BVwG I422 2264218-1

BVwGI422 2264218-122.12.2022

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §58 Abs1 Z2
AsylG 2005 §58 Abs2
AsylG 2005 §8 Abs1 Z1
AsylG 2005 §8 Abs2
AsylG 2005 §8 Abs3
BFA-VG §18 Abs1 Z4
BFA-VG §21 Abs7
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
EMRK Art2
EMRK Art3
EMRK Art8
FPG §46
FPG §50
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1a
VwGVG §24 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2022:I422.2264218.1.00

 

Spruch:

I422 2264218-1/3E

 

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Thomas BURGSCHWAIGER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Marokko, vertreten durch die "BBU GmbH", Leopold-Moses-Gasse 4, 1020 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 15.11.2022, Zl. XXXX zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

 

 

Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer reiste unter Umgehung der Grenzkontrollen in das Bundesgebiet ein und stellte am 15.10.2022 einen Antrag auf internationalen Schutz, welchen er im Rahmen seiner am 18.10.2022 stattfindenden Erstbefragung vor Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes mit rein wirtschaftlichen Erwägungen begründete. Er habe in Marokko weder Arbeit, noch die Hoffnung auf ein besseres Leben. Zudem gebe es dort „kein gutes soziales und wirtschaftliches System und auch keine gute Infrastruktur“. Im Falle seiner Rückkehr habe er „Angst vor Armut und Zukunftslosigkeit“.

Im Anschluss an seine Erstbefragung wurde der Beschwerdeführer mit schriftlicher Anordnung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA / belangte Behörde) vom 18.10.2022 einem namentlich bezeichneten Grundversorgungsquartier in der Steiermark zugewiesen und ihm eine Frist bis zum 19.10.2022, 11:00 Uhr, gewährt, um sich dort einzufinden. Der Beschwerdeführer tauchte jedoch sogleich in die Anonymität ab und bezog niemals das ihm zugewiesenen Quartier.

Mit dem gegenständlich angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 15.11.2022 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I.). Gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 wurde der Antrag auch hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Marokko abgewiesen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde ihm gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG wurde gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.) und es wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Marokko zulässig ist (Spruchpunkt V.). Einer Beschwerde gegen diese Entscheidung wurde gemäß § 18 Abs. 1 Z 4 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt VI.) und gemäß § 55 Abs. 1a FPG keine Frist für die freiwillige Ausreise gewährt (Spruchpunkt VII.). Es wurde festgestellt, dass der Beschwerdeführer zu keinem Zeitpunkt die Gefahr einer asylrelevanten Verfolgung behauptet und sich darüber hinaus dem laufenden Asylverfahren bereits kurz nach seiner Antragstellung durch Untertauchen entzogen hatte.

Gegen den gegenständlich angefochtenen Bescheid wurde fristgerecht mit Schriftsatz vom 07.12.2022 vollumfänglich Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht erhoben und hierbei dessen inhaltliche Rechtswidrigkeit infolge unrichtiger rechtlicher Beurteilung sowie der Verletzung von Verfahrensvorschriften moniert. Es wurde im Wesentlichen vorgebracht, der Beschwerdeführer sei aus „Verwirrung“ nicht in das ihm zugewiesene Grundversorgungsquartier in der Steiermark, sondern nach Tirol gefahren, wo er temporär in einer Obdachlosenunterkunft übernachten habe können. Nachdem er von der ihm zur Seite gestellten Rechtsberatung am 05.12.2022 bezüglich seiner Mitwirkungspflichten aufgeklärt worden sei, habe er sich bereit erklärt, sofort in die Steiermark zurückzufahren. Da die belangte Behörde gänzlich auf eine Einvernahme des Beschwerdeführers verzichtet habe, habe sie das Verfahren mit Mangelhaftigkeit belastet.

Beschwerde und Verwaltungsakt wurden dem Bundesverwaltungsgericht am 16.12.2022 vorgelegt und langten am 19.12.2022 in der Gerichtsabteilung des erkennenden Richters ein.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die unter Punkt I. getroffenen Ausführungen werden als entscheidungswesentlicher Sachverhalt festgestellt. Darüber hinaus werden folgende weitere Feststellungen getroffen:

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

Der volljährige Beschwerdeführer ist ledig und kinderlos, Staatangehöriger von Marokko, Angehöriger der Volksgruppe der Araber und bekennt sich zum sunnitisch-moslemischen Glauben. Er ist gesund und erwerbsfähig und gehört auch keiner COVID-19-Risikogruppe an. Seine Identität steht nicht fest.

Er stammt aus Tunis und hat in seinem Herkunftsstaat insgesamt elf Jahre die Schule besucht. Zuletzt hat er bis zu seiner Ausreise in Oujda, einer Stadt im Nordosten Marokkos in der Provinz Oujda-Angad, gelebt. Seine Eltern und seine siebzehnjährige Schwester leben nach wie vor in Marokko.

Ab (spätestens) 15.10.2022 hielt sich der Beschwerdeführer im Bundesgebiet auf, wobei er nie aufrecht gemeldet war oder je ein Grundversorgungsquartier bezogen hat. Ebenso wenig ist er zum Entscheidungszeitpunkt aktiv in der staatlichen Grundversorgung gemeldet. Sein Aufenthaltsort ist unbekannt.

In Österreich sowie auf dem Gebiet der Mitgliedstaaten verfügt der Beschwerdeführer über keine maßgeblichen privaten oder familiären Anknüpfungspunkte.

Er ging im Bundesgebiet zu keinem Zeitpunkt einer angemeldeten Erwerbstätigkeit nach und weist auch keine maßgeblichen Integrationsmerkmale in sprachlicher oder gesellschaftlicher Hinsicht auf.

Er ist strafgerichtlich unbescholten.

1.2. Zum Fluchtvorbringen und einer Rückkehrgefährdung des Beschwerdeführers:

Der Beschwerdeführer hat Marokko aus rein wirtschaftlichen Erwägungen verlassen und ist dort nicht der Gefahr einer wie auch immer gearteten asylrelevanten Bedrohung oder Verfolgung ausgesetzt.

Es besteht auch keine reale Gefahr, dass er im Falle seiner Rückkehr nach Marokko einer wie auch immer gearteten existentiellen Bedrohung ausgesetzt ist. Weder wird ihm seine Lebensgrundlage gänzlich entzogen, noch besteht für ihn die reale Gefahr einer ernsthaften Bedrohung seines Lebens oder seiner Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes.

1.3. Zur Lage im Herkunftsstaat:

Gemäß § 1 Z 9 HStV (Herkunftsstaaten-Verordnung, BGBl. II Nr. 177/2009 idF BGBl. II Nr. 129/2022) gilt Marokko als sicherer Herkunftsstaat.

Zur aktuellen Lage in Marokko werden folgende Feststellungen getroffen:

COVID-19

Letzte Änderung: 30.09.2021

Marokko ist von COVID-19 stark betroffen, wobei von einer hohen Dunkelziffer bei den Infektionszahlen auszugehen ist. Marokko ist als Hochrisikogebiet (AA 3.9.2021) bzw. als hohes Sicherheitsrisiko (Stufe 4) (BMEIA 7.9.2021) eingestuft. Die Ausbreitung von Covid-19 führt weiterhin zu Einschränkungen des internationalen Luft- und Reiseverkehrs (AA 3.9.2021; vgl. BMEIA 7.9.2021). Es ist mit weitgehenden Einschränkungen im öffentlichen Leben zu rechnen (BMEIA 7.9.2021).

Die marokkanische Regierung hat aufgrund der steigenden COVID-Zahlen in Marokko die Präventivmaßnahmen im Land verschärft. Folgende Maßnahmen sind ab dem 3.8.2021 um 21:00 Uhr in Kraft getreten:

Eine landesweite Ausgangssperre von 21:00 bis 5:00 Uhr. Ausgenommen sind Personen, die in lebenswichtigen Sektoren tätigt sind, sowie jene, die dringende medizinische Versorgung benötigen. Reisen von und nach Casablanca, Marrakesch und Agadir sind nur für Personen erlaubt, die voll immunisiert sind oder dringende medizinische Versorgung benötigen oder Warentransporte durchführen oder dienstlich unterwegs sind und eine Bestätigung (ordre de mission) des Arbeitgebers mitführen. Die Kapazitäten von Hotels und anderen touristischen Einrichtungen sind auf 75% reduziert. Die Kapazitäten von öffentlichen Verkehrsmitteln, Kaffeehäusern, Restaurants und Freibädern bleiben auf 50% reduziert. Kaffeehäuser und Restaurants schließen um 21:00 Uhr. Hallenbäder, Fitnessstudios sowie Hamams sind geschlossen. Versammlungen im Freien oder in geschlossenen Räumen sind mit maximal 25 Personen erlaubt, soweit eine behördliche Genehmigung vorgewiesen werden kann. Bestattungszeremonien mit mehr als 10 Personen sind verboten. Hochzeiten und andere Feierlichkeiten bleiben verboten (WKO 17.8.2021).

Quellen:

 AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (3.9.2021): Marokko: Reise- und Sicherheitshinweise (COVID-19-bedingte Reisewarnung), https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/marokko-node/marokkosicherheit/224080 , Zugriff 23.9.2021

 BMEIA - Bundesministerium europäische und internationale Angelegenheiten [Österreich] (7.9.2021): Marokko – Reiseinformationen, https://www.bmeia.gv.at/reise-aufenthalt/reiseinformation/land/marokko/ , Zugriff 23.9.2021

 WKO - Wirtschaftskammer Österreich (17.8.2021): Coronavirus: Situation in Marokko, https://www.wko.at/service/aussenwirtschaft/coronavirus-situation-in-marokko.html , Zugriff 23.9.2021

Politische Lage

Letzte Änderung: 18.11.2021

Marokko ist eine islamisch legitimierte Monarchie mit konstitutionellen und demokratischen Elementen. Die zentralen politischen Vorrechte und die Führung des Landes liegen bei König Mohammed VI. (AA 9.2.2021; vgl. AA 31.1.2021, USDOS 30.3.2021). Die Verfassung belässt maßgebliche exekutive Reservat- und Gestaltungsrechte beim König. Er steht über den Staatsgewalten und ist staatsrechtlicher Kontrolle entzogen. In Bezug auf die Königsmacht bringt die Verfassung nur eine Abschwächung der absolutistischen Stellung, aber keinen Bruch mit dem bisherigen politischen System an sich (ÖB 8.2021).

Seit der Reform der Verfassung aus dem Jahr 2011 wird die Regierung jedoch durch das Parlament gebildet (AA 9.2.2021). Diese Reformen haben die Autorität über die Regierung teilweise vom Monarchen zur gewählten Legislative verschoben. Marokko führt regelmäßig Wahlen in einem parlamentarischen Mehrparteiensystem durch (FH 3.3.2021). Das Parlament wurde als Gesetzgebungsorgan durch die Verfassung aus dem Jahr 2011 aufgewertet, und es ist eine spürbare Verlagerung des politischen Diskurses in die Volksvertretung hinein erkennbar. Neu ist die Einführung einer regionalen Staatsebene mit demokratisch gewählten Institutionen und gestärkter Selbstverwaltung, die im Zuge des Jahres 2015 mit zahlreichen Wahlgängen konkret Gestalt angenommen hat (ÖB 8.2021). Dennoch verfügt König Mohamed VI. durch formale Machtbefugnisse sowie informelle Einflussmöglichkeiten in Staat und Gesellschaft über eine dominante Stellung (FH 3.3.2021).

Am 8. September 2021 wurde ein neues Parlament gewählt. Aus der Wahl ging die Partei Unabhängige Nationalversammlung (RNI) als Sieger hervor. Sie erhielt 102 Sitze. Die ebenfalls liberale Partei für Ehrlichkeit und Modernität (PAM) stellt 87 Abgeordnete vor der Mitte-Rechts-Partei Istiqlal, welche auf 81 Mandate kommt. Die seit 2011 führende gemäßigt-islamistische Partei für Recht und Gerechtigkeit (PJD) konnte lediglich 13 ihrer 125 Sitze verteidigen. Als Reaktion auf die Wahlniederlage traten die Mitglieder des Generalsekretariats der PJD sowie der bisherige Parteivorsitzende und Regierungschef zurück. Die Wahlbeteiligung lag bei rund 50%. Im Rahmen der Wahlen ist es laut Collectif Associatif pour l’Observation des Élections (CAOE) zu Unregelmäßigkeiten gekommen (BAMF 13.9.2021).

Die Verwaltungsstrukturen sind vornehmlich zentralistisch. Marokko ist in 12 Regionen unterteilt, die sich ihrerseits in 62 Provinzen und 13 Präfekturen untergliedern. Hierin ist auch die Westsahara enthalten, die Marokko als integralen Teil seines Territoriums betrachtet, was international jedoch nicht anerkannt wird (AA 9.2.2021).

Die Judikative wird in der Verfassung 2011 als unabhängige Staatsgewalt gleichberechtigt neben Legislative und Exekutive gestellt. Das System der checks und balances als Ergänzung zur Gewaltenteilung ist dennoch vergleichsweise wenig ausgebildet (ÖB 8.2021).

Am 24.8.2021 sind die diplomatischen Beziehungen zwischen Algerien und Marokko aufgrund von Spannungen zwischen den beiden Ländern seitens Algerien abgebrochen worden (Reuters 25.8.2021). Auslöser war u.a., dass Marokko die interne Krise in Algerien ausgenutzt hat, um in den letzten Jahren Erfolge im Bereich der Westsahara-Frage zu verbuchen - etwa den Beitritt zur Afrikanischen Union (AU) 2017 und die Anerkennung der marokkanischen Souveränität über die Westsahara durch die USA. Die im Zuge dieser Anerkennung erfolgte Normalisierung der marokkanischen Beziehungen zu Israel hat Algerien ebenfalls unter Druck gesetzt. Gleichzeitig interpretierte Algerien einige marokkanische Äußerungen der jüngerer Vergangenheit als „feindliche Aktionen“ - etwa die Forderung eines marokkanischen Diplomaten nach Selbstbestimmung für die algerischen Kabylen (ACWDC 4.11.2021).

Am 1.11.2021 wurden darüber hinaus drei algerische Staatsbürger im umstrittenen Territorium der Westsahara bei einem Drohnenangriff getötet. Die rhetorischen Spannungen zwischen Algerien und Marokko sind in der Folge weiter angestiegen (MEI@75 10.11.2021). Algerien hat Gaslieferungen nach Marokko via Maghreb-Europa- Gaspipeline ebenfalls am 1.11.2021 eingestellt (MEU@75 10.11.2021; vgl. ACWDC 4.11.2021) und liefert Gas nur noch nach Spanien (ACWDC 4.11.2021). Die Lage kann als regionaler kalter Krieg bezeichnet werden, diplomatische Bemühungen von beiden Seiten sind nötig, um militärische Konfrontationen zu vermeiden (MEU@75 10.11.2021), die jedoch als unwahrscheinlich gelten. Die gegenwärtigen diplomatischen Spannungen zwischen Algerien und Marokko hingegen könnten Jahrzehnte dauern (ACWDC 4.11.2021).

Quellen:

 AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (9.2.2021): Marokko - Politisches Portrait, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/marokko-node/politisches-portrait/224120 , Zugriff 23.9.2021

 AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (31.1.2021): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage im Königreich Marokko (Stand: Dezember 2020), https://www.ecoi.net/en/file/local/2045867/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_im_K%C3%B6nigreich_Marokko_%28Stand_Dezember_2020%29%2C_31.01.2021.pdf , Zugriff 20.9.2021

 ACWDC - Arab Center Washington DC (4.11.2021): Western Sahara Figures Prominently in Algeria-Morocco Tensions, https://arabcenterdc.org/resource/western-sahara-figures-prominently-in-algeria-morocco-tensions/ , Zugriff 17.11.2021

 BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge [Deutschland] (13.9.2021): Briefing Notes, https://www.bamf.de/SharedDocs/Anlagen/DE/Behoerde/Informationszentrum/BriefingNotes/2021/briefingnotes-kw37-2021.pdf?__blob=publicationFile&v=4 , Zugriff 20.9.2021

 FH - Freedom House (3.3.2021): Freedom in the World 2021 - Morocco, https://www.ecoi.net/en/document/2046530.html , Zugriff 20.9.2021

 MEI@75 / Zine Labidine Ghebouli (10.11.2021): Algeria-Morocco tensions: The onset of a regional cold war, https://www.mei.edu/publications/algaeri-morocco-tensions-onset-regional-cold-war , Zugriff 17.11.2021

 Reuters (25.8.2021): Algeria cuts diplomatic relations with Morocco, https://www.reuters.com/world/algeria-says-cutting-diplomatic-ties-with-morocco-2021-08-24/ , Zugriff 17.11.2021

 USDOS - United States Department of State [USA] (30.3.2021): 2020 Country Reports on Human Rights Practices: Morocco, https://www.ecoi.net/de/dokument/2048171.html , Zugriff 20.9.2021

Sicherheitslage

Letzte Änderung: 30.09.2021

Marokko kann grundsätzlich als stabiles Land betrachtet werden (EDA 30.8.2021). Das französische Außenministerium rät bis auf einige Regionen zu normaler Aufmerksamkeit im Land, dem einzigen in Nordafrika, das auf diese Weise bewertet wird. In den Grenzregionen zu Algerien wird zu erhöhter Aufmerksamkeit geraten (FD 19.8.2021), bzw. wird deutschen Staatsbürgern von Reisen abgeraten (AA 3.9.2021). Die Grenze zu Algerien ist seit 1994 geschlossen (AA 3.9.2021; vgl. EDA 30.8.2021). Für die Grenzregionen zu Mauretanien in der Westsahara besteht eine Reisewarnung (AA 3.9.2021; vgl. FD 19.8.2021, BMEIA 7.9.2021).

Trotz erhöhter Sicherheitsmaßnahmen besteht im ganzen Land das Risiko terroristischer Angriffe. Im Dezember 2018 wurden zwei Touristinnen auf einer Wandertour in der Nähe des Mont Toubkal im Atlasgebirge Opfer eines Gewaltverbrechens mit terroristischem Hintergrund (AA 3.9.2021; vgl. EDA 30.8.2021, BMEIA 7.9.2021).

Demonstrationen und Protestaktionen sind jederzeit im ganzen Land möglich (EDA 30.8.2021; vgl. BMEIA 7.9.2021).

Das völkerrechtlich umstrittene Gebiet der Westsahara erstreckt sich südlich der marokkanischen Stadt Tarfaya bis zur mauretanischen Grenze. Es wird sowohl von Marokko als auch von der Unabhängigkeitsbewegung Frente Polisario beansprucht. Die United Nations Mission for the Referendum in Western Sahara MINURSO überwacht den Waffenstillstand zwischen den beiden Parteien. Auf beiden Seiten der Demarkationslinie (Sandwall) sind diverse Minenfelder vorhanden. Seit November 2020 haben die Spannungen in der Westsahara zugenommen. In El Guerguerat an der Grenze zu Mauretanien und entlang der Demarkationslinie ist es wiederholt zu Scharmützeln zwischen marokkanischen Truppen und Einheiten der Frente Polisario gekommen (EDA 30.8.2021).

Quellen:

 AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (3.9.2021): Marokko: Reise- und Sicherheitshinweise (COVID-19-bedingte Reisewarnung), https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/marokko-node/marokkosicherheit/224080 , Zugriff 23.9.2021

 BMEIA - Bundesministerium für europäische und internationale Angelegenheiten [Österreich] (7.9.2021): Reiseinformation Marokko, https://www.bmeia.gv.at/reise-aufenthalt/reiseinformation/land/marokko/ , Zugriff 23.9.2021

 EDA - Eidgenössisches Departement für auswärtige Angelegenheiten [Schweiz] (30.8.2021): Reisehinweise für Marokko, https://www.eda.admin.ch/eda/de/home/laender-reise-information/marokko/reisehinweise-marokko.html , Zugriff 23.9.2021

 FD - France Diplomatie [Frankreich] (19.8.2021): Conseils aux Voyageurs - Maroc - Sécurité, https://www.diplomatie.gouv.fr/fr/conseils-aux-voyageurs/conseils-par-pays-destination/maroc/#derniere_nopush , Zugriff 23.9.2021

Rechtsschutz / Justizwesen

Letzte Änderung: 30.09.2021

Die Justiz ist laut Verfassung unabhängig (USDOS 30.3.2021). In der Praxis wird diese Unabhängigkeit jedoch durch Korruption (USDOS 30.3.2021; vgl. AA 31.1.2021) und außergerichtliche Einflüsse unterlaufen (USDOS 30.3.2021). Das Gerichtssystem ist nicht unabhängig vom Monarchen, der dem Obersten Justizrat vorsitzt (FH 3.3.2021). Rechtsstaatlichkeit ist vorhanden, aber noch nicht ausreichend entwickelt. Unabhängigkeit der Justiz, Verfassungsgerichtsbarkeit, Transparenz durch Digitalisierung, Modernisierung der Justizverwaltung befinden sich noch im Entwicklungsprozess, der teils von der Verfassung gefordert und teils von der Justizverwaltung angestoßen worden ist. Mit dem in der Verfassung vorgesehenen und im April 2017 eingesetzten Conseil supérieur du pouvoir judiciaire (Oberster Rat der Rechtssprechenden Gewalt - Oberster Justizrat) wurden Richter- und Staatsanwaltschaft aus dem Verantwortungsbereich des Justizministeriums herausgelöst und verwalten sich nun selbst. Der Rat agiert als unabhängige Behörde. Mit der Herauslösung der Staatsanwaltschaft wurde formal die Unabhängigkeit der Ermittlungsbehörden von der Politik gestärkt. Es gibt jedoch Stimmen, die eine direkte Einflussnahme des Palastes befürchten, da sich Richterschaft und Staatsanwaltschaft nunmehr jeder demokratisch legitimierten Kontrolle entziehen (AA 31.1.2021).

Die Verfassung sieht darüber hinaus eine Reihe von Räten und Kommissionen vor, denen konsultative und überwachende Funktionen zukommt (der erwähnte Oberste Justizrat, Gleichstellungs-Rat, Hohe Rundfunk-Behörde, Wettbewerbsrat, Nationalstelle für korrekte Verwaltung und Korruptionsbekämpfung, Familien- und Jugendbeirat). Diese Gremien stehen aber teilweise noch vor oder am Beginn der Tätigkeit bzw. muss ihr rechtlicher Unterbau erst geschaffen werden, sodass noch schwer absehbar ist, inwieweit sie für Rechtsstaatlichkeit, gute Regierungsführung und Achtung der Grundrechte in der Praxis Bedeutung gewinnen (ÖB 8.2021).

Formal besteht Gleichheit vor dem Gesetz. Das extreme Gefälle in Bildung und Einkommen, die materielle Unterentwicklung ländlicher Gebiete und der allgegenwärtige gesellschaftliche Klientelismus behindern allerdings die Umsetzung des Gleichheitsgrundsatzes (AA 31.1.2021). Gesetzlich gilt die Unschuldsvermutung. Der Rechtsweg ist formal sichergestellt. Angeklagte haben das Recht auf ein faires Gerichtsverfahren, auf rechtzeitigen Zugang zu ihrem Anwalt und das Recht, Berufung einzulegen. Das marokkanische Recht sieht Pflichtverteidiger für mittellose Angeklagte vor. Der Zugang zu juristischem Beistand ist in der Praxis noch immer unzulänglich (AA 31.1.2021; vgl. USDOS 30.3.2021). NGOs kritisieren, dass die Beschuldigten zu Geständnissen gedrängt werden (FH 3.3.2021; vgl. AA 31.1.2021). Das Strafprozessrecht erlaubt der Polizei, einen Verdächtigen bis zu 48 Stunden in Gewahrsam (garde à vue) zu nehmen. Der Staatsanwalt kann diese Frist zweimal verlängern. Der Entwurf für ein neues Strafprozessgesetz sieht verbesserten Zugang zu Anwälten bereits im Gewahrsam vor. Das Gesetz ist noch nicht verabschiedet (AA 31.1.2021). Berichten zufolge werden Untersuchungshäftlinge in der Praxis länger als ein Jahr festgehalten, und das Gesetz enthält keine Bestimmungen, die es Untersuchungshäftlingen erlauben, ihre Inhaftierung vor Gericht anzufechten. Einige Verdächtige, insbesondere diejenigen, die des Terrorismus beschuldigt werden, werden tage- oder wochenlang in geheimer Haft gehalten, bevor eine formelle Anklage erhoben wird. Zudem wird Angeklagten nach ihrer Verhaftung der sofortige Zugang zu Anwälten verwehrt, und Verteidiger stoßen beim Zugang bei der Vorlage von Prozessbeweisen auf Hindernisse (FH 3.3.2021).

Im Bereich der Strafzumessung wird häufig kritisiert, dass bestehende Möglichkeiten zur Vermeidung von Haft bei minder schweren Delikten (z.B. Geldstrafen, Sozialstunden) nicht genutzt werden. Auch die Möglichkeit der Entlassung auf Bewährung (libération conditionnelle) wird kaum genutzt (AA 31.1.2021).

Quellen:

 AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (31.1.2021): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage im Königreich Marokko (Stand: Dezember 2020), https://www.ecoi.net/en/file/local/2045867/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_im_K%C3%B6nigreich_Marokko_%28Stand_Dezember_2020%29%2C_31.01.2021.pdf , Zugriff 20.9.2021

 FH - Freedom House (3.3.2021): Freedom in the World 2021 - Morocco, https://www.ecoi.net/en/document/2046530.html , Zugriff 20.9.2021

 ÖB - Österreichische Botschaft Rabat [Österreich] (8.2021): Asylländerbericht Marokko, https://www.ecoi.net/en/file/local/2060711/MARO_%C3%96B_Bericht_2021_08.pdf , Zugriff 20.9.2021

 USDOS - United States Department of State [USA] (30.3.2021): 2020 Country Reports on Human Rights Practices: Morocco, https://www.ecoi.net/de/dokument/2048171.html , Zugriff 20.9.2021

Sicherheitsbehörden

Letzte Änderung: 30.09.2021

Der Sicherheitsapparat verfügt über einige Polizei- und paramilitärische Organisationen, deren Zuständigkeitsbereiche sich teilweise überlappen. Die DGSN „Direction Générale de la Sûreté Nationale“ (Nationalpolizei) ist für die Umsetzung der Gesetze zuständig und untersteht dem Innenministerium. Bei den Forces Auxiliaires handelt es sich um paramilitärische Hilfskräfte, die dem Innenministerium unterstellt sind und die Arbeit der regulären Sicherheitskräfte unterstützen. Die Gendarmerie Royale ist zuständig für die Sicherheit in ländlichen Gegenden und patrouilliert auf Nationalstraßen. Sie untersteht dem Verteidigungsministerium (USDOS 30.3.2021; vgl. AA 31.1.2021, ÖB 8.2021). Es gibt zwei Nachrichtendienste: den Auslandsdienst DGED (Direction Générale des Etudes et de Documentation) und den Inlandsdienst DGST (Direction Générale de la Surveillance du Territoire). Im April 2015 wurde zusätzlich das Bureau Central d'Investigations Judiciaires (BCIJ) geschaffen. Es untersteht dem Inlandsdienst DGST (AA 31.1.2021; vgl. ÖB 8.2021).

DAS BCIJ hat originäre Zuständigkeiten und Ermittlungskompetenzen im Bereich von Staatsschutzdelikten sowie Rauschgift- und Finanzdelikten im Rahmen von Verfahren der Organisierten Kriminalität (AA 31.1.2021; vgl. ÖB 8.2021) sowie Entführungen. Damit wurde die Schlagkraft des Polizeiapparats gestärkt, diese spezialisierte Polizeitruppe ist besser ausgebildet und besser ausgerüstet. Seit der Gründung des BCIJ im Jahr 2015 wurden 84 Terrorzellen ausgehoben (ÖB 8.2021).

Die zivile Kontrolle über die Sicherheitskräfte ist gemäß USDOS wirksam (USDOS 30.3.2021), gemäß Auswärtigem Amt hingegen sind die Sicherheitskräfte weitgehend der zivilen Kontrolle durch Parlament und Öffentlichkeit entzogen (AA 31.1.2021). [Anm.: Das auswärtige Amt bezieht sich hier wohl auf die weitgehende Kontrolle der Sicherheitskräfte durch den König und sein Umfeld.] Typisch für das marokkanische politische System ist, dass die Weisungskette der Polizeidienste an der Regierung vorbei unmittelbar zur Staatsspitze führt (ÖB 8.2021).

Quellen:

 AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (31.1.2021): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage im Königreich Marokko (Stand: Dezember 2020), https://www.ecoi.net/en/file/local/2045867/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_im_K%C3%B6nigreich_Marokko_%28Stand_Dezember_2020%29%2C_31.01.2021.pdf , Zugriff 20.9.2021

 ÖB - Österreichische Botschaft Rabat [Österreich] (8.2021): Asylländerbericht Marokko, https://www.ecoi.net/en/file/local/2060711/MARO_%C3%96B_Bericht_2021_08.pdf , Zugriff 20.9.2021

 USDOS - United States Department of State [USA] (30.3.2021): 2020 Country Reports on Human Rights Practices: Morocco, https://www.ecoi.net/de/dokument/2048171.html , Zugriff 20.9.2021

Allgemeine Menschenrechtslage

Letzte Änderung: 30.09.2021

Der Grundrechtskatalog (Kapitel I und II) der Verfassung ist substantiell; wenn man noch die durch internationale Verpflichtungen übernommenen Grundrechte hinzuzählt, kann man von einem recht umfassenden Grundrechtsrechtsbestand ausgehen. Als eines der Kerngrundrechte fehlt die Glaubens- und Gewissensfreiheit. Die Verfassung selbst stellt allerdings den Rechtsbestand unter den Vorbehalt der traditionellen „roten Linien“ - Monarchie, islamischer Charakter von Staat und Gesellschaft, territoriale Integrität (i.e. Annexion der Westsahara) - quasi als „Baugesetze“ des Rechtsgebäudes. Der vorhandene Rechtsbestand, der mit der neuen Verfassungslage v.a. in Bereichen wie Familien- und Erbrecht, Medienrecht und Strafrecht teilweise nicht mehr konform ist, gilt weiterhin (ÖB 8.2021). In den Artikeln 19 bis 35 garantiert die Verfassung die universellen Menschenrechte. Im Mai 2017 stellte sich Marokko dem Universellen Staatenüberprüfungsverfahren (UPR) des UN-Menschenrechtsrats. Marokko akzeptierte 191 der 244 Empfehlungen (AA 31.1.2021).

Staatliche Repressionsmaßnahmen gegen bestimmte Personen oder Personengruppen wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Überzeugung sind nicht festzustellen. Gewichtige Ausnahme: wer die Vorrangstellung der Religion des Islam in Frage stellt, die Person des Königs antastet oder die Zugehörigkeit der Westsahara zu Marokko anzweifelt (AA 31.1.2021).

Gesetzlich sind Meinungs- und Pressefreiheit garantiert, einige Gesetze schränken jedoch die Meinungsfreiheit im Bereich der Presse und in den sozialen Medien ein (USDOS 30.3.2021; vgl. AA 31.1.2021). Ausländische Satellitensender und das Internet sind frei zugänglich. Die unabhängige Presse wurde in der Covid-19-Krise ruhig gestellt (Stopp von Printmedien, Online-Berichterstattung weitgehend über offizielle Kommuniqués, Gesetzentwurf gegen Nutzung sozialer Medien) (AA 31.1.2021). Die – auch im öffentlichen Raum kaum kaschierten – Überwachungsmaßnahmen erstrecken sich auch auf die Überwachung des Internets und elektronischer Kommunikation, wobei Aktivisten, die für eine unabhängige Westsahara eintreten – vor allem im Gebiet der Westsahara selbst – besonders exponiert sind (ÖB 8.2021).

Es kommt vereinzelt zur Strafverfolgung von Journalisten. Staatliche Zensur existiert nicht, sie wird durch die Selbstzensur der Medien im Bereich der oben genannten drei Tabuthemen ersetzt (AA 31.1.2021). Gesetzlich unter Strafe gestellt und aktiv verfolgt sind und werden kritische Äußerungen betreffend den Islam, die Institution der Monarchie und die offizielle Position der Regierung zur territorialen Integrität bzw. den Anspruch auf das Gebiet der Westsahara (USDOS 30.3.2021; vgl. HRW 13.1.2021, AA 31.1.2021, FH 3.3.2021, ÖB 8.2021). Dies gilt auch für Kritik an Staatsinstitutionen oder das Gutheißen von Terrorismus (HRW 13.1.2021; vgl. ÖB 8.2021). Für Kritik in diesen Bereich können weiterhin Haftstrafen verhängt werden. Zwischen September 2019 und Januar 2020 verhafteten und verfolgten die Behörden in verschiedenen Städten mindestens zehn Aktivisten, Künstler, Studenten oder andere Bürger, weil sie sich in sozialen Medien kritisch über die Behörden äußerten. Sie wurden zu Gefängnisstrafen verurteilt, unter anderem wegen "mangelnden Respekts vor dem König", "Diffamierung staatlicher Institutionen" und "Beleidigung von Amtsträgern" (HRW 13.1.2021). Obwohl Kritik an den Staatsdoktrinen strafrechtlich sanktioniert wird, werden entsprechende Verurteilungen in den vergangen Jahren eher selten bekannt. Marokkanische NGOs sind der Auffassung, dass administrative Schikanen eingesetzt und Strafverfahren zu anderen Tatbeständen (z. B. Ehebruch oder Steuervergehen) angestoßen oder auch konstruiert werden, um politisch Andersdenkende sowie kritische Journalisten einzuschüchtern oder zu verfolgen (AA 31.1.2021).

Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit sind in der Verfassung von 2011 verfassungsrechtlich geschützt, werden aber durch die „roten Linien“ Glaube, König, Heimatland eingeschränkt (AA 31.1.2021). Versammlungen von mehr als drei Personen sind genehmigungspflichtig (USDOS 30.3.2021). Die Behörden gehen meist nicht gegen öffentliche Ansammlungen und die häufigen politischen Demonstrationen vor, selbst wenn diese nicht angemeldet sind (AA 31.1.2021; vgl. USDOS 30.3.2021). In Einzelfällen kommt es jedoch zur gewaltsamen Auflösung von Demonstrationen (AA 31.1.2021; vgl. FH 3.3.2021, USDOS 30.3.2021, HRW 13.1.2021). Laut Angaben der Menschenrechtsorganisation AMDH haben die Behörden im Jänner und Feber 2020 mindestens 13 öffentliche Versammlungen, Proteste oder Veranstaltungen verboten (HRW 13.1.2021).

2017 gab es eine Vielzahl von Protesten gegen staatliches Versagen, Korruption und Machtwillkür in der Rif-Region, die unter dem Schlagwort „Hirak“ zusammengefasst werden. Berichtet wurde von zunehmend hartem Durchgreifen der Sicherheitskräfte, Videos von Polizeieinsätzen wurden durch Aktivisten in Facebook hochgeladen (AA 31.1.2021).

Obwohl verfassungsmäßig Vereinigungsfreiheit gewährleistet ist, schränkt die Regierung dieses Recht manchmal ein (USDOS 30.3.2021). Organisationen wird die offizielle Registrierung verweigert (HRW 13.1.2021). Politischen Oppositionsgruppen und Organisationen, die den Islam als Staatsreligion, die Monarchie, oder die territoriale Integrität Marokkos infrage stellen, wird kein NGO-Status zuerkannt (USDOS 30.3.2021).

Quellen:

 AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (31.1.2021): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage im Königreich Marokko (Stand: Dezember 2020), https://www.ecoi.net/en/file/local/2045867/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_im_K%C3%B6nigreich_Marokko_%28Stand_Dezember_2020%29%2C_31.01.2021.pdf , Zugriff 20.9.2021

 FH - Freedom House (3.3.2021): Freedom in the World 2021 - Morocco, https://www.ecoi.net/en/document/2046530.html , Zugriff 20.9.2021

 HRW - Human Rights Watch (13.1.2021): World Report 2021 - Morocco/Western Sahara, https://www.ecoi.net/en/document/2043675.html , Zugriff 20.9.2021

 ÖB - Österreichische Botschaft Rabat [Österreich] (8.2021): Asylländerbericht Marokko, https://www.ecoi.net/en/file/local/2060711/MARO_%C3%96B_Bericht_2021_08.pdf , Zugriff 20.9.2021

 USDOS - United States Department of State [USA] (30.3.2021): 2020 Country Reports on Human Rights Practices: Morocco, https://www.ecoi.net/de/dokument/2048171.html , Zugriff 20.9.2021

Ethnische Minderheiten

Letzte Änderung: 01.10.2021

Marokko erkennt ausdrücklich in seiner Verfassung die Diversität der Nation an. Staatliche Diskriminierung gegenüber ethnischen Minderheiten ist nicht vorhanden (AA 31.1.2021). Die Verfassung enthält auch die Anerkennung der berberischen Wurzeln, Traditionen und Sprache gleichberechtigt neben dem arabischen und jüdischen Kulturerbe (ÖB 8.2021).

Wer sich den Berbern, die eine recht heterogene, auf drei Hauptstämme aufgegliederte Bevölkerungsgruppe darstellen, zugehörig fühlt, hängt vom familiären, geographischen und soziokulturellen Hintergrund ab. Im Allgemeinen verweisen Berberstämmige mit Stolz auf ihre Abkunft, insbesondere wenn sie zu den alteingesessenen Familien oder Clans der historischen Städte im Berbergebiet (Fes, Marrakesch, Ouarzazate usw.) gehören. Der „Minderheitencharakter“ der Berber ist bei ca. 40% der Bevölkerung mit berberischen Wurzeln relativ zu sehen. Aussagen über den Anteil von Berbern in bestimmten Bereichen (öffentlicher Dienst, Militär, freie Berufe, Wirtschaftstreibende) sind nicht greifbar. Nach Einschätzung der Botschaft mag eine Diskriminierung auf Grund der berberischen Herkunft im Einzelfall vorkommen, ein generelles diskriminierendes Verhaltensmuster ist nicht erkennbar (ÖB 8.2021).

Etwa die Hälfte der Bevölkerung macht eine berberische Abstammung geltend und spricht eine der drei in Marokko vertretenen Berbersprachen. Dies ist wichtiger Teil ihrer Identität. Die meisten Berber in Marokko sehen sich jedoch nicht als ethnische Minderheit. Marokko fördert Sprache und Kultur der Berber inzwischen aktiv (AA 31.1.2021). Amazigh wurde zur offiziellen Sprache erklärt, vorerst bestehen aber nur vereinzelt Ansätze, dies in die Praxis umzusetzen (z.B. Straßenschilder) (ÖB 8.2021). Amazigh ist Mitte 2019 per Gesetz als Unterrichtssprache aufgewertet worden (AA 31.1.2021). Der berberische Sprachunterricht im Schulsystem ist nur wenig dicht und führt über die 6. Schulstufe nicht hinaus. Folglich ist eine höhere Bildung in berberischer Sprache nicht möglich (ÖB 8.2021).

Quellen:

 AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (31.1.2021): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage im Königreich Marokko (Stand: Dezember 2020), https://www.ecoi.net/en/file/local/2045867/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_im_K%C3%B6nigreich_Marokko_%28Stand_Dezember_2020%29%2C_31.01.2021.pdf , Zugriff 20.9.2021

 ÖB - Österreichische Botschaft Rabat [Österreich] (8.2021): Asylländerbericht Marokko, https://www.ecoi.net/en/file/local/2060711/MARO_%C3%96B_Bericht_2021_08.pdf , Zugriff 20.9.2021

Bewegungsfreiheit

Letzte Änderung: 01.10.2021

Gesetzlich sind innerhalb des Landes Bewegungsfreiheit, Auslandsreisen, Emigration und Wiedereinbürgerung gewährleistet. Die Behörden respektieren diese Rechte üblicherweise (USDOS 30.3.2021). Auch Sahrawis/Sahraouis genießen innerhalb Marokkos uneingeschränkte Bewegungsfreiheit (AA 31.1.2021). Die Regierung stellt Sahrawis üblicherweise weiterhin Reisedokumente zur Verfügung. Es wird allerdings von Fällen berichtet, wo die Behörden Sahrawis daran hinderten, Reisen anzutreten (USDOS 30.3.2021).

Wer nicht per Haftbefehl gesucht wird, kann unter Beachtung der jeweiligen Visavorschriften in der Regel problemlos das Land verlassen. Dies gilt auch für bekannte Oppositionelle oder Menschenrechtsaktivisten (AA 31.1.2021).

Es gibt einige Berichte wonach Regierungsbehörden lokalen und internationalen Organisationen sowie der Presse den Zugang zum Rif und der östlichen Region verweigern. Die Regierung bestreitet dies (USDOS 30.3.2021).

Quellen:

 AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (31.1.2021): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage im Königreich Marokko (Stand: Dezember 2020), https://www.ecoi.net/en/file/local/2045867/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_im_K%C3%B6nigreich_Marokko_%28Stand_Dezember_2020%29%2C_31.01.2021.pdf , Zugriff 20.9.2021

 USDOS - United States Department of State [USA] (30.3.2021): 2020 Country Reports on Human Rights Practices: Morocco, https://www.ecoi.net/de/dokument/2048171.html , Zugriff 20.9.2021

Grundversorgung

Letzte Änderung: 01.10.2021

Die Grundversorgung der Bevölkerung ist gewährleistet, Brot, Zucker und Gas werden subventioniert. Staatliche soziale Unterstützung ist kaum vorhanden, vielfach sind religiös-karitative Organisationen tätig. Die entscheidende Rolle bei der Betreuung Bedürftiger spielt nach wie vor die Familie (AA 31.1.2021).

Die marokkanische Wirtschaft ist grundsätzlich in einer guten Verfassung und von einem langjährigen Aufschwung geprägt. Der Anstieg in den zwei Jahren vor der Corona-Pandemie wurde in erster Linie von staatlichen und ausländischen Investitionen, dem privaten Konsum, stärkeren Exporten und durch verbesserte Agrarerträge getragen. Für die Jahre 2021/2022 wird das Wirtschaftswachstum auf 4 bis 5% prognostiziert. Die Leistungsbilanz wird weiterhin von der Nachfrage nach Waren und Dienstleistungen aus Europa stark beeinflusst. Eine Rückkehr der Wirtschaftsleistung auf das Niveau von 2019 ist erst ab 2022 realistisch (WKO 2021).

Abgesehen von den Firmen- und Grenzschließungen aufgrund der Covid-19 Pandemie ist die Wirtschaftslage Marokkos von weiteren Faktoren beeinflusst. Positiv wirken sich auf die Wirtschaftslage z.B. die steigenden Exporte in der Automobilindustrie aus. Dennoch hängt das Wachstum weiterhin stark vom wetterabhängigen Agrarsektor ab. Im industriellen Bereich kam es bereits zu zahlreichen Investitionen in Umwelt- und Wassertechnologien, außerdem wurde der Maschinenpark modernisiert. Vor allem gibt es bei der absolut notwendigen und auch von der EU unterstützten Modernisierung des Industriesektors (programme de mise à niveau) zahlreiche Investitionschancen (WKO 2021).

Mittel- bis langfristig können die Wachstumsperspektiven, nicht zuletzt auch aufgrund der politischen Stabilität, als sehr gut eingestuft werden. Es herrscht eine grundsätzlich optimistische Stimmung und die Entwicklung Marokkos hin zu einem höheren Entwicklungsstand ist im Land auch visuell wahrnehmbar (WKO 2021).

Marokko ist ein agrarisch geprägtes Land: Die Landwirtschaft erwirtschaftet in Marokko ca. 20% des BIP und ist damit der bedeutendste Wirtschaftszweig des Landes. Ca. zwei Drittel der Landesfläche wird landwirtschaftlich genutzt, davon 18% als Ackerland. Da davon nur rund 15% systematisch bewässert werden, ist die Wetterabhängigkeit sehr hoch. Der Sektor schafft 40% der Arbeitsplätze und ist Einkommensquelle für drei Viertel der Landbevölkerung. Von den 1,5 Mio. landwirtschaftlichen Betrieben sind mehr als zwei Drittel Kleinstbetriebe, die über weniger als drei Hektar Land verfügen, mit geringer Mechanisierung arbeiten und nur zu 4% am Export beteiligt sind. Die modernen Landwirtschaftsbetriebe decken erst rund ein Achtel der kultivierbaren Gesamtfläche ab (WKO 15.9.2021).

Der Beschäftigungsgrad der Bevölkerung liegt bei 47%, die Arbeitslosigkeit hat sich 2018 von 10,2% leicht auf 9,8% vermindert (WKO 15.9.2021). Nach anderen Angaben lag die Arbeitslosigkeit 2018 laut marokkanischem Statistikamt bei 12,8%. Die Dunkelziffer liegt wesentlich höher - vor allem unter der Jugend. Der informelle Bereich der Wirtschaft wird statistisch nicht erfasst, entfaltet aber erhebliche Absorptionskraft für den Arbeitsmarkt. Fremdsprachenkenntnisse - wie sie z.B. Heimkehrer aufweisen - sind insbesondere in der Tourismusbranche und deren Umfeld nützlich. Arbeitssuchenden steht die Internet-Plattform des nationalen Arbeitsmarktservices ANAPEC zur Verfügung (www.anapec.org ), die neben aktueller Beschäftigungssuche auch Zugang zu Fortbildungsmöglichkeiten vermittelt. Unter 30-Jährige, die bestimmte Bildungsebenen erreicht haben, können mit Hilfe des OFPPT (www.ofppt.ma/ ) eine weiterführende Berufsausbildung einschlagen (ÖB 8.2021).

Die marokkanische Regierung führt Programme der Armutsbekämpfung (INDH) und des sozialen Wohnbaus. Eine staatlich garantierte Grundversorgung/arbeitsloses Basiseinkommen existiert allerdings nicht. Der Mindestlohn (SMIG) liegt bei 2.828 Dirham (ca. EUR 270). Ein Monatslohn von etwa dem Doppelten dieses Betrags gilt als durchaus bürgerliches Einkommen. Statistisch beträgt der durchschnittliche Monatslohn eines Gehaltsempfängers 4.060 Dirham, wobei allerdings die Hälfte der - zur Sozialversicherung angemeldeten - Lohnempfänger nur den Mindestlohn empfängt. Ein ungelernter Hilfsarbeiter erhält für einen Arbeitstag (10 Std.) ca. 100 Dirham, Illegale aus der Subsahara erhalten weniger (ÖB 8.2021).

Quellen:

 AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (31.1.2021): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage im Königreich Marokko (Stand: Dezember 2020), https://www.ecoi.net/en/file/local/2045867/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_im_K%C3%B6nigreich_Marokko_%28Stand_Dezember_2020%29%2C_31.01.2021.pdf , Zugriff 20.9.2021

 ÖB - Österreichische Botschaft in Rabat [Österreich] (8.2021): Asylländerbericht Marokko, https://www.ecoi.net/en/file/local/2060711/MARO_%C3%96B_Bericht_2021_08.pdf , Zugriff 20.9.2021

 WKO - Wirtschaftskammer Österreich (15.9.2021): Die marokkanische Wirtschaft, https://www.wko.at/service/aussenwirtschaft/die-marokkanische-wirtschaft.html , Zugriff 23.9.2021

 WKO - Wirtschaftskammer Österreich (2021): Marokko - Los geht's - Länderreport Außenwirtschaft, https://www.wko.at/service/aussenwirtschaft/marokko-laenderreport.pdf , Zugriff 23.9.2021

Medizinische Versorgung

Letzte Änderung: 01.10.2021

Die medizinische Grundversorgung ist vor allem im städtischen Raum weitgehend gesichert. Es gibt einen großen qualitativen Unterschied zwischen öffentlicher und (teurer) privater Krankenversorgung. Selbst modern und gut ausgestattete medizinische Einrichtungen garantieren keine europäischen Standards (AA 31.1.2021). Der öffentliche Gesundheitssektor ist in seiner Ausstattung und Qualität sowie bei der Hygiene überwiegend nicht mit europäischen Standards zu vergleichen. Lange Wartezeiten und Mangel an medizinischen Versorgungsgütern und Arzneien sind zu beobachten (ÖB 8.2021). Insbesondere das Hilfspersonal ist oft unzureichend ausgebildet, Krankenwagen sind in der Regel ungenügend ausgestattet. Die Notfallversorgung ist wegen Überlastung der Notaufnahmen in den Städten nicht immer gewährleistet, auf dem Land ist sie insbesondere in den abgelegenen Bergregionen unzureichend (AA 31.1.2021).

Private Spitäler, Ambulanzen und Ordinationen bieten medizinische Leistungen in ähnlicher Qualität wie in Europa an, wenn auch nicht in allen fachmedizinischen Bereichen gleich und örtlich auf die Städte beschränkt (Casablanca, Rabat, Tanger und andere größere Städte). Diese Dienstleistungen sind freilich mit entsprechenden Honoraren verbunden. Ein Konsultation beim Wahlarzt (Allgemeinmedizin) kostet ab 150 Dirham (13 €), beim Facharzt ab 200 (17 €) Dirham bis 500 (45 €) Dirham und mehr bei Spezialisten (zum Vergleich der Mindestlohn: 2.570 Dirham/234 €) (ÖB 8.2021).

Chronische und psychiatrische Krankheiten oder auch AIDS-Dauerbehandlungen lassen sich in Marokko vorzugsweise in privaten Krankenhäusern behandeln. Bei teuren Spezialmedikamenten soll es in der öffentlichen Gesundheitsversorgung bisweilen zu Engpässen kommen. Bei entsprechender Finanzkraft ist allerdings fast jedes lokal produzierte oder importierte Medikament erhältlich (AA 31.1.2021).

Auf 1.775 Einwohner entfällt ein Arzt. 152 öffentliche Krankenhäuser führen etwas mehr als 25.440 Betten (ein Spitalsbett auf ca. 1.381 Einwohner); daneben bestehen 2.408 Einrichtungen der medizinischen Grundversorgung. Inhaber der Carte RAMED können bei diesen Einrichtungen medizinische Leistungen kostenfrei erhalten. Wer weder unter das RAMED-System fällt, noch aus einem Anstellungsverhältnis pflichtversichert ist, muss für medizinische Leistungen aus eigenem aufkommen (ÖB 8.2021). Nach anderen Angaben sind medizinische Dienste kostenpflichtig und werden bei bestehender gesetzlicher Krankenversicherung von dieser erstattet. Es gibt ein an die Beschäftigung geknüpftes Kranken- und Rentenversicherungssystem (CNSS). Seit 2015 können sich unter bestimmten Umständen auch Studierende und sich legal im Land aufhaltende Ausländer versichern lassen. Mittellose Personen können auf Antrag bei der Präfektur eine Carte RAMED zur kostenfreien Behandlung erhalten (AA 31.1.2021).

Im Bereich der Basis-Gesundheitsversorgung wurde 2012 das Programm RAMED eingeführt und erstreckt sich auf 8,5 Mio. Einwohner der untersten Einkommensschichten bzw. auf vulnerable Personen, die bisher keinen Krankenversicherungsschutz genossen. Im Oktober 2012 waren bereits 1,2 Mio. Personen im RAMED erfasst (knapp 3% der Haushalte). RAMED wird vom Sozialversicherungsträger ANAM administriert, der auch die Pflichtkrankenversicherung AMO der unselbständig Beschäftigten verwaltet. Zugang haben Haushaltsvorstände und deren Haushaltsangehörige, die keiner anderen Pflicht-Krankenversicherung unterliegen. Die Teilnahme an RAMED ist gratis (Carte RAMED), lediglich vulnerable Personen zahlen einen geringen Beitrag (11 € pro Jahr pro Person). Ansprechbar sind die Leistungen im staatlichen Gesundheitssystem (Einrichtungen der medizinischen Grundversorgung und Vorsorge sowie Krankenhäuser) im Bereich der Allgemein- und Fachmedizin, stationärer Behandlung, Röntgendiagnostik etc. Die Dichte und Bestückung der medizinischen Versorgung ist auf einer Website des Gesundheitsministeriums einsehbar (ÖB 8.2021).

Quellen:

 AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (31.1.2021): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage im Königreich Marokko (Stand: Dezember 2020), https://www.ecoi.net/en/file/local/2045867/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_im_K%C3%B6nigreich_Marokko_%28Stand_Dezember_2020%29%2C_31.01.2021.pdf , Zugriff 20.9.2021

 ÖB - Österreichische Botschaft in Rabat [Österreich] (8.2021): Asylländerbericht Marokko, https://www.ecoi.net/en/file/local/2060711/MARO_%C3%96B_Bericht_2021_08.pdf , Zugriff 20.9.2021

Rückkehr

Letzte Änderung: 01.10.2021

Das Stellen eines Asylantrags im Ausland ist nicht strafbar und wird nach Erkenntnissen des Auswärtigen Amts von den Behörden nicht als Ausdruck oppositioneller Gesinnung gewertet (AA 31.1.2021).

Staatliche und sonstige Aufnahmeeinrichtungen für Rückkehrer gibt es nicht (AA 31.1.2021). Auf institutioneller Basis wird Rückkehrhilfe von IOM organisiert, sofern der abschiebende Staat mit IOM eine diesbezügliche Vereinbarung (mit Kostenkomponente) eingeht; Österreich hat keine solche Abmachung getroffen. Rückkehrer ohne eigene finanzielle Mittel dürften primär den Beistand ihrer Familie ansprechen; gelegentlich bieten auch NGOs Unterstützung. Der Verband der Familie und Großfamilie ist primärer sozialer Ankerpunkt der Marokkaner. Dies gilt mehr noch für den ländlichen Raum, in welchem über 40% der Bevölkerung angesiedelt und beschäftigt sind. Rückkehrer würden in aller Regel im eigenen Familienverband Zuflucht suchen. Der Wohnungsmarkt ist über lokale Printmedien und das Internet in mit Europa vergleichbarer Weise zugänglich, jedenfalls für den städtischen Bereich (ÖB 8.2021).

Mit August 2021 konnten die seit der Verhängung des Ausnahmezustandes aufgrund der Covid-19 Pandemie am 20. März 2020 auf „stand by“ befindlichen Rückführungsaktivitäten von Österreich nach Marokko wiederaufgenommen werden (ÖB 8.2021).

Quellen:

 AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (31.1.2021): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage im Königreich Marokko (Stand: Dezember 2020), https://www.ecoi.net/en/file/local/2045867/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_im_K%C3%B6nigreich_Marokko_%28Stand_Dezember_2020%29%2C_31.01.2021.pdf , Zugriff 20.9.2021

 ÖB - Österreichische Botschaft in Rabat [Österreich] (8.2021): Asylländerbericht Marokko, https://www.ecoi.net/en/file/local/2060711/MARO_%C3%96B_Bericht_2021_08.pdf , Zugriff 20.9.2021

2. Beweiswürdigung:

Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes wurden im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweise erhoben durch die Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde unter zentraler Berücksichtigung der Angaben des Beschwerdeführers vor den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes (Protokoll der Erstbefragung vom 18.10.2022), in den bekämpften Bescheid und in den Beschwerdeschriftsatz sowie in die zitierten Länderberichte zu Marokko.

Der unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des BFA und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichts.

Auszüge aus dem Informationsverbund zentrales Fremdenregister, dem zentralen Melderegister, der "Betreuungsinformation (Grundversorgung)", dem Hauptverband österreichischer Sozialversicherungsträger und dem Strafregister wurden ergänzend zum vorgelegten Verwaltungsakt eingeholt.

2.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

Die Identität des Beschwerdeführers steht nicht fest, da er entweder nicht imstande oder nicht willens war, vor den österreichischen Behörden identitätsbezeugende Dokumente in Vorlage zu bringen. Im Rahmen seiner Erstbefragung gab er zu Protokoll, seinen Reisepass in der Türkei verloren zu haben.

Die Feststellungen zu seiner Volljährigkeit, seiner Herkunft, seinen Lebensumständen, seinen Familienverhältnissen, seiner Schulbildung, seinem Gesundheitszustand, seiner Erwerbsfähigkeit, seiner Staatsangehörigkeit, seiner Volksgruppenzugehörigkeit und seiner Konfession ergeben sich aus den diesbezüglich glaubhaften Angaben des Beschwerdeführers im Verfahren bzw. aus dem Umstand, dass den insoweit im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen in der Beschwerde nicht entgegengetreten wurde. Dass der Beschwerdeführer keiner COVID-19-Risikogruppe angehört, gründet auf dem Umstand, dass er im Verfahren auch keine medizinische Indikation für eine etwaige Zuordnung seiner Person zur COVID-19-Risikogruppe gemäß § 2 der COVID-19-Risikogruppe-Verordnung (BGBl. II Nr. 203/2020) geltend gemacht hat.

Der nunmehrige Aufenthalt des Beschwerdeführers im österreichischen Bundesgebiet ab (spätestens) 15.10.2022 ergibt sich aus dem Verwaltungsakt in Zusammenschau mit eingeholten Auskünften aus dem zentralen Melderegister und dem Informationsverbund zentrales Fremdenregister.

Dass der Beschwerdeführer in Österreich zu keinem Zeitpunkt einer angemeldeten Erwerbstätigkeit nachging, fußt auf einer Abfrage im Hauptverband österreichischer Sozialversicherungsträger.

Dass er auch keine maßgeblichen Integrationsmerkmale in sprachlicher oder gesellschaftlicher Hinsicht aufweist gründet auf dem Umstand, dass er solche im Verfahren weder darzulegen noch formell nachzuweisen vermochte.

Dass der Beschwerdeführer niemals aufrecht im Bundesgebiet gemeldet war, ergibt sich aus einer tagesaktuellen Abfrage im zentralen Melderegister, ebenso wie aus einer tagesaktuellen Abfrage in der Applikation "Betreuungsinformation (Grundversorgung)" hervorgeht, dass er zum Entscheidungszeitpunkt nicht aktiv in der staatlichen Grundversorgung gemeldet ist. Auf diesen beiden Abfragen gründet ebenso die Feststellung, dass der Beschwerdeführer nie ein Grundversorgungsquartier in Österreich bezogen hat und unbekannten Aufenthaltes ist.

Die strafgerichtliche Unbescholtenheit des Beschwerdeführers ergibt sich aus einer Abfrage im Strafregister der Republik.

2.2. Zum Fluchtvorbringen und einer Rückkehrgefährdung des Beschwerdeführers:

Der Beschwerdeführer begründete seinen verfahrensgegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz im Rahmen seiner Erstbefragung mit rein wirtschaftlichen Erwägungen. Er habe in Marokko weder Arbeit, noch die Hoffnung auf ein besseres Leben. Zudem gebe es dort „kein gutes soziales und wirtschaftliches System und auch keine gute Infrastruktur“. Im Falle seiner Rückkehr habe er „Angst vor Armut und Zukunftslosigkeit“.

Aus diesem Vorbringen lässt sich keine Bedrohungs- oder Verfolgungshandlung von maßgeblicher, asylrelevanter Intensität ableiten.

In der Folge entzog sich der Beschwerdeführer dem gegenständlichen Verfahren, indem er der ihm nach seiner Erstbefragung ausgefolgten, behördlichen Anordnung des BFA vom 18.10.2022, ein namentlich bezeichnetes Grundversorgungsquartier in der Steiermark zu beziehen, niemals Folge leistete, in die Anonymität abtauchte und für die belangte Behörde ab diesem Zeitpunkt nicht mehr greifbar war. Er war nie aufrecht im Bundesgebiet gemeldet und bezog auch niemals ein Grundversorgungsquartier, ebenso wenig ist er zum Entscheidungszeitpunkt aktiv in der staatlichen Grundversorgung gemeldet. Dieses Verhalten stellt eine qualifizierte Verletzung seiner Mitwirkungspflicht dar, welche zur Abweisung des Asylantrages führen kann und daher die Annahme rechtfertigen muss, der gegenständliche Asylantrag entbehre eindeutig jeder Grundlage (vgl. VwGH 23.11.2006, 2005/20/0409, mwN).

Auch in der Beschwerde wurde kein substantiiertes, sachbezogenes Vorbringen erstattet, welches Hinweise auf den aktuellen Aufenthaltsort des Beschwerdeführers enthalten oder nahelegen würde, dass dieser in Marokko der Gefahr einer wie auch immer gearteten asylrelevanten Bedrohung oder Verfolgung ausgesetzt wäre.

Aus dem Gesagten ist es dem Beschwerdeführer somit nicht gelungen, eine aktuelle, gegen seine Person gerichtete Verfolgungsgefahr, welche ihre Ursache in einem der in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründe hätte, glaubhaft zu machen.

Das Bundesverwaltungsgericht schließt sich auch den tragenden Erwägungen des BFA hinsichtlich der Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten an. Der Beschwerdeführer ist jung, gesund und erwerbsfähig, zudem ledig und ohne Sorgepflichten. Überdies hat er in Marokko eine elfjährige Schulbildung genossen. Auch wenn er seine wirtschaftliche Situation als unbefriedigend empfunden haben mag, sind keine Gründe ersichtlich, weshalb er nicht in der Lage sein sollte, sich in seinem Herkunftsstaat durch die Aufnahme einer Tätigkeit, selbst wenn es sich dabei um eine Hilfstätigkeit handelt, eine Lebensgrundlage zu schaffen. Auch ist die Grundversorgung der Bevölkerung in Marokko gewährleistet (vgl. Punkt II.1.3.) und verfügt der Beschwerdeführer dort insbesondere in Gestalt seiner Eltern und seiner Schwester über ein familiäres Netzwerk, was ihm den Aufbau einer Existenz erheblich erleichtern sollte. In Anbetracht dieser Umstände kann letztlich nicht davon ausgegangen werden, dass er im Falle einer Rückkehr in seinen Herkunftsstaat in eine existenzbedrohende Notlage geraten würde.

Auch ergeben sich vor dem Hintergrund der aktuellen COVID-19-Pandemie keinerlei Rückführungshindernisse in Bezug auf den Beschwerdeführer. Das Risiko, an COVID-19 zu erkranken, ist in Österreich nicht geringer als in Marokko und eine medizinische Indikation für eine etwaige Zuordnung seiner Person zur COVID-19-Risikogruppe gemäß § 2 der COVID-19-Risikogruppe-Verordnung (BGBl. II Nr. 203/2020) wurde im Verfahren ebenfalls nicht geltend gemacht. Es fehlt daher auch vor dem Hintergrund der aktuellen COVID-19-Pandemie fallgegenständlich an den geforderten außergewöhnlichen Umständen iSd Art. 3 EMRK.

Aus dem Gesagten war somit die Feststellung zu treffen, dass eine Rückkehr des Beschwerdeführers nach Marokko nicht automatisch dazu führt, dass er einer wie auch immer gearteten existentiellen Bedrohung ausgesetzt sein wird. Auch ist er dort angesichts der weitgehend stabilen Sicherheitslage nicht von willkürlicher Gewalt infolge eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts bedroht. Nicht zuletzt gilt Marokko gemäß § 1 Z 9 HStV als sicherer Herkunftsstaat.

2.3. Zur Lage im Herkunftsstaat:

Zu den zur Feststellung der asyl- und abschiebungsrelevanten Lage im Herkunftsstaat ausgewählten Quellen wird angeführt, dass es sich hierbei um eine ausgewogene Auswahl verschiedener Quellen, sowohl staatlichen als auch nicht-staatlichen Ursprungs handelt, welche es ermöglichen, sich ein möglichst umfassendes Bild von der Lage im Herkunftsstaat zu machen. Zur Aussagekraft der einzelnen Quellen wird angeführt, dass zwar in nationalen Quellen rechtsstaatlich-demokratisch strukturierter Staaten, von denen der Staat der Veröffentlichung davon ausgehen muss, dass sie den Behörden jenes Staates, über den berichtet wird, zur Kenntnis gelangen, diplomatische Zurückhaltung geübt wird, wenn es um kritische Sachverhalte geht, doch andererseits sind gerade diese Quellen aufgrund der nationalen Vorschriften vielfach zu besonderer Objektivität verpflichtet, weshalb diesen Quellen keine einseitige Parteinahme unterstellt werden kann. Zudem werden auch Quellen verschiedener Menschenrechtsorganisationen herangezogen, welche oftmals das gegenteilige Verhalten aufweisen und so gemeinsam mit den staatlich-diplomatischen Quellen ein abgerundetes Bild ergeben. Bei Berücksichtigung dieser Überlegungen hinsichtlich des Inhaltes der Quellen, ihrer Natur und der Intention der Verfasser handelt es sich nach Ansicht des erkennenden Richters bei den Feststellungen um ausreichend ausgewogenes und aktuelles Material (vgl. VwGH 04.04.2001, 2000/01/0348, mwN).

Der Beschwerdeführer trat den Quellen und deren Kernaussagen im Beschwerdeverfahren auch nicht substantiiert entgegen.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

3.1. Zum Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides):

Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht wegen Drittstaatsicherheit oder Zuständigkeit eines anderen Staates zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung iSd Art. 1, Abschnitt A, Z. 2 der Genfer Flüchtlingskonvention droht und keiner der in Art. 1 Abschnitt C oder F der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Endigungs- oder Ausschlussgründe vorliegt.

Flüchtling iSd Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK ist, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich in Folge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

Wie in der Beweiswürdigung unter Punkt II.2.2. dargelegt, vermochte der Beschwerdeführer die Gefahr einer asylrelevanten Verfolgung nicht glaubhaft zu machen. Vielmehr hat er Marokko aus rein wirtschaftlichen Erwägungen verlassen.

Eine darüberhinausgehende Verfolgung wurde weder von Seiten des Beschwerdeführers behauptet, noch war eine solche für das Bundesverwaltungsgericht erkennbar.

Dem Beschwerdeführer ist es damit im gesamten Verfahren nicht gelungen, eine konkret und gezielt gegen seine Person gerichtete aktuelle Verfolgung von maßgeblicher Intensität, welche ihre Ursache in einem der in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründe hätte, glaubhaft zu machen.

Aus diesen Gründen ist festzustellen, dass dem Beschwerdeführer im Herkunftsstaat Marokko keine Verfolgung iSd Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK droht und war die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG als unbegründet abzuweisen.

3.2. Zum Status des subsidiär Schutzberechtigten (Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides):

Gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 ist der Status des subsidiär Schutzberechtigten einem Fremden zuzuerkennen, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird, wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. Gemäß § 8 Abs. 2 leg. cit. ist die Entscheidung über die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nach Abs. 1 mit der abweisenden Entscheidung nach § 3 oder der Aberkennung des Status des Asylberechtigten nach § 7 zu verbinden.

Es kann auf Basis der Länderfeststellungen nicht davon ausgegangen werden, dass generell jeder im Falle einer Rückkehr nach Marokko mit existentiellen Nöten konfrontiert ist. Die bloße Möglichkeit einer durch die Lebensumstände bedingten Verletzung des Art. 3 EMRK ist nicht ausreichend. Vielmehr ist es zur Begründung einer drohenden Verletzung von Art. 3 EMRK notwendig, detailliert und konkret darzulegen, warum solche exzeptionellen Umstände vorliegen (vgl. VwGH 25.04.2017, Ra 2016/01/0307, mwN).

Es wurden im Verfahren unter Berücksichtigung der individuellen Situation des Beschwerdeführers jedoch keinerlei exzeptionelle Umstände aufgezeigt, wonach im Falle seiner Rückkehr nach Marokko die Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz im konkreten Fall nicht gedeckt werden könnten (vgl. Punkt II.2.2.). Der Umstand, dass sein Lebensunterhalt in Marokko möglicherweise bescheidener ausfallen mag als er in Österreich sein könnte, rechtfertigt nicht die Annahme, ihm wäre im Falle seiner Rückkehr die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen und die "Schwelle" des Art. 3 EMRK überschritten (vgl. VfGH 24.02.2020, E 3683/2019; zur "Schwelle" des Art. 3 EMRK vgl. VwGH 16.07.2003, 2003/01/0059).

Auch ergeben sich angesichts der aktuellen COVID-19-Pandemie keinerlei Rückführungshindernisse im Hinblick auf den Beschwerdeführer (vgl. Punkt II.2.2.).

Aus den dargestellten Umständen ergibt sich somit, dass der Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr nach Marokko nicht in eine existenzbedrohende Lage geraten würde und ist er angesichts der dort weitgehend stabilen Sicherheitslage auch nicht von willkürlicher Gewalt infolge eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts bedroht. Nicht zuletzt gilt Marokko gemäß § 1 Z 9 HStV als sicherer Herkunftsstaat.

Die Beschwerde war daher auch hinsichtlich Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG abzuweisen.

3.3. Zur Nichterteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG 2005 (Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides):

Gemäß § 58 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 hat das BFA die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG 2005 von Amts wegen zu prüfen, wenn der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird. Die formellen Voraussetzungen des § 57 AsylG 2005 sind allerdings nicht gegeben und werden in der Beschwerde auch nicht behauptet. Eine Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz war dem Beschwerdeführer daher nicht zuzuerkennen.

Die Beschwerde war daher auch hinsichtlich Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG abzuweisen.

3.4. Zur Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheides):

Gemäß § 58 Abs. 2 AsylG 2005 hat das BFA einen Aufenthaltstitel gemäß § 55 AsylG 2005 von Amts wegen zu erteilen, wenn eine Rückkehrentscheidung rechtskräftig auf Dauer unzulässig erklärt wurde. Es ist daher zu prüfen, ob eine Rückkehrentscheidung auf Basis des § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG für unzulässig zu erklären ist.

Der mit "Schutz des Privat- und Familienlebens" betitelte § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG lautet wie folgt:

„(1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4. der Grad der Integration,

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§§ 45 und 48 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.“

Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

Im gegenständlichen Fall verfügt der Beschwerdeführer über kein iSd Art. 8 EMRK geschütztes Familienleben in Österreich oder auf dem Gebiet der Mitgliedstaaten.

Zu prüfen wäre somit ein etwaiger Eingriff in das Privatleben des Beschwerdeführers. Unter "Privatleben" sind nach der Rechtsprechung des EGMR persönliche, soziale und wirtschaftliche Beziehungen, die für das Privatleben eines jeden Menschen konstitutiv sind, zu verstehen (vgl. Sisojeva u.a. gg Lettland, EuGRZ 2006, 554).

Unter Berücksichtigung der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. VwGH 26.06.2007, 2007/01/0479, zu einem dreijährigen Aufenthalt im Bundesgebiet; oder VwGH 15.12.2015, Ra 2015/19/0247, zu einem zweijährigem Aufenthalt in Verbindung mit dem Umstand, dass der Beschwerdeführer mit einer österreichischen Staatsbürgerin verheiratet war), des Verfassungsgerichtshofes (vgl. VfGH 29.11.2007, B 1958/07, wonach im Fall eines sich seit zwei Jahren im Bundesgebiet aufhältigen Berufungswerbers die Behandlung der Beschwerde wegen Verletzung des Art. 8 EMRK abgelehnt wurde; ebenso VfGH 26.04.2010, U 493/10 im Falle eines fünfjährigen Aufenthaltes) und des EGMR (vgl. etwa EGMR, 08.04.2008, Nnyanzi v. UK, 21878/06) muss angesichts des lediglich etwa zweimonatigen Inlandsaufenthaltes des Beschwerdeführers davon ausgegangen werden, dass das öffentliche Interesse an der Beendigung seines Aufenthaltes das Interesse an der Achtung seines Privat- und Familienlebens überwiegt.

Es sind - unter der Schwelle des Art. 2 und 3 EMRK – aber auch die Verhältnisse im Herkunftsstaat unter dem Gesichtspunkt des Privatlebens zu berücksichtigen, so sind etwa Schwierigkeiten beim Beschäftigungszugang oder auch Behandlungsmöglichkeiten bei medizinischen Problemen bzw. eine etwaige wegen der dort herrschenden Verhältnisse bewirkte maßgebliche Verschlechterung psychischer Probleme in die bei der Erlassung der Rückkehrentscheidung vorzunehmende Interessensabwägung nach § 9 BFA-VG miteinzubeziehen (vgl. VwGH 16.12.2015, Ra 2015/21/0119). Eine diesbezüglich besonders zu berücksichtigende Situation liegt jedoch im Fall des jungen, gesunden und erwerbsfähigen Beschwerdeführers, welcher zudem ledig und ohne Sorgepflichten ist und sowohl über eine Schulbildung als auch über ein familiäres Netzwerk in seinem Herkunftsstaat verfügt, ebenfalls nicht vor.

Auch die strafgerichtliche Unbescholtenheit des Beschwerdeführers stellt keine Stärkung seiner persönlichen Interessen an einem Verbleib in Österreich dar, da der Verwaltungsgerichtshof davon ausgeht, dass es von einem Fremden, welcher sich im Bundesgebiet aufhält, als selbstverständlich anzunehmen ist, dass er die geltenden Rechtsvorschriften einhält (vgl. VwGH 26.04.2005, 2005/21/0063, mwN).

Angesichts der kurzen Aufenthaltsdauer des Beschwerdeführers, seiner fehlenden Integration sowie des Umstandes, dass er in Österreich sowie auf dem Gebiet der Mitgliedstaaten kein iSd Art. 8 EMRK geschütztes Familienleben führt, kann nicht davon ausgegangen werden, dass seine privaten Interessen an einem Verbleib im Bundesgebiet die öffentlichen Interessen an einer Aufenthaltsbeendigung überwiegen. Dies wurde in der Beschwerde auch nicht behauptet.

Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und des festgestellten Sachverhaltes ergibt sich daher, dass die im angefochtenen Bescheid angeordnete Rückkehrentscheidung keinen ungerechtfertigten Eingriff in das durch Art. 8 EMRK gewährleistete Recht auf Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers darstellt.

Die Beschwerde war daher auch hinsichtlich Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG abzuweisen.

3.5. Zur Zulässigkeit der Abschiebung (Spruchpunkt V. des angefochtenen Bescheides):

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde zudem festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers nach Marokko zulässig ist. Diesbezüglich ist darauf zu hinzuweisen, dass ein inhaltliches Auseinanderfallen der Entscheidungen nach § 8 Abs. 1 AsylG 2005 (zur Frage der Gewährung von subsidiärem Schutz) und nach § 52 Abs. 9 FPG (zur Frage der Zulässigkeit der Abschiebung) ausgeschlossen ist. Damit ist es unmöglich, die Frage der Zulässigkeit der Abschiebung in den Herkunftsstaat im Rahmen der von Amts wegen zu treffenden Feststellung nach § 52 Abs. 9 FPG neu aufzurollen und entgegen der getroffenen Entscheidung über die Versagung von Asyl und subsidiärem Schutz anders zu beurteilen (vgl. VwGH 27.04.2021, Ra 2021/19/0082, mwN).

Die Abschiebung ist auch nicht unzulässig iSd § 50 Abs. 2 FPG, da dem Beschwerdeführer keine Flüchtlingseigenschaft zukommt.

Weiters steht der Abschiebung keine Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den EGMR entgegen.

Die Beschwerde erweist sich daher insoweit als unbegründet, sodass sie auch hinsichtlich Spruchpunkt V. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG abzuweisen war.

3.6. Zur Aberkennung der aufschiebenden Wirkung und zur Frist für die freiwillige Ausreise (Spruchpunkte VI. und VII. des angefochtenen Bescheides):

Die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung erfolgte seitens der belangten Behörde gemäß § 18 Abs. 1 BFA-VG, da der Asylwerber Verfolgungsgründe nicht vorgebracht hat (Z 4). Da der Beschwerdeführer im gegenständlichen Verfahren tatsächlich rein wirtschaftliche Fluchtgründe geltend gemacht hat, erfolgte die Aberkennung der aufschiebenden daher Wirkung zu Recht.

Gemäß § 55 Abs. 1a FPG besteht eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht, wenn eine Entscheidung auf Grund eines Verfahrens gemäß § 18 BFA-VG durchführbar wird. Im angefochtenen Bescheid wurde entsprechend festgestellt, dass aufgrund der Aberkennung der aufschiebenden Wirkung die Entscheidung gemäß § 18 BFA-VG durchführbar wird.

Die Beschwerde war daher auch hinsichtlich der Spruchpunkte VI. und VII. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG abzuweisen.

4. Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht.

Eine mündliche Verhandlung kann unterbleiben, wenn der für die rechtliche Beurteilung entscheidungsrelevante Sachverhalt von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben wurde und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweist. Ferner muss die Verwaltungsbehörde die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in gesetzmäßiger Weise offen gelegt haben und das Bundesverwaltungsgericht diese tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung in seiner Entscheidung teilen. Auch darf im Rahmen der Beschwerde kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinausgehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten ebenso außer Betracht zu bleiben hat, wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA-VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt (vgl. VwGH 28.05.2014, 2014/20/0017). Eine mündliche Verhandlung ist bei konkretem sachverhaltsbezogenem Vorbringen des Revisionswerbers vor dem VwG durchzuführen (vgl. VwGH 30.06.2015, Ra 2015/06/0050, mwN). Eine mündliche Verhandlung ist ebenfalls durchzuführen zur mündlichen Erörterung von nach der Aktenlage strittigen Rechtsfragen zwischen den Parteien und dem Gericht (vgl. VwGH 30.09.2015, Ra 2015/06/0007, mwN) sowie auch vor einer ergänzenden Beweiswürdigung durch das VwG (vgl. VwGH 16.02.2017, Ra 2016/05/0038). § 21 Abs. 7 BFA-VG 2014 erlaubt andererseits das Unterbleiben einer Verhandlung, wenn - wie im vorliegenden Fall - deren Durchführung in der Beschwerde ausdrücklich beantragt wurde, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint (vgl. VwGH 23.11.2016, Ra 2016/04/0085; 22.01.2015, Ra 2014/21/0052 u.a.). Diese Regelung steht im Einklang mit Art. 47 Abs. 2 GRC (vgl. VwGH 25.02.2016, Ra 2016/21/0022).

Die vorgenannten Kriterien treffen in diesem Fall zu. Der Sachverhalt ist durch die belangte Behörde vollständig erhoben und weist - aufgrund des Umstandes, dass zwischen der Entscheidung durch die belangte Behörde und jener durch das Bundesverwaltungsgericht lediglich etwa eineinhalb Monate liegen - die gebotene Aktualität auf. Der Beweiswürdigung durch die belangte Behörde hat sich das Bundesverwaltungsgericht zur Gänze angeschlossen, wobei sich das Beschwerdevorbringen letztlich – wie in der Beweiswürdigung dargelegt wurde - als unsubstantiiert erwies und insbesondere weder Hinweise auf den aktuellen Aufenthaltsort des Beschwerdeführers enthielt, noch darin Umstände aufgezeigt wurden, welche nahelegen würden, dass dieser in Marokko der Gefahr einer wie auch immer gearteten asylrelevanten Bedrohung oder Verfolgung ausgesetzt wäre. Ansonsten sind die wesentlichen Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers unbestritten geblieben. Es lagen keine strittigen Sachverhalts- oder Rechtsfragen vor und es waren auch keine Beweise aufzunehmen. Zudem hat sich der Beschwerdeführer dazu entschlossen, nicht mehr weiter am Verfahren mitzuwirken, indem er das ihm zugewiesene Grundversorgungsquartier niemals bezogen hat und seitdem in die Anonymität abgetaucht und unbekannten Aufenthaltes ist.

Die Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte sohin gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG iVm § 24 VwGVG unterbleiben.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.

Im gegenständlichen Fall wurde keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufgeworfen. Die vorliegende Entscheidung basiert auf den oben genannten Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes.

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