Kein Anspruch auf Familienbonus Plus und Alleinerzieherabsetzbetrag bei Eigenanspruch auf (erhöhte) Familienbeihilfe und KAB
European Case Law Identifier: ECLI:AT:BFG:2023:RV.2100065.2023
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***Ri***in der Beschwerdesache des***Bf1***, ***Bf1-Adr***,über die Beschwerde vom 26. Juli 2022gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreichvom 4. Juli 2022betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2021u Recht erkannt:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Der Beschwerdeführer (Bf.) bezog im Streitjahr ausschließlich nichtselbständige Einkünfte.Der angefochtene Bescheid erging erklärungsgemäß.
Die dagegen erhobene Beschwerde wird wie folgt begründet:
"Ich beantrage den Abzug des Familienbonus Plus in Höhe von € 500 gem. § 33 Abs. 3a EStG. Ich beziehe für mich die Familienbeihilfe und gem. § 33 Abs. 3 EStG den Kinderabsatzbetrag, der It. Gesetzestext für jedes Kind zusteht. Voraussetzung für den Anspruch auf den Familienbonus ist, dass für ein Kind die Familienbeihilfe gewährt wird. Da dem Terminus Kind im Absatz 3 und Absatz 3a derselbe Inhalt beizumessen ist, ist die Steuerlast gem. § 33 Abs. 2 Z. 1 EStG um € 500 zu vermindern."
Die abweisende Beschwerdevorentscheidung begründet das Finanzamt folgendermaßen:
"Wenn der Anspruch auf Familienbeihilfe dem Kind selbst zusteht (zum Beispiel behinderte Kinder mit eigenständigem Haushalt, deren Eltern ihnen nicht überwiegend den Unterhalt leisten), steht der Familienbonus Plus nicht zu. Da dies in Ihrem Fall zutrifft, musste die Beschwerde abgewiesen werden. (…)"
Im Vorlageantrag führt der Bf. ergänzend aus:
"Ich bin behinderter volljähriger allein lebender Vollwaise und beziehe die Familienbeihilfe. Ich beantrage den Familienbonus Plus in Höhe von € 500 und den Alleinerzieherabsetzbetrag in Höhe von € 494 zu berücksichtigen. Mir steht gem. § 33 Abs. 3 EStG der Kinderabsatzbetrag zu, sodass ich gem. § 106 Abs. 1 EStG unwiderlegbar als Kind gelte. Da der Begriff Kind im § 33 Abs. 3a EStG keine andere Auslegung wie im § 33 Abs. 3 EStG zulässt, steht mir auch der Absetzbetrag Familienbonus Plus zu. Ebenso ist gem. § 33 Abs. 4 Z 2 EStG der Alleinverdienerabsetzbetrag abzuziehen. Die Beschwerdevorentscheidung enthält keine aus dem Gesetz nachvollziehbare Begründung."
Im Vorlagebericht an das BFG führt das Finanzamt aus, der Bf. erfülle nicht die gesetzlichen Voraussetzungen gemäß § 33 Abs. 3a EStG 1988, "da ihm die Familienbeihilfe nicht für ein Kind, sondern für sich selbst zusteht. Im Gegensatz dazu steht der Kinderabsetzbetrag gemäß § 33 Abs. 3 EStG 1988 dem Steuerpflichtigen zu, dem die Familienbeihilfe gewährt wird, was im gegenständlichen Fall der Beschwerdeführer selbst ist. Entgegen den Ausführungen in der Beschwerde und im Vorlageantrag stellen die Bestimmungen auf unterschiedliche Anspruchsvoraussetzungen ab. Auch die gesetzlichen Voraussetzungen gemäß § 33 Abs. 4 Z 2 EStG 1988 sind nicht erfüllt, da der Beschwerdeführer nicht mit einem Kind im Kalenderjahr nicht in einer Gemeinschaft mit einem (Ehe-)partner lebt. (…)".
Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
Der Bf. bezieht für sich selbst die erhöhte Familienbeihilfe sowie den Kinderabsetzbetrag.
Strittig ist, ob ihm der Familienbonus Plus bzw. der Alleinerzieherabsetzbetrag zustehen.
Der maßgebliche Sachverhalt ergibt sich aus dem vom Finanzamt vorgelegten Akt bzw. insbesondere aus dem Vorbringen des Bf.
Rechtlich gilt Folgendes:
Gemäß § 33 Abs. 3 EStG 1988 steht Steuerpflichtigen, denen auf Grund des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 Familienbeihilfe gewährt wird, im Wege der gemeinsamen Auszahlung mit der Familienbeihilfe ein Kinderabsetzbetrag von monatlich 58,40 Euro für jedes Kind zu.
Gemäß § 33 Abs. 3a EStG 1988 steht für ein Kind, für das Familienbeihilfe nach dem Familienlastenausgleichsgesetz 1967 gewährt wird und das sich ständig in einem Mitgliedstaat der EU oder Hoheitsgebiet einer anderen Vertragspartei des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz aufhält, auf Antrag ein Familienbonus Plus zu.
Nach § 33 Abs. 4 Z 2 EStG 1988 steht Alleinerziehenden ein Alleinerzieherabsetzbetrag zu. Dieser beträgt jährlich bei einem Kind (§ 106 Abs. 1) 494 Euro. (…) Alleinerziehende sind Steuerpflichtige, die mit mindestens einem Kind (§ 106 Abs. 1) im Kalenderjahr nicht in einer Gemeinschaft mit einem (Ehe)Partner leben.
Die primäre Berechtigung zum Bezug Familienbeihilfe ergibt sich aus § 2 Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG 1967). Familienbeihilfe wird in erster Linie für Personen bezogen, die als Kinder im Sinne des FLAG 1967 anzusehen sind. Nur in Ausnahmefällen, nämlich bei Vollwaisen (und sog. Sozialwaisen) besteht ein Eigenanspruch des Kindes auf Familienbeihilfe (vgl. Lenneis in Lenneis/Wanke (Hrsg), FLAG² § 6 Rz 1 f).
Der Familienbonus Plus steht nach § 33 Abs. 3a EStG 1988 für Kinder zu, für die Familienbeihilfe nach dem Familienlastenausgleichsgesetz 1967 gewährt wird. In der Gesetzesbestimmung wird, anders als beim Kinderabsetzbetrag nach § 33 Abs. 3, nicht darauf abgestellt, dass die Familienbeihilfe einer oder einem Steuerpflichtigen gewährt wird, sondern "für das Kind" gewährt wird (vgl. Jakom/Kanduth-Kristen EStG, 2021, § 33 Rz 31).
Im Gegensatz zum Kinderabsetzbetrag nach § 33 Abs. 3 EStG 1988 definiert § 33 Abs. 3a den Anspruch auf den Familienbonus Plus bezogen auf das Kind und nicht bezogen auf den in Anspruch nehmenden Steuerpflichtigen (vgl. auch zB BFG vom 7.7.2021, RV/7101432/2021).
Der Familienbonus Plus trägt nach den Erläuterungen zur Regierungsvorlage "dem Umstand Rechnung, dass erwerbstätige Steuerpflichtige, die Kinder haben, weniger leistungsfähig sind als Kinderlose mit gleichem Einkommen. Dabei stellt der Familienbonus Plus weder einen Beitrag des Staates zum Unterhalt der Kinder dar, noch deckt er die Kinderlasten ab, die von den Eltern weiterhin zur Gänze übernommen werden. Der Steuerabzug bewirkt aber, dass sie diese Lasten zukünftig aus ihrem unversteuerten Einkommen leisten können und nicht eine darauf lastende Steuer dazu verdienen müssen. Der Beitrag des Staates zum Unterhalt bzw. zu den Lebenshaltungskosten der Kinder erfolgt über die Familienbeihilfe und Sachleistungen" (ErlRV 190 BlgNR XXVI. GP , 1).
Im gegenständlichen Fall wird die Familienbeihilfe aufgrund eines Eigenanspruchs dem Bf. und nicht "für ein Kind" des Bf. gewährt. Ein Anspruch auf den Familienbonus Plus besteht daher nicht.
Alleinerziehende sind nach dem Wortlaut des § 33 Abs. 4 Z 2 EStG 1988 "Steuerpflichtige, die mit mindestens einem Kind (§ 106 Abs. 1)" mehr als sechs Monate lang zusammenleben, ohne dass eine Gemeinschaft mit einem (Ehe)Partner vorliegt. Voraussetzung für den Bezug des Alleinerzieherabsetzbetrages ist demnach, dass "Steuerpflichtige" und "Kind" zwei verschiedene Personen sind (vgl. UFS 11.7.2011, RV/1754-W/11; UFS 14.11.2012, RV/0479-I/12; BFG 7.7.2021, RV/7101432/2021).
Im gegenständlichen Fall bezieht der Bf. die Familienbeihilfe und den Kinderabsetzbetragfür sich selbst. Er lebte im Streitjahr nicht mit mindestens einem Kind (§ 106 Abs. 1) zusammen und ist daher kein Alleinerziehender im Sinne des Gesetzes. Ein Anspruch auf den Alleinerzieherabsetzbetrag besteht daher nicht, sodass die Beschwerde auch in diesem Punkt abzuweisen war.
Eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides liegt somit nicht vor.Die Beschwerde war daher insgesamt als unbegründet abzuweisen.
Zur Unzulässigkeit einer Revision:
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Ist die Rechtslage nach den in Betracht kommenden Normen klar und eindeutig, dann liegt keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG vor, und zwar selbst dann nicht, wenn zu einer dieser anzuwendenden Normen noch keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ergangen wäre (vgl. etwa die Beschlüsse des VwGH vom 28. Mai 2014, Ro 2014/07/0053, vom 27. August 2014, Ra 2014/05/0007, sowie Ra 2014/05/0010, vom 18. März 2015, Ra 2015/04/0005, sowie vom 1. September 2015, Ra 2015/08/0093).
Da die beschwerdegegenständliche Rechtsfrage auf Grund der diesbezüglich klaren Gesetzeslage zu lösen war, konnte die Revision nicht zugelassen werden.
Graz, am 11. April 2023
Zusatzinformationen | |
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Materie: | Steuer |
betroffene Normen: | § 33 Abs. 3a EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
Verweise: |