BVwG I412 2261812-3

BVwGI412 2261812-318.7.2024

AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8
AVG §68 Abs1
BFA-VG §21 Abs7
B-VG Art133 Abs4
FPG §55 Abs1a
VwGVG §24 Abs2 Z1
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2024:I412.2261812.3.00

 

Spruch:

I412 2261812-3/3E

 

IM NAMEN DER REPUBLIK!

 

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Gabriele ACHLEITNER als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. NIGERIA, vertreten durch: Verein Legal Focus gegen den Bescheid des BFA, Erstaufnahmestelle Ost (EASt-Ost) vom 04.06.2024, Zl. XXXX , zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird hinsichtlich Spruchpunkt I. bis III. als unbegründet abgewiesen.

Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheides wird gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG behoben.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

 

Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer, ein nigerianischer Staatsangehöriger, stellte am 15.07.2004 einen Asylantrag, der vom Bundesasylamt mit Bescheid vom 30.07.2004 dahingehend entschieden wurde, dass der gestellte Asylantrag abgewiesen und die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers nach Nigeria für zulässig erklärt wurde (Spruchpunkt III.) Der Beschwerdeführer wurde gemäß § 8 Abs. 2 AsylG idgF aus dem österreichischen Bundesgebiet ausgewiesen. Zweitinstanzlich wurde die Berufung des Beschwerdeführers vom Unabhängigen Bundesasylsenat mit Bescheid vom 08.06.2006 abgewiesen.

Der Verwaltungsgerichtshof entschied in einer dagegen eingebrachten Beschwerde, dass Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides (Ausweisung des Beschwerdeführers nach Nigeria) infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben werde. Im Übrigen wurde die Behandlung der Beschwerde abgelehnt.

In weiterer Folge ehelichte der Beschwerdeführer eine österreichische Staatsangehörige, weshalb ihm als Familienangehöriger eine Aufenthaltsberechtigung erteilt wurde.

2. Aufgrund mehrmaliger Straffälligkeiten im Zeitraum Mai 2009 bis Februar 2015 prüfte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, im Weiteren als belangte Behörde oder BFA bezeichnet, erstmals die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gegen den Beschwerdeführer, sah jedoch wegen der langen Aufenthaltsdauer und den familiären Anbindungen davon ab.

3. In Anbetracht dreier weiterer strafgerichtlicher Verurteilungen im Jahr 2017 leitete das BFA im September 2017 erneut ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme ein, welches letztendlich trotz sechs rechtskräftiger Verurteilungen aufgrund seiner drei minderjährigen Kinder und einer neuen Lebensgemeinschaft eingestellt wurde.

4. Im Oktober 2019 wurde der Beschwerdeführer erneut straffällig und deswegen im Februar 2020 strafgerichtlich verurteilt. Mit 16.09.2021 wurde er zur Festnahme ausgeschrieben. Am 28.09.2021 versuchte der Beschwerdeführer seine Festnahme zu verhindern, indem er vor Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes flüchtete und zunächst eine falsche Identität angab.

5. Mit Bescheid vom 05.10.2022 erließ das Bundesamt gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt I.), stellte fest, dass seine Abschiebung nach Nigeria zulässig sei (Spruchpunkt II.) und erließ gegen ihn ein auf die Dauer von acht Jahren befristetes Einreiseverbot (Spruchpunkt III.). Ferner wurde eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht gewährt (Spruchpunkt IV.) und einer Beschwerde gegen diese Rückkehrentscheidung die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt V.). Eine dagegen erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht mit Erkenntnis vom 10.11.2022, GZ I411 2261812-1/3E, als unbegründet ab. Die Behandlung einer gegen dieses Erkenntnis erhobenen Beschwerde wurde mit Beschluss des Verfassungsgerichtshofs vom 27.02.2023 zu E 3443/2022-9 abgelehnt. Eine gegen das Erkenntnis erhobene Revision wurde mit Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs vom 25.05.2023 zu Ra 2023/21/0069 zurückgewiesen.

6. Am 13.06.2023 wurde der Beschwerdeführer unmittelbar nach seiner bedingten Entlassung aus der Strafhaft in Schubhaft genommen.

7. Am 10.07.2023 stellte der Beschwerdeführer aus dem Stande seiner Schubhaft einen Asyl(folge-)antrag. Dazu führte er aus, dass sein Vater bereits Probleme mit Politikern in Nigeria gehabt habe, bevor der Beschwerdeführer geboren wurde. Während eines Streits um das Grundstück sei der Vater ermordet und der Beschwerdeführer selbst am Kopf verletzt worden. Er sei damals noch sehr klein gewesen. Ein Priester aus Nigeria habe ihm geholfen, aus dem Land zu fliehen.

8. Im Zuge seiner Einvernahme am 26.07.2023 vor dem BFA schilderte der Beschwerdeführer befragt zu seinen Fluchtgründen, die Polizei hätte seinen Vater getötet, als er sieben Jahre alt gewesen sei. Er wäre drei Wochen im Krankenhaus gewesen und habe seitdem eine Kopfverletzung. Die Probleme mit der Polizei habe er gehabt, weil er dem Polizisten das Bein zurückgehalten habe. Die Politiker in Nigeria, die die Polizei geschickt hätten, würden auch den Beschwerdeführer in Nigeria verfolgen. Schließlich sei 2023 seine Schwester von seinen Verfolgern in Nigeria getötet worden. Zudem habe der Beschwerdeführer seit dem Jahr 2009 der Polizei in Österreich geholfen, viele Nigerianer ins Gefängnis zu bringen und sei er eine Vertrauensperson der Regierung gewesen, weshalb er in der Haftanstalt bedroht worden wäre. Aggressoren würden sich sowohl in Nigeria, als auch in der Justizanstalt befinden.

9. Sogleich erfolgte im Rahmen der niederschriftlichen Einvernahme die Verkündung des mündlichen Bescheides, mit welchem gegenüber dem Beschwerdeführer der faktische Abschiebeschutz aufgehoben wurde, den das BFA damit begründete, dass sich der für die Entscheidung maßgebliche Sachverhalt seit der Rechtskraft des Vorverfahrens nicht geändert habe und die Voraussetzungen des § 12a Abs. 2 AsylG 2005 vorliegen würden.

10. Mit Schriftsatz vom 26.07.2023, physisch eingelangt bei der zuständigen Gerichtsabteilung des Bundesverwaltungsgerichts I423 am 31.07.2023, übermittelte die belangte Behörde sogleich dem Bundesverwaltungsgericht den Akt zur Beurteilung der Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes.

11. Mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 02.08.2023, GZ I423 2261812-2/4E wurde die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes für rechtmäßig befunden.

12. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 04.06.2024 wurde schließlich der Folgeantrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vom 10.07.2023 sowohl hinsichtlich des Status des Asylberechtigten als auch des Status des subsidiär Schutzberechtigten wegen entschiedener Sache zurückgewiesen (Spruchpunkte I. und II.) Eine Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz gemäß § 57 AsylG wurde dem Beschwerdeführer nicht erteilt (Spruchpunkt III.) und gemäß § 55 Abs. 1a FPG festgestellt, dass keine Frist für die freiwillige Ausreise besteht. (Spruchpunkt IV.). Die betreffende Entscheidung wurde durch Hinterlegung im Akt gemäß § 23 Abs. 2 ZustellG zugestellt.

13. Mit E-Mail vom 18.06.2024 wurde gegen die angeführte Entscheidung Beschwerde erhoben und vorgebracht, es liege entschiedene Sache nicht vor. Es liege nicht nur ein glaubwürdiger Kern vor, sondern es sei aktenkundig, dass der BF mit der Polizei im Kampf gegen den Drogenhandel zusammengearbeitet habe und so Inhaftierungen anderer Nigerianer ermöglicht habe. Es sei somit nicht nur glaubwürdig, sondern erwiesen, das sdies ein neuer Sachverhalt sei, der zu Problemen führen könne. Das BFA habe jegliche Ermittlungstätigkeit verweigert.

14. Die Beschwerde wurde mit Schreiben vom 01.07.2024, eingelangt am 03.07.2024, dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vorgelegt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers

Der volljährige, geschiedene Beschwerdeführer ist ein Staatsangehöriger Nigerias. Er bekennt sich zum christlichen Glauben und ist der Volksgruppe der Igbo zugehörig. Seine Identität steht fest.

Der Beschwerdeführer leidet an keinen lebensbedrohlichen Erkrankungen und ist arbeitsfähig.

In seinem Herkunftsstaat besuchte er die Grundschule und absolvierte anschließend eine Ausbildung für den Beruf KFZ-Mechaniker an einer berufsbildenden Schule.

In Österreich ist der Beschwerdeführer seit mindestens seit 15.07.2004 aufhältig. Am 01.09.2006 heiratete er eine österreichische Staatsangehörige und wurde ihm in Anbetracht dieser Ehe eine Aufenthaltsberechtigung als Familienangehöriger erteilt. Aus der Ehe gingen zwei Kinder hervor. Mit seiner – nunmehr ehemaligen – Gattin und den Kindern bestand vom 04.05.2006 bis 28.11.2014 ein gemeinsamer Haushalt, danach führte der Beschwerdeführer getrennt von ihnen einen eigenen Wohnsitz. Am 08.02.2023 wurde die Ehe rechtskräftig geschieden.

Kurz nach der Trennung von seiner Gattin lernte der Beschwerdeführer eine neue Partnerin, eine Staatsangehörige von Österreich, kennen, mit welcher er eine Beziehung und im Zeitraum von 01.02.2016 bis 30.09.2019 einen gemeinsamen Haushalt führte. Mit dieser hat er einen gemeinsamen Sohn, der – während eines Haftaufenthaltes des Beschwerdeführers – im Jahr 2017 geboren wurde. Der Beschwerdeführer weist derzeit keine aufrechte Meldeadresse im Bundesgebiet auf.

Während seines Aufenthalts in Österreich war der Beschwerdeführer im Zeitraum von 01.02.2013 bis 06.03.2020 immer wieder kurzzeitig geringfügig beschäftigt oder als Arbeiter tätig. Seit 07.04.2010 bezog er des Öfteren Arbeitslosengeld oder Notstandshilfe.

Er spricht Deutsch auf Niveau A2 und absolvierte einen Werte und Orientierungskurs. Eine tiefgreifende Integration in beruflicher, sprachlicher und kultureller Hinsicht liegt nicht vor.

Insgesamt wurde der Beschwerdeführer in Österreich bis dato siebenmal rechtskräftig verurteilt:

1.) Mit Urteil des Landesgerichts XXXX vom 29. Mai 2009 wurde er wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels zu einer Freiheitsstrafe von 24 Monaten, davon 16 Monate bedingt unter Bestimmung einer Probezeit von 3 Jahren bedingt nachgesehen, verurteilt.

Der Beschwerdeführer hat in der Zeit von 01.03.2008 bis 11.03.2009 in XXXX und an anderen Orten vorschriftswidrig Suchtgift in einer die Grenzmenge überschreitenden Menge, nämlich zumindest zwei Gramm Cannabiskraut, 4 Gramm Heroin und 565 Gramm Kokain mit einem durchschnittlich hohen Reinheitsgehalt von 21,4 % abgesondert verfolgten Personen, einem verdeckten Ermittler, einem unbekannten Täter und einem nicht ausgemittelten Suchtgiftabnehmer teils angeboten, und zwar im Umfang von 60 Gramm Kokain, und teils, nämlich im übrigen Umfang, entgeltlich überlassen.

Bei den Strafbemessungsgründen wurde der lange Deliktszeitraum und die mehrfache Grenzmengenüberschreitung erschwerend gewertet. Sein Geständnis und die strafgerichtliche Unbescholtenheit zum damaligen Zeitpunkt flossen mildernd in die Entscheidung mit ein.

2.) Mit Urteil des Landesgerichts XXXX vom 7. Mai 2012 wurde er wegen der Vergehen Suchtgifthandel, Urkundenunterdrückung, versuchte Nötigung und versuchte Bestimmung zur falschen Beweisaussage zu einer Freiheitsstrafe von 10 Monaten verurteilt.

Der Beschwerdeführer wurde für schuldig befunden;

I. in XXXX und anderen Orten vorschriftswidrig Suchtgift in einer die Grenzmenge überschreitenden Menge gewerbsmäßig angeboten und überlassen zu haben, und zwar im Juli 2011 zumindest 100 Gramm Kokain, in der Zeit von Anfang September 2009 bis 13.12.2011 insgesamt 14 Gramm Kokain.

II. in der Zeit von 09.12.2011 bis 13.12.2011 eine Urkunde, über die er nicht verfügen durfte, nämlich den Führerschein einer anderen Person, den dieser verloren hatte, durch Ansichnehmen mit dem Vorsatz unterdrückt zu haben, um zu verhindern, dass sie im Rechtsverkehr zum Beweis eines Rechtes, Rechtsverhältnisses oder einer Tatsache gebraucht wird.

III. am 22.01.2012 eine Person durch die sinngemäße Äußerung, wenn er seine Aussage gegen ihn vor der Polizei vor Gericht wiederhole, werde er sowie auch er selbst im Krankenhaus landen, wobei er zur Untermauerung mit einer Hand heftig in die Richtung der Person gestikulierte, durch eine gefährliche Drohung zu einer Unterlassung bzw. Abstandnahme von der neuerlichen Abgabe einer ihn belastenden Zeugenaussage vor Gericht zu nötigen versucht und die Person zu einer falschen Beweisaussage vor Gericht zu bestimmen versucht zu haben.

Vom Widerruf der mit Urteil vom 29.05.2009 gewährten bedingten Strafnachsicht wurde abgesehen, jedoch die Probezeit auf 5 Jahre verlängert.

Im Rahmen der Strafbemessung fiel das Geständnis des Beschwerdeführers sowie der Umstand, dass es sich bei den strafbaren Handlungen zu III. um einen Versuch handelte, mildernd ins Gewicht. Erschwerend wurden das Zusammentreffen von vier Vergehenstatbeständen, eine einschlägige Vorstrafe sowie der rasche Rückfall gewertet.

3.) Mit Urteil des Landesgerichts XXXX vom 10. Februar 2015 wurde er wegen der Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften und dem Vergehen des Diebstahls zu einer Freiheitsstrafe von 12 Monaten verurteilt.

In der Zeit von Oktober 2013 bis 5. Oktober 2014 hatte der Beschwerdeführer vorschriftswidrig Suchtgift, und zwar insgesamt mindestens 84 Gramm Kokain, gewinnbringend verkauft bzw. weitergegeben, in der Absicht, sich durch wiederkehrende Begehung der Tat ein fortlaufendes Einkommen zu verschaffen. Am 5. Oktober 2014 war er zudem im Besitz von insgesamt 3,6 Gramm Kokain und hat am 18. Mai 2014 in XXXX ein Iphone 5s im Wert von EUR 250,-- einer anderen Person mit dem Vorsatz weggenommen, um sich unrechtmäßig zu bereichern.

In der Strafbemessung sind die zwei einschlägigen Vorstrafen, die Begehung während offener Probezeiten sowie die mehreren Vergehen als erschwerend, hingegen das Geständnis des Beschwerdeführers als mildernd berücksichtigt worden.

Vom Wiederruf der mit Urteil des Landesgerichts XXXX vom 29. Mai 2009 gewährten bedingten Strafnachsicht wurde abgesehen. Dagegen wurde eine bedingte Entlassung des Beschwerdeführers widerrufen.

4.) Mit Urteil des Landesgerichts XXXX vom 10. Jänner 2017 wurde er wegen des Vergehens der versuchten Nötigung zu einer Freiheitsstrafe von vier Monaten verurteilt.

Dem Strafurteil lag der Sachverhalt zugrunde, dass der Beschwerdeführer im August 2016 seine Ehefrau durch gefährliche Drohung, indem er im Zuge eines Telefonats äußerte, er werde ihr Haus anzünden, zu einer Handlung, und zwar der Gewährung seines Besuchsrechts hinsichtlich der gemeinsamen Kinder, zu nötigen versucht hat.

Das Landesgericht wertete die einschlägige Vorverurteilung des Beschwerdeführers und die Begehung innerhalb der offenen Probezeit im Rahmen der Strafbemessung als erschwerend. Mildernd blieb nur der Umstand übrig, dass es bei der Tat beim Versuch geblieben ist. Eine bedingte Strafnachsicht schloss das Strafgericht aus spezialpräventiven Gründen aus, weil dies nicht ausreicht, um den Beschwerdeführer von der Begehung weiterer Taten abzuhalten und die bisher unbedingten Freiheitsstrafen bezughabend keine Wirkung zeigten. Zudem würde laut dem Gericht eine Strafnachsicht den Unwert der Tat nicht adäquat zum Ausdruck bringen und beim Beschwerdeführer einen Bagatellisierungseffekt auslösen.

Gegen das Urteil vom 10. Jänner 2017 erhob der Beschwerdeführer eine Berufung, welche vom Oberlandesgericht Graz mit Urteil vom 25. April 2017 abgewiesen wurde.

5.) Mit Urteil des Bezirksgerichts XXXX vom 6. Februar 2017 wurde er wegen der Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgift zu einer Freiheitsstrafe von 5 Monaten verurteilt.

Der Beschwerdeführer hat in XXXX vorschriftswidrig Suchtgift, und zwar

1. in der Zeit zwischen 1. Dezember 2015 und 17. März 2016 von zwei Nigerianern eine unbekannte Menge Kokain erworben und besessen

2. zwischen 8. September 2015 und 17. März 2016 acht Kugeln Kokain erworben und besessen

3. zwischen Mitte Februar 2016 und 29. Februar 2016 ein Gramm Kokain durch Verkauf überlassen

4. zirka Ende 2016 ein Gramm Kokain durch Verkauf überlassen.

Bei der Strafbemessung fielen die drei einschlägigen Vorstrafen sowie das Zusammentreffen mehrerer Vergehen erschwerend und das zumindest teilweise abgegebene Tatsachengeständnis als mildern hinein.

Aus spezial- und generalpräventiven Gründen hielt das Strafgericht eine unbedingte Freiheitsstrafe für erforderlich.

Der Beschwerdeführer wurde aus dem Vollzug der über ihn verhängten Freiheitsstrafe zu der Verurteilung mit Urteil vom 10.02.2015 mit Beschluss des Landesgericht XXXX bedingt unter Bestimmung einer Probezeit von 3 Jahren entlassen. Das Bezirksgericht XXXX wiederrief diese gewährte bedingte Entlassung mit Beschluss, weil der Beschwerdeführer trotz des offenen Strafrestes vom teilweisen Vollzug der Freiheitsstrafe völlig unbeeindruckt blieb und von seinem deliktischen Verhalten nicht Abstand genommen hat und in diesem Verhalten verharrt ist.

6.) Mit Urteil des Landesgerichts XXXX vom 30. Juni 2017 wurde er wegen dem Vergehen des Widerstands gegen die Staatsgewalt und des Vergehens der schweren Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von 20 Monaten verurteilt.

Der Beschwerdeführer hat am 22. Februar 2017 einen Beamten mit Gewalt an einer Amtshandlung, und zwar an der Festnahme zur Vorführung zum Vollzug einer Ersatzfreiheitsstrafe und seiner Durchsuchung gehindert, indem er den Beamten mit beiden Händen von sich wegstieß und ihm danach einen Schlag gegen dessen Oberkörper versetzte, sodass dieser stürzte und er fliehen konnte. Durch das Versetzen eines Schlages gegen den Oberkörper des Beamten, der dadurch zu Boden stürzte und Hautabschürfungen an beiden Knien erlitt, hat er den Beamten während der Vollziehung seiner Aufgaben am Körper verletzt.

Zudem hat der Beschwerdeführer am 3. April 2017 Beamte mit Gewalt an seiner Festnahme zu verhindern versucht, indem er Gegenwehr in Form von Kopfstöße, Schläge mit den Händen und Fußtritten leistete. Durch die Leistung von Gegenwehr stürzten zwei Beamte zu Boden und erlitten Hautabschürfungen an beiden Knien und an der Nase.

Im Rahmen der Strafbemessung wirkten die vier einschlägigen Vorstrafen, die Tatbegehung während offener Probezeit, anhängigem Verfahren und offenem Vollzug, das Zusammentreffen mehrerer Vergehen, der rasche Rückfall sowie das Vorliegen der Voraussetzungen nach § 39 StGB erschwerend. Mildernd fielen sein Geständnis und der Umstand, dass es teilweise beim Versuch geblieben ist, aus. Eine bedingte Strafnachsicht kam aufgrund des belasteten Vorlebens des Beschwerdeführers nicht in Betracht.

7.) Mit Urteil des Landesgerichts XXXX vom 13. Februar 2020 wurde er wegen die Vergehen des teils versuchten und teils vollendeten Widerstands gegen die Staatsgewalt zu einer Freiheitsstrafe von 24 Monaten verurteilt.

Am 3. Oktober 2019 hinderte der Beschwerdeführer im Bereich einer Kreuzung einen Beamten an seiner Anhaltung, indem er mit seinem KFZ auf den zu seinem Fahrzeug herantretenden Beamten losfuhr, sodass sich der Beamte nur durch einen Sprung zur Seite vor einer Kollision in Sicherheit bringen konnte. Außerdem hinderte er am 3. Oktober 2019 im Bereich eines Leitenweges zwei Beamte an seiner Festnahme, indem er sich gegen deren Festhaltegriffe durch Winden und Zerren zur Wehr setzte, wobei diese Tat beim Versuch blieb.

Während das Geständnis des Beschwerdeführers sowie der Umstand, dass es teilweise beim Versuch blieb, im Rahmen der Strafbemessung mildernd zu werten war, wirkten die Begehung während mehrere offener Probezeiten, die Mehrzahl von insgesamt fünf einschlägigen Vorstrafen, der letztlich raschestmögliche und einschlägige Rückfall, das Vorliegen der Rückfallsvoraussetzungen, die Tatwiederholung und die mit der Art und Weise der Begehung besonderen Schwere der Tat erschwerend.

Das Landesgericht hielt fest, dass nur mehr eine längere unbedingte Freiheitsstrafe als erfolgversprechende Sanktion erscheine, weil Strafnachsichten, Probezeiten und selbst bedingte Entlassungen aus verbüßten Haften den Beschwerdeführer nicht von der nunmehr mit zunehmender Deliktschwere und krimineller Energie verbundenen neuerlichen Begehung gleich gelagerter Straftaten abhielten. Es bedürfe einer exemplarischen Sanktion.

Aufgrund der neuerlichen Tatbegehung widerrief das Strafgericht weiters eine gewährte bedingte Entlassung aus der Haft, die dem Beschwerdeführer nur wenige Wochen vor den Taten zugutekam.

Sowohl der gegen das Urteil vom 13. Februar 2020 erhobenen Berufung als auch der gegen den Beschluss über die Widerrufung der gewährten bedingten Entlassung eingebrachten Beschwerde wurde vom Oberlandesgericht Graz mit Urteil vom 8. Juli 2020 nicht Folge gegeben.

Seit dem 13.11.2020 ist der Beschwerdeführer mit Ausnahme seiner Haft- bzw. Anhaltezentrenaufenthalte nicht mehr melderechtlich im Bundesgebiet erfasst. Zuletzt war der Beschwerdeführer von September 2021 bis Juni 2023 in einer Justizanstalt inhaftiert. Am 13.06.2023 wurde der Beschwerdeführer aus der Haftanstalt bedingt entlassen und befindet sich seither in Schubhaft.

1.2. Zu den bisherigen Verfahren des Beschwerdeführers

Der am 15.07.2004 gestellte Asylantrag des Beschwerdeführers wurde vom Bundesasylamt mit Bescheid vom 30.07.2004 dahingehend entschieden, dass der gestellte Asylantrag abgewiesen und die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers nach Nigeria für zulässig erklärt wurde (Spruchpunkt II.) Der Beschwerdeführer wurde gemäß § 8 Abs. 2 AsylG idgF aus dem österreichischen Bundesgebiet ausgewiesen (Spruchpunkt III.). Zweitinstanzlich wurde die Berufung des Beschwerdeführers vom Unabhängigen Bundesasylsenat mit Bescheid vom 08.06.2006 abgewiesen.

Der Verwaltungsgerichtshof entschied in einer dagegen eingebrachten Beschwerde, dass Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides (Ausweisung des Beschwerdeführers aus dem österreichischen Bundesgebiet) infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben werde. Im Übrigen wurde die Behandlung der Beschwerde abgelehnt.

In weiterer Folge stellte sich sein Aufenthalt im Bundesgebiet in Anbetracht seiner Verehelichung am 01.09.2006 mit einer österreichischen Staatsangehörigen als rechtmäßig dar.

Mehrmals wurde gegen den Beschwerdeführer in Anbetracht seiner Straffälligkeiten ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme eingeleitet, jedoch zweimalig wegen der langen Aufenthaltsdauer und den familiären Anbindungen davon abgesehen.

Aufgrund seiner letzten strafgerichtlichen Verurteilung im Februar 2020 wurde ein drittes Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gegen ihn eingeleitet und erließ das Bundesamt schließlich mit Bescheid vom 05.10.2022 gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt I.), stellte fest, dass seine Abschiebung nach Nigeria zulässig sei (Spruchpunkt II.) und erließ gegen ihn ein auf die Dauer von acht Jahren befristetes Einreiseverbot (Spruchpunkt III.). Ferner wurde eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht gewährt (Spruchpunkt IV.) und einer Beschwerde gegen diese Rückkehrentscheidung die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt V.). Eine dagegen erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht mit Erkenntnis vom 10.11.2022, GZ I411 2261812-1/3E, als unbegründet ab. Die Behandlung einer gegen dieses Erkenntnis erhobene Beschwerde wurde mit Beschluss des Verfassungsgerichtshofs vom 27.02.2023 zu E 3443/2022-9 abgelehnt. Eine gegen das Erkenntnis erhobene Revision wurde mit Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs vom 25.05.2023 zu Ra 2023/21/0069 zurückgewiesen.

1.3. Zu den Fluchtgründen bzw. Rückkehrbefürchtungen des Beschwerdeführers

Im Verfahren über den Folgeantrag machte der Beschwerdeführer vor dem Bundesamt keine neuen, entscheidungswesentlichen Fluchtgründe, welche nach dem negativen Abschluss des ersten Asylverfahrens entstanden sind, geltend, die eine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhalts hinsichtlich der Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten eintreten ließen. Der BF brachte im gegenständlichen Asylverfahren keine entscheidungsrelevanten neuen Fluchtgründe vor, denen zumindest ein glaubhafter Kern innewohnt.

Seit der letzten inhaltlichen Entscheidung hat sich weder die Situation in Nigeria maßgeblich geändert, noch liegt eine wesentliche Änderung der Umstände die Person des BF betreffend vor.

1.4. Zu den Feststellungen zur Lage in Nigeria

Hinsichtlich der aktuellen Lage im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers sind gegenüber den im Bescheid vom 04.06.2024 getroffenen Feststellungen keine entscheidungsmaßgeblichen Änderungen eingetreten. In diesem wurden die wesentlichen Auszüge aus dem aktuellen "Länderinformationsblatt der Staatendokumentation" zu Nigeria zitiert. Im Rahmen des Beschwerdeverfahrens ist keine Änderung eingetreten.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Zum Verfahrensgang

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes der belangten Behörde samt den darin befindlichen Vorakteninhalten und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.

2.2. Zum Sachverhalt

Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes wurden im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweise erhoben durch die Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde samt den darin befindlichen Vorakteninhalten unter zentraler Berücksichtigung der niederschriftlichen Angaben des Beschwerdeführers vor dieser und den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes sowie in die Beurkundung des mündlich verkündeten Bescheids. Auskünfte aus dem Strafregister, dem Zentralen Melderegister, dem Fremdenregister, der Grundversorgung sowie ein Sozialversicherungsdatenauszug wurden ergänzend zum vorliegenden Akt zur Person des Beschwerdeführers eingeholt.

2.3. Zur Person des Beschwerdeführers

Die Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers wurden unter anderem bereits im rechtskräftigen Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 10.11.2022, GZ I411 2261812-1/3E, getroffen und haben sich im gegenständlichen Verfahren keine Hinweise auf etwaige verfahrenswesentliche Änderungen dazu ergeben. Die Umstände zu seinem Gesundheitszustand ergeben sich aus den Angaben des Beschwerdeführers. Dieser gab selbst an, abgesehen von Blutdruckproblemen, gesund zu sein.

Die Berufstätigkeiten im Bundesgebiet, Wohnsitzmeldungen in Österreich sowie seine strafgerichtlichen Verurteilungen erfahren dabei in den jeweiligen Auszügen (Sozialversicherungsdatenauszug, ZMR-Auszug und Strafregisterauszug) ihre Bestätigung. Aus dem ZMR-Auszug geht in diesem Zusammenhang auch hervor, dass der Beschwerdeführer seit dem 13.11.2020 mit Ausnahme seiner Haft- bzw. Anhaltezentrenaufenthalte nicht mehr melderechtlich im Bundesgebiet erfasst ist sowie zuletzt von September 2021 bis Juni 2023 in einer Justizanstalt inhaftiert war bzw. sich in Schubhaft befand.

2.4. Zu den bisherigen Verfahren des Beschwerdeführers

Die Feststellungen zu den bisherigen Verfahren sind ebenfalls im rechtskräftigen Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 10.11.2022 verschriftlicht und erfahren darüber hinaus im Auszug aus dem Zentralen Fremdenregister zur Person des Beschwerdeführers ihre Bestätigung.

Die den Beschwerdeführer betreffenden Verfahren vor dem Bundesasylamt, dem Unabhängigen Bundesasylamt sowie die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes ergeben sich aus dem vorliegenden Akteninhalt.

2.5. Zu den Fluchtgründen und Rückkehrbefürchtungen des Beschwerdeführers

Der aus Nigeria stammende Beschwerdeführer brachte im ersten rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren vor, dass sein Vater das Oberhaupt der Juju-Gemeinde gewesen sei und verstorben wäre. Der Beschwerdeführer habe sich geweigert, die Aufgaben des Vaters zu übernehmen. Da niemand dem Juju, den er als Geist definierte, Lebensmittel gegeben habe, seien mehrere Leute im Dorf gestorben, weshalb Anhänger des Juju nach Lagos gekommen wären, um den Beschwerdeführer ins Dorf zurückzubringen. Daraufhin sei der Beschwerdeführer geflohen. Diesem Vorbringen wurde seitens der Behörden kein Glauben geschenkt, wobei die Entscheidung letztlich auch zweitinstanzlich vom Unabhängigen Bundesasylsenat mit Bescheid vom 08.06.2006 rechtskräftig bestätigt wurde.

Im gegenständlichen Verfahren gibt der Beschwerdeführer an, die Fluchtgründe seien „die gleichen“ wie im Erstverfahren, nur, dass nun seine Schwester von seinen Verfolgern in Nigeria getötet worden sei und es Bedrohungen im Gefängnis gegeben habe. Sein Vater sei in Nigeria aufgrund von Grundstücksstreitigkeiten mit dem Staat von der Polizei getötet worden, als er sieben Jahre alt gewesen sei. Davon habe der Beschwerdeführer eine Kopfverletzung davongetragen, weil er einem Polizisten das Bein zurückgehalten habe. Die Politiker, die die Polizei in Nigeria geschickt hätten, würden auch ihn in Nigeria verfolgen. Seine Schwester sei im Jänner 2023 von seinen Verfolgern in Nigeria getötet worden. Darüber hinaus sei er eine Vertrauensperson beim Innenministerium LKA XXXX gewesen und hätte er mit der Polizei seit dem Jahr 2009 zusammengearbeitet Im Gefängnis wäre ihm deshalb vorgeworfen worden, dass er ein Polizeiinformant wäre und den Bruder von einem Insassen verraten hätte. Dieser habe 15/20 Jahre Gefängnis bekommen. Ein Insasse hätte dann vor seinem Fenster geschrien, er sei ein Polizeiinformant und sei es besser hier [im Gefängnis], als in Nigeria zu sterben. In Nigeria würden sie ihn finden und kriegen. Aggressoren würden sich somit sowohl in Nigeria als auch in der österreichischen Justizhaft finden.

Bereits eine Grobprüfung seines Vorbringens lässt erhebliche Widersprüche bzw. die gänzliche Abänderung seines Vorbringens der im Erstverfahren im Jahr 2004 bzw. 2006 vorgebrachten Ausreisegründen erkennen. Zwar nimmt der Beschwerdeführer in Hinblick auf seine Ausreise stets auf etwaige Vorkommnisse in Zusammenhang mit seinem Vater Bezug. Diese lagen jedoch im Erstverfahren in dessen Tätigkeiten als Juju-Oberhaupt in der Gemeinde begründet, nunmehr sollen Grundstücksstreitigkeiten mit dem Staat die Ursache gewesen sein. Eine wesentliche Steigerung stellt in diesem Zusammenhang auch dar, dass in der ursprünglichen Version des Beschwerdeführers der Vater verstorben, hingegen im Folgeverfahren von Polizisten getötet worden wäre. Seinen nunmehrigen Angaben ist damit jegliche Glaubhaftigkeit zu versagen. Vor diesem Hintergrund sind die im nunmehrigen Verfahren geltend gemachten – gänzlich anders lautenden – Ausreisegründe nicht geeignet, neue, nach rechtskräftiger Entscheidung des ersten Asylverfahrens entstandene, entscheidungsrelevante Sachverhaltselemente darzutun.

Auch den darüberhinausgehenden Steigerungen ist jeglicher glaubhafte Kern zu versagen. Dass seine Schwester im Jänner 2023 von seinen Verfolgern in Nigeria getötet worden sei, stellt sich schon in Anbetracht des rechtskräftig negativ entschiedenen Erstverfahrens, in dem die Darlegungen des Beschwerdeführers für nicht glaubhaft befunden wurden, als ebenso wenig glaubhaft dar. Zudem liegen zwischen dem vermeintlichen Vorfall, bei dem der Beschwerdeführer sieben Jahre alt gewesen sei, und dem angeblichen Tod der Schwester durch Verfolger des Beschwerdeführers 32 Jahre, was jedenfalls gegen einen etwaigen Zusammenhang spricht. Bemerkenswert ist zudem, dass der Beschwerdeführer in seiner Erstbefragung noch angegeben hat, dass seine Schwester verstorben wäre, ohne auf die vermeintliche Ermordung ihrer Person Bezug zu nehmen.

Die Angabe, dass der Beschwerdeführer seit dem Jahr 2009 als Vertrauensperson beim Innenministerium LKA XXXX gewesen sei und mit der Polizei hätte, lässt ebenso jeglichen glaubhaften Kern vermissen, geht dieses Vorbringen doch nicht über die bloße Behauptungsebene hinaus. Eine Bestätigung vom Innenministerium zu dieser Tätigkeit, deren Existenz er im Zuge der niederschriftlichen Einvernahme zu seiner Schubhaft behauptete, legte er zu keinem Zeitpunkt vor. Darüber hinaus wurde der Beschwerdeführer selbst ab dem Jahr 2009 immer wieder in Zusammenhang mit Suchtgiftdelinquenz verurteilt, wie sein Strafregisterauszug erkennen lässt. Eine Zusammenarbeit mit der Polizei als Vertrauensperson stellt sich damit bereits schon aus diesem Grunde als unglaubwürdig dar. Eine Anfrage an die Staatsanwaltschaft in Hinblick auf die in diesem Zusammenhang gegen ihn ergangenen Drohungen im Gefängnis, wie er in der niederschriftlichen Einvernahme vorgebracht hat, vermag daran ebenfalls nichts ändern, ist doch schon seinem Vorbringen in Hinblick auf die vermeintliche Position als Vertrauensperson jegliche Glaubwürdigkeit zu versagen. Dessen ungeachtet vermag selbst bei einer Wahrunterstellung damit nicht aufgezeigt werden, weshalb er bei einer Rückkehr nach Nigeria mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit einer Verfolgung ausgesetzt wäre. Vielmehr wäre er ja gerade in Österreich der Gefahr vieler (privater) „Feinde“ ausgesetzt, wie er selbst vorbrachte.

Im vorliegenden Fall ist somit der Behörde nicht entgegenzutreten, wenn sie zur Auffassung gelangt ist, dass dem Fluchtorbringen ein glaubhafter Kern zu versagen ist bzw. sich eine entscheidungsrelevante Änderung des maßgeblichen Sachverhaltes nicht ergeben hat.

Im Vergleich zu den zitierten Entscheidungen des Bundesasylamtes bzw. des UBAS sind auch keine entscheidungswesentlichen Änderungen die Person des Beschwerdeführers betreffend, eingetreten. Bereits diesen Entscheidungen liegt zugrunde, dass es sich beim Beschwerdeführer um einen arbeitsfähigen, gesunden Mann handelt, der bei einer Rückkehr sein Auskommen finden kann. Angesichts der Angaben des Beschwerdeführers zum gegenständlichen Folgeantrag sind keine Umstände ersichtlich, wonach der Beschwerdeführer bei einer Rückkehr nach Nigeria in eine existentielle Notlage geraten würde und wurden auch keine maßgeblichen Änderungen hinsichtlich der Lage in Nigeria dargetan.

 

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

3.1. Zur Zurückweisung des Antrags auf internationalen Schutz hinsichtlich des Status eines Asylberechtigten wegen entschiedener Sache (Spruchpunkte I. des angefochtenen Bescheides):

Da die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid den Antrag auf internationalen Schutz zurückgewiesen hat, ist Prozessgegenstand der vorliegenden Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts nur die Beurteilung der Rechtmäßigkeit dieser Zurückweisung, nicht jedoch der zurückgewiesene Antrag selbst (vgl. VwGH 05.08.2020, Ra 2020/20/0192, mwN).

Die Rechtskraft einer früher in der gleichen Angelegenheit ergangenen Erledigung steht einer neuen Sachentscheidung gemäß § 68 Abs. 1 AVG nur dann nicht entgegen, wenn in den für die Entscheidung maßgebenden Umständen eine Änderung eingetreten ist. Die objektive (sachliche) Grenze dieser Wirkung der Rechtskraft wird durch die "entschiedene Sache", d.h. durch die Identität der Sache, über die formell rechtskräftig abgesprochen wurde, mit der im neuerlichen Abspruch erfassten bestimmt. Identität der Sache liegt dann vor, wenn einerseits weder in der für die Vorentscheidung maßgeblichen Rechtslage noch in den für die Beurteilung der in der Vorentscheidung als maßgebend erachteten tatsächlichen Umständen eine Änderung eingetreten ist (vgl. VwGH 20.01.2021, Ra 2020/19/0381, mwN).

In Bezug auf wiederholte Asylanträge muss die behauptete Sachverhaltsänderung zumindest einen glaubhaften Kern aufweisen, dem Asylrelevanz zukommt und an den die positive Entscheidungsprognose anknüpfen kann. Die Behörde hat sich insoweit bereits bei der Prüfung der Zulässigkeit des (neuerlichen) Asylantrages mit der Glaubwürdigkeit des Vorbringens des Asylwerbers und gegebenenfalls mit der Beweiskraft von Urkunden auseinander zu setzen. Ergeben die Ermittlungen der Behörde, dass eine Sachverhaltsänderung, die eine andere Beurteilung nicht von vornherein ausgeschlossen erscheinen ließe, entgegen den Behauptungen der Partei in Wahrheit nicht eingetreten ist, so ist der Asylantrag gemäß § 68 Abs. 1 AVG zurückzuweisen (vgl. VwGH 17.02.2022, Ra 2020/18/0127, mwN).

Der BF hat in seinem nunmehr zweiten Asylverfahren keine entscheidungswesentlichen neuen Fluchtgründe vorgebracht hat. Sein Vorbringen enthält keinen glaubhaften Kern.

Die belangte Behörde hat damit den Folgeantrag des Beschwerdeführers, soweit dieser auf die Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten abzielt, rechtmäßig wegen entschiedener Sache zurückgewiesen.

3.2. Zurückweisung des Antrages hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten.

Fallgegenständlich sind als „Vergleichsentscheidungen“ die zitierten Entscheidungen des BAA sowie des UBAS, die nach der Rechtslage des AsylG 1997 ergangen sind, heranzuziehen.

Es ist somit insofern eine Änderung im Verhältnis zur davor geltenden Rechtslage eingetreten, als nunmehr der gemäß § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 gestellte Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vom 8. Juni 2006 nicht nur auf die Zuerkennung von Asyl gerichtet war (siehe dazu fallbezogen das hg. Erkenntnis vom 6. März 2001, Zl. 2000/01/0402, wonach als Verfahrensgegenstand des Asylverfahrens die Gewährung von Asyl unabhängig vom Herkunftsstaat anzusehen sei, sowie bezogen auf die alte Rechtslage des AsylG 1997 auch das hg. Erkenntnis vom 9. November2004, Zlen. 2004/01/0280, 0281, mwH), sondern ex lege auch (im Falle der Nichtzuerkennung des Status des Asylberechtigten) als (eigenständiger) Parteiantrag auf Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gilt (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 19. Februar 2009, Zl. 2008/01/0344 und insbesondere das Erkenntnis vom 11.11.2010, Zl. 2010/20/0002).

Unter der Überschrift "Subsidiärer Schutz" sah § 8 Abs.1 Asylgesetz 1997 vor, dass, wenn ein Asylantrag abzuweisen ist, die Behörde von Amts wegen bescheidmäßig festzustellen hat, ob die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung der Fremden in den Herkunftsstaat zulässig ist (§ 57 FrG); diese Entscheidung war mit der Abweisung des Asylantrages zu verbinden. Gemäß § 8 Abs. 2 leg. cit. hatte, wenn ein Asylantrag abzuweisen war und die Überprüfung gemäß § 8 Abs. 1 leg. cit. ergeben hat, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in den Herkunftsstaat zulässig ist, die Behörde diesen Bescheid mit der Ausweisung zu verbinden. § 57 des Fremdengesetzes 1997 (FrG) legte in seinem Abs. 1 fest, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung Fremder in einen Staat unzulässig ist, wenn dadurch Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder das Protokoll Nr. 6 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt würde.

Der Status des subsidiär Schutzberechtigten ist einem Fremden nach § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 zuzuerkennen, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird, wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat sich in der von der belangten Behörde zitierten Entscheidung vom 23.01.2019, Ro 2018/20/0002 bzw. in der dort zitierten Entscheidung vom 10.11.2015, Ro 2015/19/0001 mit der Kontinuität und dem inhaltlichen Gleichklang der hier fraglichen Bestimmungen des AsylG 1997 und des AsylG 2005 unter Bedachtnahme auf die Übergangsbestimmungen des § 75 AsylG beschäftigt und ausgesprochen hat, dass „sowohl in Bezug auf die Frage des Asyls als auch in Bezug auf das Verhältnis von § 8 Abs. 1 AsylG und § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 der Gesetzgeber davon ausging, dass in all diesen Verfahren - trotz zwischenzeitiger Änderungen der Rechtslage durch Institutionalisierung in unterschiedlichen Gesetzen - der maßgebliche Prüfungsgegenstand als ident anzusehen ist"

Liegen neue Umstände vor, so müssen sie auch erheblich zur Wahrscheinlichkeit beitragen, dass internationaler Schutz zuzuerkennen ist (vgl. Art. 40 Abs. 3 Verfahrens-RL; EuGH 9.9.2021, C-18/20, insbesondere Rn. 34; VwGH 19.10.2021, Ro 2019/14/0006, insbesondere Rn. 76f). Ein neues Vorbringen muss somit einen glaubhaften Kern haben und wesentlich und relevant sein (vgl. etwa VwGH 21.8.2020, Ra 2020/18/0157, Rn. 16; 23.6.2021, Ra 2021/18/0087, Rn. 14; 19.2.2009, 2008/01/0344, Punkt 2.3.).

Eine maßgebliche Änderung des Sachverhaltes, der nach der geänderten Rechtslage hinsichtlich der Frage der subsidiären Schutzbedürftigkeit anders zu beurteilen wäre als jene in Spruchpunkt II. der Vergleichsentscheidung des Bundesasylamtes, wurde vom Beschwerdeführer weder in der Einvernahme noch in der Beschwerde dargetan. Die Feststellung, wonach es sich beim Beschwerdeführer um einen (weiterhin) arbeitsfähigen und nicht an einer schwerwiegenden Krankheit leidenden Mann handelt, wurde auch in der Beschwerde nicht beanstandet. Diese enthält auch sonst kein wie immer geartetes Vorbringen, welches eine Änderung des Sachverhaltes, der der Vergleichsentscheidung zugrunde lag, nahelegen würde.

Insgesamt war die Beschwerde auch hinsichtlich Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides als unbegründet abzuweisen.

3.3. Zur Nichterteilung eines Aufenthaltstitels nach § 57 AsylG 2005 (Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides):

Im Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheids sprach die belangte Behörde aus, dass dem BF ein Aufenthaltstitel „aus berücksichtigungswürdigen Gründen“ gemäß „§ 57 AsylG“ nicht erteilt werde.

Das Vorliegen der Voraussetzungen für die Erteilung einer solchen Aufenthaltsberechtigung wurde nicht behauptet. Aus der Beschwerde und aus den Verwaltungsakten ergeben sich auch keine Hinweise, die nahelegen würden, dass die Erteilung einer solchen Aufenthaltsberechtigung in Betracht kommt.

Die Beschwerde war daher auch betreffend Spruchpunkt III. gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG abzuweisen.

3.4. Mit Spruchpunkt IV. des bekämpften Bescheides wurde festgestellt, dass gemäß § 55 Abs. 1a FPG keine Frist für die freiwillige Ausreise besteht.

Mit Bescheid vom 05.10.2022 erließ das Bundesamt gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt I.), stellte fest, dass seine Abschiebung nach Nigeria zulässig sei (Spruchpunkt II.) und erließ gegen ihn ein auf die Dauer von acht Jahren befristetes Einreiseverbot (Spruchpunkt III.).

Besteht gegen einen Drittstaatsangehörigen bereits eine aufrechte rechtskräftige Rückkehrentscheidung, so bedarf es gemäß § 59 Abs. 5 FPG bei allen nachfolgenden Verfahrenshandlungen nach dem 7., 8. und 11. Hauptstück des FPG oder dem AsylG 2005 keiner neuerlichen Rückkehrentscheidung, es sei denn, es sind neue Tatsachen gemäß § 53 Abs. 2 und 3 FPG hervorgekommen (vgl. dazu grundlegend VwGH 19.11.2015, Ra 2015/20/0082 bis 0087, mwN: "im Fall der Änderung des für die Bemessung der Dauer des Einreiseverbotes relevanten Sachverhaltes").

§ 59 Abs. 5 FPG bezieht sich nur auf solche (bereits bestehende) Rückkehrentscheidungen, die mit einem Einreiseverbot verbunden sind. Nur im Fall der Änderung des für die Bemessung der Dauer des Einreiseverbotes relevanten Sachverhaltes bedarf es diesfalls einer neuen Rückkehrentscheidung, um allenfalls die Dauer des mit ihr zu verbindenden Einreiseverbotes neu festlegen zu können. Ist die früher erlassene Rückkehrentscheidung allerdings nicht mit einem Einreiseverbot verbunden, fällt sie nicht in den Anwendungsbereich dieser Norm (vgl. VwGH 25.10.2023, Ra 2023/20/0125, mwN).

Da die vorliegende Entscheidung (richtigerweise) keine neuerliche Rückkehrentscheidung enthält war auch keine Frist für die freiwillige Ausreise (§ 55 Abs. 1 iVm Abs. 1a FPG) zu bestimmen, sodass Spruchpunkt IV des angefochtenen Bescheids zu beheben war.

4. Zum Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung

Eine mündliche Verhandlung kann gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Die Verhandlung kann nach Abs. 2 entfallen, wenn der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist (Z 1) oder die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist (Z 2).

Da der verfahrenseinleitende Antrag des Beschwerdeführers zurückzuweisen war, konnte die Durchführung einer mündlichen Verhandlung gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG unterbleiben. Der für die Zurückweisung maßgebliche Sachverhalt war zudem auf Grund der Aktenlage klar.

Zu B) (Un)Zulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

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