EO §7
GEG §1
GEG §11 Abs1
GEG §6a Abs1
GEG §9
Geo §231
GGG Art1 §31
GGG Art1 §32 TP2
European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2023:G308.2273433.1.00
Spruch:
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin MMag. Angelika PENNITZ als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , vertreten durch Rechtsanwalt XXXX in XXXX , gegen den Bescheid des Präsidenten des Landesgerichtes XXXX vom 28.03.2023, Zahl XXXX , betreffend die Abweisung des Antrages auf Aufhebung der Vollstreckbarkeitsbestätigung des Bescheides vom 21.02.2023, zu Recht:
A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Mit Bescheid des Präsidenten des Landesgerichtes XXXX (im Folgenden: belangte Behörde) vom 28.03.2023, Zahl XXXX , wurde der Antrag des Beschwerdeführers (im Folgenden: BF) als zahlungspflichtiger Partei vom 23.12.2022 auf Aufhebung der Vollstreckbarkeitsbestätigung des Bescheides vom 21.02.2022, XXXX abgewiesen.
Begründend wurde nach Darstellung des bisherigen Verfahrensganges im Wesentlichen ausgeführt, dass über die Bemessungsgrundlage für Gerichtsgebühren aus dem zivilrechtlichen Grundverfahren zur Zahl XXXX bereits mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 25.04.2022, G308 2253435-1/2E, rechtskräftig entschieden worden sei und die vom BF gegen dieses Erkenntnis erhobene außerordentliche Revision vom Verwaltungsgerichtshof (VwGH) mit Beschluss vom 26.09.2022, Ra 2022/16/0057, zurückgewiesen worden war. Die im Zuge dieses Verfahrens vorgeschriebenen Gerichtsgebühren in Höhe von insgesamt EUR 4.610,00 seien bisher vom BF gar nicht bezahlt worden. Demnach sei nach Rückstellung des Gebührenaktes an die belangte Behörde am 31.10.2022 eine vollstreckbare Ausfertigung des Bescheides vom 21.02.2022 mit 15.11.2022 der Einbringungsstelle übermittelt worden. Die eingelangten Anträge nach § 9 GEG (Raten, Stundung, Nachlass) wären an die Präsidentin des Oberlandesgerichtes Wien nachweislich weitergeleitet worden. Gemäß § 9 Abs. 3 erster Satz GEG habe ein Stundungs- oder Nachlassantrag keine aufschiebende Wirkung. Der BF habe selbst auch gar nicht beantragt, die Einbringung bis zur Entscheidung über das Stundungs- und Nachlassbegehren aufzuschieben. Selbst wenn sich die Einbringungsstelle von Amts wegen zum Aufschub der Einbringung veranlasst gesehen hätte, wäre dies ohne Auswirkung auf die bereits eingetretene Vollstreckbarkeit des behördlichen Bescheides. § 231 Abs. 1 Geo halte sogar ausdrücklich fest, dass die Rechtskraft eines bereits erlassenen Zahlungsauftrages abgewartet werden und das Stundungs- oder Nachlassgesuch dann gemeinsam mit dem Zahlungsauftrag an das Oberlandesgericht Wien übersendet werden könne. Die Frage, ob die Einbringungsstelle bis zur Entscheidung über ein Stundungs- oder Nachlassgesuch Eintreibungshandlungen setze oder diese aufschiebe, betreffe ausschließlich die Einbringungsmaßnahmen nach bereits eingetretener Rechtskraft und Vollstreckbarkeit des Exekutionstitels. Der vom BF genannte § 231 Abs. 2 Geo betreffe ebenfalls nicht die Frage der Vollstreckbarkeit des behördlichen Bescheides, sondern die erforderlichen Schritte der Einbringungsstelle in einem bereits eingeleiteten Exekutionsverfahren, auf Grund einer allfälligen Bewilligung einer Stundung oder eines Nachlasses. Wie der Antragsteller selbst angebe, sei eine Bewilligung seiner Anträge aber noch gar nicht erfolgt. Vor dem Hintergrund des § 9 GEG und des § 231 Abs. 2 Geo komme eine Aufhebung der Vollstreckbarkeit des Vorschreibungsbescheides nicht in Betracht. Hinsichtlich des Vorbringens des BF zur Bemessungsgrundlage für Gerichtsgebühren im Grundverfahren werde darauf verwiesen, dass es sich dabei um eine entschiedene Sache handle. Wie die Bemessungsgrundlage für die Pauschalgebühr nach TP 2 GGG ermittelt worden sei, werde in der Begründung des Vorschreibungsbescheides und des Erkenntnisses des Bundesverwaltungsgerichtes klar und ausführlich beschrieben. Der Einwand der Bestimmungen des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes (VVG) gehe ins Leere, da dieses einerseits die Vollstreckung durch Bezirksverwaltungsbehörden bezüglich der von diesen selbst und von ihnen übergeordneten Behörden erlassenen Bescheide regle und nur dann auf die Vollstreckung der von anderen Behörden des Bundes erlassenen Bescheide anwendbar sei, wenn durch besondere Vorschriften nichts anderes bestimmt sei. Zudem sei auch im VVG normiert, dass die Beschwerde beim Verwaltungsgericht gegen Vollstreckungsverfügungen keine aufschiebende Wirkung habe (§ 10 Abs. 2 VVG). Für die Vollstreckung der für die Gerichte und Justizverwaltungsbehörden einzubringenden Beträge seien im vierten Abschnitt des GEG besondere Bestimmungen vorgesehen, sodass die Anwendbarkeit des VVG nicht gegeben sei. Insgesamt würden vom BF keine stichhaltigen Gründe geltend gemacht werden, die eine Aufhebung der Vollstreckbarkeit rechtfertigen würden. Die Aufhebung der Vollstreckbarkeit des behördlichen Bescheides setze einen Fall der Scheinrechtskraft voraus, der gegenständlich aber nicht vorliege. Gegenstand der Vollstreckbarkeitsbestätigung sei allein der rein verfahrensrechtliche Umstand des Eintritts der formellen Vollstreckbarkeit des Exekutionstitels, welche gegeben sei, wenn dagegen kein die Vollstreckbarkeit hemmendes Rechtsmittel mehr offenstehe. Die erfolglose Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht hätte gemäß § 13 Abs. 1 VwGVG aufschiebende Wirkung gehabt, die erfolglose Revision des BF an den VwGH hingegen nicht (§ 30 Abs. 1 VwGG). Die formelle Vollstreckbarkeit des Vorschreibungsbescheides vom 21.02.2022 sei daher schon mit Zustellung des Erkenntnisses des Bundesverwaltungsgerichtes vom 25.04.2022 eingetreten. Bereits nach fruchtlosem Verstreichen der 14-tätigen Leistungsfrist zur Zahlung der offenen Gebührenforderung von insgesamt EUR 4.610,00, gerechnet ab dem Zeitpunkt der Zustellung des Erkenntnisses des Bundesverwaltungsgerichtes hätte der Vollstreckbarkeitsvermerk am Bescheid angebracht und eine vollstreckbare Bescheidausfertigung der Einbringungsstelle zwecks Eintreibung der Forderung übermittelt werden können (§ 11 GEG). Aus pragmatischen und organisatorischen Gründen sei (zugunsten des BF) der Ausgang des Revisionsverfahrens vor dem VwGH sowie die Rückübermittlung des Verwaltungsaktes durch das Bundesverwaltungsgericht abgewartet worden, bevor de facto die Vollstreckbarkeitsbestätigung erteilt worden sei. Dem Vermerk über die Bestätigung der Rechtskraft und Vollstreckbarkeit vom 04.11.2022 komme keine Bindung und keine formelle Rechtskraft zu, sondern nur deklarative Wirkung, da die Wirkung der formellen Rechtskraft kraft Gesetzes eintrete.
2. Gegen diesen Bescheid erhob der sich selbst rechtlich vertretende BF mit Schriftsatz vom 03.05.2023, elektronisch am 03.05.2023 eingebracht und am 05.05.2023 bei der belangten Behörde einlangend, fristgerecht das Rechtsmittel der Beschwerde. Es wurde beantragt, das Bundesverwaltungsgericht möge eine mündliche Verhandlung durchführen, der Beschwerde stattgeben und den angefochtenen Bescheid aufheben.
Begründend wurde zusammengefasst – soweit gegenständlich relevant - ausgeführt, der BF wäre durch den angefochtenen Bescheid in seinem Recht auf Aufhebung der Vollstreckbarkeitsbestätigung des Bescheides vom 21.02.2022, wenn Voraussetzungen für die Erteilung der Vollstreckbarkeit nicht vorgelegen seien bzw. nicht mehr vorliegen würden bzw. weggefallen seien, verletzt. Der BF erstattete in weiterer Folge – erneut – inhaltliches Vorbringen zur Bemessungsgrundlage für Gerichtsgebühren des Grundverfahrens hinsichtlich seiner dort gestellten Anträge nach § 408 ZPO bzw. den gegen die Abweisung seiner Anträge erhobenen Rechtsmittel und will dadurch erkennbar eine neuerliche Entscheidung über die bereits rechtkräftig festgestellten Gerichtsgebühren und die damit für ihn einhergehende Zahlungspflicht erwirken. Er beruft sich dabei neuerlich auf die seiner Meinung nach bestehende Gebührenfreiheit für Rechtsmittel betreffend Anträge nach § 408 ZPO und die von ihm immer wieder herangezogene Entscheidung des VwGH vom 11.02.1988 zur Zahl 87/16/0044. Er habe am 05.12.2022 einen Antrag auf Nachsicht hinsichtlich des gesamten vorgeschriebenen Rechtsverfolgungsaufwandes von EUR 4.610,00 sowie einen Antrag auf Stundung sowie Ratenzahlung der Gebühren gestellt, über welche das dafür zuständige Oberlandesgericht Wien noch nicht entschieden habe. Diese Entscheidung sei jedoch abzuwarten; zuvor komme eine Vollstreckbarkeit des Vorschreibungsbescheides nicht in Betracht. Gemäß § 9 Abs. 3 GEG habe die Behörde die Einbringung bis zur Entscheidung über das Stundungs- und Nachlassbegehren aufzuschieben, wenn sonst der Zweck der Entscheidung ganz oder teilweise vereitelt werden könnte und das Begehren einen ausreichenden Erfolg verspreche sowie die Einbringlichkeit nicht gefährdet werde. Im vorliegenden Fall sei „entgegen der Rechtsprechung was eine Bewertung ist“ eine Bemessungsgrundlage für einen Antrag nach § 408 ZPO ersonnen worden. Die gegenständliche Vorgangsweise, nämlich Heranziehung einer nicht im Gesetz und in der Judikatur vorgesehenen Bemessungsgrundlage für die Berufung könnte als Enteignung gewertet werden; beim EGMR sei eine Beschwerde anhängig gemacht worden sowie dem BMJ und der Volksanwaltschaft eine Sachverhaltsdarstellung übermittelt worden. Die Vollstreckbarkeitsbestätigung sei daher entgegen der Rechtsansicht der belangten Behörde aufzuheben.
3. Die gegenständliche Beschwerde und die Bezug habenden Verwaltungsakten wurden dem Bundesverwaltungsgericht von der belangten Behörde vorgelegt, wo diese ursprünglich am 21.05.2023 gemeinsam mit einem weiteren, den BF betreffenden, Verwaltungsakt und einer zu G308 2272492-1 protokollieren Beschwerde einlangten. Am 14.06.2023 wurde die hier verfahrensgegenständliche Beschwerde schließlich zu eigenen Verfahrenszahl G308 2273433-1 protokolliert.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Mit Bescheid vom 21.02.2022, Zahl XXXX , schrieb der Präsident des Landesgerichtes XXXX (im Folgenden: belangte Behörde) in der anhängigen Rechtssache des Beschwerdeführers als klagender Partei (im Folgenden: BF) wider die beklagte Partei XXXX wegen EUR 86.302,06 zur Zahl XXXX , dem BF Gerichtsgebühren zur Zahlung binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution in folgender Höhe vor (vgl. aktenkundiger Bescheid, ON 4 zu XXXX ):
Pauschalgebühr gemäß Tarifpost 2 GGG
Bemessungsgrundlage EUR 105.181,00 EUR 4.579,00
Mehrbetrag gemäß § 31 Abs. 1 GGG EUR 23,00
Einhebungsgebühr § 6a Abs. 1 GEG EUR 8,00
Summe EUR 4.610,00
1.2. Die dagegen vom BF erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 25.04.2022, G308 2253435-1/2E, als unbegründet abgewiesen (vgl. aktenkundiges Erkenntnis, ON 9 zu XXXX ).
1.3. Daraufhin erhob der BF gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 25.04.2022 die außerordentliche Revision an den VwGH, welche mit Beschluss des VwGH vom 26.09.2022, Ra 2022/16/0057, zurückgewiesen wurde (vgl. aktenkundiger Beschluss, ON 13 zu XXXX ).
1.4. Das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 25.04.2022 und damit auch der Bescheid der belangten Behörde vom 21.02.2022 über die Vorschreibung von Gerichtsgebühren in Höhe von EUR 4.610,00 sind damit in Rechtskraft erwachsen.
Der Bescheid der belangten Behörde vom 21.02.2022 wurde in weiterer Folge mit einer Rechtskraft- und Vollstreckungsbestätigung vom 04.11.2022 versehen (vgl. aktenkundiger Bescheid, ON 4 zu XXXX ).
1.5. Der BF hat bis dato die rechtskräftig vorgeschriebenen Gerichtsgebühren in Höhe von EUR 4.610,00 unstrittig nicht bezahlt (vgl. etwa auch Beschwerdevorbringen vom 03.05.2023, ON 9 zu XXXX (G308 2272492-1)).
1.6. Mit Schriftsatz vom 02.12.2022, am 05.12.2022 bei der belangten Behörde einlangend, stellte der BF bezogen auf die im Verfahren XXXX rechtskräftig vorgeschriebenen Gerichtsgebühren Anträge auf Berichtigung der Bemessungsgrundlage, auf Rückzahlung (der bisher gar nicht entrichteten) Gerichtsgebühren und auf „Bestätigung eines Guthabens, sodass keine Schuld mehr besteht“ sowie unter einem gerichtet an die Präsidentin des Oberlandesgerichtes Wien einen Antrag auf Nachsicht, Stundung und Ratenzahlung der Gerichtsgebühren (vgl. ON 1 zu XXXX (G308 2272492-1)).
Die Anträge auf Nachsicht, Stundung und Ratenzahlung wurden von der belangten Behörde am 14.12.2022 an das Oberlandesgericht Wien weitergeleitet. Soweit feststellbar, liegt diesbezüglich noch keine Entscheidung vor (vgl. ON 8 zu XXXX (G308 2272492-1)). Soweit feststellbar, liegt diesbezüglich noch keine Entscheidung vor.
Mit Bescheid der belangten Behörde vom 30.03.2023, Zahl XXXX , wurden die Anträge des BF vom 05.12.2022 auf Berichtigung des Bescheides der belangten Behörde vom 21.02.2022, Zahl XXXX , hinsichtlich der Bemessungsgrundlage von EUR 105.181,00, auf Rückzahlung von Gerichtsgebühren sowie auf „Bestätigung eines Guthabens, sodass keine Schuld mehr besteht“, zurück- bzw. abgewiesen (vgl. ON 8 zu XXXX (G308 2272492-1)).
Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde vom 03.05.2023 wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 27.06.2023, Zahl G308 2272492-1/2E, ebenso als unbegründet abgewiesen.
1.7. Mit einem weiteren Schriftsatz des BF vom 23.12.2022, am 27.12.2022 bei der belangten Behörde einlangend, stellte er bei der belangten Behörde zudem den hier verfahrensgegenständlichen Antrag auf Aufhebung der Vollstreckbarkeit des Bescheides vom 21.02.2022 (vgl. aktenkundiger Bescheid, ON 19 zu XXXX ).
1.8. Der unter Punkt I. dargelegte Verfahrensgang bzw. Sachverhalt wird darüber hinaus als maßgeblicher Sachverhalt festgestellt. Der Sachverhalt ist unstrittig. Strittig sind lediglich Rechtsfragen und wird diesbezüglich auf die rechtliche Beurteilung verwiesen.
2. Beweiswürdigung:
Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus dem von der belangten Behörde vorgelegten Verwaltungsakt sowie dem Gerichtsakt des Bundesverwaltungsgerichtes.
Der Sachverhalt ist darüber hinaus unstrittig.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Zuständigkeit und anzuwendendes Recht:
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013 idgF, geregelt (§ 1 leg.cit .).
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
Zu Spruchteil A):
3.2. Zur Abweisung der Beschwerde:
3.2.1. Gemäß § 7 Abs. 3 EO ist die gesetzwidrige oder irrtümlich erteilte Bestätigung der Vollstreckbarkeit von dem Gericht, das sie erteilt hat, von Amts wegen oder auf Antrag eines Beteiligten durch Beschluss aufzuheben. Der Beschluss ist allen Beteiligten zuzustellen.
Gegenstand der Vollstreckbarkeitsbestätigung iSd § 7 Abs. 3 und 4 EO ist allein der rein verfahrensrechtliche Umstand des Eintritts der formellen Vollstreckbarkeit des Exekutionstitels. Das Vorhandensein der weiteren Voraussetzungen nach § 7 Abs. 1 und 2 wird damit nicht festgestellt (8 Ob 90/04z; 3 Ob 8/07h). Die formelle Vollstreckbarkeit des Exekutionstitels ist gegeben, wenn dagegen kein die Vollstreckbarkeit hemmendes Rechtsmittel mehr offen steht (RS0000188). Die gerichtliche Praxis hat allerdings seit jeher aus pragmatischen Gründen in jenen Fällen, in denen die Leistungsfrist kalendermäßig festgesetzt ist, die Vollstreckbarkeitsbestätigung erst erteilt, wenn auch die Leistungsfrist abgelaufen war. Auch der OGH hat in der E 3 Ob 289/04b ausgesprochen, weil vor Ablauf der Leistungsfrist nicht „erfolgreich Befriedigungsexekution zur Hereinbringung der titulierten Leistung geführt werden“ könne, sei die Vollstreckbarkeitsbestätigung erst nach Verstreichen der Leistungsfrist zu erteilen. Die Vollstreckbarkeitsbestätigung ist im Titelverfahren zu erteilen (vgl. Schneider in Mohr/Pimmer/Schneider, EO17 § 7 EO (Stand 01.07.2021, rdb.at)).
Die Aufhebung der Vollstreckbarkeitsbestätigung erfolgt ebenfalls im Titelverfahren nach den für dieses geltenden Verfahrensvorschriften (9 ObA 151/15v ua) (vgl. Schneider in Mohr/Pimmer/Schneider, EO17 § 7 EO (Stand 01.07.2021, rdb.at)).
3.2.2. Der mit „Stundung und Nachlass“ betitelte § 9 GEG idgF. BGBl. I Nr. 61/2022 lautet [Hervorhebungen nicht im Original, Anm.]:
„§ 9. (1) Auf Antrag kann die vorgeschriebene Zahlungsfrist verlängert oder die Entrichtung in Teilbeträgen gestattet werden (Stundung), wenn die Einbringung mit besonderer Härte für den Zahlungspflichtigen verbunden wäre und entweder die Einbringlichkeit durch die Stundung nicht gefährdet oder Sicherheit geleistet wird. Wird eine Rate nicht oder verspätet bezahlt, so wird die Stundung wirkungslos (Terminverlust).
(2) Gebühren und Kosten können auf Antrag nachgelassen werden, wenn die Einbringung mit besonderer Härte für den Zahlungspflichtigen verbunden wäre oder wenn der Nachlass im öffentlichen Interesse gelegen ist. Eine besondere Härte kann auch dann vorliegen, wenn sich aus dem Grundverfahren oder aus den Ergebnissen eines Verfahrens über die Bestellung eines gerichtlichen Erwachsenenvertreters ergibt, dass der Zahlungspflichtige zum Zeitpunkt der Gebühren auslösenden Verfahrenshandlung nicht entscheidungsfähig war und die Verfahrenshandlung in der Folge nicht genehmigt wurde.
(3) Ein Stundungs- oder Nachlassantrag hat keine aufschiebende Wirkung. Die Behörde hat, wenn sonst der Zweck der Entscheidung ganz oder teilweise vereitelt werden könnte, auf Antrag oder von Amts wegen die Einbringung bis zur Entscheidung über das Stundungs- oder Nachlassbegehren aufzuschieben, wenn das Begehren einen ausreichenden Erfolg verspricht und nicht die Einbringlichkeit gefährdet wird.
(4) Über Anträge nach Abs. 1 bis 3 entscheidet der Präsident des Oberlandesgerichts Wien im Justizverwaltungsverfahren durch Bescheid; er kann den Leiter oder andere Bedienstete der Einbringungsstelle ermächtigen, diese Angelegenheiten in seinem Namen zu erledigen und zu unterfertigen. Bei Beträgen über 30 000 Euro bedarf die Gewährung einer Stundung oder eines Nachlasses der Zustimmung des Bundesministeriums für Justiz. Über Anträge auf Stundung und Nachlass von Beträgen aus Grundverfahren beim Bundesministerium für Justiz entscheidet die Bundesministerin für Justiz. Auf das Verfahren in Stundungs- und Nachlassangelegenheiten sind § 6b, § 7 Abs. 3 bis 7 sinngemäß anzuwenden.
(5) Die Bestimmungen der Abs. 1 bis 4 gelten nicht für die in § 1 Abs. 1 Z 3, 4 und 6 angeführten Beträge. Über Stundung, Nachlass und Uneinbringlichkeit der in § 1 Abs. 1 Z 2 angeführten Beträge ist von jenem Gericht oder jener Behörde zu entscheiden, das bzw. die das Grundverfahren geführt hat. Über Stundung und Nachlass von ausständigen Kosten des elektronisch überwachten Hausarrests hat die in Abs. 4 genannte Behörde nur dann zu entscheiden, soweit sie im Zeitpunkt der Entlassung des Strafgefangenen rückständig sind (§ 156b Abs. 3b StVG).“
Gemäß § 1 Abs. 3 zweiter Satz GEG sind vom Gericht, einer Verwaltungsbehörde oder von der Vorschreibungsbehörde rechtskräftig bestimmte Beträge nach den Bestimmungen des vierten Abschnitts zu vollstrecken.
Gemäß § 11 Abs. 1 GEG idgF BGBl. I Nr. 61/2022 sind die nach § 1 Abs. 3 einzubringenden Beträge samt der unberichtigten Verfahrenskosten im Wege der gerichtlichen Zwangsvollstreckung durch die Einbringungsstelle namens des Bundes einzutreiben, wenn der Zahlungspflichtige säumig ist. Die Einbringungsstelle ist beim Oberlandesgericht Wien eingerichtet und untersteht dem Präsidenten dieses Gerichts.
Der mit „Stundung und Nachlass von Gebühren und Kosten“ betitelte § 231 Geo idgF BGBl. II Nr. 469/2013 lautet [Hervorhebungen nicht im Original, Anm.]:
„§ 231. (1) Gesuche um Stundung oder Nachlass von Gebühren und Kosten sind bei dem Präsidenten / der Präsidentin des Oberlandesgerichts Wien einzubringen. Werden sie bei der das Grundverfahren führenden Dienststelle eingebracht, sind sie unmittelbar an den Präsidenten / die Präsidentin des Oberlandesgerichts Wien weiterzuleiten. Wenn bereits ein Zahlungsauftrag erlassen worden ist, kann dessen Rechtskraft abgewartet werden und das Gesuch gemeinsam mit dem Zahlungsauftrag an das Oberlandesgericht Wien (Einbringungsstelle) übersendet werden.
(2) In der Entscheidung über Gesuche um Stundung oder Nachlass ist auch eine allfällige Rückzahlung bereits bezahlter Beträge anzuordnen. Die Einbringungsstelle hat die auf Grund der Bewilligung einer Stundung oder eines Nachlasses erforderlichen Schritte in einem bereits eingeleiteten Exekutionsverfahren (insbesondere Einstellung, Einschränkung oder Aufschiebung der Exekution) zu veranlassen.
(Anm.: Abs. 3 aufgehoben durch BGBl. II Nr. 469/2013)“
Zuständig für Anträge nach § 9 Abs. 1 bis 3 GEG auf Stundung und Nachlass ist – wie auch die belangte Behörde schon ausführte - das Oberlandesgericht Wien. Anträgen nach § 9 Abs. 3 GEG kommt grundsätzlich ex lege keine aufschiebende Wirkung zu. Das Oberlandesgericht Wien hat, wenn sonst der Zweck der Entscheidung ganz oder teilweise vereitelt werden könnte, auf Antrag oder von Amts wegen die Einbringung bis zur Entscheidung über das Stundungs- oder Nachlassbegehren aufzuschieben, wenn das Begehren einen ausreichenden Erfolg verspricht und nicht die Einbringlichkeit gefährdet wird.
Es wurde im gegenständlichen Fall weder vorgebracht, noch ist sonst hervorgekommen, dass der BF beim Oberlandesgericht Wien einen Antrag auf Aufschiebung der Einbringung bis zur Entscheidung über das Stundungs- oder Nachlassbegehren eingebracht hätte, noch, dass das Oberlandesgericht Wien von Amts wegen die Aufschiebung der Einbringung verfügt hätte.
Darüber hinaus würde sich selbst der Umstand, dass das Oberlandesgericht Wien die Einbringung bis zur Entscheidung über das Stundungs- oder Nachlassbegehren aufgeschoben hätte und dies noch tun würde, keinerlei Einfluss auf die Vollstreckbarkeitsbestätigung, deren Aufhebung gegenständlich begehrt wird.
Der Argumentation der belangten Behörde ist vollinhaltlich zu folgen, wenn diese – im Einklang mit der oben angeführten Judikatur ausführt – das Gegenstand der Vollstreckbarkeitsbestätigung allein der rein verfahrensrechtliche Umstand des Eintritts der formellen Vollstreckbarkeit des Exekutionstitels ist, welche dann gegeben ist, wenn dagegen kein die Vollstreckbarkeit hemmendes Rechtsmittel mehr offensteht. Die Vollstreckbarkeit des Bescheides vom 21.02.2022 wäre im gegenständlichen Fall bereits mit Zustellung der abweisenden Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 25.04.2022 eingetreten, zumal es sich bei der Revision an den VwGH nur um ein außerordentliches Rechtsmittel handelt. Aber auch die erhobene außerordentliche Revision wurde vom VwGH zurückgewiesen. Es steht dem BF somit gegen den Bescheid vom 21.02.2022 weder ein ordentliches noch ein außerordentliches Rechtsmittel zur Verfügung und ist dieser somit formell in Rechtskraft erwachsen und somit vollstreckbar.
Der Umstand, dass die belangte Behörde de-facto dennoch die Vollstreckbarkeit des Bescheides vom 21.02.2022 erst nach Zurückweisung der Revision durch den VwGH sowie nach Rückübermittlung des entsprechenden Verwaltungsaktes an die Behörde bestätigt hat, ist einerseits von der oben dargelegten höchstgerichtlichen Rechtsprechung gedeckt und war anderseits auch zum Vorteil des BF, da ihm damit im Ergebnis ja bereits ein Zahlungsaufschub von rund sieben Monaten zugekommen ist.
Die Frage, ob die Einbringungsstelle des Oberlandesgerichtes Wien bis zur Entscheidung über ein Stundungs- oder Nachlassgesuch Eintreibungshandlungen setzt oder solche aufschiebt, betrifft ausschließlich die Einbringungsmaßnahmen nach bereits eingetretener Rechtskraft und Vollstreckbarkeit des Exekutionstitels.
Die Vollstreckbarkeit und die tatsächliche allfällige Aufschiebung von Einbringungsmaßnahmen sind voneinander zu trennen.
Sofern der BF neuerlich in der überwiegend mit der Beschwerde des Verfahrens G308 2272492-1 identen Beschwerde inhaltliches Vorbringen zur Bemessungsgrundlage der Pauschalgebühr erstattet, so ist er wiederholt darauf zu verweisen, dass diesbezüglich eine rechtskräftige Entscheidung und damit das Prozesshindernis der entschiedenen Sache gemäß § 68 Abs. 1 AVG vorliegt.
Die vom Beschwerdeführer gegen den Bescheid vom 21.02.2022 erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 25.04.2022 abgewiesen und erwuchs damit bereits in Rechtskraft. Auch das vom Beschwerdeführer erhobene, außerordentliche Rechtsmittel der Revision an den VwGH hat nicht zum Erfolg geführt.
Zugleich wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 27.06.2023 zur Zahl G308 2272492-1/2E auch die Beschwerde des BF hinsichtlich der weiteren von ihm gestellten Anträge auf Berichtigung des Bescheides vom 21.02.2022, der Rückzahlung von Gerichtsgebühren und der Bestätigung eines Guthabens als unbegründet abgewiesen.
Es liegen gegenständlich keinerlei Gründe vor, die Vollstreckbarkeitsbestätigung aufzuheben. Die gegenständliche Beschwerde war daher als unbegründet abzuweisen.
3.3. Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung:
Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrages von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 EMRK nach Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegenstehen. Im gegenständlichen Fall geht der Sachverhalt eindeutig aus den Akten hervor. Wie der Verwaltungsgerichtshof ausführte, ist die Durchführung einer mündlichen Verhandlung im Verfahren zur Vorschreibung und Einbringung von Gerichtsgebühren mangels Vorliegens von „civil rights“ unter dem Blickwinkel des Art. 6 EMRK nicht erforderlich (vgl. dazu auch VwGH vom 26.09.2022, Ra 2022/16/0057 mwN). Auch ist nicht ersichtlich, warum nach Art. 47 der EU Grundrechte-Charta eine Verhandlung erforderlich sein soll und hat der BF diesbezüglich auch keinerlei Begründung in der Beschwerde angegeben.
Zu Spruchteil B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
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