OGH 6Ob229/68; 1Ob762/76; 1Ob27/76; 5Ob507/77; 1Ob606/77; 8Ob527/80 (RS0014704)

OGH6Ob229/68; 1Ob762/76; 1Ob27/76; 5Ob507/77; 1Ob606/77; 8Ob527/8031.5.2023

Rechtssatz

Ein versteckter Dissens liegt vor, wenn die Parteien überzeugt sind, eine Einigung erzielt zu haben, obwohl dies nicht zutrifft, weil die eine und die andere Willenserklärung trotz äußerlicher Übereinstimmung jeweils anders gemeint war. In einem solchen Falle kommt ein Vertrag nicht zustande. Es handelt sich hiebei keineswegs um die Anwendung der Irrtumsregeln des § 871 ABGB., da diese die Anfechtung eines zustandegekommenen Vertrages betreffen, also einen vorausgegangenen Konsens voraussetzen, der bei einem versteckten Dissens fehlt. Betraf die Abweichung des beiderseitigen Vertragswillens einen Hauptpunkt (hier das Bestandobjekt), so konnte ein Vertrag von Anfang an nicht zustande kommen (vgl. Ehrenzweig, Allgemeiner Teil, 1951 S. 240, Gschnitzer, Lehrbuch, Allgemeiner Teil S. 186, Klang, Kommentar, 2. Aufl., IV/1 S. 97).

Normen

ABGB §869

6 Ob 229/68OGH11.09.1968

Veröff: MietSlg 20094

1 Ob 762/76OGH24.11.1976

Beisatz: Differenz aber Wertsicherungsklausel (T1)<br/>Veröff: SZ 49/142

1 Ob 27/76OGH22.12.1976

Veröff: SZ 49/162

5 Ob 507/77OGH15.02.1977

nur: Ein versteckter Dissens liegt vor, wenn die Parteien überzeugt sind, eine Einigung erzielt zu haben, obwohl dies nicht zutrifft, weil die eine und die andere Willenserklärung trotz äußerlicher Übereinstimmung jeweils anders gemeint war. In einem solchen Falle kommt ein Vertrag nicht zustande. (T2)

1 Ob 606/77OGH25.05.1977

Beisatz: Werkvertrag, Nichteinigung über Mehrwertsteuer (T3)

8 Ob 527/80OGH15.12.1980

nur T2; Vgl aber: Beisatz: Haben Parteien ihre Erklärung nicht im gleichen Sinn verstanden, dann bedeutet das noch nicht zwingend einen Dissens. Es müssen zunächst die beiden Parteienerklärungen auf ihr Auseinandergehen oder ihre Übereinstimmung unter Anwendung der Auslegungsregeln untersucht werden. Ergibt sich danach für die Erklärung beider Parteien die gleiche Bedeutung, so ist die für den Vertragsabschluß erforderliche Übereinstimmung im Sinne gegenseitiger übereinstimmender Willenserklärungen gegeben, wenn auch die Parteien etwas Verschiedenes gemeint haben. (T4)

3 Ob 692/82OGH09.03.1983

Vgl auch

6 Ob 558/83OGH03.05.1984

Vgl aber; nur T2; Beis wie T4

1 Ob 516/87OGH18.02.1987
1 Ob 634/88OGH19.07.1988

Vgl; Beis wie T4

7 Ob 680/89OGH30.11.1989

nur T2

5 Ob 511/96OGH26.03.1996

Vgl; Beisatz: Entscheidend ist dabei, dass die Erklärungen der Parteien in ihrem objektiven Sinn aneinander vorbeigehen, ohne dass dies den Parteien bewusst wird, dass also die sich äußerlich deckenden Erklärungen objektiv in einem einander nicht entsprechenden Sinn zu verstehen sind. Decken sich die Willenserklärungen äußerlich (und umfassen sie alle wesentlichen Vertragspunkte) kann demnach von versteckten Dissens nur bei objektiver Mehrdeutigkeit der Erklärungen bei gleichzeitiger Nichtübereinstimmung des Gewollten gesprochen werden. (T5)

4 Ob 248/97tOGH09.09.1997

Ähnlich; Beisatz: Kommt die (angeblich) abweichende Auffassung des Annehmenden nicht zum Ausdruck - so etwa, wenn er mit einem einfachen "ja" antwortet - dann liegen übereinstimmende Erklärungen vor; das Missverständnis bewirkt nicht, dass der Antrag unter anderen Bestimmungen angenommen worden ist; es liegt also kein Dissensfall vor. (T6)

1 Ob 154/02gOGH25.06.2002

Auch; Beisatz: Nicht die subjektiven Vorstellungen der Parteien sind maßgebend, sondern es ist die Frage zu lösen, ob die Willenserklärungen bei Beurteilung ihres objektiven Erkärungswerts taugliche Grundlage für einen Vertragsschluss sein können. (T7)

2 Ob 40/05dOGH01.09.2005

Auch; Beis wie T4; Beis wie T5; Beis wie T7

9 ObA 28/05sOGH25.01.2006

Beis wie T7

9 ObA 47/07pOGH05.06.2008

Auch; Beis ähnlich wie T7; Beisatz: Die subjektiven Vorstellungen der Parteien sind nicht maßgeblich. (T8)

4 Ob 96/13sOGH18.06.2013

Vgl auch; Beis ähnlich wie T5

6 Ob 15/19bOGH27.02.2019

Vgl; Beisatz: Ein Dissens liegt nicht schon dann vor, wenn bloß die subjektiven Vorstellungen einer Vertragspartei vom objektiven Vertragsinhalt abweichen. (T9)

5 Ob 136/21tOGH28.09.2021

Vgl

4 Ob 95/23hOGH31.05.2023

Beisatz: Hier: Die Vermieter gingen davon aus, dass der von ihnen genannte Betrag der monatliche Nettomietzins sei. Der (potentielle) Mieter stimmte dem Betrag im Verständnis zu, dass der Betrag Umsatzsteuer und Betriebskosten enthalte. (T10)

Dokumentnummer

JJR_19680911_OGH0002_0060OB00229_6800000_001