AlVG §38
AlVG §9
B-VG Art133 Abs4
European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2024:G308.2280048.1.00
Spruch:
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin MMag. Angelika PENNITZ als Vorsitzende und die fachkundige Laienrichterin Dr. Isabella SCHACHENREITER-KOLLERICS als Beisitzerin und den fachkundigen Laienrichter Norbert SCHUNKO als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX gegen den Bescheid des AMS, XXXX vom 02.10.2023, Zl. WF XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 09.01.2024, zu Recht erkannt:
A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen und die Beschwerdevorentscheidung bestätigt.
B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Mit Bescheid vom 18.08.2023 sprach das AMS XXXX aus, dass XXXX (Im Folgenden Beschwerdeführer oder kurz: BF) den Anspruch auf Notstandshilfe gemäß § 38 iVm § 10 Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 (AlVG), BGBl. Nr. 609/1977 idgF für den Zeitraum vom 01.07.2023-11.08.2023 verloren habe. Nachsicht wurde nicht erteilt, der angeführte Zeitraum verlängert sich um die in ihm liegenden Zeiträume während derer Krankengeld bezogen wurde.
Begründend wurde ausgeführt, der BF habe am 06.06.2023 vom AMS eine Stelle bei der Firma XXXX mit möglichem Arbeitsbeginn ab 01.07.2023 zugewiesen bekommen und eine mögliche Arbeitsaufnahme vereitelt. Gründe für eine Nachsicht der Rechtsfolgen liegen nicht vor bzw. können nicht berücksichtigt werden. Begründend wurde ausgeführt, dass der BF am 06.06.2023 vom AMS eine Stelle bei der Firma XXXX mit möglichem Arbeitsbeginn ab 01.07.2023 zugewiesen bekommen habe und eine mögliche Arbeitsaufnahme vereitelt habe.
1a. Am 27.07.2023 war mit dem nunmehrigen BF eine Niederschrift im AMS XXXX aufgenommen worden, wobei ihm die Stellungnahme der präsumtiven Dienstgeberin zur Kenntnis gebracht wurde, wonach sich der BF am 06.06.2023 vorgestellt und unmöglich benommen habe. Er wollte nicht angeben, als was er arbeiten möchte und stellte die Forderung, 2.500 € netto zu verdienen. Weiters nahm er ohne Erlaubnis das Gespräch auf und betonte dies auch.
Der BF gebe dazu an, dass er pünktlich zum Termin erschienen sei und sich vorgestellt habe. Er habe laut Anweisung ein Formular ausgefüllt und einen Lebenslauf dazu formuliert. Die Angestellte habe ihn gefragt, warum er keinen Lebenslauf mithabe und überhaupt hier sei. Daraufhin habe er den Lebenslauf fertig geschrieben und den Zettel übergeben. Danach erklärte er, keine Wochenenddienste zu machen, da er alleinerziehend sei und ein Kleingewerbe habe. Sie habe daraufhin erklärt, dass, wenn er eine keine Arbeit annehme, sie dafür Sorge, dass er kein Arbeitslosengeld mehr bekomme. Daraufhin soll er verärgert gewesen sein und habe gesagt, dass er das Gespräch aufzeichne. Sie sei dann gegangen und habe gesagt, dass er sich bei ihr nicht vorstellen war, dass sie so etwas noch nie erlebt habe, und vernichtete die Bewerbungsunterlagen im Reißwolf. Er betonte noch einmal, dass er das Gespräch aufzeichne und dass sie sich gerne bei ihm entschuldigen dürfe.
2. Mit Schreiben, beim AMS eingelangt am 15.09.2023, erhob der BF fristgerecht eine mehrseitige handschriftliche Beschwerde. In dieser führte er laut einem Gedächtnisprotokoll aus, dass er keinen Lebenslauf dabei hatte, da er am Vortag den letzten ausgegeben habe. Er habe angegeben, alles machen zu wollen, was in seiner Situation als Alleinerzieher möglich wäre und dass er nicht auswärts fahren könne, sondern spätestens um 17:00 Uhr in XXXX sein müsse. Er habe dann das Handy herausgeholt und das Gespräch teilweise vorgespielt, da er bei Leasingfirmen immer ein Aufnahmegerät aktiviert habe. Er wolle bei keiner Leasingfirma arbeiten, da er aber dringend Arbeit suche, nehme er mittlerweile auch diese an. Man solle nicht ihm vorhalten, wenn er mal unfreundlich sei, sondern auch die vielen Male sehen, bei denen er sich bemüht habe. Er versuche, sich mit einem kleinen Unternehmen etwas Eigenes aufzubauen. Möglicherweise sei er äußerst empfindlich, wenn es um Ungerechtigkeit gehe. Er habe auch ersucht, ihn künftig anzurufen und die Bewerbungen nicht mehr bei Post zusenden, damit er früher dran sei. Auch lande die Post oft auf den falschen Postkästen.
3. Mit Bescheid vom 02.10.2023 wies das AMS im Rahmen einer Beschwerdevorentscheidung gemäß § 54 VwGVG iVm § 66 AlVG die Beschwerde ab und bestätigte den angefochtenen Bescheid. Begründend wurde nach Darstellung des Verfahrensgangs und der gesetzlichen Grundlagen ausgeführt, dass der BF selbst bestätigte, dass er keinen Lebenslauf mithatte und angab, das Aufnahmegerät aktiviert zu haben. Seitens der Angestellten des präsumtiven Dienstgebers wurde glaubhaft vorgebracht, dass sie das Gespräch abgebrochen habe, da eine konstruktive Kommunikation mit dem BF nicht möglich war. Dies deckt sich auch mit der Erfahrung mehrerer AMS Berater, dass sich der BF einer ausfälligen Sprache, wie schon mehrfach dokumentiert, bediene, und demgegenüber die Zusammenarbeit mit der genannten Angestellten stets friktionsfrei war. Auch sein Hinweis, dass er nebenbei ein Kleingewerbe betreibe, sei nicht geeignet, die Einstellungschance zu erhöhen. Am 27.09.2023 war eine Beschäftigung aufgenommen worden, sie könne jedoch keine Nachsicht im Sinne des AlVG rechtfertigen.
4. Mit Schreiben vom 18.10.2023 stellte der BF einen Vorlageantrag.
5. Mit Schreiben vom 18.10.2023 wurde der Verwaltungsakt dem BVwG zur Entscheidung vorgelegt, wo er am 19.10.2023 eingelangt ist und der Gerichtabteilung G308 zugeteilt wurde.
6. Am 09.01.2024 fand eine öffentliche mündliche Verhandlung vor dem BVwG statt, an der die Angestellte des präsumtiven Dienstgebers sowie eine Vertreterin des AMS Kärnten teilnahmen. Der Beschwerdeführer erschien trotz ordnungsgemäßer Ladung nicht, sondern rief an und gab an, dass er durch eine falsche Auskunft nicht in XXXX umgestiegen sei. Er müsse daher bis XXXX fahren und komme erst außerhalb der Verhandlung an.
Die Verhandlung wurde daher in Abwesenheit des BF durchgeführt.
Die Behördenvertreterin legte den Verfahrensgang dar und führte aus, dass aus seinem Kleinunternehmen sich nichts Versicherungspflichtiges ergeben habe. Es sei keine selbstständige Tätigkeit zur Pflichtversicherung gespeichert. Laut Versicherungsdatenauszug vom 08.01.2024 habe der BF eine Beschäftigung am 27.09.2023 aufgenommen, in einem anderen Fall eines Verfahrens aufgrund § 10 AlVG beim AMS betreffend den BF wurde aufgrund dieser Beschäftigungsaufnahme Nachsicht gewährt.
Die Zeugin schilderte das Vorstellungsgespräch, dass der BF nicht ganz pünktlich erschienen sei und keine Bewerbungsunterlagen mithatte. Sie habe gebeten, einen Bewertungsbogen auszufüllen, worüber er nicht begeistert war. Er habe das Gespräch, vermutlich am Handy, aufgenommen, sie sagte, dass sie damit nicht einverstanden sei und damit war das Gespräch eigentlich zu Ende. Da der BF am Bewerbungsbogen die Einwilligung betreffend Datenschutz nicht angekreuzt habe, habe sie den Bewertungsbogen geschreddert und es habe danach keinen Kontakt mehr gegeben.
Mit Schreiben vom 09.01.2024 wurde dem BF die Niederschrift zur Kenntnis gebracht.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Der BF war zuletzt im Jahr 2016 unselbstständig als Arbeiter tätig und danach noch zweimal kurzfristig (vgl. etwa Sozialversicherungsdatenauszug vom 18.10.2023; aktenkundiger Lebenslauf), seit 14.08.2016 befindet er sich im Notstandshilfebezug. Zusätzlich ist der BF seit 30.03.2016 mit Unterbrechungen geringfügig erwerbstätig, (vgl. Sozialversicherungsdatenauszug vom 18.10.2023).
1.2. Am 06.06.2023 wurden dem BF seitens der belangten Behörde die oben genannte Stellenausschreibung mit einem möglichen Arbeitsantritt ab sofort zugewiesen.
Die gegenständliche Stellenausschreibung enthält eine Stelle als Produktionsmitarbeiter für den Standort XXXX , hauptberuflich in Vollzeit in Tagesarbeitszeit ohne Schichtmodell und einem Mindestentgelt von brutto EUR 13,63 pro Stunde mit Bereitschaft zur Überzahlung (vgl. aktenkundiges Stellenangebot).
1.4. Am 27.07.2023 wurde mit dem BF seitens der belangten Behörde eine Niederschrift zur Nichtannahme bzw. dem Nichtzustandekommen einer zugewiesenen Beschäftigung aufgenommen. Der BF gab dabei an, weder bezogen auf die konkret angebotene Entlohnung, die angebotene berufliche Verwendung, die vom Unternehmen geforderte Arbeitszeit, die körperlichen Fähigkeiten, die Gesundheit und Sittlichkeit, die tägliche Wegzeit für Hin- und Rückweg oder Betreuungspflichten Einwendungen zu haben.
Jedoch brachte er vor, sich bei der Firma beworben zu haben, jedoch das Gespräch den oben geschilderten Verlauf genommen habe. Der BF gab sonst keine berücksichtigungswürdigen Gründe an.
Daraufhin wurde der Bezug von Notstandshilfe vom 01.07.2023 bis 11.08.2023 eingestellt.
Der Beschwerdeführer hat zwischenzeitig eine sozialversicherte Erwerbstätigkeit aufgenommen (vgl. Sozialversicherungsdatenauszug vom 08.01.2023 und den Angaben in der mündlichen Verhandlung am 09.01.2024).
2. Beweiswürdigung:
Die oben getroffenen Feststellungen resultieren aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes der belangten Behörde sowie des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes und des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und werden in freier Beweiswürdigung der gegenständlichen Entscheidung als maßgeblicher Sachverhalt zugrunde gelegt.
Die verfahrensgegenständliche Stelle beim präsumtiven Dienstgeber entsprach jedenfalls den Kenntnissen und Möglichkeiten des BF und hat der BF auch keine Einwendungen hinsichtlich der Zumutbarkeit der Stelle vorgebracht.
Es ist einem Erwachsenen, der der deutschen Sprache eindeutig mächtig ist, zuzumuten, dass er selbst den Anfahrtsweg von XXXX nach XXXX eruieren kann und dementsprechend den Zug wechselt. Dies umso mehr, wenn er auch sonst mit öffentlichen Verkehrsmitteln unterwegs ist (siehe Betreuungsvereinbarung vom 06.02.2023, „Arbeitsplatz muss mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreichbar sein“). Das Nichtaussteigen in XXXX kann daher keinen Entschuldigungsgrund für das Nichterscheinen bei der öffentlichen Verhandlung darstellen.
Auch die Beschwerde ist zum Teil unsachlich und von abwertenden Äußerungen durchzogen.
Es ist nachvollziehbar, dass das Fehlen eines Lebenslaufs bzw. sonstiger Bewerbungsunterlagen bei einem Bewerbungsgespräch nicht förderlich ist, umso mehr, wenn ohne Zustimmung der Teilnehmer das Gespräch aufgezeichnet wird. Es ist nachzuvollziehen, dass ein Bewerbungsgespräch nicht positiv verläuft, dies musste dem BF auch bewusst sein. Auch hat es bereits in der Vergangenheit mit Betreuern des AMS immer wieder Probleme mit der Wortwahl und dem Auftreten des BF gegeben, sodass sich ein einschlägiges Gesamtbild ergibt.
Insgesamt hat der BF keine zu berücksichtigenden Einwendungen gegen die übermittelte Stelle vorgebracht und keine Gründe für eine Nachsicht geltend gemacht und sind solche auch sonst nicht hervorgekommen.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Gemäß § 56 Abs. 2 AlVG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide einer Geschäftsstelle durch einen Senat, dem zwei fachkundige Laienrichter angehören, je einer aus dem Kreis der Arbeitgeber und aus dem Kreis der Arbeitnehmer. Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idgF, geregelt (§ 1 leg.cit .).
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Zu Spruchteil A): Abweisung der Beschwerde:
3.2. Folgende gesetzliche Bestimmungen sind verfahrensgegenständlich relevant:
Der mit „Voraussetzungen des Anspruches“ betitelte § 7 AlVG idgF BGBl. I Nr. 28/2020 lautet auszugsweise:
„§ 7. (1) Anspruch auf Arbeitslosengeld hat, wer
1. der Arbeitsvermittlung zur Verfügung steht,
2. die Anwartschaft erfüllt und
3. die Bezugsdauer noch nicht erschöpft hat.
(2) Der Arbeitsvermittlung steht zur Verfügung, wer eine Beschäftigung aufnehmen kann und darf (Abs. 3) und arbeitsfähig (§ 8), arbeitswillig (§ 9) und arbeitslos (§ 12) ist.
[…]“
Der mit „Arbeitswilligkeit“ betitelte § 9 AlVG idgF BGBl. I Nr. 104/2007 lautet auszugsweise:
„§ 9. (1) Arbeitswillig ist, wer bereit ist, eine durch die regionale Geschäftsstelle oder einen vom Arbeitsmarktservice beauftragten, die Arbeitsvermittlung im Einklang mit den Vorschriften der §§ 2 bis 7 des Arbeitsmarktförderungsgesetzes (AMFG), BGBl. Nr. 31/1969, durchführenden Dienstleister vermittelte zumutbare Beschäftigung in einem Arbeitsverhältnis als Dienstnehmer im Sinn des § 4 Abs. 2 ASVG anzunehmen, sich zum Zwecke beruflicher Ausbildung nach- oder umschulen zu lassen, an einer Maßnahme zur Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt teilzunehmen, von einer sonst sich bietenden Arbeitsmöglichkeit Gebrauch zu machen und von sich aus alle gebotenen Anstrengungen zur Erlangung einer Beschäftigung zu unternehmen, soweit dies entsprechend den persönlichen Fähigkeiten zumutbar ist.
(2) Eine Beschäftigung ist zumutbar, wenn sie den körperlichen Fähigkeiten der arbeitslosen Person angemessen ist, ihre Gesundheit und Sittlichkeit nicht gefährdet, angemessen entlohnt ist, in einem nicht von Streik oder Aussperrung betroffenen Betrieb erfolgen soll, in angemessener Zeit erreichbar ist oder eine entsprechende Unterkunft am Arbeitsort zur Verfügung steht sowie gesetzliche Betreuungsverpflichtungen eingehalten werden können. Als angemessene Entlohnung gilt grundsätzlich eine zumindest den jeweils anzuwendenden Normen der kollektiven Rechtsgestaltung entsprechende Entlohnung. Die zumutbare tägliche Wegzeit für Hin- und Rückweg beträgt jedenfalls eineinhalb Stunden und bei einer Vollzeitbeschäftigung jedenfalls zwei Stunden. Wesentlich darüber liegende Wegzeiten sind nur unter besonderen Umständen, insbesondere wenn am Wohnort lebende Personen üblicher Weise eine längere Wegzeit zum Arbeitsplatz zurückzulegen haben oder besonders günstige Arbeitsbedingungen geboten werden, zumutbar.
[…]“
§ 10 ASVG idgF BGBl. I Nr. 3/2013 lautet:
„§ 10. (1) Wenn die arbeitslose Person
1. sich weigert, eine ihr von der regionalen Geschäftsstelle oder einen vom Arbeitsmarktservice beauftragten, die Arbeitsvermittlung im Einklang mit den Vorschriften der §§ 2 bis 7 AMFG durchführenden Dienstleister zugewiesene zumutbare Beschäftigung anzunehmen oder die Annahme einer solchen Beschäftigung vereitelt, oder
[…]
so verliert sie für die Dauer der Weigerung, mindestens jedoch für die Dauer der auf die Pflichtverletzung gemäß Z 1 bis 4 folgenden sechs Wochen, den Anspruch auf Arbeitslosengeld. Die Mindestdauer des Anspruchsverlustes erhöht sich mit jeder weiteren Pflichtverletzung gemäß Z 1 bis 4 um weitere zwei Wochen auf acht Wochen. Die Erhöhung der Mindestdauer des Anspruchsverlustes gilt jeweils bis zum Erwerb einer neuen Anwartschaft. Die Zeiten des Anspruchsverlustes verlängern sich um die in ihnen liegenden Zeiträume, während derer Krankengeld bezogen wurde.
(2) Hat sich die arbeitslose Person auf einen durch unwahre Angaben über Umfang und Ausmaß von Teilzeitbeschäftigungen begründeten besonderen Entgeltschutz nach Teilzeitbeschäftigungen berufen, so erhöht sich die Mindestdauer des Anspruchsverlustes nach Abs. 1 um weitere zwei Wochen.
(3) Der Verlust des Anspruches gemäß Abs. 1 ist in berücksichtigungswürdigen Fällen wie zB bei Aufnahme einer anderen Beschäftigung nach Anhörung des Regionalbeirates ganz oder teilweise nachzusehen.
(4) Wer, ohne dadurch den Erfolg der Schulungsmaßnahme zu gefährden, tageweise nicht an einer Schulungsmaßnahme teilnimmt, verliert den Anspruch auf Arbeitslosengeld für Tage des Fernbleibens, außer wenn dieses durch zwingende Gründe gerechtfertigt ist.“
Gemäß § 38 AlVG sind auf die Notstandshilfe die Bestimmungen des Abschnittes 1 [betreffend Arbeitslosengeld, Anm.] sinngemäß anzuwenden, soweit in diesem Abschnitt [betreffend Notstandshilfe, Anm.] nichts anderes bestimmt ist.
3.3. Nach ständiger Rechtsprechung (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 20. 10.1999, Zl. 99/08/0136) sind die genannten Bestimmungen Ausdruck des dem gesamten Arbeitslosenversicherungsrecht zu Grunde liegenden Gesetzeszweckes, den arbeitslos gewordenen Versicherten, der trotz Arbeitsfähigkeit und Arbeitswilligkeit nach Beendigung seines Beschäftigungsverhältnisses keinerlei Beschäftigung gefunden hat, möglichst wieder durch Vermittlung in eine ihm zumutbare Beschäftigung einzugliedern und ihn so in die Lage zu versetzen, seinen Lebensunterhalt ohne Zuhilfenahme öffentlicher Mittel zu bestreiten.
Wer eine Leistung der Versichertengemeinschaft der Arbeitslosenversicherung in Anspruch nimmt, muss sich daher darauf einstellen, eine ihm angebotene zumutbare Beschäftigung auch anzunehmen, d.h. bezogen auf eben diesen Arbeitsplatz arbeitswillig zu sein. Um sich in Bezug auf eine von der belangten Behörde vermittelte zumutbare Beschäftigung arbeitswillig zu zeigen, bedarf es grundsätzlich einerseits eines auf die Erlangung dieses Arbeitsplatzes ausgerichteten (und daher unverzüglich zu entfaltenden) aktiven Handelns des Arbeitslosen, andererseits (und deshalb) aber auch der Unterlassung jedes Verhaltens, welches objektiv geeignet ist, das Zustandekommen des konkret angebotenen Beschäftigungsverhältnisses zu verhindern. Das Nichtzustandekommen eines den Zustand der Arbeitslosigkeit beendenden (zumutbaren) Beschäftigungsverhältnisses kann vom Arbeitslosen somit auf zwei Wegen verschuldet (d.h. dessen Zustandekommen vereitelt) werden: Nämlich dadurch, dass der Arbeitslose ein auf die Erlangung des Arbeitsplatzes ausgerichtetes Handeln erst gar nicht entfaltet (Unterlassen der Vereinbarung eines Vorstellungstermins, Nichtantritt der Arbeit, etc.), oder aber, dass er den Erfolg seiner (nach außen zu Tage getretenen) Bemühungen durch ein Verhalten, welches nach allgemeiner Erfahrung geeignet ist, den potenziellen Dienstgeber von der Einstellung des Arbeitslosen abzubringen, zunichte macht.
Nach § 10 Abs. 3 AlVG ist der Verlust des Anspruches in berücksichtigungswürdigen Fällen wie zB bei Aufnahme einer anderen Beschäftigung nach Anhörung des Regionalbeirates ganz oder teilweise nachzusehen.
Berücksichtigungswürdig im Sinne des § 10 Abs. 3 AlVG sind nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes Gründe, die dazu führen, dass der Ausschluss vom Bezug der Leistung den Arbeitslosen aus bestimmten Gründen unverhältnismäßig härter träfe, als dies sonst allgemein der Fall ist (vgl. VwGH 26.01.2010, 2008/08/0018; 15.05.2013, 2010/08/0257; 25.06.2013, 2012/08/0236). Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. VwGH 02.04.2008, 2007/08/0234, mwN) kann ein berücksichtigungswürdiger Fall im Sinne des § 10 Abs. 3 AlVG nur dann vorliegen, wenn der Arbeitslose in der Folge entweder selbst ein Verhalten gesetzt hat, welches den potenziellen Schaden ganz oder teilweise wieder beseitigt (also insbesondere durch alsbaldige tatsächliche Aufnahme einer anderen Beschäftigung), oder wenn ihm sein Verhalten ausnahmsweise aus besonderen (jedenfalls nicht auf Dauer vorliegenden und auch die Verfügbarkeit oder die Arbeitsfähigkeit nicht ausschließenden) Gründen im Einzelfall nicht vorgeworfen werden kann.
Dazu ist auszuführen, dass der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 04.05.2017, Ra 2017/08/0029, aussprach, dass - neben dem in § 10 Abs. 3 AlVG ausdrücklich genannten Nachsichtsgrund der Aufnahme einer Beschäftigung - insbesondere eben auch solche Gründe berücksichtigungswürdig seien, die dazu führen, dass der Ausschluss vom Bezug der Leistung den Arbeitslosen aus bestimmten Gründen unverhältnismäßig härter trifft, als dies sonst ganz allgemein der Fall ist. In diesem Zusammenhang wurde in der Rechtsprechung auch auf jene Gründe verwiesen, die bei der Bemessung der Notstandshilfe zu einer individuellen Freibetragserhöhung führen können (vgl. VwGH 18.10.2000, 99/08/0116, mwN); dabei handelt es sich nach § 36 Abs. 5 AlVG um "Krankheit, Schwangerschaft, Niederkunft, Todesfall, Hausstandsgründung und dgl." (vgl. auch die Konkretisierung durch die Richtlinie des AMS zur Freigrenzenerhöhung, kundgemacht unter www.ams.at und abgedruckt etwa in Pfeil (Hrsg), Der AlV-Komm, Anhang 13). Solche Umstände sind aber nicht jedenfalls berücksichtigungswürdig im Sinn des § 10 Abs. 3 AlVG, sondern nur dann, wenn sie auch eine im Vergleich zu anderen Arbeitslosen unverhältnismäßige finanzielle Belastung mit sich bringen. Finanzielle Belastungen, wie sie auch andere Arbeitslose treffen - darunter fallen etwa auch Sorgepflichten -, sind hingegen nicht zu berücksichtigen (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 7. September 2011, 2008/08/0085, mwN).
Bei der Beurteilung, ob ein bestimmtes Verhalten eines vermittelten Arbeitslosen als Vereitelung im Sinne des § 10 Abs. 1 Z 1 AlVG zu qualifizieren ist, kommt es darauf an, ob dieses Verhalten für das Nichtzustandekommen des Beschäftigungsverhältnisses ursächlich war. Ist die Kausalität zwischen dem Verhalten des Vermittelten und dem Nichtzustandekommen des Beschäftigungsverhältnisses zu bejahen, dann muss geprüft werden, ob der Vermittelte vorsätzlich gehandelt hat, wobei bedingter Vorsatz (dolus eventualis) genügt. Ein bloß fahrlässiges Handeln, also die Außerachtlassung der gehörigen Sorgfalt, reicht zur Verwirklichung des Tatbestandes nicht hin (ständige Rechtsprechung, zB VwGH 19.10.2011, 2008/08/0251 mwH).
Für die Kausalität ist es nicht Voraussetzung, dass das Beschäftigungsverhältnis ohne die Vereitelungshandlung in jedem Fall zustande gekommen wäre. Vielmehr ist Kausalität dann gegeben, wenn die Chancen für das Zustandekommen eines Beschäftigungsverhältnisses aufgrund der Vereitelungshandlung jedenfalls verringert wurden (vgl. VwGH 18.01.2012, 2008/08/0243; 25.06.2013, 2011/08/0052).
3.4. Unstrittig ist im gegenständlichen Fall, dass dem BF der verfahrensgegenständliche Vermittlungsvorschlag ausgefolgt wurde und er von diesem vollinhaltlich Kenntnis erlangt hatte.
Die Verpflichtung einer arbeitslosen Person, eine vom Arbeitsmarktservice vermittelte oder sich sonst bietende Beschäftigung innerhalb der Zumutbarkeitsgrenzen des § 9 Abs. 2 bis 4 AlVG anzunehmen, deren Verletzung gemäß § 10 AlVG mit dem Verlust von Geldleistungen durch mindestens sechs Wochen sanktioniert ist, dient dem gerechtfertigten Ziel der Verhinderung der missbräuchlichen Inanspruchnahme von Leistungen der Arbeitslosenversicherung. Das Gesetz überlässt es aber der arbeitslosen Person selbst, vorerst die näheren Bedingungen der ihr von der regionalen Geschäftsstelle bekannt gegebenen oder der sonst sich bietenden Beschäftigung (wie Inhalt der Arbeitsverpflichtung, Arbeitszeit, Entlohnung und ähnliches) mit dem potentiellen Arbeitgeber zu besprechen, und verpflichtet sie sodann, dessen Angebot - wenn dieses nach den gesetzlichen Kriterien zumutbar ist - anzunehmen (VwGH vom 23. Februar 2005, Zl. 2003/08/0039).
Die angebotene Stelle war dem BF gemäß § 9 Abs. 2 AlVG in jeglicher Hinsicht zumutbar und wurde dieser Umstand auch im gesamten Verfahren nicht bestritten. Ebenfalls unstrittig hat sich der BF nicht auf diese Stelle beworben. Dazu ist einerseits anzuführen, dass auch, wenn sich der BF auf alle übrigen zugewiesenen Stellen beworben haben mag, er sich auf die verfahrensgegenständliche Stelle unstrittig nicht beworben hat.
Das Verhalten des BF war eindeutig nicht wie in einem Bewerbungsgespräch erforderlich. Nicht nur hatte er keinen Lebenslauf oder sonstige Unterlagen mit, auch sein sonstiges Verhalten, wie Unpünktlichkeit und Aufnahme des Gesprächs, ohne zuvor die Einwilligung einzuholen, wies auf Unwilligkeit und mangelnde Höflichkeit hin. Das Verhalten des BF ist im gegenständlichen Fall kausal dafür, dass es zu einer Nichteinstellung gekommen ist, Dolus eventualis liegt vor.
Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung dienen zur Überbrückung der Zeit der Beendigung des Dienstverhältnisses bis zum Beginn eines neuen Dienstverhältnisses. Arbeitslose Personen haben daher die Verpflichtung, möglichst rasch wieder eine Beschäftigung zu finden, um wieder in der Lage zu sein, den Lebensunterhalt ohne Zuhilfenahme öffentlicher Mittel bestreiten zu können.
Der BF hat zudem innerhalb des verfahrensgegenständlichen Zeitraums keine andere sozialversicherungsrechtliche Beschäftigung aufgenommen. Es wurden vom BF auch keinerlei – wie bereits oben in der Judikatur dargelegt – außergewöhnliche Belastungen vorgebracht und sind solche auch nicht anzunehmen. Gründe für eine Nachsicht gemäß § 10 Abs. 3 AlVG lagen gegenständlich somit nicht vor.
3.5. Aus den dargelegten Gründen ergibt sich, dass die Entscheidung der belangten Behörde zu Recht erfolgt ist, sodass spruchgemäß zu entscheiden war.
Zu Spruchteil B): Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Die oben in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des VwGH vertritt eine eindeutige und einheitliche Rechtsprechung, weshalb keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung vorliegt.
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