ASVG §44
ASVG §49
B-VG Art133 Abs4
European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2022:G308.2145415.1.00
Spruch:
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin MMag. Angelika PENNITZ als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX gemeinnützige GmbH, vertreten durch Rechtsanwälte HASSLINGER & HASSLINGER & PLANINC in 8530 Deutschlandsberg, gegen den Bescheid der Österreichischen Gesundheitskasse, Landesstelle Steiermark (vormals: Steiermärkische Gebietskrankenkasse), vom 24.10.2016, Zl: XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 10.09.2021 und 08.11.2021, zu Recht:
A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG zulässig.
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang und Sachverhalt:
1. Mit Bescheid vom 24.10.2016, Zahl: XXXX , sprach die Österreichische Gesundheitskasse, Landesstelle Steiermark (vormals: Steiermärkische Gebietskrankenkasse; in der Folge: belangte Behörde) gemäß § 410 Abs. 1 Z 7 iVm § 44 Abs. 1, 49 Abs. 1 und Abs. 2 ASVG aus, dass die „ XXXX GEMEINNÜTZIGE GMBH (im Folgenden: Beschwerdeführerin oder kurz: BF) wegen der im Zuge der GPLA festgestellten Meldedifferenzen verpflichtet sei, die in der Beitragsabrechnung vom 11.04.2016 und dem dazugehörigen Prüfbericht vom 12.04.2016 zur Dienstgeberkontonummer XXXX ausgewiesenen allgemeinen Beiträge, Nebenumlagen, Sonderbeiträge und Zuschläge nach den jeweils angeführten Beitragsgrundlagen und für die jeweils näher bezeichneten Zeiten sowie Verzugszinsen im Betrage von insgesamt EUR 51.128,47 (davon EUR 50.742,47 an anteiligen Beiträgen und EUR 385,71 an anteiligen Verzugszinsen) nachzuentrichten. Die Beitragsabrechnung vom 11.04.2016 und der zugehörige Prüfbericht vom 12.04.2016 bilden einen integrierenden Bestandteil dieses Bescheides.
Begründend führte die belangte Behörde nach Wiedergabe des wesentlichen Sachverhaltes, der maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen sowie den Bestimmungen des anzuwendenden Kollektivvertrages aus, dass im Rahmen der Beitragsprüfung für den Zeitraum 01.01.2011 bis 31.12.2014 festgestellt worden sei, dass den Dienstnehmern der BF tatsächlich der Lohn in Höhe des gesatzten Kollektivvertrages für das Österreichische Rote Kreuz ab 01.01.2011 zustehe. Die entsprechenden Beiträge seien mit Beitragsabrechnung vom 11.04.2016 nachverrechnet worden.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die mit 22.11.2016 datierte und am selben Tag bei der belangten Behörde eingelangte Beschwerde. Es wurde beantragt, das Bundesverwaltungsgericht möge eine mündliche Beschwerdeverhandlung durchführen, der Beschwerde stattgeben und den angefochtenen Bescheid aufheben; in eventu den angefochtenen Bescheid aufheben und das Verfahren an die belangte Behörde zurückverweisen. Gleichzeitig regte die BF an, das Bundesverwaltungsgerichte möge beim Verfassungsgerichtshof (VfGH) einerseits die Überprüfung der Verordnung über die Satzungserklärung des Kollektivvertrages ÖRK hinsichtlich Rechtswidrigkeit sowie die Aufhebung der Verordnung über die Satzungserklärung des Kollektivvertrages ÖRK wegen Verfassungs- und Gesetzwidrigkeit beantragen.
Als Beschwerdegründe wurden im Wesentlichen mangelnder Bescheidcharakter, mangelnde Bestimmtheit des Spruches, Fehlen einer Leistungsfrist, unrichtige Sachverhaltsfeststellung, unrichtige rechtliche Beurteilung, die Verletzung näher genannter Verfahrensvorschriften sowie verfassungsrechtliche Bedenken vorgebracht.
Zusammengefasst wurde angeführt, die BF sei eine gemeinnützige GmbH, die in der politischen Gemeinde XXXX im Rahmen ihrer Tätigkeit hauptsächlich Personenbeförderungen mit vier gewöhnlichen PKW ohne Sanitäter durchgeführt habe. Daneben habe die BF über einen besonders ausgestatteten Krankentransportwagen (KTW) verfügt, der zur Unterstützung des „Zentralen Patiententransportes“ (ZPT), einem Patientenhol- und bringdienst auf dem Gelände des Universitätsklinikums XXXX , eingesetzt worden sei. Qualifizierte Krankentransporte mit Sanitäterbegleitung iSd § 2 Abs. 1 Z 2 Steiermärkisches Rettungsdienstgesetz seien von der BF nicht angeboten worden. Die BF biete keine Rettungsdienste an und seien auch Krankentransporte kein Gegenstand der unternehmerischen Tätigkeit der BF. Ein Krankentransport setze nämlich die Notwendigkeit einer sanitätsdienstlichen Betreuung während des Transports voraus. Sei die Begleitung durch einen Sanitäter nicht erforderlich, handle es sich nicht um einen Krankentransport, sondern um schlichte Personenbeförderung gleich einer Taxifahrt. Der zwischen der BF und dem Geschäftsausschuss der belangten Behörde abgeschlossene Vertrag sei auch kein Krankentransportvertrag, sondern ein sogenannter Dialysevertrag für Taxiunternehmen. Gegenstand des Vertrages seien sogenannte Dialysefahrten, daher einer Beförderung gehfähiger Patienten zur und von der Dialyse sowie Transporte zu ambulanten Behandlungen. Die Beförderung erfolge mit Personen- oder Kombinationskraftwagen ohne besondere Ausstattung. Die BF führe entgegen den Feststellungen der belangten Behörde somit fast ausschließlich einfache Personenbeförderungen mit gewöhnlichen PKW im Rahmen des Mietwagen-Gewerbes durch. Auch die Personenbeförderung im KTW im Rahmen des ZPT-Dienstes am Areal des Universitätsklinikums stelle keinen Krankentransport im klassischen Sinn dar. Der Geltungsbereich des gegenständlichen Kollektivvertrages (KV) des ÖRK umfasse jedenfalls aber nicht die Personenbeförderung. Selbst wenn man die von der BF durchgeführte Personenbeförderung mit PKW dem Begriff des Krankentransportes unterstellen würde, käme die Satzung des KV des ÖRK für diese Art der Personenbeförderung nicht zur Anwendung, da die BF als Mitglied der Wirtschaftskammer in der Fachgruppe Beförderungsgewerbe mit PKW sei und damit dem Bundeskollektivvertrag für das Personenbeförderungsgewerbe mit PKW unterliege. Dieser Kollektivvertrag genieße Vorrang gegenüber dem KV ÖRK. Der Einsatz eines KTW im ZPT der Universitätsklinik finde ebenfalls keine Erwähnung im KV des ÖRK. Außerdem handle es sich bei der BF um einen Mischbetrieb iSd § 9 Abs. 3 ArbVG. Die Personenbeförderung mit PKW und KTW lasse sich mangels organisatorischer Trennung und Abgrenzung nicht aufteilen. Beide Betriebsbereiche würden dieselbe Infrastruktur beanspruchen. Demnach sei jener Kollektivvertrag anzuwenden, der für den fachlichen Wirtschaftsbereich gelte, der für den Betrieb die maßgebliche wirtschaftliche Bedeutung hat. Schon der Umstand, dass die BF über vier PKW aber nur einen KTW verfüge, mache deutlich, dass der einfache Personentransport der BF das wirtschaftliche Gepräge gebe. Von 2011 bis 2014 seien 62 % aller Transporte mit PKW und lediglich rund 38 % mit KTW besorgt worden. Die Personenbeförderung mit PKW mache rund 2/3 der gesamten Transporte aus. Darüber hinaus würden sich die Satzungen des KV ÖRK aus näher angeführten Gründen als rechtswidrig erweisen. Die belangte Behörde habe mit Schreiben vom 20.06.2016 verlautbart, auf die Einhebung von Verzugszinsen gemäß § 59 Abs. 2 ASVG zur Gänze zu verzichten. Ein Verzicht habe aber zur Folge, dass auch keine weiteren Verzugszinsen mehr anfallen könnten, sodass die eingeforderten anteiligen Verzugszinsen im Betrage von EUR 385,71 jedenfalls keinesfalls zu Recht bestehen würden.
Der Beschwerde beigelegt war ein Vertrag zwischen der BF und dem Geschäftsausschuss der belangten Behörde über die Beförderung anspruchsberechtigter Versicherter zur und von der Dialysebehandlung sowie die Durchführung von Transporten zur ambulanten Behandlung vom 30.05.2006, eine Personalaufstellung samt Personaleinsatz in den Jahren 2011 bis 2015 sowie das Schreiben der belangten Behörde vom 20.06.2016 über den Verzicht auf Verzugszinsen beigelegt.
3. Der maßgebliche Verwaltungsakt wurde von der belangten Behörde samt Beschwerde und Vorlagebericht am 18.01.2017 dem Bundesverwaltungsgericht zur weiteren Entscheidung vorgelegt und der Gerichtsabteilung G308 am 23.01.2017 zugewiesen.
Im Vorlagebericht der belangten Behörde wurde zusammengefasst ausgeführt, dass der Betrieb der BF ein Mischbetrieb iSd § 9 Abs. 3 ArbVG mit wirtschaftlichem und operativem Schwerpunkt im Bereich Patiententransporte (ohne Sanitäter) sei. Dafür stünde sowohl ein entsprechend ausgerüsteter KTW als auch PKWs ohne medizinische und therapeutische Ausstattung zur Verfügung. Zur Anwendung des gesatzten KV für das ÖRK werde auf die Entscheidung des OGH vom 26.11.2013 verwiesen. Dort habe der OGH ausgeführt, dass die Erfassung von Rettungs- und Krankentransporten im Begriff des Taxi-Gewerbes schon an der Definition des § 3 Abs. 1 Z 3 Gelegenheitsverkehrs-Gesetz 1996 scheitere, da die PKWs nicht zu jedermanns Gebrauch bereitgehalten würden, sondern die Krankentransporte im Rahmen einer Vereinbarung eines Verrechnungsvertrages mit der Sozialversicherung erfolgen würden. Auch die einfachen Krankentransporte (ohne Sanitäter) würden ebenso aufgrund einer ärztlichen Verordnung erfolgen und direkt mit der belangten Behörde verrechnet werden. Es werde beantragt, die Beschwerde abzuweisen.
4. Mit Schreiben des Bundesverwaltungsgerichtes vom 25.01.2017 wurde der BF der Vorlagebericht der belangten Behörde vom 18.01.2017 zur Stellungnahme binnen drei Wochen übermittelt.
5. Am 16.02.2017 langte die mit 15.02.2017 datierte Stellungnahme der Rechtsvertretung der BF beim Bundesverwaltungsgericht ein.
In der angeführten Entscheidung des OGK vom 26.11.2013, 9 ObA 91/13t, sei lediglich die Frage verneint worden, ob die Durchführung von Transporten mit besonders ausgestatteten Rettungswägen (mit Sanitätern) als Taxi- und Mietwagengewerbe verstanden werden könne. Die Frage, ob der Bundeskollektivvertrag für Personenbeförderungsgewerbe auch auf einfache Krankentransporte mit normalen PKW und ohne Sanitäterbegleitung anzuwenden sei, sei vom OGH nicht abschließend beantwortet worden.
Beim Vertrag zwischen der belangten Behörde und der BF handle es sich nur um einen Dialyse-Transport-Verrechnungsvertrag für Taxiunternehmen, der auch mit unzähligen anderen Taxi- und Mietwagenunternehmen geschlossen worden sei. Es würden auch eine erhebliche Anzahl dieser Transporte ohne ärztliche Verordnung und ohne Verrechnung mit der belangten Behörde durchgeführt werden. Auch die Teilnahme am ZPT des Universitätsklinikums erfolge aufgrund einer privatrechtlichen Vereinbarung mit der Krankenanstalt. Die BF sei zudem kein Mitglied des Vereins des „ XXXX “.
6. Mit Schreiben des Bundesverwaltungsgerichtes vom 02.06.2017 wurde der belangten Behörde die Stellungnahme der BF vom 15.02.2017 zur Stellungnahme binnen drei Wochen übermittelt.
7. Mit am 05.07.2017 einlangendem Schreiben der belangten Behörde vom 27.06.2017 verwies die belangte Behörde im Wesentlichen auf die Ausführungen im angefochtenen Bescheid.
8. Mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 01.10.2019, G308 2145415-1/6Z, wurde das gegenständliche Beschwerdeverfahren bis zur Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH) über die ordentlichen Revisionen gegen die Erkenntnisse des Bundesverwaltungsgerichtes vom 29.04.2019, G312 2128830-1/18E, zur Zahl Ro 2019/08/0017, sowie vom 29.04.2018, G312 2128415-1/14E, zur Zahl Ro 2019/08/0018, ausgesetzt.
9. Mit Schreiben des Bundesverwaltungsgerichtes vom 17.05.2021 wurde das gegenständliche Verfahren fortgesetzt und wurden der BF die Beschlüsse des VwGH zu den Zahlen Ro 2019/08/0017-6, Ro 2021/08/002-4 und Ro 2021/08/0001-4 zur Stellungnahme binnen drei Wochen übermittelt.
10. In der mit 08.06.2021 datierten und am 09.06.2021 einlangenden Stellungnahme der BF wurde ausgeführt, dass sich der Betrieb der BF vom Betrieb der übrigen Revisionswerber dadurch unterscheide, dass die BF im gegenständlich relevanten Zeitraum weder Rettungs- noch (qualifizierte) Krankentransporte durchgeführt habe. Die Beschlüsse des VwGH (über die jeweilige Revisionszurückweisung, Anm.) seien daher im gegenständlichen Fall nicht geeignet, am Standpunkt der BF etwas zu ändern.
11. Das Bundesverwaltungsgericht führte am 10.09.2021 eine öffentliche mündliche Beschwerdeverhandlung durch, an welcher die Rechtsvertretung der BF und eine Vertreterin der belangten Behörde teilnahmen. Einer der Gesellschafter der BF, der ehemalige gewerberechtliche Geschäftsführer der BF, wurde als Zeuge vernommen.
Die Verhandlung wurde sodann unter gleichzeitigem Ladungsverzicht auf den 08.11.2021 vertagt.
12. Am 08.11.2021 wurde die mündliche Beschwerdeverhandlung fortgesetzt. An dieser nahm die Rechtsvertretung der BF teil. Die Behördenvertreterin blieb der Verhandlung entschuldigt fern. Als Zeuge wurde der Obmann des Vereines „ XXXX “ vernommen.
Die Verkündung der Entscheidung entfiel gemäß § 29 Abs. 3 VwGVG.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Die BF firmiert seit 25.08.2009 unverändert unter der Firmenbuchnummer FN XXXX als „ XXXX “.
Sie wurde ursprünglich unter der Firma „ XXXX “ mit Erklärung über die Errichtung der Gesellschaft vom 01.02.2006 und Nachtrag vom 12.04.2006 errichtet und am 19.04.2006 in das Firmenbuch eingetragen. Mit Generalversammlungsbeschluss vom 21.01.2009 wurde die Erklärung über die Errichtung der Gesellschaft in deren §§ 1 und 2 geändert und die Firma auf „ XXXX “ am 27.02.2009 im Firmenbuch geändert. Mit einem weiteren Generalversammlungsbeschluss vom 20.05.2009 wurde § 1 der Erklärung über die Errichtung der Gesellschaft geändert und die Firma der BF geändert und am 25.08.2009 in das Firmenbuch eingetragen (vgl. Firmenbuchauszug vom 13.12.2021 zur FN XXXX ).
Gesellschafter der BF sind seit 11.05.2006 zwei natürliche Personen, und zwar (vgl. Firmenbuchauszug vom 13.12.2021 zur FN XXXX ):
1. Gesellschafterin A: XXXX , geboren am XXXX mit einer Stammeinlage von EUR 24.000,00, das entspricht bei einer Gesamtstammeinlage in Höhe von EUR 40.000,00 einem Gesellschaftsanteil von 60 %, und
2. Gesellschafter B: XXXX , geboren am XXXX , mit einer Stammeinlage von EUR 16.000,00, das entspricht bei einer Gesamtstammeinlage in Höhe von EUR 40.000,00 einem Gesellschaftsanteil von 40 %.
Gesellschafterin A vertrat die Gesellschaft von 19.04.2006 bis 01.09.2021 selbstständig als alleinige handelsrechtliche Geschäftsführerin. Seit 02.09.2021 vertritt XXXX , geboren am XXXX , die Gesellschaft als alleiniger, selbstständiger handelsrechtlicher Geschäftsführer (vgl. Firmenbuchauszug vom 13.12.2021 zur FN XXXX ).
Im Zeitraum von 02.05.2006 bis 02.10.2017 vertrat zudem Gesellschafter B (nachfolgend: Zeuge 1 oder Z 1) die BF als gewerberechtlicher Geschäftsführer und besorgte auch die faktische Geschäftsführung der BF (vgl. Z1, Verhandlungsprotokoll vom 10.09.2021, S 5; GISA-Auszug vom 14.12.2021 zur GISA-Zahl XXXX ).
1.2. Der Verein XXXX , bei dem die BF Mitglied ist, ist seit 2009 als öffentlicher, allgemeiner Rettungsdienst anerkannt. Der Verein bzw. der Dachverband ist Mitglied beim Fachverband der Wirtschaftskammer für das Beförderungsgewerbe und schließt selbständig Verträge mit den Sozialversicherungsträgern ab.
Das XXXX ist eine „Marke“, die vom Verein an die Regionalstellen verpachtet wird, ein Qualitätssiegel. In der Bevölkerung wird das XXXX – analog dem Roten Kreuz – als Krankentransport wahrgenommen. Dem Verein kommt daher als Dachverband und „Marken-Vergeber“ grundsätzlich gegenüber ihren Regionalstellen ein gewisses Weisungs- bzw. Aufsichtsrecht, insbesondere auch betreffend Sanitäter-Ausbildungen, Zivildiener-Ausbildungen und Qualitätssicherung zu. Als Konsequenz ist auch der Entzug der „Marke“ XXXX vorgesehen (vgl. ua. Zeuge, Verhandlungsprotokoll vom 08.11.2021, S 5 ff).
Der Regionalstelle der gegenständlichen BF kommt aber im Verein insofern eine Sonderstellung im Vergleich zu den übrigen Regionalstellen zu, als in dieser Regionalstelle keine Sanitäterausbildungen oder Ausbildungen von Zivildienern stattfinden und die PKWs zur Patientenbeförderung nicht mit dem Logo des Vereins versehen sind. Auch verfügt die BF, abgesehen von dem unter Punkt 1.3. dargelegten Vertrag über die Beförderung von Patienten zur und von der Dialysebehandlung sowie die Durchführung von Transporten zur ambulanten Behandlung dieser Anspruchsberechtigten, über keinen allgemeinen direkten Krankentransportvertrag mit der belangten Behörde (vgl. Z1, Verhandlungsprotokoll vom 10.09.2021, S 6 ff; Zeuge, Verhandlungsprotokoll vom 08.11.2021, S 5 ff).
Die BF verfügte von 02.05.2006 bis 03.07.2006 über das konzessionierte Gewerbe mit dem Wortlaut „Mietwagen-Gewerbe (Beförderung mit Personenkraftfahrzeugen), mit 5 PKW, davon 3 eingeschränkt auf den Krankentransport“, von 04.07.2006 bis 31.12.2020 über das konzessionierte Gewerbe mit dem Wortlaut „Mietwagen-Gewerbe (Beförderung mit Personenkraftfahrzeugen), mit 5 PKW“ und seit 01.01.2021 über das konzessionierte Gewerbe „Personenbeförderungsgewerbe mit PKW – Taxi, mit 5 PKW“. Die BF ist als solche auch Mitglied beim Fachverband der Wirtschaftskammer für das Beförderungsgewerbe (vgl. Z1, Verhandlungsprotokoll vom 10.09.2021, S 5 & 7; GISA-Auszug vom 14.12.2021 zur GISA-Zahl XXXX ) und wurden Dienstnehmer der BF im verfahrensgegenständlichen Zeitraum der GPLA von 01.01.2011 bis 31.12.2014 nach dem Kollektivvertrag für Personenbeförderung entlohnt und für sie entsprechend Abgaben durch die BF bezahlt (vgl. aktenkundige GPLA-Unterlagen, insbesondere Niederschrift über die Schlussbesprechung vom 07.04.2016).
1.3. Zur konkreten Tätigkeit der BF:
1.3.1. Zu den einfachen Krankentransporten mit PKW:
Im Gründungsjahr 2006 plante die BF die Übernahme eines direkten Krankentransportvertrages der belangten Behörde mit einem anderen Unternehmen und in der Folge die Durchführung von Krankentransporten. Der Vertrag wurde jedoch bereits vor der geplanten Übernahme durch die BF gekündigt und kam in der Folge ein eigenständiger allgemeiner und direkter Krankentransportvertrag mit der belangten Behörde nicht mehr zustande (vgl. Z1, Verhandlungsprotokoll vom 10.09.2021, S 6; Zeuge, Verhandlungsprotokoll vom 08.11.2021, 6).
Stattdessen schloss die BF mit dem Geschäftsausschuss der steiermärkischen Krankenversicherungsträger am 30.05.2006 einen unbefristeten Vertrag über die Beförderung von Patienten zur und von der Dialysebehandlung, sowie die Durchführung von Transporten zur ambulanten Behandlung dieser Anspruchsberechtigten ab (vgl. aktenkundiger Vertrag vom 30.05.2006). Aus diesem Vertrag ergibt sich auszugsweise:
„[…]
§ 1 Vertragsgegenstand
(1) Dieser Vertrag regelt die notwendige Beförderung der in der Anlage angeführten Versicherten und deren anspruchsberechtigten Angehörigen (kurz Anspruchsberechtigte) zur und von der Dialysebehandlung, sowie die Durchführung von Transporten zur ambulanten Behandlung dieser Anspruchsberechtigten. Die Anlage gilt als integrierter Bestandteil dieses Vertrages. Die Anlage wird bei Erfordernis vom Krankenversicherungsträger – Koordinierungsstelle für die Transporte ist die Steiermärkische Gebietskrankenkasse – aktualisiert und dem Taxiunternehmen übermittelt.
(2) Die Beförderung von neu hinzukommenden Versicherten ist nur nach vorherigem Ansuchen des Taxiunternehmens oder aufgrund der Zuteilung durch einen Krankenversicherungsträger möglich.
(3) Transporte zur ambulanten Behandlung sind Transporte zu Behandlungen, ausgenommen Dialysefahrten, bei denen der Patient sitzend transportiert wird und bei denen ohne Schaden für die Gesundheit des Patienten die Benützung eines Krankentransportfahrzeuges nicht notwendig ist, andererseits aber dem Patienten die Benützung eines öffentlichen Verkehrsmittels (z.B. Bus, Bahn, etc.) bzw. die Zurücklegung des Weges zu Fuß nach den Umständen des Falles nicht möglich oder nicht zumutbar ist.
§ 2 Krankenversicherungsträger
[…]
§ 3 Beförderungspflicht
(1) Die Fa. […] [BF, Anm.] verpflichtet sich, den Transport der Versicherten des Krankenversicherungsträgers so zeitgerecht durchzuführen, dass die Behandlungsstelle zum festgesetzten Zeitpunkt erreicht werden kann. Nach durchgeführter Behandlung sind die Versicherten unverzüglich wieder zur Wohnung zurückzubefördern.
(2) Die Fa. […] [BF, Anm.] verpflichtet sich, die Transporte der Anspruchsberechtigten entsprechend der von der Steiermärkischen Gebietskrankenkasse erfolgten Koordinierung durchzuführen. Änderungen der Dialysezeiten oder des Transportablaufs sind der Steiermärkischen Gebietskrankenkasse umgehend mitzuteilen.
(3) Die Fa. […] [BF, Anm.] verpflichtet sich, für die durchzuführenden Transporte stets ein Fahrzeug des dem Aufenthaltsort des Versicherten nächstgelegenen Standortes heranzuziehen.
(4) Der Lenker des Fahrzeuges hat den Versicherten, soweit dies erforderlich ist, beim Ein- und Aussteigen und beim Weg vom Fahrzeug zur Behandlungsstelle und umgekehrt behilflich zu sein.
§ 4 Qualitätssicherung
(1) Die Beförderung erfolgt ausschließlich mit Personenkraftwagen bzw. Kombinationskraftwagen.
(2) Bei der Beförderung sind alle gesetzlichen und sonstigen Vorschriften einzuhalten. Das Fahrzeug ist entsprechend der einschlägigen Sicherheits- und Verkehrsbestimmungen zu betreiben.
(3) Für den Lenker des Fahrzeuges ist ein Nachweis über die Absolvierung eines Erste-Hilfe-Kurses vorzulegen.
§ 5 Tarife
(1) Pro Kilometer werden € 0,55 (exkl. MwSt.) für die Beförderung von Dialysepatienten und für Transporte zur ambulanten Behandlung dieser Dialysepatienten, unabhängig von der Zahl der beförderten Personen und unter Berücksichtigung der kürzesten Wegstrecke, vergütet.
(2) Für die in der Anlage angeführten Personen sind die anteilsmäßigen Transportkosten ebenso wie etwaige Anfahrts- und Leerkilometer den zuständigen Versicherungsträgern in Rechnung zu stellen.
[…]
§ 6 Abrechnung und Honorierung
(1) Die Abrechnung hat elektronisch zu erfolgen. Grundlage hiefür bildet der bundesweite Datensatz für Krankentransporte (DKT).
(2) Die Kosten für die im Laufe eines Monats durchgeführten Transporte sind unter Anschluss der Transportaufträge bis zum 10. des folgenden Kalendermonates mit dem jeweils zuständigen Krankenversicherungsträger direkt abzurechnen.
[…]“
1.3.2. Die Dialysefahrten stellten im verfahrensgegenständlichen Zeitraum die Hauptaufgabe der BF dar und wurden von der BF für Patienten durchgeführt, die ihr von der belangten Behörde mit einer Liste (persönliche Daten, Behandlungstermin, Behandlungsort) übermittelt wurden. Die Dialysefahrten fanden von Montag bis Samstag in einem Zeitraum von 05:00 bis 21:00 Uhr statt (vgl. Z1, Verhandlungsprotokoll vom 10.09.2021, S 6 ff).
Fahrten für andere Patienten, etwa zur Bestrahlungs- oder Chemotherapie, wurden aufgrund des entsprechenden Transportscheines des Arztes und persönlicher Anfrage durch den betreffenden Patienten nach vorheriger jeweiliger Genehmigung im Einzelfall durch die belangte Behörde durchgeführt, andernfalls – mangels eines allgemeinen Direktvertrages zum Krankentransport außerhalb von Dialysefahrten und damit einhergehenden ambulanten Behandlungen – keine Vergütung der Transporte seitens der belangten Behörde erfolgten (vgl. Z1, Verhandlungsprotokoll vom 10.09.2021, S 6 ff).
Für diese Fahrten wurden durchwegs serienmäßige PKWs der Marke Toyota, wie etwa Toyota Verso, Corolla und RAV4 verwendet, darunter auch ein Allradfahrzeug. Diese Fahrzeuge hatten unterschiedliche Lackierungen (beispielsweise in silber, grün, weiß) und waren nach außen hin nicht mit dem Logo des Vereins XXXX gekennzeichnet oder sonst foliert. Die PKWs waren nicht mautbefreit und verfügten weder über eine medizinische Ausstattung, eine Blaulichtanlage und/oder ein Folgetonhorn. Einzige Voraussetzung für das Lenken des PKWs ist ein einfacher Erste-Hilfe-Kurs des Fahrers (vgl. Z1, Verhandlungsprotokoll vom 10.09.2021, S 7 ff; Beschwerde vom 22.11.2016, S 3).
Notfälle, in denen ein beförderter Patient plötzlich Betreuung durch einen Sanitäter gebraucht hätte, kamen im verfahrensgegenständlichen Zeitraum nicht vor (vgl. Z1, Verhandlungsprotokoll vom 10.09.2021, S 7).
1.3.3. Die BF verfügte im verfahrensgegenständlichen Zeitraum zudem über den Dachverband bzw. Verein XXXX über einen privatrechtlichen Vertrag mit der KAGES über die Teilnahme der BF am Zentralen Patiententransportdienst (ZPT) des Universitätsklinikums XXXX mit dem einzigen – entsprechend der Norm ausgerüsteten - Krankentransportwagen der BF (KTW). Im Rahmen des ZPT werden Patienten des Universitätsklinikums entweder zu Fuß durch unterirdische Gänge oder überirdisch mittels KTW zu unterschiedlichen Kliniken, Stationen oder Untersuchungen und dann wieder auf ihre Station zurückgebracht. Mit dem KTW der BF wurden täglich rund 25 bis 50 Patienten zwischen den Stationen zwischen 07:00 und 15:30 Uhr befördert, jedoch war der KTW immer nur mit einem einzigen Fahrer besetzt (vgl. Z1, Verhandlungsprotokoll vom 10.09.2021, S 5 f & 8; Zeuge, Verhandlungsprotokoll vom 08.11.2021, S 7).
1.3.4. Etwa einmal wöchentlich wurde die BF von einer anderen Regionalstelle „angemietet“ um mit ihrem KTW, der grundsätzlich nur am Gelände des Universitätsklinikums im Rahmen des ZPT im Einsatz war, auch außerhalb eine Fahrt durchzuführen (vgl. Z1, Verhandlungsprotokoll vom 10.09.2021, S 9).
Fahrten im Rahmen des Rettungsdienstes, oder regelmäßige qualifizierte Krankentransporte mit KTW wurden von der BF nicht durchgeführt.
1.3.5. Andere Fahrten oder Beförderungen, wie etwa „Seniorentaxis“ oder private Fahrten (auch zu privaten Gesundheitseinrichtungen oder Praxen), führte die BF nicht durch. Ihre Tätigkeit beschränkte sich ausschließlich auf den (mittels privatrechtlichen Vertrag vereinbarten) ZPT sowie Dialyse-, Bestrahlungs- und Chemotherapie-Fahrten bzw. Fahrten für Dialysepatienten zur anderweitigen ambulanten Behandlungen, die entweder über den Direktverrechnungsvertrag im Rahmen der Dialysefahrten oder außerhalb dieses Vertrages nach vorheriger Bewilligung der Kostenübernahme durch die belangte Behörde durchgeführt wurden (vgl. Z1, Verhandlungsprotokoll vom 10.09.2021, S 9 f).
1.3.6. Im verfahrensgegenständlichen Zeitraum vom 01.01.2011 bis zum 31.12.2014 beschäftigte die BF (vgl. dazu Personalaufstellung als Beilage zur Beschwerde):
- 2011: rund fünf Mitarbeiter (sowie zwei zusätzliche Mitarbeiter, einen für zwei Monate und einen für drei Monate);
- 2012: fünf Mitarbeiter
- 2013: das erste Halbjahr 2013 fünf Mitarbeiter, das zweite Halbjahr 2013 sechs Mitarbeiter
- 2014: sechs Mitarbeiter, ab Mitte August 2014 sieben Mitarbeiter
Es erfolgte keine Trennung in Mitarbeiter für den ZPT des Universitätsklinikums und in solche für den einfachen Krankentransport. Alle Mitarbeiter haben alle Fahrten durchgeführt und fand eine gemeinsame Abrechnung statt (vgl. Z1, Verhandlungsprotokoll vom 10.09.2021, S 9).
Bei der BF waren im verfahrensgegenständlichen Zeitraum fast ausschließlich (abgesehen von durchschnittlich einer Person) ausgebildete Sanitäter als Fahrer beschäftigt. Im Rahmen des ZPT war ein ausgebildeter Sanitäter als Fahrer zwar nicht vorgeschrieben, aber ausdrücklich erwünscht (vgl. Z1, Verhandlungsprotokoll vom 10.09.2021, S 10).
1.3.7. Im Prüfzeitraum (01.01.2011 bis 31.12.2014) wurden durchschnittlich vier neutrale PKWs und ein entsprechend der Norm ausgerüsteter KTW eingesetzt (vgl. etwa Beschwerde vom 22.11.2016, S 2).
Folgende Transporte (Anzahl) und Kilometer wurden im verfahrensgegenständlichen Zeitraum durchgeführt (vgl. Aufstellung in der Beschwerde, S 12; sowie in der mündlichen Verhandlung am 10.09.2021 vorgelegte Auflistung):
Jahr | PKW | Kilometer PKW | KTW | Kilometer KTW |
2011 | 1.646 | 171.415 | 1.089 | 85.427 |
2012 | 1.720 | 169.264 | 1.130 | 83.875 |
2013 | 1.749 | 226.884 | 1.001 | 76.574 |
2014 | 1.655 | 198.216 | 991 | 79.575 |
Gesamt | 6.770 | 772.549 | 4.211 | 325.451 |
Von insgesamt 10.981 Fahrten entfielen somit rund 62 % auf Fahrten mit PKW und rund 38 % auf Fahrten mit KTW im ZPT am Universitätsklinikum bzw. einzelne Ersatzkrankentransporte mit KTW, davon entfielen bei einer Gesamtkilometeranzahl von 1.098.000 km rund 70 % auf PKW-Transporte und rund 30 % auf KTW-Transporte.
Der im verfahrensgegenständliche Zeitraum erzielte Umsatz stellt sich wie folgt dar (vgl. in der mündlichen Verhandlung am 10.09.2021 vorgelegte Auflistung):
Jahr | PKW in EUR | KTW in EUR |
2011 | 122.385,78 | 106.812,16 |
2012 | 134.507,31 | 106.244,45 |
2013 | 179.031,40 | 99.894,25 |
2014 | 160.998,62 | 109.219,10 |
Gesamt | 596.923,11 | 422.169,96 |
Damit entfielen rund 59 % des Gesamtumsatzes auf Patientenbeförderung mit PKWs und rund 41 % auf den ZPT am Universitätsklinikum bzw. einzelne Ersatzkrankentransporte mit KTW.
1.4. Die belangte Behörde führte für den Zeitraum von 01.01.2011 bis 31.12.2014 eine GPLA durch, in deren Rahmen vom Prüfer festgestellt wurde, dass für den Betrieb der BF als Rettungsdienst und Krankentransport der gesatzte Kollektivvertrag des Österreichischen Roten Kreuzes anzuwenden sei und daher eine entsprechende Nachverrechnung habe stattfinden müssen (vgl. aktenkundige GPLA-Unterlagen, insbesondere Niederschrift über die Schlussbesprechung vom 07.04.2016).
1.5. Die belangte Behörde schließt zum Teil auch mit Taxi- und Mietwagenunternehmen Direktverrechnungsverträge zum einfachen Krankentransport ab (vgl. etwa Verhandlungsprotokoll vom 10.09.2021, S 3 f).
2. Beweiswürdigung:
2.1. Der oben angeführte Verfahrensgang und Sachverhalt ergeben sich aus dem diesbezüglich unbedenklichen und unzweifelhaften Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten sowie des nunmehr dem Bundesverwaltungsgericht vorliegenden Gerichtsakts.
Die oben getroffenen Feststellungen beruhen auf den Ergebnissen des vom erkennenden Gericht auf Grund der vorliegenden Akten durchgeführten Ermittlungsverfahrens sowie der Ergebnisse der durchgeführten mündlichen Beschwerdeverhandlungen und werden in freier Beweiswürdigung der gegenständlichen Entscheidung als maßgeblicher Sachverhalt zugrunde gelegt:
2.2. Entgegen den Ausführungen in der gegenständlichen Beschwerde bzw. den nachfolgenden Stellungnahmen hat der langjährige, ehemalige gewerberechtliche Geschäftsführer der BF (Z 1) im Rahmen seiner Vernehmung in der mündlichen Verhandlung am 10.09.2021 ausdrücklich angeführt, dass auch die PKW-Fahrten fast ausschließlich von ausgebildeten Sanitätern durchgeführt wurden. Ebenso hat er die Durchführung allgemeiner „Auftragsfahrten“, etwa als Seniorentaxi oder für behinderte oder gebrechliche Menschen oder sonstige Privatfahrten ohne Verrechnung mit der belangten Behörde verneint. Entgegen den Ausführungen in der Beschwerde war daher den Angaben des in der Sache über besondere Kenntnisse verfügenden und glaubwürdigen Zeugen zu folgen und entsprechende Feststellungen zu treffen.
Abgesehen davon haben BF sowie die in den mündlichen Verhandlungen vernommenen Zeugen schlüssig, nachvollziehbar und widerspruchsfrei die Aufgabenbereiche der Regionalstellen, die Sonderstellung der BF sowie die ausgeübten Tätigkeiten der in den Regionalstellen beschäftigten Personen beschrieben.
In der mündlichen Verhandlung konnte ebenfalls glaubhaft dargelegt werden, dass die Geschäftsbereiche der BF in der gemeinsam, also nicht in organisatorisch getrennten Bereichen, verwaltet und abgewickelt werden.
Die Anzahl der Fahrten mit den PKWs und dem KTW wurden von der BF in Tabellen vorgelegt und von der belangten Behörde nicht bestritten.
Die übrigen Feststellungen ergeben sich aus den im Verwaltungs- bzw. Gerichtsakt einliegenden Beweismitteln und insbesondere den im gesamten Verfahren von der BF bzw. ihren Vertretern und den Zeugen gemachten Angaben, welche jeweils in Klammer zitiert und weder von der BF noch von der belangten Behörde bestritten wurden.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu Spruchteil A):
3.1. Anzuwendendes Recht:
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I Nr. 2013/33 idgF. BGBl. I 2018/57, geregelt (§ 1 leg. cit.).
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
§ 27 VwGVG legt den Prüfungsumfang des Verwaltungsgerichtes fest. Demzufolge hat das Verwaltungsgericht, soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, den angefochtenen Bescheid aufgrund der Beschwerde zu überprüfen. Verwiesen wird dabei auf die Bestimmung des § 9 VwGVG, der den Inhalt der Beschwerde beschreibt und hier insbesondere auf Abs. 1 Z 3 und Z 4 leg. cit. Dies betrifft die Angabe der Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt, sowie das Begehren.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.
3.2. Abweisung der Beschwerde:
Gegenständlich ist strittig, ob die seitens der belangten Behörde festgestellten Differenzen und die damit vorgeschriebene Nachentrichtung von Sozialversicherungsbeiträgen zu Recht erfolgt sind.
Festzuhalten ist, dass sich die Krankentransporte grundsätzlich unstrittig in einfachen Krankentransport (mittels PKW) und qualifizierter Krankentransport (mittels KTW) gliedert:
Der qualifizierte Krankentransport wird immer mit dem KTW durchgeführt, welcher in Begleitung von mindestens zwei Rettungssanitätern stattfindet, wobei einer als Fahrer und einer als Krankenbegleitung eingesetzt wird. Für die Anstellung als Beifahrer eines KTW wird zwingend ein Nachweis über die abgelegte Prüfung zum Rettungssanitäter vorausgesetzt. Dieser Unternehmensbereich unterliegt grundsätzlich dem KV ÖRK (vgl. ua. Bundesverwaltungsgericht vom 29.04.2019, G312 2142749-1/17E).
Der einfache Krankentransport, von der BF als reine Personenbeförderung angesehen (als solcher zählt etwa der Transport von Personen, welche zur Strahlentherapie oder Dialyse gefahren werden), wird grundsätzlich ebenfalls durch Sanitäter bzw. einem Sanitäter in Ausbildung durchgeführt und dafür überwiegend eindeutig markierte PKWs ( XXXX mit XXXX Flächen und mittig ein XXXX ) verwendet. Ausgenommen sind solche Fahrten, bei denen die zu befördernde Person einen „neutralen“ PKW, also einen unmarkierten PKW, zur Beförderung anfordern (vgl. ua. Bundesverwaltungsgericht vom 29.04.2019, G312 2142749-1/17E).
Die BF nimmt im gegenständlichen Fall insofern eine Sonderstellung ein, als sie unstrittig einfache Krankentransporte, jedoch mit neutralen PKWs ohne Hinweis auf den Krankentransport oder die in der Bevölkerung allgemein als Rettungs- und Krankentransportdienst bekannte Marke des Dachverbandes der BF durchgeführt hat. Auch nimmt die BF eine Sonderstellung insofern ein, als sie mit ihrem einzigen – den einschlägigen Normen entsprechend ausgerüsteten KTW – bis auf wöchentliche Ersatzfahrten für einzelne Regionalstellen – nur im Rahmen des ZPT des Universitätsklinikums tätig gewesen ist.
Strittig ist im gegenständlichen Fall, ob auch der von der BF überwiegend oder sogar fast ausschließlich durchgeführte einfache Krankentransport, der Personenbeförderung zuzurechnen ist, oder ob es sich dabei um einen Krankentransport im engeren Sinn handelt, bei welchem der gesatzte Kollektivvertrag des ÖRK anzuwenden ist.
Strittig ist weiters, ob der gesatzte KV ÖRK Rechtsgültigkeit besitzt bzw. für den Betrieb der BF zur Anwendung kommt.
3.3. Gemäß § 44 Abs. 1 ASVG ist Grundlage für die Bemessung der allgemeinen Beiträge der im Beitragszeitraum gebührende, auf volle Cent gerundete Arbeitsverdienst, welche nach Z 1 bei den pflichtversicherten Dienstnehmern das Entgelt im Sinne des § 49 Abs. 1 ASVG ist.
Unter Entgelt sind gemäß § 49 Abs. 1 ASVG die Geld- und Sachbezüge zu verstehen, auf die der pflichtversicherte Dienstnehmer aus dem Dienstverhältnis Anspruch hat oder die er darüber hinaus auf Grund des Dienstverhältnisses vom Dienstgeber oder von einem Dritten erhält.
3.4. Die belangte Behörde begründete ihren Bescheid im Wesentlichen damit, dass die BF in der Hauptsache Krankentransporte – überwiegend ohne (verpflichtend vorhandenen) Sanitäter und mit PKW sowie auch im Rahmen des ZPT der Universitätsklink XXXX mit KTW– durchgeführt hat.
Die BF hingegen vertritt die Ansicht, dass der einfache Krankentransport (mit PKW und ohne verpflichtend vorhandenen Sanitäter) im Unternehmen als normale Personenbeförderung zu werten ist, und diesem Bereich im Betrieb die maßgebliche wirtschaftliche Bedeutung zukommt. Der einfache Krankentransport mit PKW ohne besondere Ausstattung werde von Personen in Anspruch genommen, die keine besondere Ausstattung des Kraftfahrzeuges benötigen, diese Fahrzeuge werden beispielsweise von Personen für Fahrten zu diversen Therapien, wie Dialyse, Bestrahlung und Chemotherapie verwendet. Im Rahmen dieser einfachen Krankentransporte würden nicht nur kranke Personen befördert, sondern auch die Beförderung von älteren, gebrechlichen und behinderten Personen durchgeführt. Bei diesen Fahrten werden PKW ohne medizinische oder therapeutische Ausstattung und ohne Sanitäter eingesetzt. Der qualifizierte Krankentransport hingegen werde mit einem KTW mit behindertengerechter und barrierefreier Ausstattung und mit Sanitäter durchgeführt. Daher liege der wirtschaftliche und operative Schwerpunkt im Bereich des einfachen Krankentransports mit PKW und ohne Sanitäter.
3.5. Die Höchstgerichte, insbesondere der Oberste Gerichtshof (OGH) sowie auch der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) haben sich bereits mehrfach mit der arbeits- und sozialversicherungsrechtlichen Angelegenheit bezogen auf Krankentransporte befasst:
3.5.1. In der Entscheidung 9 ObA 8/13m war die Frage zu klären, ob auch die Durchführung von Rettungs- und Krankentransport mit besonders ausgestatteten Rettungswagen als Taxigewerbe bzw. Mietwagengewerbe verstanden werden kann. In der Entscheidung wird ausgeführt, dass ein Taxigewerbe schon deshalb nicht vorliege, da die Wägen nicht zu jedermanns Gebrauch bereitgehalten würden. Gegen die Erfassung im Begriff des Mietwagengewerbes spreche der Umstand, dass es nicht nur um die Beistellung eines Lenkers und eines Kraftfahrzeugs gehe, sondern um Krankentransporte, bei denen immer auch ein Rettungssanitäter eingesetzt werde. Diese spezifische, auf gesundheitliche Rettungsmaßnahmen abgestellte Ausrichtung gebe der erbrachten Leistung die wesentliche Prägung. Dies spreche aber dafür, dass Rettungs- und Krankentransporte nicht im Begriff des Mietwagengewerbes im Sinn des Kollektivvertrags für das Personenbeförderungsgewerbe mit PKW (Taxi) erfasst seien.
3.5.2. Die Frage, ob der Kollektivvertrag für das Personenbeförderungsgewerbe mit PKW (Taxis) auch auf Betriebe anzuwenden sei, die Transporte für kranke Personen mit normal ausgerüsteten PKWs (ohne Sonderausstattung) und ohne Begleitung eines Rettungssanitäters durchführen, wurde in der Entscheidung des OGH 9 ObA 91/13t ausdrücklich offengelassen. Für die Erfassung von (reinen) Krankentransporten im Begriff des Mietwagengewerbes spreche der Umstand, dass es beim Transport einer bestimmten „kranken“ Person, wie auch bei einer gesunden, nur um die Beistellung eines Lenkers und eines Kraftfahrzeugs gehe, bei der kein Rettungssanitäter eingesetzt werde. Im Gegensatz zu Rettungsdiensttransporten gebe daher beim „normalen“ Krankentransport nicht die spezifische, auf gesundheitliche Rettungsmaßnahmen abgestellte Ausrichtung der erbrachten Leistung die wesentliche Prägung. Dagegen könnte ins Treffen geführt werden, dass auch diese „normalen“ Krankentransporte nur nach ärztlicher Verordnung durchgeführt würden und die Beklagte die Kosten aufgrund einer Vereinbarung mit der Gebietskrankenkasse direkt verrechne. Aufgrund der überwiegenden wirtschaftlichen Bedeutung der Durchführung von Krankentransporten mit Krankentransportwägen durch die dort beklagte Partei, musste diese Frage jedoch nicht abschließend geklärt werden.
In der Entscheidung des OGH 8 ObA 2/18d war der Transport behandlungsbedürftiger Personen mit Transportwägen mit spezieller Ausstattung zu beurteilen, wobei alle Mitarbeiter des Unternehmens ihrer Ausbildung nach Rettungssanitäter waren, weshalb davon ausgegangen wurde, dass der Kollektivvertrag für das Personenbeförderungsgewerbe mit Personenkraftwägen nicht anwendbar sei.
3.5.3. Somit ist in einem ersten Schritt zu klären, ob der einfache Krankentransport als normale Personenbeförderung zu werten ist oder als Krankentransport im engeren Sinn:
Die BF vertritt – wie bereits ausgeführt – zusammengefasst die Ansicht, dass der von ihr fast ausschließlich durchgeführte einfache Krankentransport als normale Personenbeförderung zu werten sei, da diese mit normalen PKWs (ohne Hinweis auf die Tätigkeit für das XXXX ), mit einem einzigen Fahrer, der zwar überwiegend ausgebildeter Sanitäter gewesen sei, jedoch nicht als solcher eingesetzt wurde, durchgeführt worden seien, dem prozentuell höheren Einsatz der PKWs im Verhältnis zum einzigen KTW, der auch überwiegend nur im Rahmen des ZPT der Universitätsklinik zum Einsatz gekommen sei, sowie dem Umstand, dass nur Dialysefahrten direkt mit dem Krankenversicherungsträger aufgrund eines entsprechenden Vertrages verrechnet hätten werden können.
Für die Ansicht der BF spricht, dass beim einfachen Krankentransport lediglich ein Lenker und ein Fahrzeug zur Verfügung gestellt wird.
Die belangte Behörde jedoch wertet auch den einfachen Krankentransport als Krankentransport (mit oder ohne Sanitäter sowie mit PKW und mit KTW).
Für die Ansicht der belangten Behörde spricht, dass nach allgemeiner Lebenserfahrung gesunde Personen die Leistungen der BF gerade nicht in Anspruch nehmen, sondern dafür die üblichen Taxi- oder Mietwagenbetriebe auswählen. Dies wird durch die Angaben des Z 1 in der mündlichen Verhandlung insofern bestätigt, als er angab, die BF habe – abgesehen vom ZPT - im verfahrensgegenständlichen Zeitraum ausschließlich Fahrten für Dialyse-, Bestrahlungs- und Chemotherapie-Patienten durchgeführt und keinerlei private Fahrten. Es wurden ausdrücklich auch einfache Krankentransporte von Patienten zu privaten Kliniken oder Praxen verneint und auch andere Fahrten, wie etwa ein Transport von Senioren oder behinderten Personen zu Veranstaltungen oder dergleichen wurden nicht durchgeführt.
Zudem würden die von der BF durchgeführten Transporte mit dem PKW wie auch mit einem KTW Krankentransporte darstellen und verweist sie diesbezüglich auch auf die Definition des Begriffes entsprechend des § 47 Abs. 3 der Kassensatzung, wonach die Beförderung der Versicherten mit einem Sanitäter als auch jene ohne Sanitäter „Transporte“ darstellen. Die BF erziele den überwiegenden Anteil der Umsatzerlöse, abgesehen vom ZPT, durch Erlöse von Vergütungen der einzelnen Krankenversicherungsträger, somit sei dies auch der wirtschaftlich bedeutendere Teil des Betriebes und stelle das Gepräge die Durchführung von Krankentransporten dar, somit sei der gesatzte KV des ÖRK auf die BF anzuwenden.
3.5.4. Der OGH hat in seiner Entscheidung vom 30.10.2018, 9ObA16/18w, auszugsweise ausgeführt:
„[…] Selbst wenn man von der Prämisse ausgeht, dass die Krankentransporte mit Pkw keine Tätigkeit im Sinn des KV ÖRK 2013 darstellen, ist der Aspekt der Tätigkeit, der dem Betrieb der Beklagten „das Gepräge“ gibt, nicht in diesem Teilbereich der wirtschaftlichen Tätigkeit der Beklagten zu sehen.
Die Beklagte ist ein selbständiger Teil einer Organisation, die in der Öffentlichkeit nicht zuletzt aufgrund ihres Namens als Rettungsdienst wahrgenommen wird. Es kann davon ausgegangen werden, dass selbst bei der Beförderung mit Pkw sich die Betroffenen an die Beklagte wenden, weil sie davon ausgehen, dass ihre Bedürfnisse aufgrund von Beeinträchtigungen durch Krankheit oder Behinderung von einem „Rettungsdienst“ anders wahrgenommen und berücksichtigt werden. Dem entspricht auch, dass bei der Beklagten sämtliche Mitarbeiter (wenn auch nicht alle rezertifiziert) ausgebildete Notfallsanitäter sind und die Fahrzeuge, mag dies auch nicht vorgeschrieben sein, mit Notfallrucksäcken ausgestattet sind. Die Beklagte nutzt daher auch ihre Kapazitäten aus dem reinen Rettungsdienst für ihr Angebot im Rahmen der Beförderung kranker Personen. Dieser erfolgt auch zu einem wesentlichen Teil in Zusammenarbeit mit diversen Sozialversicherungsträgern, die die Beklagte auch dazu verpflichten, den Transportierten auf dem Weg zum Fahrzeug und zur Behandlungsstelle sowie beim Ein- und Aussteigen – in einem gegenüber § 16 Stmk Taxi-, Mietwagen- und Gästewagen-Betriebsordnung relevant übersteigenden Ausmaß – behilflich zu sein sowie die Kosten des Transports zu übernehmen.
Dazu kommen aber auch die rein wirtschaftlichen Faktoren. Dem Berufungsgericht ist darin zuzustimmen, dass die Anwendbarkeit des Kollektivvertrags nicht von der fluktuierenden Auslastung der einzelnen Fahrzeuge abhängig gemacht werden kann. In ihrer Grundausstattung verfügte die Beklagte zum Zeitpunkt der Tätigkeit des Klägers über zwei Krankentransportwägen und zwei Pkws, die vom Dachverband ständig angemietet waren, wobei (nur) bei Bedarf zusätzliche Fahrzeuge angemietet wurden. Allein von der Grundausstattung war also eine Gleichwertigkeit des Fuhrparks gegeben. Die gefahrenen Strecken variierten sehr stark nach der Auslastung (zwischen 10 % 2011 und 100 % 2014 Überwiegen der Pkw-Fahrten). Der durchschnittliche Gesamtumsatz war bei den Krankentransportwägen höher, ebenso der Aufwand. Dazu kommt, dass bei den Krankentransportwägen ein höherer Personaleinsatz erforderlich war, weil jeweils zwei Arbeitnehmer zu den Fahrten einzuteilen waren, der Fahrer und ein weiterer Rettungssanitäter, bei den Pkws nur ein Fahrer. Auch darin zeigt sich die große wirtschaftliche Bedeutung der Krankentransporte, auch wenn die Krankentransportwägen überwiegend Verluste erwirtschafteten und nur die Pkws kostendeckend arbeiteten.
Bei der – wie ausgeführt – anzustellenden Gesamtbetrachtung dieser Umstände ergibt sich daher, dass der Einsatz der Krankentransportwägen dem Gesamtbetrieb der Beklagten die wirtschaftliche Prägung gibt. Damit kommt es aber darauf, ob auch der Krankentransport mit normalem Pkw, wie er von der Beklagten durchgeführt wird, dem Anwendungsbereich des gesatzten KV des ÖRK 2013 unterliegt, wovon das Berufungsgericht ausgegangen ist, oder dem KV Personenbeförderung, worauf die Revision abzielt, nicht mehr an.
Aufgrund des wirtschaftlichen Überwiegens der Krankentransporttätigkeit im engeren Sinn ist daher auf den Gesamtbetrieb der gesatzte KV des ÖRK 2013 anzuwenden.“
3.5.5. Das Bundesverwaltungsgericht hat die Durchführung einfacher Krankentransporte durch andere Regionalstellen, die ebenfalls Mitglied des gegenständlichen Dachverbandes der BF sind, in mehreren Entscheidungen, insbesondere aber im Erkenntnis vom 29.04.2019, G312 2142749-1/17E (vgl. dazu va. S 21 dieses Erkenntnisses), nicht der Personenbeförderung zugeordnet, wenngleich die dort getroffene Zuordnung wegen des Überwiegens qualifizierter Krankentransporte nicht entscheidungserheblich gewesen ist.
Die dagegen erhobene Revision wurde mit Beschluss des VwGH vom 27.04.2021, Ro 2021/08/0001, vor allem mit der Begründung zurückgewiesen, dass es wegen des Überwiegens qualifizierter Krankentransporte nicht auf die Frage ankäme, ob auf Krankentransporte mit Personenkraftwägen („einfacher Krankentransport“) der Kollektivvertrag für das Personenbeförderungsgewerbe mit PKW (Taxi) anzuwenden sei (vgl. Rz 7). Darüber hinaus hielt der VwGH jedoch auch fest, dass das Bundesverwaltungsgericht bei einer Gesamtbetrachtung insbesondere auch die für den Auftritt gegenüber (potentiellen) Kunden maßgebliche Wahrnehmung als Rettungsdienst berücksichtigen durfte und das dabei erzielte Ergebnis, nämlich, dass die Durchführung einfacher Krankentransporte mit PKW vom Bundesverwaltungsgericht nicht dem Personenbeförderungsgewerbe zugeordnet wurde, nicht als unvertretbar angesehen werden könne (vgl. Rz 8).
3.5.6. Die gegenständliche BF hat im verfahrensgegenständlichen Zeitraum ausschließlich Patiententransporte zur Dialyse oder zu ambulanten Behandlungen von Dialysepatienten, basierend auf einem Direktverrechnungsvertrag mit den Krankenversicherungsträgern, sowie Fahrten für andere Patienten, etwa zur Bestrahlungs- oder Chemotherapie, aufgrund eines entsprechenden Transportscheines des Arztes und persönlicher Anfrage durch den betreffenden Patienten nach vorheriger jeweiliger Genehmigung im Einzelfall durch die belangte Behörde durchgeführt.
Für diese Fahrten wurden durchwegs serienmäßige PKWs mit unterschiedliche Lackierungen verwendet, welche – und darin liegt ein wesentlicher Unterschied zu den übrigen Regionalstellen - nach außen hin nicht mit dem Logo des Vereins Grünes Kreuz gekennzeichnet oder sonst foliert gewesen sind. Die PKWs waren – wie auch jener der übrigen Regionalstellen - nicht mautbefreit und verfügten weder über eine medizinische Ausstattung, eine Blaulichtanlage und/oder ein Folgetonhorn. Einzige Voraussetzung für das Lenken des PKWs ist ein einfacher Erste-Hilfe-Kurs des Fahrers, jedoch kam im Rahmen des gegenständlichen Beschwerdeverfahrens hervor, dass mit ganz wenigen Ausnahmen (laut Z 1 maximal einer von fünf bis sechs im Jahr jeweils tätigen Mitarbeitern) ausschließlich ausgebildete Sanitäter als Fahrer eingesetzt wurden, wenngleich sie bei diesen Transporten nur als Lenker fungierten und Notfälle, in denen ein beförderter Patient plötzlich Betreuung durch einen Sanitäter gebraucht hätte, im verfahrensgegenständlichen Zeitraum nicht vorgekommen sind. Die Fahrer waren jedoch zumindest bezogen auf die Dialysefahrten von den Krankenversicherungsträgern vertraglich dazu verpflichtet, den Patienten beim Ein- und Aussteigen aus dem Fahrzeug behilflich zu sein und sie zum Behandlungsort zu begleiten.
Andere Fahrten oder Beförderungen mit den PKWs, wie etwa „Seniorentaxis“ oder private Fahrten (auch zu privaten Gesundheitseinrichtungen oder Praxen), führte die BF nicht durch. Ihre Tätigkeit beschränkte sich bezogen auf die PKWs ausschließlich auf Dialyse-, Bestrahlungs- und Chemotherapie-Fahrten bzw. Fahrten für Dialysepatienten zur anderweitigen ambulanten Behandlungen, die entweder über den Direktverrechnungsvertrag im Rahmen der Dialysefahrten oder außerhalb dieses Vertrages nach vorheriger Bewilligung der Kostenübernahme durch die belangte Behörde durchgeführt wurden.
Somit wurde der von der BF als wesentlicher/überwiegender Teil ihrer Geschäftstätigkeit betrachtete Umsatz praktisch ausschließlich zur Vergütungen der Krankenversicherungsträger generiert.
Weiters verfügte die BF noch über einen - entsprechend den Normen voll ausgestatteten – Krankentransportwagen (KTW), mit welchem sie über den Dachverband bzw. Verein XXXX über einen privatrechtlichen Vertrag mit der KAGES über die Teilnahme der BF am Zentralen Patiententransportdienst (ZPT) des Universitätsklinikums XXXX verfügte. Im Rahmen des ZPT wurden Patienten des Universitätsklinikums (unter anderem) überirdisch mittels KTW zu unterschiedlichen Kliniken, Stationen oder Untersuchungen gebracht und dann wieder auf ihre Station zurückgebracht. Mit dem KTW der BF wurden täglich rund 25 bis 50 Patienten zwischen den Stationen zwischen 07:00 Uhr und 15:30 Uhr befördert, jedoch war der KTW immer nur mit einem einzigen Fahrer besetzt, der zwar nicht zwingend über eine Sanitärausbildung verfügen musste, dieser Umstand jedoch von der KAGES gewünscht gewesen ist.
Etwa einmal wöchentlich wurde die BF von einer anderen Regionalstelle „angemietet“ um mit ihrem KTW, der grundsätzlich nur am Gelände des Universitätsklinikums im Rahmen des ZPT im Einsatz war, auch außerhalb eine Krankentransportfahrt durchzuführen. Fahrten im Rahmen des Rettungsdienstes, oder regelmäßige qualifizierte Krankentransporte mit KTW wurden von der BF nicht durchgeführt.
Für die Zuordnung des einfachen Krankentransports zum Bereich normale Personenbeförderung spricht zwar, dass im Rahmen dieser Fahrten keine spezifischen gesundheitlichen Betreuungsmaßnahmen anfallen, sondern nur ein PKW und ein Fahrer zur Verfügung gestellt werden, bei diesen Krankentransporten die transportierten Personen im PKW nicht versorgt werden und die Fahrer nicht als Rettungssanitäter tätig werden.
Dagegen spricht jedoch, dass gesunde Personen die Leistungen der BF gerade nicht in Anspruch nehmen, sondern dafür die üblichen Taxi- oder Mietwagenbetriebe auswählen. Dies wird auch durch die BF – wie schon ausgeführt - selbst bestätigt. Explizit wurde vom Z 1 in der mündlichen Verhandlung am 10.09.2021 auch ausgeschlossen, dass die BF normale „Taxifahrten“ durchführe.
Wenngleich auch „normale“ Taxi- oder Mietwagenunternehmen mit den Krankenversicherungsträgern Beförderungsverträge zur Direktverrechnung abschließen, stellt dies – im Gegensatz zur gegenständlichen BF – nicht deren einzige und ausschließliche Tätigkeit dar, wohingegen die PKWs der BF nicht zu jedermanns Gebrauch zur Verfügung gestellt werden.
Im gegenständlichen Einzelfall sind die von der BF durchgeführten „einfachen Krankentransporte“ mittels PKW daher nicht der gewerblichen Personenbeförderung zuzurechnen, sondern Krankentransporten im engeren Sinn, so wie auch qualifizierte Krankentransporte, sodass nach Ansicht des erkennenden Gerichtes im gegenständlichen Fall der Kollektivvertrag des ÖRK zur Anwendung gelangt.
3.6. Zum Einwand der mangelnden Kollektivvertragsfähigkeit des ÖRK bzw. der Rechtswidrigkeit der Satzung des Kollektivvertrages des ÖRK:
3.6.1. Gemäß § 4 Abs. 1 ArbVG sind gesetzliche Interessenvertretungen der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer kollektivvertragsfähig, denen unmittelbar oder mittelbar die Aufgabe obliegt, auf die Regelung von Arbeitsbedingungen hinzuwirken und deren Willensbildung in der Vertretung der Arbeitgeber- oder der Arbeitnehmerinteressen gegenüber der anderen Seite unabhängig ist.
Kollektivvertragsfähig sind gemäß Abs. 2 leg. cit. die auf freiwilliger Mitgliedschaft beruhenden Berufsvereinigungen der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer, welche sich nach ihren Statuten zur Aufgabe stellen, die Arbeitsbedingungen innerhalb ihres Wirkungsbereiches zu regeln (Z 1); in ihrer auf Vertretung der Arbeitgeber- oder der Arbeitnehmerinteressen gerichteten Zielsetzung in einem größeren fachlichen und räumlichen Wirkungsbereich tätig werden (Z 2); vermöge der Zahl der Mitglieder und des Umfanges der Tätigkeit eine maßgebende wirtschaftliche Bedeutung haben (Z 3); in der Vertretung der Arbeitgeber- oder der Arbeitnehmerinteressen gegenüber der anderen Seite unabhängig sind (Z 4).
Für Arbeitsverhältnisse zu Vereinen, die vermöge der Zahl ihrer Mitglieder, des Umfanges ihrer Tätigkeit und der Zahl ihrer Arbeitnehmer eine maßgebende Bedeutung haben, sind diese gemäß Abs. 3 leg. cit. selbst kollektivvertragsfähig, soweit sie nicht für Arbeitsverhältnisse bestimmter Betriebs- oder Verwaltungsbereiche einer kollektivvertragsfähigen Körperschaft der Arbeitgeber angehören.
Gemäß § 5 Abs. 1 ArbVG ist die Kollektivvertragsfähigkeit im Sinne des § 4 Abs. 2 und 3 auf Antrag nach Anhörung der zuständigen gesetzlichen Interessenvertretungen durch das Bundeseinigungsamt zuzuerkennen.
Die Entscheidung über die Zuerkennung der Kollektivvertragsfähigkeit ist gemäß Abs. 2 leg. cit. im „Amtsblatt zur Wiener Zeitung“ kundzumachen und dem Bundesministerium für soziale Verwaltung sowie jedem für Arbeits- und Sozialrechtssachen zuständigen Gerichtshof zur Kenntnis zu bringen. Die Kosten der Kundmachung hat die freiwillige Berufsvereinigung (der Verein), der (dem) die Kollektivvertragsfähigkeit zuerkannt wurde, zu tragen.
Die Kollektivvertragsfähigkeit ist gemäß Abs. 3 leg. cit. durch das Bundeseinigungsamt von Amts wegen oder auf Antrag einer kollektivvertragsfähigen Berufsvereinigung oder einer gesetzlichen Interessenvertretung abzuerkennen, wenn die Voraussetzungen des § 4 Abs. 2 oder 3 nicht mehr gegeben sind; die Bestimmungen des Abs. 2 sind sinngemäß anzuwenden.
Kollektivvertragsangehörig sind gemäß § 8 Abs. 1 ArbVG, sofern der Kollektivvertrag nicht anderes bestimmt, innerhalb seines räumlichen, fachlichen und persönlichen Geltungsbereiches die Arbeitgeber und die Arbeitnehmer, die zur Zeit des Abschlusses des Kollektivvertrages Mitglieder der am Kollektivvertrag beteiligten Parteien waren oder später werden (Z 1); die Arbeitgeber, auf die der Betrieb oder ein Teil des Betriebes eines der in Z 1 bezeichneten Arbeitgeber übergeht Z 2); die Arbeitgeber, die im Rahmen eines verbundenen Gewerbes fachübergreifende Leistungen erbringen, hinsichtlich der Kollektivverträge in den ausgeübten Wirtschaftsbereichen, in denen keine Kollektivvertragsangehörigkeit nach Z 1 oder 2 besteht Z 3).
Verfügt ein mehrfach kollektivvertragsangehöriger Arbeitgeber über zwei oder mehrere Betriebe, so findet gemäß § 9 Abs. 1 ArbVG auf die Arbeitnehmer der jeweilige dem Betrieb in fachlicher und örtlicher Beziehung entsprechende Kollektivvertrag Anwendung.
Die Regelung des Abs. 1 findet gemäß Abs. 2 leg. cit. sinngemäß Anwendung, wenn es sich um Haupt- und Nebenbetriebe oder um organisatorisch und fachlich abgegrenzte Betriebsabteilungen handelt.
3.6.2. Gemäß § 1 Z 1 der Verordnung des Bundeseinigungsamtes gilt die Satzung des Kollektivvertrages des Österreichischen Roten Kreuzes für Anbieter von Rettungs- und Krankentransportdiensten. Eine Ausnahme besteht nur hinsichtlich der Wasser-, Höhlen-, Flugrettung und Rettungshundestaffel. Räumlich erstreckt sich der Geltungsbereich der Verordnung auf das Bundesgebiet (§ 1 Z 2).
3.6.3. Die aufgrund § 15 Wirtschaftskammer-gesetz 1998 erlassene Fachorganisationsordnung errichtete in der Sparte „Transport und Verkehr“ unter § 6 unter anderem folgenden Fachverband:
„5. Fachverband für Beförderungsgewerbe mit Personenkraftwagen“
Im Anhang 1 findet sich unter Punkt V „Sparte Transport und Verkehr“ folgende Beschreibung des Fachverbands für Beförderungsgewerbe mit Personenkraftwagen „Unternehmungen der Personenbeförderung mit Kraftfahrzeugen oder mit durch die Kraft von Tieren bewegten Landfahrzeugen sowie Kraftfahrzeugeverleihunternehmungen“.
Im KV Personenbeförderung findet sich unter „II. Geltungsbereich“ folgende Regelung:
„2. fachlich:
Für alle Betriebe, welche gewerbsmäßig mittels Pkw
a) das Taxigewerbe ausüben und Mitglied des Fachverbands für die Beförderungsgewerbe mit Pkw sind
b) das Mietwagengewerbe ausüben und Mitglied des Fachverbands für das Beförderungsgewerbe mit Pkw sind.“
3.6.4. Der fachliche Geltungsbereich von Kollektivverträgen wird in § 9 ArbVG geregelt.
Verfügt ein mehrfachkollektivvertragsangehöriger Arbeitgeber über zwei oder mehrere Betriebe, so findet auf die Arbeitnehmer der jeweilige dem Betrieb in fachlicher und örtlicher Beziehung entsprechende Kollektivvertrag Anwendung (Abs. 1). Diese Regelung findet sinngemäß Anwendung, wenn es sich um Haupt- und Nebenbetriebe oder um organisatorisch und fachlich abgegrenzte Betriebsabteilungen handelt (Abs. 2). Liegt eine organisatorische Trennung in Haupt- und Nebenbetriebe oder eine organisatorische Abgrenzung in Betriebsabteilungen nicht vor, so findet jener Kollektivvertrag Anwendung, welcher für den fachlichen Wirtschaftsbereich gilt, der für den Betrieb die maßgebliche wirtschaftliche Bedeutung hat.
Für die maßgeblich wirtschaftliche Bedeutung iSd § 9 Abs. 3 ArbVG kommt es also darauf an, welcher Fachbereich dem Betrieb das „Gepräge“ gibt, dh. welcher Fachbereich für den Betrieb ausschlaggebend ist (Reissner in ZellKomm2 § 9 ArbVG; OGH 9 ObA 194/90, OGH 8 ObA 77/10 x).
Liegt ein Mischbetrieb im Sinne des § 9 Abs. 3 ArbVG vor, dann verdrängt ein für die Arbeitnehmer des wirtschaftlich maßgeblichen Betriebsbereichs anzuwendender gesatzter Kollektivvertrag in analoger Anwendung des § 9 Abs. 3 ArbVG einen für die Arbeitnehmer des wirtschaftlich untergeordneten Bereichs geltenden Kollektivvertrag. (OGH vom 26.11.2013, 9 Ob A91/13t, 9 Ob A16/18w)
Die maßgebliche wirtschaftliche Bedeutung ist danach zu beurteilen, welcher Fachbereich dem Betrieb das wirtschaftliche Gepräge gibt. Dafür kommt es nach der Rechtsprechung nicht nur auf einzelne Aspekte wie etwa Umsatz, Gewinn, Betriebsmitteleinsatz, Ertragskomponenten, Zahl der Arbeitnehmer oder Zusammensetzung des Kundenkreises an. Vielmehr ist eine Gesamtbetrachtung anzustellen, in die auch die wirtschaftliche Funktion des einen Fachbereichs für den anderen Fachbereich einzubeziehen ist (Pfeil in Gahleitner/Mosler, Arbeitsverfassungsrecht [2015] § 9 Rz 22; 9 ObA 7/12p; 9 ObA 194/90).
3.6.5. Im vorliegenden Fall werden überwiegend Krankenbeförderungen mit normalen PKWs bzw. auch KTWs im Rahmen des ZPT (einfacher Krankentransport) durchgeführt, die – wie bereits ausgeführt – nach Ansicht des erkennenden Gerichtes im gegenständlichen Fall ebenfalls den Krankentransporten im engeren Sinn zuzuordnen sind.
Zur Anwendung des KV des ÖRK moniert die BF, dass auf die Beschäftigten der BF der Kollektivvertrag für das Personenbeförderungsgewerbe mit PKW anzuwenden sei und dieser (wegen der Mischbetriebseigenschaft des Unternehmens der BF) gegenüber dem gesatzten Kollektivvertrag des ÖRK vorzuziehen wäre. Dies vor allem deshalb, da der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 04.09.2013, Zl. 2011/08/0230, aussprach, dass beim ÖRK nicht sämtliche Voraussetzungen der Kollektivvertragsfähigkeit im Sinne des § 4 Abs. 2 ArbVG vorgelegen hätten, somit sei der gesatzte KV rechtswidrig.
Die belangte Behörde begründet ihre Entscheidung im Wesentlichen damit, dass den Beschäftigten der BF der Lohn in der Höhe des gesatzten Kollektivvertrages für das Österreichische Rote Kreuz ab 01.01.2011 zugestanden wäre. Es sei zwar richtig, dass der VwGH mit Erkenntnis vom 04.09.2013, Zl. 2011/08/0230 dem ÖRK die Kollektivvertragsfähigkeit aberkannt habe, jedoch habe der VwGH nur den Bescheid des Bundeseinigungsamtes aufgehoben, mit dem der Antrag der Berufsvereinigung auf Aberkennung der KV des ÖRK abgewiesen wurde, es müsse jedoch ein Aberkennungsbescheid des Bundeseinigungsamtes Folge der Entscheidung sein. Solange ein solcher Aberkennungsbescheid des Bundeseinigungsamtes nicht ergangen sei, stehe der KV des ÖRK weiterhin in Geltung und erlösche auch die Satzung des KV nicht, auch wenn es sich um eine rechtswidrige Verordnung handle, sei diese bis zu ihrer Aufhebung oder ihrem Erlöschen anzuwenden.
3.6.6. Gemäß § 18 Abs. 1 ArbVG hat das Bundeseinigungsamt auf Antrag einer kollektivvertragsfähigen Körperschaft, die Partei eines Kollektivvertrages ist, bei Vorliegen der in Abs. 3 angeführten Voraussetzungen diesem Kollektivvertrag durch Erklärung zur Satzung auch außerhalb seines räumlichen, fachlichen und persönlichen Geltungsbereiches rechtsverbindliche Wirkung zuzuerkennen. Die in der Erklärung als rechtsverbindlich bezeichneten Bestimmungen des Kollektivvertrages bilden die Satzung.
Gegenstand des Antrages auf Erklärung eines Kollektivvertrages zur Satzung können gemäß Abs. 2 leg. cit. alle oder auch einzelne Bestimmungen des Kollektivvertrages sein, die für die ihm unterliegenden Arbeitsverhältnisse rechtsverbindlich sind, doch dürfen einzelne Bestimmungen nicht aus einem unmittelbaren rechtlichen und sachlichen Zusammenhang gelöst werden.
Ein Kollektivvertrag oder ein Teil eines solchen darf gemäß Abs. 3 leg. cit. nur zur Satzung erklärt werden, wenn der zu satzende Kollektivvertrag gehörig kundgemacht ist und in Geltung steht ( Z 1); der zu satzende Kollektivvertrag oder der Teil eines solchen überwiegende Bedeutung erlangt hat Z 3); die von der Satzung zu erfassenden Arbeitsverhältnisse im Verhältnis zu jenen, die dem Kollektivvertrag unterliegen, im Wesentlichen gleichartig sind (Z 3); die von der Satzung zu erfassenden Arbeitsverhältnisse unbeschadet des Abs. 4 nicht schon durch einen Kollektivvertrag erfasst sind (Z 4).
Kollektivverträge, die sich auf die Regelung einzelner Arbeitsbedingungen beschränken und deren Wirkungsbereich sich fachlich auf die überwiegende Anzahl der Wirtschaftszweige und räumlich auf das ganze Bundesgebiet erstreckt, stehen gemäß Abs. 4 leg. cit. der Erklärung eines Kollektivvertrages zur Satzung nicht entgegen.
Kollektivverträge im Sinne des Abs. 4 können gemäß Abs. 5 leg. cit. auch dann zur Satzung erklärt werden, wenn die Voraussetzungen des Abs. 3 Z 3 nicht vorliegen.
Kollektivverträge, die von einem kollektivvertragsfähigen Verein (§ 4 Abs. 3) abgeschlossen wurden, können gemäß Abs. 6 leg. cit. nicht zur Satzung erklärt werden.
Die Bestimmungen der gehörig kundgemachten Satzung sind gemäß § 19 Abs. 1 ArbVG innerhalb ihres räumlichen, fachlichen und persönlichen Geltungsbereiches unmittelbar rechtsverbindlich. § 3 und § 11 Abs. 2 sind sinngemäß anzuwenden.
Kollektivverträge setzen gemäß Abs. 2 leg. cit. für ihren Geltungsbereich eine bestehende Satzung außer Kraft. Dies gilt nicht für Kollektivverträge im Sinne des § 18 Abs. 4.
Das Verfahren auf Erklärung eines Kollektivvertrages zur Satzung wird gemäß § 20 Abs. 1 ArbVG auf Antrag eines gemäß § 18 Abs. 1 Berechtigten eingeleitet. Der Antrag ist schriftlich unter Beischluss dieses Kollektivvertrages zu stellen.
Vor Erklärung eines Kollektivvertrages zur Satzung ist gemäß Abs. 2 leg. cit. allen von ihr betroffenen kollektivvertragsfähigen Körperschaften der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer Gelegenheit zu schriftlicher Stellungnahme sowie zur Äußerung in einer mündlichen Verhandlung zu geben.
Die Erklärung eines Kollektivvertrages zur Satzung hat gemäß Abs. 3 leg. cit. ohne unnötigen Aufschub zu erfolgen. In der Erklärung zur Satzung sind der Inhalt, der Geltungsbereich, der Beginn der Wirksamkeit und die Geltungsdauer der Satzung festzusetzen.
Die Vorschriften der Abs. 1 bis 3 sind gemäß Abs. 4 leg. cit. auch auf das Verfahren wegen Änderung oder Aufhebung einer Satzung anzuwenden.
Die Erklärung eines Kollektivvertrages zur Satzung ist gemäß § 21 Abs. 1 ArbVG im Bundesgesetzblatt II kundzumachen. Die Satzung ist einem Kataster einzuverleiben.
Das Bundeseinigungsamt hat gemäß Abs. 2 leg. cit. dem Bundesministerium für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz und jedem für Arbeits- und Sozialrechtssachen zuständigen Gerichtshof eine Ausfertigung der Satzung (Satzungserklärung und Wortlaut der Satzung) mit Angabe der Nummer und des Datums der Kundmachung im Bundesgesetzblatt II und der Katasterzahl zu übermitteln sowie das Erlöschen einer Satzung bekannt zu geben.
3.6.7. Mit Verordnung des Bundeseinigungsamtes beim Bundesministerium für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz (BGBl. 203/2010, Teil II) wurde der Kollektivvertrag des Österreichischen Roten Kreuzes 2009 mit Wirksamkeit 01.01.2011 zur Satzung erklärt. Die Satzung des Kollektivvertrages der Jahre 2011, 2012 und 2013 erfolgte seit diesem Zeitpunkt jeweils mit Verordnung (BGBl. II 98/2011 mit Wirksamkeit 01.03.2011; BGBl. II 254/2012 mit Wirksamkeit 01.07.2012; BGBl. II 120/2013 mit Wirksamkeit 01.04.2013).
Dem Österreichischen Roten Kreuz wurde auf Antrag mit Bescheid vom 27.01.1998 die Kollektivvertragsfähigkeit als freiwillige Interessenvertretung gemäß § 4 Abs. 2 ArbVG zuerkannt und bis dato vom Bundeseinigungsamt nicht aberkannt. Mit Erkenntnis des VwGH 2011/08/0230, demzufolge die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Kollektivvertragsfähigkeit gemäß § 4 Abs. 2 ArbVG an das Österreichische Rote Kreuz nicht vorlagen, wurde - wie die belangte Behörde zu Recht erkannte - ausschließlich der negative Bescheid über den Antrag Dritter auf Aberkennung der Kollektivvertragsfähigkeit aufgehoben; die Kollektivvertragsfähigkeit des Österreichischen Roten Kreuzes ging damit aber nicht verloren. Vielmehr wurde nach einer dem Erkenntnis des VwGH entsprechenden Statutenänderung des Österreichischen Roten Kreuzes der Antrag auf Aberkennung der Kollektivvertragsfähigkeit vom Bundeseinigungsamt neuerlich mit Bescheid abgewiesen. Dieser Bescheid ist rechtskräftig.
Wie bereits oben ausgeführt ist die Kollektivvertragsfähigkeit gemäß Abs. 3 leg. cit. durch das Bundeseinigungsamt abzuerkennen, wenn die Voraussetzungen des § 4 Abs. 2 oder 3 nicht mehr gegeben sind.
3.6.8. Der VfGH stellte am 25.09.2017, Zl. V70/2016 zur Frage der Gültigkeit des gesatzten KV des ÖRK fest, dass die Kollektivvertragsfähigkeit vom Bundeseinigungsamt nicht aberkannt wurde, daher der gesatzte KV des ÖRK weiterhin Gültigkeit hat. Mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes 2011/08/0230, demzufolge die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Kollektivvertragsfähigkeit gemäß §4 Abs2 ArbVG an das Österreichische Rote Kreuz nicht vorlagen, wurde ausschließlich der negative Bescheid über den Antrag Dritter auf Aberkennung der Kollektivvertragsfähigkeit aufgehoben; die Kollektivvertragsfähigkeit des Österreichischen Roten Kreuzes ging damit aber nicht verloren. Vielmehr wurde nach einer dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes entsprechenden Statutenänderung des Österreichischen Roten Kreuzes der Antrag auf Aberkennung der Kollektivvertragsfähigkeit vom Bundeseinigungsamt neuerlich mit Bescheid abgewiesen. Dieser Bescheid ist rechtskräftig.
Das bloße Wegfallen von Voraussetzungen führt nicht zum Verlust der Kollektivvertragsfähigkeit (Löschnigg, AR13 Rz 3/096).
Ebenso stellte der VfGH in seiner oben genannten Entscheidung fest, dass hinsichtlich Verfassungs- und Gesetzmäßigkeit des KV ÖRK keine Bedenken vorliegen.
Demzufolge war der Anregung der BF – ein Prüfverfahren hinsichtlich Verfassungs- und Gesetzwidrigkeit bzw. Aufhebung dieses KV ÖRK beim VfGH zu beantragen – nicht nachzukommen.
Der KV ÖRK ist rechtgültig und daher anzuwenden, das Argument der Rechtswidrigkeit der Satzung bzw. Nichtanwendung des KV ÖRK und der damit fehlenden Rechtsgrundlage kann der Beschwerde daher nicht zum Erfolg verhelfen.
3.7. Auch die Einwände gegen die Nachentrichtungshöhe vermögen der Beschwerde nicht zum Erfolg zu verhelfen, zumal mit dem unsubstanziierten Beschwerdevorbringen, „aus dem angefochtenen Bescheid geht nicht zweifelsfrei hervor, für welche Mitarbeiter aus welchem Grund welche Höhe nachgefordert wird" und „weder die Beitragsabrechnung noch der Prüfbericht tatsächlich im Bescheid integriert sind" die Unrichtigkeit der ermittelten konkreten Beitragsschuld nicht aufgezeigt werden kann.
Aus dem - dem Beschwerdeführer übermittelten und einen integrierenden Bestandteil des Nachverrechnungsbescheides bildenden - Prüfbericht der belangten Behörde geht aber eindeutig hervor, von welchen Beitragsgrundlagen sie ausgegangen ist und wie sie sich zusammensetzen. Zudem hat die belangte Behörde die Beitragsgrundlage sowie die Nachentrichtung samt Begründung für jeden Dienstnehmer samt eigenen Berechnungsblatt aufgelistet (vgl. dazu auch VwGH vom 27.04.2021, Ro 2021/08/0001, Rz 9).
Eine Verletzung von Verfahrensvorschriften führt nur dann zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides, wenn die Behörde bei Vermeidung des behaupteten Mangels zu einem anderen Ergebnis kommen konnte. Diese Relevanz des Verfahrensmangels hat ein Beschwerdeführer durch konkretes tatsächliches Vorbringen aufzuzeigen. Das vorliegend weitgehend abstrakte Beschwerdevorbringen unterlässt es, ein auf bestimmte Dienstnehmer bezogenes Tatsachensubstrat vorzutragen, das die belangte Behörde zum Gegenstand weiterer Beweisaufnahmen hätte machen können (VwGH vom 4. August 2014, 2013/08/0272). Der behauptete Verfahrensmangel liegt daher nicht vor.
3.8. Zu den Verzugszinsen:
Aus der Beitragsabrechnung vom 12.04.2016 ergeben sich insgesamt Verzugszinsen in Höhe von EUR 10.791,33.
Die belangte Behörde hat mit Schreiben vom 20.06.2016 auf die Einhebung von Verzugszinsen infolge der Beitragsnachforderung in Höhe von EUR 10.405,62 verzichtet, nicht jedoch auf die Differenz zur Beitragsabrechnung in Höhe von EUR 385,71.
Entgegen dem Beschwerdevorbringen hat die belangte Behörde daher nur auf einen (erheblichen) Teil der in der Beitragsabrechnung festgesetzten Verzugszinsen verzichtet, nicht jedoch zur Gänze. Die gegenständlichen Verzugszinsen sind somit auch nicht nach dem Verzicht der belangten Behörde angefallen.
Die Beschwerde erweist sich diesbezüglich als unbegründet.
Die Entscheidung der belangten Behörde erging zu Recht und es war spruchgemäß zu entscheiden.
Zu Spruchteil B): Zulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, weil die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt.
Konkret mangelt es an einer höchstgerichtlichen Rechtsprechung, ob auf (Personen)Krankentransporte mit normal ausgerüsteten PKWs ohne Sonderausstattung und ohne Begleitung eines Rettungssanitäters (einfacher Krankentransport) der Kollektivvertrag für das Personenbeförderungsgewerbe mit PKW (Taxi) anzuwenden ist.
Der OGH ließ diese Frage in seinem Judikat zu 9 Ob A 91/13t vom 26.11.2013 unbeantwortet, da es sich im dortigen Fall um die Rechtsfrage handelte, ob Transporte mit besonders ausgestatteten Rettungswägen (KTW), bei denen immer auch ein Rettungssanitäter eingesetzt wird, unter das Personenbeförderungsgewerbe mit PKW fallen. Der OGH entschied im oben angeführten Judikat, dass im Gegensatz zum Rettungsdiensttransport beim „normalen“ Krankentransport nicht die spezifische, auf gesundheitliche Rettungsmaßnahmen abgestellte Ausrichtung der erbrachten Leistung die wesentliche Prägung gibt.
Auch in der Entscheidung vom 30.10.2018, Zl: 9ObA16/18w, ließ der OGH diese Frage offen und setzte sich – unter der Prämisse des Vorliegens eines Mischbetriebes – mit der Frage auseinander, welcher Bereich dem Betrieb das wirtschaftliche Gepräge gibt.
Zuletzt hat auch der Verwaltungsgerichtshof unter anderen in seinen Beschlüssen vom 30.03.2021, Ro 2019/08/0017, sowie jeweils vom 27.04.2021, Ro 2021/08/0001 sowie Ro 2021/08/0002, mangels Relevanz für die dortigen Verfahren diese Fragen offengelassen.
Der gegenständliche Fall stellt insofern im Vergleich zu den übrigen Regionalstellen des XXXX einen Sonderfall dar, als die BF ausschließlich sogenannte „einfache Krankentransporte“ durchgeführt hat und es im gegenständlichen Fall daher gerade auf die Beantwortung der Frage ankommt, ob auf diese Krankentransporte der Kollektivvertrag für das Personenbeförderungsgewerbe mit PKW (Taxi) oder der gesatzte Kollektivvertrag des Österreichischen Roten Kreuzes anzuwenden ist.
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