UFS RV/0008-I/05

UFSRV/0008-I/0514.4.2005

Kein Alleinerzieherabsetzbetrag bei eheähnlicher Gemeinschaft.

 

Entscheidungstext

Der unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Bw.,vom 26. November 2004 gegen die Bescheide des Finanzamtes Kitzbühel Lienz vom 5. November 2004 betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) für die Jahre 1999 bis 2003 entschieden:

Die Berufung gegen die Einkommensteuerbescheide 1999 bis 2002 sowie gegen den Bescheid gemäß § 299 BAO, mit welchem der Einkommensteuerbescheid 2003 vom 3. Juni 2004 aufgehoben wurde, wird als unbegründet abgewiesen.

Die angefochtenen Bescheide bleiben unverändert.

Entscheidungsgründe

Die Steuerpflichtige ist nicht selbständig tätig und machte in den Erklärungen zur Durchführung der Arbeitnehmerveranlagung der Jahre 1999 bis 2003 u.a. den Alleinerzieherabsetzbetrag geltend. Die Einkommensteuer für die Jahre 1999 bis 2003 wurde erklärungsgemäß veranlagt. Nachträgliche Ermittlungen des Finanzamtes ergaben, dass unter der Wohnadresse der Steuerpflichtigen seit dem Jahre 1998 auch eine gleichaltrige männliche Person gemeldet ist, woraus das Finanzamt schloss, dass die Steuerpflichtige mit einem Partner zusammenlebe und ihr der Alleinerzieherabsetzbetrag daher nicht zustehe.

Die Einkommensteuerverfahren für die Jahre 1999 bis 2002 wurden daher gemäß § 303 Abs. 4 BAO wiederaufgenommen und neue Sachbescheide erlassen. Der Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2003, der gemäß § 33 Abs. 8 EStG mangels Einkünfte der Steuerpflichtigen lediglich eine Gutschrift in Höhe des Alleinerzieherabsetzbetrages ausweist, wurde vom Finanzamt gemäß § 299 BAO mit derselben Begründung aufgehoben.

In ihrer rechtzeitig eingebrachten Berufung wendet die Steuerpflichtige ein, dass sie in keiner (Ehe)Partnerschaft lebe. Es bestehe keine wie immer geartete Wirtschaftsgemeinschaft, da der jeweilige Lebensunterhalt aus getrennten Kassen bestritten werde. Herr K. sei auch nicht der Vater ihrer Tochter und leiste daher keinerlei Unterhaltszahlungen oder sonstige Zuwendungen. Es bestehe zwar ein gemeinsames Schlafzimmer, das aber nur gelegentlich gemeinsam benutzt werde, da sie den Großteil der Nächte im Schlafzimmer ihrer Mutter verbringe. Ebenso würden unterschiedliche Wohnräume genutzt. K. nutze die Wohnküche im Obergeschoss, während sie sich mit ihrer Tochter und ihrer Mutter meist im Erdgeschoss aufhalte. Sie trage sämtliche Betriebskosten ihres Hauses selbst.

Das Finanzamt erließ für die Jahre 1999 bis 2003 abweisende Berufungsvorentscheidungen. Begründend wird ausgeführt, dass nach den Erfahrungen des täglichen Lebens eine Lebensgemeinschaft vorliege. Bei einer Lebensgemeinschaft handle es sich um einen eheähnlichen Zustand, der dem typischen Erscheinungsbild des ehelichen Zusammenlebens entspreche. Dazu gehöre im allgemeinen eine Geschlechts-, Wohnungs- und Wirtschaftsgemeinschaft. Dabei könne aber auch das eine oder andere Merkmal fehlen (VwGH 21.10.2003, 99/14/0224).

Daraufhin stellte die Berufungswerberin rechtzeitig einen Vorlageantrag. Darin teilt sie mit, dass sie für ihren Lebensunterhalt und den ihrer Tochter alleine aufkomme und ihr Freund, der bei ihr wohne, nie etwas dazu beigetragen habe und dies auch in Zukunft nicht tun werde, da er nicht der Vater sei. Der Vater ihrer Tochter sei im Jahre 2003 verstorben.

Über die Berufung wurde erwogen:

Gemäß § 33 Abs. 4 Z 2 EStG steht zur Abgeltung gesetzlicher Unterhaltsverpflichtungen einem Alleinerzieher ein Alleinerzieherabsetzbetrag von 364 Euro (5.000 S) jährlich zu. Alleinerzieher ist ein Steuerpflichtiger, der mit mindestens einem Kind mehr als sechs Monate im Kalenderjahr nicht in einer Gemeinschaft mit einem (Ehe)Partner lebt.

Als Kind im Sinne des Gesetzes gilt ein Kind, für das dem Steuerpflichtigen oder seinem (Ehe)Partner mehr als sechs Monate im Kalenderjahr ein Kinderabsetzbetrag nach § 33 Abs. 4 Z 3 lit. a leg. cit. zusteht. (Ehe)Partner ist eine Person, mit der der Steuerpflichtige verheiratet ist oder mit der er mit mindestens einem Kind in einer eheähnlichen Gemeinschaft lebt (§ 106 Abs. 1 und 3 EStG).

Während die Berufungswerberin die erste Anspruchsvoraussetzung erfüllt - für ihre Tochter erhielt sie in den Berufungsjahren (mit Ausnahme des Zeitraumes Oktober 2002 bis März 2003) mit der Familienbeihilfe den Kinderabsetzbetrag ausbezahlt - ist die zweite Anspruchsvoraussetzung im Berufungsfall nicht gegeben.

Das Finanzamt hat das Zusammenleben der Bw. mit Herrn K. als eheähnliche Gemeinschaft gewertet. Den diesbezüglichen Ausführungen in der Berufungsvorentscheidung, die insoweit als Vorhalt zu werten sind, hat die Bw. nichts mehr entgegengehalten. Vielmehr bringt die Bw. nunmehr vor, dass ihr Freund keinerlei Unterhalt oder Zuwendungen leiste, da er nicht der Vater sei. Den Unterhalt für sich und ihre Tochter bestreite sie ganz allein, weshalb ihr der Alleinerzieherabsetzbetrag zustehen müsse.

Damit verkennt die Bw. die Rechtslage, wenngleich einzuräumen ist, dass man aufgrund des Einleitungssatzes des § 33 Abs. 4 EStG "zur Abgeltung gesetzlicher Unterhaltsverpflichtungen" zum Schluss gelangen könnte, dass durch den Alleinerhalterabsetzbetrag Unterhaltspflichten gegenüber dem Kind abgegolten werden.

Aus den diversen Gesetzesmaterialien und erläuternden Bemerkungen zum sog. Familienbesteuerungsgesetz 1992, BGBl. 312, mit welchem die einkommensteuerliche Berücksichtigung von Unterhaltsleistungen seit 1.1.1993 neu geregelt wurde, geht jedoch hervor, dass die Unterhaltsleistungen für ein Kind durch Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag abgegolten sind. Dies ergibt sich auch explizit aus § 34 Abs. 7 EStG (im Zusammenhang mit außergewöhnlichen Belastungen), wonach Unterhaltsleistungen für haushaltszugehörige Kinder durch die Familienbeihilfe sowie den Kinderabsetzbetrag abgegolten sind. Daher kann der Alleinerhalterabsetzbetrag nicht den Kindesunterhalt betreffen.

Diesem irreführenden Einleitungssatz, der laut Ruppe (vgl. RdW 1992, 412) als reine Zweckbestimmung bzw. als Erklärung des Gesetzgebers zu sehen sei und nicht unbedingt erforderlich gewesen wäre, kommt keine normative Bedeutung zu. Die Anspruchsvoraussetzungen für den Alleinerzieherabsetzbetrag sind vielmehr in Z 2 iVm mit Z 3 und § 106 klar und deutlich geregelt. Demnach steht der Alleinerhalterabsetzbetrag zu, wenn dem Steuerpflichtigen für mindestens ein Kind mehr als 6 Monate im Jahr ein Kinderabsetzbetrag zusteht und dieser tatsächlich alleinerziehend ist, d. h. nicht in Gemeinschaft mit einem (Ehe)Partner lebt.

Laut den Erläuterungen zur Regierungsvorlage (siehe SWK 1992, T 27) sollte durch den Alleinverdienerabsetzbetrag die finanzielle Lage von Alleinerziehern verbessert werden. Den Alleinerhalterabsetzbetrag erhält ein Steuerpflichtiger somit nicht, weil er zu Unterhalt verpflichtet ist, sondern weil die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit einer Person, die alleinstehend Kinder aufzuziehen hat, geringer ist, als die einer Person, der ein Partner zur Seite steht. Offensichtlich und wohl auch zu Recht geht der Gesetzgeber davon aus, dass sich durch eine Lebensgemeinschaft die finanzielle Lage von Alleinerziehern verbessert. Diesen grundsätzlichen Überlegungen des Gesetzgebers entsprechend, würde der Bw. andererseits auch der Alleinverdienerabsetzbetrag zustehen, wenn ihr Lebensgefährte unter der Einkunftsgrenze des § 33 Abs. 4 Z 1 EStG bliebe. Ebenso stünde dem Partner der Bw. der Alleinverdienerabsetzbetrag zu, sofern die Bw. Einkünfte von höchstens 4.400 € (60.000 öS) jährlich erzielte. Dabei bliebe steuerfreies Arbeitslosengeld (wie von der Bw. etwa 2003 bezogen) bei der Berechnung des Grenzbetrages außer Ansatz. In allen Fällen kommt es nicht darauf an, ob das Kind ein gemeinsames Kind ist. Die Entscheidung, ob dem Lebensgefährten der Bw. der Alleinverdienerabsetzbetrag zusteht, ist jedoch nicht Gegenstand dieses Verfahrens.

In typisierender Betrachtungsweise ist im streitgegenständlichen Fall daher davon auszugehen, dass sich durch das Zusammenleben mit ihrem Freund allein schon durch gewisse Synergieeffekte eine Gesamtersparnis ergibt, die letztlich allen Beteiligten zu gute kommt. Die Bw. ist somit objektiv gesehen nicht Alleinerzieherin im Sinne der einkommensteuerrechtlichen Bestimmungen, auch wenn ihre Tochter tatsächlich keine Direktunterstützungen seitens des Lebensgefährten erhält und sich daher die Bw. subjektiv als Alleinerzieherin betrachtet. Durch die Lebensgemeinschaft verliert die Bw. den Anspruch auf den Alleinerhalterabsetzbetrag.

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

Innsbruck, am 14. April 2005

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht

betroffene Normen:

§ 33 Abs. 4 Z 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988

Schlagworte:

Alleinerzieherabsetzbetrag, Unterhaltsleistungen

Verweise:

VwGH 21.10.2003, 99/14/0224

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