dienstreisen zu erbringen wird auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 03.07.2020, Zl. Ra 2020/14/0006, in dem der Verwaltungsgerichtshof ausspricht, dass die Mitwirkungspflicht der Partei insbesondere dort Bedeutung hat, wo ein Sachverhalt nur im Zusammenwirken mit der Partei geklärt werden kann, etwa weil die Behörde außerstande ist, sich die Kenntnis von ausschließlich in der Sphäre der Partei liegenden Umständen von Amts wegen zu beschaffen. Die Verweigerung der Mitwirkung an der Feststellung des Sachverhaltes ist nur dann berechtigt, wenn hiefür ausreichende Gründe vorliegen oder der Partei der Nachweis gelingt, dass die behördlichen Anordnungen den Bestimmungen des § 39 Abs. 2 AVG widerstreitet, also dass sie unbegründet angeordnet worden sind (vgl. VwGH 20.11.2019, Ro 2019/03/0022, mwN).
3.2. Zu Spruchpunkt A II. Zurückverweisung
Die belangte Behörde hat in Hinblick auf die vorgebrachten in bar ausbezahlten Entgeltsbestandteile jede Ermittlung des Sachverhalts unterlassen.
Von den im verfahrensgegenständlichen Zeitraum durchschnittlich 95 von der GPLA-Prüfung betroffenen LKW-Lenker wurden von der belangten Behörde keiner einvernommen, sondern in den Feststellungen lediglich Bezug genommen, auf die Angaben der 12 Personen, die von der Finanzbehörde befragt worden waren. Von diesen gaben 6 an, Bargeld erhalten zu haben, drei wussten davon, gaben aber an, nichts erhalten zu haben, und drei gaben an, weder davon gewusst noch Zahlungen erhalten haben.
Es fehlen daher alle Ermittlungen zur gegenständlichen Frage ob und in welchem Umfang tatsächlich Dienstnehmer einen Entgeltsanteil in bar erhalten haben, ohne dass für diese Abgaben entrichtet wurden.
Gemäß § 28 Abs 3 2. Satz VwGVG kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen, sofern die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhaltes unterlassen hat.
Der Verwaltungsgerichtshof hat wiederholt hervorgehoben (vgl etwa VwGH 10.09.2014, Ra 2014/08/0005), dass selbst Bescheide, die in der Begründung dürftig sind, keine Zurückverweisung der Sache rechtfertigen, wenn brauchbare Ermittlungsergebnisse vorliegen, die im Zusammenhalt mit einer allenfalls durchzuführenden Verhandlung (§ 24 VwGVG) zu vervollständigen sind.
In § 28 VwGVG ist ein prinzipieller Vorrang der meritorischen Entscheidungspflicht der Verwaltungsgerichte normiert, weswegen die in § 28 Abs 3 zweiter Satz leg cit vorgesehene Möglichkeit der Kassation eines verwaltungsbehördlichen Bescheides streng auf ihren gesetzlich zugewiesenen Raum zu beschränken ist (VwGH 17.12.2014, Ro 2014/03/0066, mwN). Von der Möglichkeit der Zurückverweisung kann nur bei krassen bzw besonders gravierenden Ermittlungslücken Gebrauch gemacht werden (VwGH 27.01.2015, Ra 2014/22/0087, mwN). Eine Zurückverweisung der Sache an die Verwaltungsbehörde zur Durchführung notwendiger Ermittlungen kommt daher nur dann in Betracht, wenn die Verwaltungsbehörde jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen hat, wenn sie zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhalts (vgl § 37 AVG) lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt oder bloß ansatzweise ermittelt hat. Gleiches gilt, wenn konkrete Anhaltspunkte annehmen lassen, dass die Verwaltungsbehörde (etwa schwierige) Ermittlungen unterließ, damit diese dann durch das Verwaltungsgericht vorgenommen werden (VwGH 12.11.2014, Ra 2014/20/0029, mwN; 06.07.2016, Ra 2015/01/0123).
Gegenständlich hat die belangte Behörde jegliche Ermittlung des maßgeblichen Sachverhalts über die Feststellung von in bar ausbezahlten Entgeltsanteilen unterlassen.
Im Rahmen des fortgesetzten Verfahrens wird die belangte Behörde eine repräsentative Anzahl von LKW-Lenkern, gegliedert nach aus dem Dienstverhältnis ausgeschiedenen und noch im Dienstverhältnis befindlichen Dienstnehmern, Zeitpunkt des Einstieges in das Unternehmen und Dauer des Dienstverhältnisses, zum vorgebrachten Erhalt von Barzahlungen und deren Höhe einzuvernehmen habe.
Aus den von der belangten Behörde herangezogenen Vernehmungsprotokollen, kann nicht geschlossen werden, dass sämtliche LKW-Lenker einen Teil des Entgelts in bar erhalten habe, da lediglich 25% angaben, monatliche Kuverts mit Bargeld erhalten zu haben.
Auf Basis dieser ergänzenden Ermittlungen wird die belangte Behörde im Weiteren neuerlich bescheidmäßig über die allfällig nachzuverrechnenden Beiträge abzusprechen haben.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (sh. Punkt 3.1.1. und 3.2) ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Die gesetzlichen Bestimmungen sowie die entsprechende Judikatur wurden ausführlich erörtert (sh. Punkt 3.1.1. und 3.2)
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