Alleinerzieherabsetzbetrag für das Kind selbst?
Entscheidungstext
Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der G K, Adresse, vom 18. März 2011 gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 4/5/10, vertreten durch Amtsrat Rudolf Pokorny, vom 16. März 2011 betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2010 entschieden:
Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.
Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.
Entscheidungsgründe
Nach dem übereinstimmenden Vorbringen der Parteien des zweitinstanzlichen Abgabenverfahrens bezog die im Jahr 1969 geborene Berufungswerberin (Bw.) G K von Oktober 2003 bis laufend (erhöhte) Familienbeihilfe sowie Kinderabsetzbetrag für sich selbst sowie im Oktober und November 2009 für ihren Sohn C.
In ihrer elektronisch eingereichten Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung 2010 gab die Bw. G K unter anderem an, zu 50% erwerbsgemindert zu sein, für ein Kind mindestens sieben Monate lang Familienbeihilfe bezogen zu haben, und beantragte den Alleinerzieherabsetzbetrag.
Mit Einkommensteuerbescheid 2010 vom 16.3.2011 wurde - ausgehend von Einkünften von der Pensionsversicherungsanstalt von € 6.041,52 und unter Berücksichtigung des Sonderausgabenpauschbetrags von € 60,00 sowie des Freibetrags wegen eigener Behinderung von € 243,00 bei einem Einkommen von € 5.738,52 - eine Einkommensteuer von € 0,00 festgesetzt und begründend ausgeführt, dass der Alleinverdienerabsetzbetrag nicht berücksichtigt werden könne, "da keine Familienbeihilfe bezogen wird."
In ihrer über Finanz Online eingebrachten Berufung ("Einspruch gegen den Bescheid vom 16.03.2011) vom 18.3.2011 beantragte die Bw. ersichtlich den Alleinverdienerabsetzbetrag. Sie habe für sich selbst "Kinderbeihilfe" und Kinderabsetzbetrag bezogen.
Mit Berufungsvorentscheidung vom 24.3.2011 wies das Finanzamt Wien 4/5/10 die Berufung als unbegründet ab. Die Bw. habe für ihren Sohn C nur im Jahr 2009 (Oktober und November) Familienbeihilfe bezogen.
In ihrem über Finanz Online eingebrachten Vorlageantrag vom 30.3.2011 verwies die Bw. darauf, dass sie ihren Anspruch auf den Alleinverdienerabsetzbetrag nicht auf den Familienbeihilfenbezug im Jahr 2009 für ihren Sohn gründe, sondern darauf, dass sie selbst für sich Familienbeihilfe bezogen habe.
In einem Schreiben vom 4.4.2011 an das Finanzamt bekräftigte die Bw. ihren Antrag.
Das Finanzamt Wien 4/5/10 ersuchte hierauf die Bw. um eine persönliche Vorsprache oder um einen Anruf.
Mit Schreiben vom 18.4.2011 teilte die Bw. dem Finanzamt mit, es sei ihr aus gesundheitlichen Gründen zur Zeit nicht möglich, am Finanzamt persönlich vorbeizukommen. Sie stütze ihren Anspruch auf ihre "Kinderbeihilfe". Beigeschlossen war eine Mitteilung des Finanzamtes Wien 4/5/10 vom 29.9.2009, wonach der Bw. G K für G K nach Überprüfung ihres Anspruchs auf Familienbeihilfe ab Oktober 2003 bis September 2011 erhöhte Familienbeihilfe sowie für diesen Zeitraum der Kinderabsetzbetrag gewährt und auf ein näher bezeichnetes Konto überwiesen werde.
Mit elektronisch eingebrachtem Anbringen vom 25.5.2011 urgierte die Bw. die Erledigung ihres Antrages.
Das Finanzamt teilte der Bw. hierauf mit, dass die Berufung dem Unabhängigen Finanzsenat vorgelegt werde.
Mit Bericht vom 7.6.2011, eingelangt am 17.6.2011, legte das Finanzamt Wien 4/5/10 die Berufung der Bw. gegen den Einkommensteuerbescheid 2010 dem Unabhängigen Finanzsenat als Abgabenbehörde zweiter Instanz zur Entscheidung vor.
Aus dem über Ersuchen der Berufungsbehörde vorgelegten Finanzamtsteilakt für 2009 ergibt sich, dass mit Berufungsvorentscheidung vom 30.9.2010 das Finanzamt Wien 4/5/10 den Alleinerzieherabsetzbetrag von € 494,00 für das Jahr berücksichtigte, woraus eine Abgabengutschrift in Höhe des Alleinerzieherabsetzbetrages resultierte.
Über die Berufung wurde erwogen:
§ 2 FLAG 1967 lautet auszugsweise:
"§ 2. (1) Anspruch auf Familienbeihilfe haben Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, ...
c) für volljährige Kinder, die wegen einer vor Vollendung des 21. Lebensjahres oder während einer späteren Berufsausbildung, jedoch spätestens vor Vollendung des 27. Lebensjahres, eingetretenen körperlichen oder geistigen Behinderung voraussichtlich dauernd außerstande sind, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, ...
(2) Anspruch auf Familienbeihilfe für ein im Abs. 1 genanntes Kind hat die Person, zu deren Haushalt das Kind gehört. Eine Person, zu deren Haushalt das Kind nicht gehört, die jedoch die Unterhaltskosten für das Kind überwiegend trägt, hat dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn keine andere Person nach dem ersten Satz anspruchsberechtigt ist.
(3) Im Sinne dieses Abschnittes sind Kinder einer Person
a) deren Nachkommen,
b) deren Wahlkinder und deren Nachkommen,
c) deren Stiefkinder,
d) deren Pflegekinder (§§ 186 und 186a des allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuches).
(4) Die Kosten des Unterhalts umfassen bei minderjährigen Kindern auch die Kosten der Erziehung und bei volljährigen Kindern, die für einen Beruf ausgebildet oder in ihrem Beruf fortgebildet werden, auch die Kosten der Berufsausbildung oder der Berufsfortbildung.
..."
§ 6 FLAG 1967 lautet auszugsweise:
"§ 6. (1) Anspruch auf Familienbeihilfe haben auch minderjährige Vollwaisen, wenn
a) sie im Inland einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben,
b) ihnen nicht Unterhalt von ihrem Ehegatten oder ihrem früheren Ehegatten zu leisten ist und
c) für sie keiner anderen Person Familienbeihilfe zu gewähren ist.
(2) Volljährige Vollwaisen haben Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn auf sie die Voraussetzungen des Abs. 1 lit. a bis c zutreffen und wenn sie ...
d) wegen einer vor Vollendung des 21. Lebensjahres oder während einer späteren Berufsausbildung, jedoch spätestens vor Vollendung des 27. Lebensjahres, eingetretenen körperlichen oder geistigen Behinderung voraussichtlich dauernd außerstande sind, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, und sich in keiner Anstaltspflege befinden, oder ...
(3) Für ein Kalenderjahr, das nach dem Kalenderjahr liegt, in dem die Vollwaise das 18. Lebensjahr vollendet hat und in dem sie ein zu versteuerndes Einkommen ( § 33 Abs. 1 EStG 1988 ) bezogen hat, das den Betrag von 10 000 € übersteigt, besteht kein Anspruch auf Familienbeihilfe, wobei § 10 Abs. 2 nicht anzuwenden ist. Bei der Ermittlung des zu versteuernden Einkommens der Vollwaise bleiben außer Betracht:
a) das zu versteuernde Einkommen, das vor oder nach Zeiträumen erzielt wird, für die Anspruch auf Familienbeihilfe besteht,
b) Entschädigungen aus einem anerkannten Lehrverhältnis,
c) Waisenpensionen und Waisenversorgungsgenüsse.
(4) Als Vollwaisen gelten Personen, deren Vater verstorben, verschollen oder nicht festgestellt und deren Mutter verstorben, verschollen oder unbekannt ist.
(5) Kinder, deren Eltern ihnen nicht überwiegend Unterhalt leisten und die sich nicht auf Kosten der Jugendwohlfahrtspflege oder der Sozialhilfe in Heimerziehung befinden, haben unter denselben Voraussetzungen Anspruch auf Familienbeihilfe, unter denen eine Vollwaise Anspruch auf Familienbeihilfe hat (Abs. 1 bis 3)."
§ 8 FLAG 1967 lautet auszugsweise:
"... (5) Als erheblich behindert gilt ein Kind, bei dem eine nicht nur vorübergehende Funktionsbeeinträchtigung im körperlichen, geistigen oder psychischen Bereich oder in der Sinneswahrnehmung besteht. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von voraussichtlich mehr als drei Jahren. Der Grad der Behinderung muß mindestens 50 vH betragen, soweit es sich nicht um ein Kind handelt, das voraussichtlich dauernd außerstande ist, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen. Für die Einschätzung des Grades der Behinderung sind § 14 Abs. 3 des Behinderteneinstellungsgesetzes , BGBl. Nr. 22/1970 , in der jeweils geltenden Fassung, und die Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend nähere Bestimmungen über die Feststellung des Grades der Behinderung (Einschätzungsverordnung) vom 18. August 2010, BGBl. II Nr. 261/2010 , in der jeweils geltenden Fassung anzuwenden. Die erhebliche Behinderung ist spätestens nach fünf Jahren neu festzustellen, soweit nicht Art und Umfang eine Änderung ausschließen.
(6) Der Grad der Behinderung oder die voraussichtlich dauernde Unfähigkeit, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, ist durch eine Bescheinigung des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen auf Grund eines ärztlichen Sachverständigengutachtens nachzuweisen. Die diesbezüglichen Kosten sind aus Mitteln des Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen zu ersetzen.
(7) Die Abs. 4 bis 6 gelten sinngemäß für Vollwaisen, die gemäß § 6 Anspruch auf Familienbeihilfe haben. ..."
§ 33 Abs. 3, 4 und 8 EStG 1988 i.d.F. BGBl. I Nr. 135/2009 lauten:
"(3) Steuerpflichtigen, denen auf Grund des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 Familienbeihilfe gewährt wird, steht im Wege der gemeinsamen Auszahlung mit der Familienbeihilfe ein Kinderabsetzbetrag von monatlich 58,40 Euro für jedes Kind zu. Für Kinder, die sich ständig im Ausland aufhalten, steht kein Kinderabsetzbetrag zu. Wurden Kinderabsetzbeträge zu Unrecht bezogen, ist § 26 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 anzuwenden."
"(4) Darüber hinaus stehen folgende Absetzbeträge zu:
1. Alleinverdienenden steht ein Alleinverdienerabsetzbetrag zu. Dieser beträgt jährlich
- ohne Kind 364 Euro,
- bei einem Kind (§ 106 Abs. 1) 494 Euro,
- bei zwei Kindern (§ 106 Abs. 1) 669 Euro.
Dieser Betrag erhöht sich für das dritte und jedes weitere Kind (§ 106 Abs. 1) um jeweils 220 Euro jährlich. Alleinverdienende sind Steuerpflichtige, die mehr als sechs Monate im Kalenderjahr verheiratet oder eingetragene Partner sind und von ihren unbeschränkt steuerpflichtigen Ehegatten oder eingetragenen Partnern nicht dauernd getrennt leben. Für Steuerpflichtige im Sinne des § 1 Abs. 4 ist die unbeschränkte Steuerpflicht des Ehegatten oder eingetragenen Partners nicht erforderlich. Alleinverdienende sind auch Steuerpflichtige mit mindestens einem Kind (§ 106 Abs. 1), die mehr als sechs Monate mit einer unbeschränkt steuerpflichtigen Person in einer Lebensgemeinschaft leben. Voraussetzung ist, dass der (Ehe-) Partner (§ 106 Abs. 3) bei mindestens einem Kind (§ 106 Abs. 1) Einkünfte von höchstens 6 000 Euro jährlich, sonst Einkünfte von höchstens 2 200 Euro jährlich erzielt. Die nach § 3 Abs. 1 Z 4 lit. a, weiters nach § 3 Abs. 1 Z 10, 11 und 32 und auf Grund zwischenstaatlicher oder anderer völkerrechtlicher Vereinbarungen steuerfreien Einkünfte sind in diese Grenzen mit einzubeziehen. Andere steuerfreie Einkünfte sind nicht zu berücksichtigen. Der Alleinverdienerabsetzbetrag steht nur einem der (Ehe-)Partner zu. Erfüllen beide (Ehe-)Partner die Voraussetzungen im Sinne der vorstehenden Sätze, hat jener (Ehe-)Partner Anspruch auf den Alleinverdienerabsetzbetrag, der die höheren Einkünfte im Sinne der Z 1 erzielt. Haben beide (Ehe-)Partner keine oder gleich hohe Einkünfte im Sinne der Z 1, steht der Absetzbetrag dem haushaltsführenden (Ehe-)Partner zu.
2. Alleinerziehenden steht ein Alleinerzieherabsetzbetrag zu. Dieser beträgt jährlich
- bei einem Kind (§ 106 Abs. 1) 494 Euro,
- bei zwei Kindern (§ 106 Abs. 1) 669 Euro.
Dieser Betrag erhöht sich für das dritte und jedes weitere Kind (§ 106 Abs. 1) um jeweils 220 Euro jährlich. Alleinerziehende sind Steuerpflichtige, die mit mindestens einem Kind (§ 106 Abs. 1) mehr als sechs Monate im Kalenderjahr nicht in einer Gemeinschaft mit einem (Ehe)Partner leben.
3. Steuerpflichtigen, die für ein Kind, das nicht ihrem Haushalt zugehört ( § 2 Abs. 5 Familienlastenausgleichsgesetz 1967 ) und für das weder ihnen noch ihrem jeweils von ihnen nicht dauernd getrennt lebenden (Ehe)Partner Familienbeihilfe gewährt wird, den gesetzlichen Unterhalt leisten, steht ein Unterhaltsabsetzbetrag von 29,20 Euro monatlich zu. Leisten sie für mehr als ein nicht haushaltszugehöriges Kind den gesetzlichen Unterhalt, so steht für das zweite Kind ein Absetzbetrag von 43,80 Euro und für jedes weitere Kind ein Absetzbetrag von jeweils 58,40 Euro monatlich zu. Erfüllen mehrere Personen in Bezug auf ein Kind die Voraussetzungen für den Unterhaltsabsetzbetrag, so steht der Absetzbetrag nur einmal zu."
"(8) Ist die nach Abs. 1 und 2 berechnete Einkommensteuer negativ, so ist bei mindestens einem Kind (§ 106 Abs. 1) insoweit der Alleinverdienerabsetzbetrag oder der Alleinerzieherabsetzbetrag gutzuschreiben. Ergibt sich bei Steuerpflichtigen, die Anspruch auf den Arbeitnehmerabsetzbetrag oder Grenzgängerabsetzbetrag haben, nach Abs. 1 und 2 keine Einkommensteuer, so sind 10% der Werbungskosten im Sinne des § 16 Abs. 1 Z 3 lit. a (ausgenommen Betriebsratsumlagen) und der Werbungskosten im Sinne des § 16 Abs. 1 Z 4 und 5, höchstens aber 110 Euro jährlich, gutzuschreiben. Auf Grund zwischenstaatlicher oder anderer völkerrechtlicher Vereinbarungen steuerfreie Einkünfte sind für Zwecke der Berechnung der negativen Einkommensteuer wie steuerpflichtige Einkünfte zu behandeln. Der Kinderabsetzbetrag gemäß Abs. 3 bleibt bei der Berechnung außer Ansatz. Die Gutschrift hat im Wege der Veranlagung zu erfolgen."
§ 106 EStG 1988 i.d.F. BGBl. I Nr. 135/2009 lautet
"§ 106. (1) Als Kinder im Sinne dieses Bundesgesetzes gelten Kinder, für die dem Steuerpflichtigen oder seinem (Ehe)Partner (Abs. 3) mehr als sechs Monate im Kalenderjahr ein Kinderabsetzbetrag nach § 33 Abs. 3 zusteht.
(2) Als Kinder im Sinne dieses Bundesgesetzes gelten auch Kinder, für die dem Steuerpflichtigen mehr als sechs Monate im Kalenderjahr ein Unterhaltsabsetzbetrag nach § 33 Abs. 4 Z 3 zusteht.
(3) (Ehe-)Partner ist eine Person, mit der der Steuerpflichtige verheiratet ist oder mit mindestens einem Kind (Abs. 1) in einer Lebensgemeinschaft lebt. Einem (Ehe-)Partner ist gleichzuhalten, wer in einer Partnerschaft im Sinn des Eingetragene Partnerschaft-Gesetzes - EPG eingetragen ist.
(4) Für Steuerpflichtige im Sinne des § 1 Abs. 4 sind die Abs. 1 bis 3 sinngemäß anzuwenden."
Wie sich aus § 2 FLAG 1967 ergibt, wird Familienbeihilfe in erster Linie für Personen bezogen, die als Kinder i.S.d. FLAG 1967 anzusehen sind (vgl. Lenneis in Csaszar/Lenneis/Wanke, FLAG (Gamlitzer Kommentar), § 6 Rz. 1).
Nur in Ausnahmefällen, nämlich bei Vollwaisen und so genannten Sozialwaisen besteht ein eigener Anspruch des Kindes auf Familienbeihilfe (vgl. Lenneis in Csaszar/Lenneis/Wanke, FLAG (Gamlitzer Kommentar), § 6 Rz. 1).
Der Kinderabsetzbetrag knüpft an die Auszahlung der Familienbeihilfe an, im Ergebnis handelt es sich um eine Erhöhung der Familienbeihilfe (vgl. Wanke in Wiesner/Grabner/Wanke [Hrsg], MSA EStG [1.7.2010], § 33 Anm. 22). Der Kinderabsetzbetrag wird auch im Familienbeihilfenverfahren - und nicht im Einkommensteuerverfahren - berücksichtigt.
Die Bw. G K hat nach der Aktenlage während des ganzen Jahres 2010 Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag für sich selbst bezogen.
Der Alleinerzieherabsetzbetrag nach § 33 Abs. 4 Z 2 EStG 1988 geht davon aus, dass es sich bei dem "Steuerpflichtigen" und bei dem "Kind" um zwei verschiedene Personen handelt.
Wie ausgeführt, sind Alleinerziehende nach dem Gesetzeswortlaut "Steuerpflichtige, die mit mindestens einem Kind (§ 106 Abs. 1)" mehr als sechs Monate lang zusammen leben, ohne dass eine Gemeinschaft mit einem (Ehe)Partner vorliegt.
Im Jahr 2010 hat die Bw. nicht "mit" einem Kind i.S.d. § 106 Abs. 1 EStG 1988 zusammengelebt, die Bw. war vielmehr selbst das Kind.
Der Alleinerzieherabsetzbetrag soll dem Umstand Rechnung tragen, dass die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit einer Person, die alleinstehend Kinder aufzuziehen hat, geringer ist, als die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit einer in Partnerschaft lebenden Person (vgl. Wanke in Wiesner/Grabner/Wanke [Hrsg], MSA EStG [1.7.2010], § 33 Anm. 22, unter Hinweis auf UFS 14.5.2005, RV/0008-I/05 und Doralt, EStG6, § 33 Tz. 35).
Bezieht die Steuerpflichtige ausnahmsweise für sich selbst Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag, lebt sie aber mit keinem Kind, für das ebenfalls Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag bezogen wird, zusammen, ist sie keine Alleinerzieherin im Sinne des Gesetzes.
Es ergibt sich schon aus dem Begriff "... Erzieher ...", dass der Alleinerzieherabsetzbetrag für Personen gedacht ist, die Kinder erziehen, nicht aber für allein lebende Erwachsene, die ausnahmsweise für sich selbst Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag beziehen.
Soweit sich die Bw. auf die Vorgangsweise des Finanzamts für das Jahr 2009 beruft, ist ihr zu entgegen, dass das in Art. 18 Abs. 1 B-VG normierte Legalitätsgebot stärker als der Grundsatz von "Treu und Glauben" ist; der Grundsatz von "Treu und Glauben" kann sich aber in jenem Bereich auswirken, in welchem es auf Fragen der Billigkeit (§ 20 BAO; z.B. Wiederaufnahme des Verfahrens, § 303 BAO) ankommt (vgl. Wanke in Wiesner/Grabner/Wanke [Hrsg], MSA EStG 11. EL § 39 Anm. 9). Dies ist hier nicht der Fall.
Ein Anspruch darauf, dass sich eine Behörde weiterhin rechtswidrig verhält, besteht nicht (vgl. Wanke in Wiesner/Grabner/Wanke [Hrsg], MSA EStG 11. EL § 39 Anm. 9).
Die Berufung war daher als unbegründet abzuweisen.
Wien, am 11. Juli 2011
Zusatzinformationen | |
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Materie: | Steuer, FLAG, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen: | § 2 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 |