BVwG L524 2213998-1

BVwGL524 2213998-12.7.2019

B-VG Art. 133 Abs4
GGG Art. 1 §2 Z4
GGG Art. 1 §26 Abs5
GGG Art. 1 §32 TP 9 litb Z4
VwGVG §28 Abs2
VwGVG §28 Abs5

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2019:L524.2213998.1.00

 

Spruch:

L524 2213998-1/2E

 

IM NAMEN DER REPUBLIK!

 

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Veronika SANGLHUBER, LL.B. über die Beschwerde der XXXX , vertreten durch Dr. Georg Zehetmayer, öffentlicher Notar, Pflegerplatz 4, 5400 Hallein, gegen den Bescheid des Präsidenten des Landesgerichts Salzburg vom 03.12.2018, Zl. 100 Jv 116/18t-33, betreffend Eintragungsgebühr, zu Recht:

 

A) Der Beschwerde wird stattgegeben und der angefochtene Bescheid

ersatzlos aufgehoben.

 

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

 

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

 

I. Verfahrensgang:

 

1. Mit Vermessungsurkunde vom 16.05.2011 wurde hinsichtlich der EZ 116, KG XXXX , das Grundstück 422 in dieses und den Teil 1 im Ausmaß von 61 m² geteilt sowie das Grundstück 424 in dieses und den Teil 2 im Ausmaß von 23 m² geteilt. Mit Kaufvertrag vom 31.12.2012 kaufte die Beschwerdeführerin Teil 1 und Teil 2 zum Kaufpreis von € 7.560,-

(€ 90,-/m²). Diese Grundstücksteile wurden dem Grundstück 420, EZ 219, KG XXXX , zugeschrieben.

 

Mit ERV-Antrag vom 22.05.2014, TZ 1395/2014, beantragte die Beschwerdeführerin die Bewilligung der Grundstücksveränderungen. Mit Beschluss des Bezirksgerichts vom 28.05.2014 wurden die Grundstücksveränderungen antragsgemäß bewilligt. Für die Eintragung des Erwerbs des Eigentumsrechts entrichtete die Beschwerdeführerin am 16.06.2014 eine Gebühr von € 84,-.

 

2. Am 24.09.2018 erfolgte eine Beanstandung der Gebühren-Kostenberechnung, da für die Pfandrechtsausdehnung infolge der Pfandkörperausdehnung keine Eintragungsgebühr entrichtet worden sei.

 

3. Mit Lastschriftanzeige vom 25.09.2018, 571 TZ 1395/2014 - VNR 3, wurde der Beschwerdeführerin für die Pfandrechtsausdehnung infolge Pfandkörperausdehnung die Eintragungsgebühr laut TP 9 lit. b Z 4 GGG in Höhe von € 7.800,- zur Zahlung vorgeschrieben. Dem kam die Beschwerdeführerin nicht nach.

 

4. Mit Zahlungsauftrag (Mandatsbescheid) vom 08.11.2018, 571 TZ 1395/2014 - VNR 3, wurde der Beschwerdeführerin aufgetragen, für die Pfandrechtsausdehnung infolge Pfandkörperausdehnung die Eintragungsgebühr laut TP 9 lit. b Z 4 GGG in Höhe von € 7.800,-

sowie die Einhebungsgebühr gemäß § 6a Abs. 1 GEG in Höhe von € 8,-, somit insgesamt € 7.808,- binnen 14 Tagen zu entrichten.

 

5. Gegen diesen Zahlungsauftrag erhob die Beschwerdeführerin fristgerecht Vorstellung.

 

6. Mit dem angefochtenen Bescheid des Präsidenten des Landesgerichts Salzburg vom 03.12.2018, Zl. 100 Jv 116/18t-33, wurde der Beschwerdeführerin die Eintragungsgebühr laut TP 9 lit. b Z 4 GGG für die Pfandrechtsausdehnung infolge Pfandkörperausdehnung in Höhe von € 7.800,-, zuzüglich der Einhebungsgebühr gemäß § 6a Abs. 1 GEG in Höhe von € 8,-, somit insgesamt ein Betrag von € 7.808,- zur Zahlung binnen 14 Tagen vorgeschrieben.

 

Begründend wurde ausgeführt, dass der mit einem Pfandrecht belasteten Liegenschaft EZ 219 zwei Grundstücksteile im Ausmaß von insgesamt 84 m², die einen Verkehrswert von € 7.560,- aufweisen, zugeschrieben worden seien. Diese Übertragung führe zu einer Änderung der Verkehrswerte der betroffenen Liegenschaften und sei auch nicht geringfügig. Eine Befreiungsbestimmung komme daher nicht zur Anwendung. Es sei eine Eintragung zum Erwerb des Pfandrechts unter gleichzeitiger Änderung des Eigentumsrechts vorgenommen worden, weshalb eine Eintragungsgebühr auf Basis einer Bemessungsgrundlage von € 650.000,- zu entrichten sei.

 

7. Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin fristgerecht Beschwerde. Darin wird im Wesentlichen vorgebracht, dass sich durch die Zu- und Abschreibung die Werte der betroffenen Grundstücke nicht ändern würden. Insgesamt würden 84 m² zu einem bislang 2.492 m² großen Grundstück zugeschrieben. Das neue Grundstück werde daher um 3,4 % größer. Daher hätte die belangte Behörde die Anmerkung 12 lit. d zu TP 9 GGG anwenden müssen und keine Eintragungsgebühr vorschreiben dürfen. Eventualiter sei Anmerkung 10 zu TP 9 GGG anzuwenden. Die Auffassung der belangten Behörde, dass diese Anmerkung auf vor dem 01.01.2016 verwirklichte Sachverhalte nicht anzuwenden sei, sei nicht richtig. Durch diese Anmerkung hätte eine Rechtsunsicherheit gesetzlich klargestellt werden sollen und für die bewährte Praxis, nämlich die Nichtvorschreibung von Gebühren, hätte eine rechtliche Grundlage geschaffen werden sollen. Es sei daher allenfalls die Gebühr nur vom Wert des zugeschriebenen Bestandteiles zu berechnen.

 

8. Dem Bundesverwaltungsgericht wurde mit Schreiben vom 29.01.2019, eingelangt am 04.02.2019, die Beschwerde samt Verwaltungsakt (in Kopie) vorgelegt.

 

II. Feststellungen:

 

Mit Vermessungsurkunde vom 16.05.2011 wurde hinsichtlich der EZ 116, KG XXXX , das Grundstück 422 in dieses und den Teil 1 im Ausmaß von 61 m² geteilt sowie das Grundstück 424 in dieses und den Teil 2 im Ausmaß von 23 m² geteilt. Mit Kaufvertrag vom 31.12.2012 kaufte die Beschwerdeführerin die Trennstücke Teil 1 und Teil 2 zum Kaufpreis von € 7.560,- (€ 90,-/m²).

 

Diese Grundstücksteile wurden dem mit einem Pfandrecht belasteten Grundstück 420, EZ 219, KG XXXX , zugeschrieben. Die EZ 219 ist mit einem Pfandrecht im Höchstbetrag von € 650.000,- belastet.

 

Mit ERV-Antrag vom 22.05.2014, TZ 1395/2014, beantragte die Beschwerdeführerin die Bewilligung der Grundstücksveränderungen. Mit Beschluss des Bezirksgerichts vom 28.05.2014 erfolgte die antragsgemäße Bewilligung. Für die Eintragung des Erwerbs des Eigentumsrechts entrichtete die Beschwerdeführerin am 16.06.2014 eine Gebühr von € 84,-.

 

III. Beweiswürdigung:

 

Die Feststellungen zum maßgeblichen Sachverhalt ergeben sich aus dem Kaufvertrag vom 31.12.2012, dem ERV-Antrag vom 22.05.2014, dem Beschluss des Bezirksgerichts vom 28.05.2014, einem Grundbuchsauszug und der Vermessungsurkunde vom 16.05.2011. Der Sachverhalt ist aktenkundig, unstrittig und deshalb erwiesen.

 

IV. Rechtliche Beurteilung:

 

Zu A) Stattgabe der Beschwerde:

 

1. Gemäß § 2 Z 4 GGG wird der Anspruch des Bundes auf die Gebühr hinsichtlich der Gebühren für die Eintragung in die öffentlichen Bücher mit der Vornahme der Eintragung begründet.

 

Die maßgeblichen Bestimmungen des Gerichtsgebührengesetzes (GGG) in der für den vorliegenden Fall gültigen Fassung lauten daher:

 

Gemäß § 26 Abs. 5 GGG bestimmt sich bei der Eintragung zum Erwerb eines Pfandrechtes und bei der Anmerkung der Rangordnung für eine beabsichtigte Verpfändung der Wert nach dem Nennbetrag (Höchstbetrag, § 14 Abs. 2 GBG 1955) der Forderung einschließlich der Nebengebührensicherstellung. Bei Afterpfandrechten kann dieser Wert nie größer sein als der der belasteten Forderung.

 

Gemäß TP 9 lit. b Z 4 GGG beträgt bei Eintragungen zum Erwerb des Pfandrechts die Höhe der Gebühr 1,2 % vom Wert des Rechts.

 

Die Anmerkungen zu TP 9 lit. b GGG lauten:

 

"5. - 8. [...]

 

9. Als Eintragung nach Tarifpost 9 lit. b Z 4 gelten auch die Vormerkung eines Pfandrechtes und die Übertragung einer Forderung oder eines Pfandrechtes.

 

10. (Anm.: aufgehoben durch BGBl. Nr. 694/1991)

 

11. Wird an einer nicht verbücherten Liegenschaft oder an einem Bauwerk das Eigentumsrecht oder ein Pfandrecht durch gerichtliche Hinterlegung der Urkunde über das Erwerbsgeschäft (§§ 434 bis 437, 451 Abs. 2 ABGB) oder ein Pfandrecht durch pfandweise Beschreibung (§§ 90 bis 95 EO) erworben, so ist für die gerichtliche Hinterlegung der Urkunde oder die pfandweise Beschreibung dieselbe Gebühr zu entrichten wie für die bücherliche Eintragung des Rechtes. Das gleiche gilt für die Einreihung der Protokollabschrift über den Zuschlag (§ 183 EO). Hingegen ist die Einreihung von Urkunden, aus der die Löschung solcher Rechte hervorgeht, gebührenfrei.

 

12. Von der Eintragungsgebühr sind befreit:

 

a) Eintragungen von anderen als in Tarifpost 9 lit. b angeführten Rechten;

 

b) Eintragungen der Anmerkung der Rangordnung der beabsichtigten Verpfändung nach § 53 Abs. 1 letzter Satz GBG 1955;

 

c) Abschreibungen oder Zuschreibungen ohne Änderung des Eigentumsrechtes;

 

d) (Anm.: aufgehoben durch BGBl. Nr. 201/1996)

 

e) die Eintragung einer Ersatzhypothek nach § 222 EO."

 

2. Im vorliegenden Fall erfolgte eine Zuschreibung von Grundstücksteilen zu einem mit einem Höchstbetragspfandrecht belasteten Grundstück.

 

Die belangte Behörde führt aus, dass die Gebühr für die Eintragung zum Erwerb des Pfandrechts mit der Vornahme der Eintragung im Grundbuch am 28.05.2014 entstanden sei.

 

Die Beschwerde bringt vor, dass die belangte Behörde die Anmerkung 12 lit. d zu TP 9 GGG hätte anwenden müssen und keine Eintragungsgebühr hätte vorschreiben dürfen. Eventualiter hätte die belangte Behörde Anmerkung 10 zu TP 9 GGG anwenden müssen. Diesbezüglich ist festzuhalten, dass sich die Beschwerde damit auf zwei Anmerkungen bezieht, die auf Grund der Gerichtsgebühren-Novelle 2015 (GGN 2015) in das GGG eingefügt wurden. Aus den Übergangsbestimmungen in Art. VI Z 62 GGG ergibt sich, dass die Tarifposten 1 bis 10 und 12 bis 13a in der Fassung der Gerichtsgebühren-Novelle 2015, BGBl. I Nr. 156/2015 mit 1. Jänner 2016 in Kraft treten und auf Fälle anzuwenden sind, in denen der Gebühren auslösende Sachverhalt nach dem 31. Dezember 2015 abschließend verwirklicht wird. Im vorliegenden Fall wurde der Gebühren auslösende Sachverhalt im Mai 2014 verwirklicht, weshalb die Anmerkungen 10 und 12 idF der GGN 2015 auf den vorliegenden Fall nicht anzuwenden sind. Aus diesem Grund hat daher auch die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid in Verkennung der Rechtslage Anmerkung 12 lit. d idF der GGN 2015 geprüft und das Vorliegen der Voraussetzungen dieser Gebührenbefreiung verneint.

 

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes knüpft die Gerichtsgebührenpflicht bewusst an formale äußere Tatbestände an, um eine möglichst einfache Handhabung des Gesetzes zu gewährleisten. Eine ausdehnende oder einschränkende Auslegung des Gesetzes, die sich vom Wortlaut insoweit entfernt, als sie über das Fehlen eines Elementes des im Gesetz umschriebenen Tatbestandes, an den die Gebührenpflicht oder die Ausnahme hievon geknüpft ist, hinwegsieht, würde diesem Prinzip nicht gerecht werden (vgl. VwGH 29.04.2013, 2012/16/0063).

 

Der eindeutige Wortlaut des § 26 Abs. 5 GGG stellt auf eine Eintragung zum Erwerb eines Pfandrechtes ab. Auch TP 9 lit. b Z 4 GGG stellt auf Eintragungen zum Erwerb des Pfandrechts ab. Die Gebührenpflicht knüpft somit an eine erfolgte Eintragung zum Erwerb eines Pfandrechtes an. Im vorliegenden Fall wurde mit Beschluss des Bezirksgerichts vom 28.05.2014 eine Grundstücksveränderung bewilligt. Dabei handelt es sich um eine Eintragung zum Erwerb des Eigentumsrechts und hierfür wurde auch eine Eintragungsgebühr entrichtet. Mit besagtem Beschluss des Bezirksgerichts erfolgte aber keine Eintragung zum Erwerb eines Pfandrechts. Es liegt daher kein - eine Eintragung zum Erwerb eines Pfandrechtes - Gebühren auslösender Sachverhalt vor.

 

Der Beschwerde war damit - im Ergebnis - stattzugeben und der angefochtene Bescheid ersatzlos aufzuheben.

 

3. Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG entfallen. Im vorliegenden Fall lässt die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten und die Notwendigkeit der Durchführung einer Verhandlung ist auch im Hinblick auf Art. 6 Abs. 1 EMRK und Art. 47 GRC nicht ersichtlich (vgl. dazu auch VwGH 26.06.2003, 2000/16/0305, wonach die Durchführung einer mündlichen Verhandlung im Verfahren zur Vorschreibung/Einbringung von Gerichtsgebühren nicht erforderlich ist).

 

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

 

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die hier anzuwendenden Regelungen erweisen sich als klar und eindeutig (vgl. VwGH 27.11.2018, Ra 2018/08/0225).

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