OGH 8Ob90/04z

OGH8Ob90/04z22.12.2004

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsrekursgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Petrag als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Rohrer, Dr. Spenling, Dr. Hradil und Dr. Kuras als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dorothea L*****, Beamtin, *****, vertreten durch Mag. Dr. Oskar Wanka, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Elisabeth L*****, Pensionistin, *****, vertreten durch Dr. Christa Homan, Rechtsanwältin in Wien, wegen EUR 127.239,55 sA über den ordentlichen Revisionsrekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgericht vom 15. Juni 2004, GZ 11 R 56/04t-76, womit infolge Rekurses der beklagten Partei der Beschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 7. Mai 2004, GZ 14 Cg 40/04m-71a, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Die beklagte Partei ist schuldig der klagenden Partei die mit EUR 2.000,52 (darin enthalten EUR 333,42 USt) bestimmten Kosten ihres Revisionsrekurses zu ersetzen.

Text

Begründung

Mit Pflichtteilsklage begehrte die Klägerin von der Beklagten ATS 1,760.234,05 (EUR 127.921,20). Die Beklagte beantragte Klagsabweisung und wendete unter anderem Gegenforderungen in Höhe von zumindest EUR 98.412,74 gegen die Klagsforderung ein.

Mit Teilurteil vom 26. 2. 2003 zu 5 Cg 96/01a stellte das Erstgericht unter Punkt 1.) fest, "die Klagsforderung besteht in der Höhe von EUR 127.239,55 samt 4 % Zinsen seit 27. 4. 2001 zu Recht", wies unter Punkt 2.) das Mehrbegehren von EUR 681,65 ab und behielt unter Punkt

3.) die Entscheidung über die Prozesskosten dem Endurteil vor. Der von der Beklagten gegen dieses Teilurteil erhobenen Berufung gab das Oberlandesgericht Wien mit Urteil vom 26. 11. 2003 (11 R 109/03k) nicht Folge und verpflichtete die Beklagte zur Bezahlung der Kosten des Berufungsverfahrens von EUR 2.783,40 an die Klägerin. Die von der Beklagten erhobene außerordentliche Revision wurde mit Beschluss vom 27. 5. 2004 (8 Ob 27/04k) zurückgewiesen. Am 25. 2. 2004 erteilte das Erstgericht hinsichtlich des angeführten Teilurteiles sowie hinsichtlich des bestätigenden Urteiles des Oberlandesgerichtes Wien die Vollstreckbarkeitsbestätigung. Aufgrund des Teilurteiles des Landesgerichtes für ZRS Wien und des Urteiles des Oberlandesgerichtes Wien beantragte die Klägerin Exekution wegen EUR 127.239,55 zuzüglich Kosten von EUR 2.783,40 und der Kosten des Exekutionsantrages.

Mit Beschluss vom 23. 3. 2004 bewilligte das Bezirksgericht Döbling als Exekutionsgericht, "aufgrund des vollstreckbaren Urteiles des Landesgerichtes für ZRS Wien vom 26. 2. 2003, GZ 5 Cg 96/01a, und des Oberlandesgerichtes Wien vom 26. 11. 2003, 11 R 109/03k" zur Hereinbringung der vollstreckbaren Forderung von EUR 127.239,55 samt 4 % Zinsen p.a. seit 27. 4. 2001, der Kosten von EUR 2.783,40 samt 4 % Zinsen seit 26. 11. 2003 sowie der Kosten des Antrages, die Exekution durch Zwangsversteigerung, Fahrnisexekution, Forderungsexekution nach § 294a EO und Forderungsexekution nach § 294

EO.

Gegen diese Exekutionsbewilligung erhob die verpflichtete (beklagte) Partei Rekurs.

Am 27. 4. 2004 beantragte die Beklagte die Aufhebung der Vollstreckbarkeitsbestätigung mit der Begründung, dass kein tauglicher Exekutionstitel vorliege, da es sich beim Teilurteil vom 26. 2. 2003 nicht um ein Leistungsurteil handle.

Mit Beschluss vom 7. 5. 2004 wies das Erstgericht den Antrag " auf Aufhebung der zu 14 Cg 40/04m erteilten Vollstreckbarkeitsbestätigung zum Urteil des Oberlandesgerichtes Wien vom 26. 11. 2003, 11 R 109/03k" ab.

In seiner Begründung - soweit für das Revisionsrekursverfahren wesentlich - führte das Erstgericht aus, dass das Teilurteil des Landesgerichtes für ZRS Wien nur die Feststellung der Berechtigung des Klagebegehrens enthalte und nur in diesem Umfang bestätigt worden sei. Da insoweit kein Leistungstitel vorliege, sei auch keine Vollstreckung möglich. Die Entscheidung des Oberlandesgerichtes Wien enthalte aber zusätzlich einen - mittlerweile vollstreckbaren - Leistungsausspruch über die Kosten des Berufungsverfahrens. Die Vollstreckbarkeitsbestätigung sei daher zu Recht erteilt worden. Sie bewirke aber natürlich nicht eine vom Inhalt des Titels nicht gedeckte Vollstreckbarkeit der nur feststellenden Teile des Urteils. Derartige Abweichungen des Exekutionsantrages vom Teilurteil seien aber im Exekutionsverfahren, nicht im Titelverfahren geltend zu machen.

Mit dem angefochtenen Beschluss gab das Rekursgericht dem Rekurs der Beklagten Folge und änderte den Beschluss des Erstgerichtes folgendermaßen ab: "Die hinsichtlich des Urteiles des Oberlandesgericht Wien 11 R 109/03k (und Urteil des LG für ZRS Wien, 5 Cg 96/01a) am 25. 2. 2004 erteilte Bestätigung der Vollstreckbarkeit wird mit Ausnahme der Vollstreckbarkeitsbestätigung in Ansehung der Kosten des Berufungsverfahrens von EUR 2.783,40 aufgehoben". Es ging davon aus, dass ungeachtet dessen, dass das Erstgericht das für vollstreckbar erklärte Teilurteil richtigerweise als Leistungsurteil hätte erlassen müssen, - abgesehen von der Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens - vorerst lediglich ein Feststellungsurteil vorliege, dem keine Vollstreckbarkeit zukomme. Die hinsichtlich der Feststellung der Klageforderung mit EUR 127.239,55 sA erteilte "Vollstreckbarkeitsbestätigung" sei daher irrig erfolgt, weshalb sie vom Rekursgericht aufzuheben sei.

Der Revisionsrekurs sei gemäß § 528 Abs 1 ZPO zuzulassen, weil - soweit überblickbar - keine Entscheidung des Obersten Gerichtshofes zur Frage vorliege, ob hinsichtlich der Vollstreckbarkeitsbestätigung ausschließlich auf die formell unrichtige jedoch rechtskräftige Urteilsform (hier: Feststellungsurteil) oder auf den dem Gesetz entsprechenden Urteilsspruch (hier: Leistungsurteil) abzustellen sei. Gegen den Beschluss des Rekursgerichtes richtet sich der ordentliche Revisionsrekurs der Klägerin mit dem Antrag, den Beschluss des Rekursgerichtes als nichtig aufzuheben; in eventu, ihn dahin abzuändern, dass die am 25. 2. 2004 erteilte Vollstreckbarkeitsbestätigung durch das Landesgericht für ZRS Wien zu 5 Cg 96/01a hinsichtlich EUR 127.239,55 zu Recht erteilt worden sei. In der Tagsatzung am 15. 10. 2004 schlossen die Parteien einen Vergleich, mit welchem sämtliche Ansprüche betreffend die Klagsforderung und die Gegenforderungen bereinigt und verglichen wurden.

Die beim Bezirksgericht Döbling geführte Exekution wurde eingestellt.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist mangels Beschwer unzulässig. Das bereits eingeleitete Verfahren wurde eingestellt. Die Einleitung eines neuerlichen auf das Urteil gestützten Exekutionsverfahrens wäre im Hinblick auf den Abschluss des Vergleiches unzulässig ( vgl MGA EO14 § 35 E 109 = RZ 1932, 191). Eine Beschwer der Klägerin durch die Aufhebung der Vollstreckbarkeitsbestätigung ist daher nicht mehr ersichtlich. Wenn das ursprünglich noch gegebene Rechtsschutzinteresse nach dem Einlangen des Rechtsmittels wegfällt, ist das ursprünglich zulässige Rechtsmittel zurückzuweisen (vgl Kodek in Rechberger ZPO2 vor § 461 Rz 9). Gemäß § 50 Abs 2 ZPO ist aber in einem derartigen Fall bei der Kostenentscheidung der nachträgliche Wegfall des Rechtsschutzinteresses nicht zu berücksichtigen.

Gegenstand der Vollstreckbarkeitsbestätigung ist der rein verfahrensrechtliche Umstand der formellen Vollstreckbarkeit (Jakusch in Angst EO § 7 RZ 95). Diese ist gegeben, wenn der Exekutionstitel einerseits prozessual wirksam geworden ist und andererseits gegen ihn kein die Vollstreckbarkeit hemmender Rechtszug mehr offen steht (Jakusch in Angst EO § 7 RZ 92, Heller/Berger/Stix I 205). Die Erteilung und die Aufhebung der Vollstreckbarkeitsbestätigung sind Teil des titelgerichtlichen Verfahrens (RIS-Justiz RS0001596 mwN). Ob der Exekutionstitel materiell vollstreckbar ist, also die Voraussetzungen des § 7 Abs 1 und Abs 2 EO, der § 1 EO ergänzt, erfüllt und damit Grundlage einer Exekutionsbewilligung sein kann, ist vom Exekutionsgericht im Rahmen der Bewilligung des Exekutionsantrages zu prüfen (OGH 3 Ob 116/77 = NZ 1980, 4, RIS-Justiz RS0000494 mwN, insbes 3 Ob 45/85). Der Inhalt der Vollstreckbarkeitsbestätigung betrifft also nur die formelle Vollstreckbarkeit. Das Vorhandensein der weiteren Vorraussetzungen nach § 7 Abs 1 und Abs 2 EO wird nicht festgestellt (Heller/Berger/Stix I 206; vgl auch RIS-Justiz RS0000130). Im gegenständlichen Fall ist daher die Frage, ob das Teilurteil des Landesgerichtes für ZRS Wien einen tauglichen Exekutionstitel bildet, im Exekutionsverfahren zu beurteilen und nicht im Verfahren zur Aufhebung der Vollstreckbarkeitsbestätigung. Wenn die Revisionsrekurswerberin daher meint, dass ein hinreichend bestimmter Leistungsbefehl vorliege, so ist dies für die Frage der hier zu prüfenden formellen Vollstreckbarkeit - nämlich der Frage, ob noch ein die Vollstreckbarkeit hemmender Rechtszug offen steht - unbeachtlich.

Die Vollstreckbarkeitsbestätigung ist nach § 7 Abs 3 EO auf Antrag oder von Amts wegen aufzuheben, wenn sie gesetzwidrig oder irrtümlich erteilt wurde. Die Vollstreckbarkeitsbestätigung wurde im gegenständlichen Fall zu Recht erteilt, weil das Urteil des Berufungsgerichtes die ordentliche Revision für nicht zulässig erklärte. Die Beklagte erhob zwar außerordentliche Revision, diese hemmt nach § 505 Abs 4 ZPO jedoch nicht den Eintritt der Vollstreckbarkeit. Die Vollstreckbarkeitsbestätigung wurde daher zu Recht erteilt.

Eine unrichtige Fassung des Spruches des Teilurteiles bzw. die Qualität des Teilurteiles als Leistungsurteil und damit als Exekutionstitel bilden keine Gründe zur Aufhebung der Vollstreckbarkeitsbestätigung nach § 7 Abs 3 EO, weil dies nicht Fragen der formellen Vollstreckbarkeit (dh der Unzulässigkeit eines weiteren die Vollstreckbarkeit hemmenden Rechtsmittels) des Exekutionstitels sind.

Dem Revisionsrekurs wäre daher im Ergebnis Folge zu geben gewesen. Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 50 und 41 ZPO.

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