B-VG Art133 Abs4
GEG §6a Abs1
GEG §9
GGG Art1 §1 Abs1
GGG Art1 §2 Z3 litb
GGG Art1 §32 TP7
GGG Art1 §7 Abs1
VwGVG §13
VwGVG §28 Abs2
European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2022:L521.2259741.1.00
Spruch:
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter MMag. Mathias Kopf, LL.M. über die Beschwerde des XXXX , vertreten durch XXXX , Rechtsanwältin in 5020 Salzburg, XXXX , als gerichtlich bestellte Erwachsenenvertreterin, gegen den Bescheid des Präsidenten des Landesgerichtes Salzburg vom 16.08.2022, Zl. 710 Jv 1427/22b-33, betreffend Festsetzung von Gerichtsgebühren zu Recht:
A)
1. Der Antrag, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wird als unzulässig zurückgewiesen.
2. Die Beschwerde wird im Umfang des Hauptbegehrens und des ersten Eventualbegehrens als unbegründet abgewiesen. Die weiters in der Beschwerde gestellten Anträge werden zurückgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Mit in Rechtskraft erwachsenem Beschluss des Bezirksgerichtes Salzburg vom 11.10.2021, 43 P XXXX , wurde die Rechnungslegung der gerichtlich bestellten Erwachsenenvertreterin des Beschwerdeführers pflegschaftsgerichtlich bestätigt und der Erwachsenenvertreterin eine zeitraumbezogene Entschädigung von EUR 3.388,00 sowie ein Barauslagenersatz von EUR 500,00 zuerkannt.
2. Nach erfolgloser Vorschreibung mittels Lastschriftanzeige wurde der Beschwerdeführer mit Zahlungsauftrag (Mandatsbescheid) vom 22.06.2022 zur Zahlung von Pauschalgebühr gemäß TP 7 Z. III lit. c Z. 2 GGG im Betrag von EUR 847,00 sowie einer Einhebungsgebühr gemäß § 6a Abs. 1 GEG in Höhe von EUR 8,00 binnen 14 Tagen bei sonstiger zwangsweiser Einbringung verhalten.
3. Der Beschwerdeführer erhob dagegen mit Schriftsatz vom 08.07.2022 Vorstellung und brachte vor, aufgrund geringer Einkünfte die Gebührenbefreiung nach TP 7 Anm 8 GGG anzusprechen.
4. Infolgedessen erließ der Präsident des Landesgerichts Salzburg den angefochtenen Bescheid vom 16.08.2022, womit der Beschwerdeführer neuerlich zur Zahlung von Pauschalgebühr gemäß TP 7 Z. III lit. c Z. 2 GGG im Betrag von EUR 847,00 sowie einer Einhebungsgebühr gemäß § 6a Abs. 1 GEG in Höhe von EUR 8,00, somit eines Gesamtbetrages von EUR 855,00, binnen 14 Tagen bei sonstiger zwangsweiser Einbringung verpflichtet.
Begründend wird nach Wiedergabe des entscheidungsrelevanten Sachverhaltes und der zur Anwendung gelangenden Rechtsvorschriften im Wesentlichen ausgeführt, dass im Anlassfall zwar die jährlichen Einkünfte den in TP 7 Anm 8 GGG angeführten Betrag nicht übersteigen würden. Allerdings verfüge der Beschwerdeführer über Sparguthaben von EUR 57.817,64, sodass die Gebührenbefreiung gemäß TP 7 Anm 8 GGG nicht zum Tragen komme.
5. Gegen den vorstehend angeführten und der Erwachsenenvertreterin des Beschwerdeführers am 17.08.2022 zugestellten Bescheid des Präsidenten des Landesgerichts Salzburg richtet sich die fristgerecht eingebrachte Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht.
Begründend wird im Wesentlichen ausgeführt, „sämtliches rechtliches Handeln Österreich muss den Grundsätzen des § 1 Abs. 1 Rechts-Überleitungsgesetzes entsprechen“ und daher müssten alle Rechtsvorschriften mit dem Bestand eines freien und unabhängigen Staates Österreich oder mit den Grundsätzen einer echten Demokratie vereinbar sein bzw. müssten diesen entsprechen. Die Gerichtsgebühren wären zu hoch bemessen und es werde damit „faktisch das Rechtsstaatlichkeitsprinzip gemäß Artikel 18 B-VG umgangen“. Die Einhebung derartiger Gebühren stelle eine „faktische Vereitelung des Zugangs zur Rechtsprechung“ dar, da nicht mehr inhaltliche Fragen, sondern finanzielle Fragen im Vordergrund stehen würden. Ein Rechtsanwalt sei außerdem durch § 4 Abs. 4 GGG dazu gezwungen, ein Abbuchungskonto anzugeben und die Gerichte zum Gebühreneinzug zu ermächtigen. Ein Einhebungsverfahren wie das hier gegenständliche könne nur durch die Angabe eines „leeren Konto[s]“ herbeigeführt werden, was wiederum ein nach standesrechtlichen Vorschriften verpöntes Verhalten darstellen würde. Das Erfordernis der zwingenden Angabe eines Abbuchungskontos widerspreche der „Entscheidung der Europäischen Gerichte“, wonach ein Rechtsanwalt nicht zur Haftung für Gerichtsgebühren herangezogen werde dürfe. Aus denselben Gründen erweise sich die Einhebung des Mehrbetrages gemäß § 31 GGG als nicht zulässig. Die Beschwerdeführerin beabsichtige, im gegenständlichen Verfahren den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte anzurufen und habe deshalb die fehlgeschlagene Abbuchung von Gerichtsgebühren herbeiführen müssen.
In weiterer Folge widmet sich die Beschwerde mit umfangreichen Ausführungen dem Risiko der Zahlungsunfähigkeit des Prozessgegners nach dem Obsiegen im Grundverfahren (sodass sich der „Gewinner die Gerichtskosten in die Haare schmieren“ könne), den „extrem hohen zuzusprechenden Anwaltsgebühren“, der Abgabenquote in Österreich im Allgemeinen und einer behaupteten Verfassungswidrigkeit des Systems der Gerichtsgebühren im Besonderen, die eine „unzulässige Steuer“ darstellen würden. Eine „Gebühr von 571,00 Euro“ erscheine auf den ersten Blick nicht allzu hoch. Jedoch wäre eine maximale Gebühr „zwischen 20,00 und 30,00 Euro .. hier völlig ausreichend“.
Beantragt werde, das Bundesverwaltungsgericht wolle die Rechtssache dem Gerichtshof der Europäischen Union gemäß Art. 267 AEUV zur Vorabentscheidung vorliegen bzw. einen Gesetzesprüfungsantrag gemäß Art. 140 B-VG stellen und darüber hinaus den angefochtenen Bescheid aufheben, da „damit der Zugang zum Recht vereitelt wird und es keine grundrechtsentsprechende Rechtfertigung dafür gibt, ein Verwaltungsverfahren wie das gegenständliche sowie einen Antrag gem. § 9 GEG durch automatischen Abzug vom Konto des Rechtsanwaltes faktisch zu vereiteln“, hilfsweise „die Gebühren herabsetzen, da diese in keinem Verhältnis zum Arbeitsaufwand stehen“, ferner hilfsweise die Stundung „bis zum Abschluss des Grundverfahrens“ sowie die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde „bis zur rechtskräftigen Entscheidung in dieser Angelegenheit“. Ein Antrag der Erwachsenenvertreterin auf Bewilligung der Verfahrenshilfe sei abgewiesen worden und es sei die Begleichung der Gebühren „von EUR 601,00“ aufgrund deren Höhe als „besondere Härte für die hier Beschwerdeführerin“ zu werten.
Das Verlangen nach Einleitung eines Vorabentscheidungsverfahrens gemäß Art. 267 AEUV sowie eines Gesetzprüfungsverfahrens gemäß Art. 140 B-VG wird damit begründet, dass „wegen der exorbitanten Grundkosten“ ein verfassungs- und gemeinschaftsrechtswidriger Eingriff in das Eigentum bestehen würde.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Dem Beschwerdeführer wurde im Verfahren XXXX des Bezirksgerichtes Salzburg die im gegenständlichen Verfahren einschreitende Erwachsenenvertreterin beigegeben.
1.2. Mit in Rechtskraft erwachsenem Beschluss des Bezirksgerichtes Salzburg vom 11.10.2021, XXXX , wurde die Rechnungslegung der gerichtlich bestellten Erwachsenenvertreterin des Beschwerdeführers für den Zeitraum 01.07.2019 bis 30.06.2021 pflegschaftsgerichtlich bestätigt das Bezirksgericht Salzburg stellte fest, dass sich das Vermögen des Beschwerdeführers per 30.06.2021 aus Guthaben bei Kreditinstituten in der Hohe von EUR 12.813,75 (auf eine Girokonto) und von EUR 45.003,89 (auf einem Sparkonto) zusammensetzt (Spruchpunkt 1).
Darüber hinaus wurde der Erwachsenenvertreterin auf ihren Antrag hin eine zeitraumbezogene Entschädigung von EUR 3.388,00 sowie ein Barauslagenersatz von EUR 500,00 zuerkannt (Spruchpunkt 2).
1.3. Der Beschluss des Bezirksgerichtes Salzburg vom 11.10.2021, XXXX , wurde am 18.10.2021 rechtswirksam zugestellt.
1.4. Der Beschwerdeführer verfügt neben dem in Punkt 1.2. angeführten Sparguthaben über eine Waisenpension von monatlich EUR 367,88.
2. Beweiswürdigung:
2.1. Die vorstehend getroffenen Feststellungen beruhen auf dem Inhalt der seitens der Justizverwaltungsbehörde vollständig vorgelegten Akten des justizverwaltungsbehördlichen Verfahrens 710 Jv 1427/22b des Präsidenten des Landesgerichtes Salzburg, der Kopien der wesentlichen Aktenteile des Grundverfahrens XXXX des Bezirksgerichtes Salzburg enthält.
2.2. Der entscheidungswesentliche Sachverhalt ist im Rechtsmittelverfahren nicht strittig, zumal sich die Beschwerde lediglich gegen die – aus Sicht des Beschwerdeführers – „zu hoch bemessenen Gerichtsgebühren“ und die Bestimmungen des Elektronischen Rechtsverkehrs im Allgemeinen wendet und die Rechtsmittelschrift lediglich aus Textbausteinen besteht, die die einschreitende Erwachsenenvertreterin bereits in zahlreichen weiteren (vorwiegend in eigenem Namen geführten) Beschwerdeverfahren herangezogen hat.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A)
3.1. Eine rechtzeitig eingebrachte und zulässige Beschwerde an das Verwaltungsgericht gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG hat gemäß § 13 Abs. 1 VwGVG kraft Gesetzes aufschiebende Wirkung.
Der in diesem Verfahren angefochtene Bescheid des Präsidenten des Landesgerichtes Salzburg vom 16.08.2022, Zl. 710 Jv 1427/22b-33, enthält keinen Abspruch über eine Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht gemäß § 13 Abs. 2 VwGVG. Der gegenständlichen Beschwerde kommt somit bereits kraft Gesetzes aufschiebende Wirkung zu. Eine gesetzliche Grundlage für einen (weiteren) Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung, wenn der Beschwerde ohnehin kraft Gesetzes aufschiebende Wirkung zukommt, besteht nicht. Der Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung ist somit als unzulässig zurückzuweisen.
3.2. Gemäß § 1 Abs. 1 Gerichtsgebührengesetz (GGG), BGBl. Nr. 501/1984 in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung BGBl. I Nr. 147/2021, unterliegt die Inanspruchnahme der Tätigkeit der Gerichte, Staatsanwaltschaften und Justizverwaltungsbehörden einschließlich der an diese gerichteten Eingaben sowie die Führung der öffentlichen Bücher, Urkundensammlungen sowie einsichtsfähigen Register den Gerichts- und Justizverwaltungsgebühren im Sinne des GGG nach Maßgabe des angeschlossenen, einen Bestandteil des GGG bildenden Tarifs.
Der Anspruch des Bundes auf die Pauschalgebühr wird § 2 Z. 3 lit. b GGG zufolge bei Pflegschaftssachen nach Tarifpost 7 Z I lit. c mit der Zustellung der Entscheidung an den gesetzlichen Vertreter begründet.
Zahlungspflichtig ist gemäß § 7 Abs. 1 Z 4 GGG iVm TP 7 Anm 3 lit. c GGG die Person, in deren Interesse die Prüfung durch das Gericht erfolgt.
Die Pauschalgebühr für Verfahren über die Bestätigung der Pflegschaftsrechnung volljähriger schutzberechtigter Personen (§ 137 AußStrG) beträgt TP 7 Z. III lit. c Z. 2 GGG zufolge ein Viertel der Entschädigung, die der Person zuerkannt wird, der die Vermögensverwaltung obliegt, mindestens jedoch 93 Euro.
Verfahren über die Bestätigung der Pflegschaftsrechnung sind auf Antrag der Partei gemäß TP 7 Anm 8 dann gebührenfrei, wenn aus der Pflegschaftsrechnung als einziges Vermögen Sparguthaben bis zu 22.400,00 Euro ersichtlich sind und die ausgewiesenen jährlichen Einkünfte § 276 Abs. 1 ABGB) 14.834,00 Euro nicht übersteigen.
Im gegenständlichen Fall steht aufgrund des in Rechtskraft erwachsenem Beschlusses des Bezirksgerichtes Salzburg vom 11.10.2021, XXXX , für das Einbringungsverfahren bindend fest, dass der Beschwerdeführer über Sparguthaben von EUR 12.813,75 und EUR 45.003,89 verfügt. Die erste der zwei kumulativ erforderlichen Voraussetzungen für die in TP 7 Anm 8 vorgesehene Gebührenbefreiung liegt somit nicht vor, da der Beschwerdeführer eben über Sparguthaben von mehr als EUR 22.400,00 verfügt.
Darüber hinaus wurde mit dem bereits angeführten Beschluss des Bezirksgerichtes Salzburg vom 11.10.2021, XXXX , die Entschädigung der der Erwachsenenvertreterin mit EUR 3.388,00 zuzüglich eines Barauslagenersatzes von EUR 500,00 bestimmt. Die Pauschalgebühr für die Bestätigung der Pflegschaftsrechnung beträgt daher gemäß TP 7 Z. III lit. c Z. 2 GGG EUR 847,00. Das Entstehen der Gebührenschuld wird im erhobenen Rechtsmittel nicht angezweifelt. Zahlungspflichtig ist allerdings gemäß § 7 Abs. 1 Z 4 GGG iVm TP 7 Anm 3 lit. c GGG der Beschwerdeführer und nicht – wie in der Beschwerde insinuiert wird – die bestellte Erwachsenenvertreterin.
Die Festsetzung einer Einhebungsgebühr im Betrag EUR 8,00 begegnet in Anbetracht des § 6a Abs. 1 GEG keinen Bedenken, zumal die gegenständliche Pauschalgebühr auch nach Übermittlung zweier Lastschriftanzeige nicht entrichtet wurde, sodass ein Zahlungsauftrag zu erlassen war.
3.3. Der Beschwerdeführer setzt der mit dem angefochtenen Bescheid rechtsrichtig erfolgten Festsetzung von Pauschalgebühren der Sache nach nichts Substantiiertes entgegen. Vielmehr offenbart die unrichtige Bezifferung der Gebührenschuld mit „EUR 601,00“ an einer Stelle und 571,00 Euro“ an einer anderen Stelle die unreflektierte Verwendung der aus zahlreichen anderen Rechtsmitteln der bestellten Erwachsenenvertreterin bereits wohlbekannten Textbausteine. Dem Beschwerdevorbringen ist insbesondere entgegenzuhalten, dass die Erwachsenenvertreterin selbst nicht zahlungspflichtig ist und für die festgesetzte Pauschalgebühr ein hinreichender Haftungsfonds besteht. Die Pauschalgebühr wird auch nicht von einem Einziehungskonto der Erwachsenenvertreterin abgebucht und es liegt der Gebührenfestsetzung auch kein im Wege des elektronischen Rechtsverkehrs eingebrachter Schriftsatz zugrunde. Die bezughabenden weitwendigen Beschwerdeausführungen gehen an der Sache des Beschwerdeverfahrens vorbei.
Auf die weitwendigen Ausführungen in der Beschwerde über verfassungs- und europarechtliche Bedenken gegen das System der „überhöhten Gerichtsgebühren, für die es oftmals nur aufgrund des Streitwertes keine sachliche Rechtfertigung gibt“ ist nicht im Detail einzugehen, zumal es der Erwachsenenvertreterin freisteht, die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts anzurufen (von dieser bereits oftmals angekündigten Möglichkeit hat die Erwachsenenvertreterin bislang allerdings nie Gebrauch gemacht). Das Bundesverwaltungsgericht weist jedoch darauf hin, dass dem Gesetzgeber bei der Festsetzung und Bemessung von Gerichtsgebühren nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes ein weiter rechtspolitischer Gestaltungsspielraum zukommt und es ihm freisteht, im Hinblick auf die Kostenwahrheit und das Verursacherprinzip Gebühren für die Inanspruchnahme der Gerichte vorzusehen (vgl. VfSlg. 19.590/2011, 19.666/2012, 19.943/2014; VfGH 07.03.2018, G 97/2017).
Gerichtsgebühren sind nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes auch nicht als Gegenleistungen für konkrete Leistungen konzipiert und unterliegen als solche keinem strengen (Kosten-)Äquivalenzprinzip, das die Erzielung fiskalischer Erträge für den Steuergläubiger ausschließt. (vgl. VfGH 18.06.2018, E 421/2018; VfSlg 17.958/2006). Bei Gerichtsgebühren ist insbesondere eine strenge Äquivalenz im Einzelfall in dem Sinn, dass die Gebühren dem bei Gericht verursachten Aufwand entsprechen müssten, nicht erforderlich Die Bemessung der Gerichtsgebühren nach dem Streitwert bzw. betriebenen Anspruch im Grundverfahren dient der Vereinfachung und Beschleunigung des Verfahrens und ist verfassungsrechtlich unbedenklich (VfGH 24.11.2016, E 2822/2016; 30.06.2012, G 14/12).
Soweit vorgebracht wird, dass die Gerichtsgebühren den Zugang zum Recht beeinträchtigen und damit gegen Art. 6 und 13 EMRK verstoßen würden, ist dem entgegenzuhalten, dass der Verfassungsgerichtshof in dieser Hinsicht die Institute der Verfahrenshilfe im Sinne der §§ 63 ff ZPO, der Stundung gemäß § 9 Abs. 1 GEG sowie des Nachlasses von Gerichtsgebühren gemäß § 9 Abs. 2 GEG als hinreichend angesehen hat, um besondere Härten für den Zahlungspflichtigen abzuwenden (VfGH 01.03.2007, B 301/06). Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat in seinem Urteil vom 09.12.2010, Urbanek gegen Österreich, Nr. 35123/05, erkannt, dass das Gerichtsgebührensystem in Österreich ein ausreichendes Maß an Flexibilität sichert, da im Wege der Verfahrenshilfe eine Gebührenbefreiung erlangt werden kann und § 9 Abs. 1 und 2 GEG ebenfalls Maßnahmen vorsähen, die zu einer gewissen Beweglichkeit des Systems beitragen würden (Rn 63 und 64). Die Gerichtsgebühren in Österreich bewirken somit aus Sicht des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte keine Verletzung von durch die EMRK gewährleisteten Rechten. Nichts Anderes hat im Übrigen für den gegenständlichen Fall zu gelten, in welchem ebenfalls noch ein Vorgehen nach § 9 Abs. 1 und Abs. 2 GEG offensteht. Dazu tritt, dass die in TP 7 Anm 8 vorgesehene Gebührenbefreiung Härtefälle ausschließt. Die gegenwärtige Ausgestaltung der Pauschalgebühren für die Bestätigung der Pflegschaftsrechnung ist aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes nicht unsachlich.
Zu einer Antragstellung nach Art. 140 B-VG sieht sich das Bundesverwaltungsgericht in Anbetracht der zitierten ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes nicht veranlasst, umso mehr, als die materiellrechtlichen Vorschriften des GGG in diesem Verfahren – in dem es um die Verspätung eines Rechtsmittels geht – gar nicht präjudiziell sind. Eine Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union scheitert an eben diesem dem Umstand. Da weder hinsichtlich einer Antragstellung nach Art. 140 B-VG, noch hinsichtlich einer Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union gemäß Art. 267 AEUV ein Antragsrecht der Partei besteht, sind die diesbezüglichen Begehren als unzulässig zurückzuweisen. § 4 Abs. 4 GGG ist im gegenständlichen Verfahren nicht anzuwenden. Mit dem angefochtenen Bescheid wird nicht über eine durch § 4 Abs. 4 GGG konstituierte Verpflichtung abgesprochen, sodass auch das Schicksal der dagegen erhobenen Beschwerde nicht von der Frage der Verfassungsmäßigkeit dieser Bestimmung abhängt. Auf die dagegen vorgetragenen Bedenken ist schon deshalb nicht einzugehen.
Die im erhobenen Rechtsmittel eventualiter begehrte Herabsetzung der geschuldeten Pauschalgebühr durch das Bundesverwaltungsgericht „da diese in keinem Verhältnis zum Arbeitsaufwand stehe[n]“ kommt mangels einer gesetzlichen Grundlage für ein solches Vorgehen nicht in Betracht. Hinsichtlich des in der Beschwerde ferner gestellten Antrages auf Stundung der „Zahlung der Gebühren bis zum Abschluss des Grundverfahrens“ ist festzuhalten, dass über Anträge auf Stundung bzw. Nachsicht von Gerichtsgebühren gemäß § 9 Abs. 1 bis 3 GEG nicht die nach § 6 Abs. 1 GEG zuständige Justizverwaltungsbehörde, sondern § 9 Abs. 4 GEG zufolge der Präsident des Oberlandesgerichtes Wien im Wege der beim Oberlandesgericht Wien eingerichteten Einbringungsstelle entscheidet. Von der Erwachsenenvertreterin als zur Ausübung der Rechtsanwaltschaft berechtigten Person darf die Kenntnis dieser Bestimmungen erwartet werden. Der diesbezügliche Eventualantrag ist daher mangels sachlicher Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes gemäß § 6 Abs. 1 AVG iVm § 9 Abs. 4 GEG zurückzuweisen.
Der Beschwerde kommt somit zusammenfassend keine Berechtigung zu, sie ist daher gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG iVm § 2 Z. 3 lit. b GGG, § 7 Abs. 1 Z. 4 GGG sowie TP 7 GGG und § 6a Abs. 1 GEG als unbegründet abzuweisen. Die darüber hinaus gestellten Anträge sind aus den gerade erörterten Gründen zurückzuweisen.
3.5. Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteienantrags (der gegenständlich nicht vorliegt) von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 EMRK noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegenstehen.
Im vorliegenden Fall ergibt sich der für die Entscheidung maßgebliche Sachverhalt eindeutig aus den Akten des Verwaltungsverfahrens und lässt die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten. Die Notwendigkeit der Durchführung einer Verhandlung ist auch im Hinblick auf Art. 6 Abs. 1 EMRK und Art. 47 GRC nicht ersichtlich, zumal die gegenständliche Entscheidung nicht in Durchführung von Unionsrecht ergeht und Angelegenheiten der Gerichtsgebühren nicht in den Anwendungsbereich des Art. 6 EMRK fallen (VwGH 11.01.2016, Ra 2015/16/0132). Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte daher abgesehen werden. Auch nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt wie im gegenständlichen Fall unbestritten und die Rechtsfrage von keiner besonderen Komplexität ist (VfSlg. 17.597/2005; VfSlg. 17.855/2006; VfGH 18.06.2012, B 155/12).
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Ist die Rechtslage wie im gegenständlichen Fall nach den in Betracht kommenden Normen klar und eindeutig, dann liegt nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG vor, und zwar selbst dann, wenn zu einer dieser maßgeblichen Normen noch keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichthofes ergangen ist (VwGH 12.11.2020, Ra 2020/16/0159 mwN).
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