OGH 1Ob154/02g

OGH1Ob154/02g25.6.2002

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schlosser als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Gerstenecker, Dr. Rohrer, Dr. Zechner und Univ. Doz. Dr. Bydlinski als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei N***** OEG, *****, vertreten durch Dr. Walter Poschinger, Mag. Anita Taucher und Mag. Andreas Berchtold, Rechtsanwälte in Graz, wider die beklagte Partei Marktgemeinde S*****, vertreten durch Dr. Bruno Binder,

Rechtsanwalt in Linz, wegen 49.315,57 S (= 3.583,90 EUR) sA,

Unterlassung (Streitwert 253.312,72 S = 18.408,95 EUR) und Feststellung (Streitwert 299.369,49 S = 21.756,03 EUR) infolge außerordentlicher Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 17. April 2002, GZ 1 R 2/02y-41, folgenden

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt.

Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil und sprach aus, dass

die ordentliche Revision nicht zulässig sei.

Die außerordentliche Revision der beklagten Partei ist unzulässig.

Rechtliche Beurteilung

Die beklagte Partei stützt ihre Rechtsmittelausführungen auf drei Gründe: Das Berufungsgericht habe den Einwand, ein Subventionsvertrag sei wegen Dissenses nicht zustande gekommen, zu Unrecht als unzulässige Neuerung abgetan, verletze doch die Geltendmachung neuer rechtlicher Gesichtspunkte nicht das Neuerungsverbot. Der im Förderungsvertrag verwendete Begriff "ortsüblicher Mietzins" sei nur nach dem "objektiven Wortsinn", nicht aber nach dem "objektiv gebotenen Geschäftszweck" unter Berücksichtigung der verwendeten Vertragsschablone der beklagten Partei ausgelegt worden. Schließlich habe das Berufungsgericht auch noch unzutreffend unterstellt, die Summe der Mietzinse der vermieteten Wohnungen dürfe nach den getroffenen Vereinbarungen nur nicht den als Summe errechenbaren ortsüblichen Mietzins für alle Bestandobjekte überschreiten. Soweit die beklagte Partei nunmehr von einem versteckten Dissens bei Vertragsschluss ausgeht, zeigt sie nicht bloß einen neuen rechtlichen Gesichtspunkt in Würdigung des im Verfahren erster Instanz erstatteten Sachvorbringens auf, sondern macht einen neuen Einwendungsgrund geltend. Sie behauptete im Verfahren erster Instanz nicht, ein Subventionsvertrag sei wegen Dissenses nicht zustande gekommen, sondern vertrat nach dem Gesamtzusammenhang ihres Vorbringens den Standpunkt, die klagende Partei habe den bestehenden Vertrag verletzt. Der objektive Erklärungswert rechtsgeschäftlicher Willenserklärungen ist ferner mit Hilfe der Auslegungsregeln zu ermitteln. Dabei sind nicht die subjektiven Vorstellungen der Parteien maßgebend, sondern es ist die Frage zu lösen, ob die Willenserklärungen bei Beurteilung ihres objektiven Erklärungswerts taugliche Grundlage für einen Vertragsschluss sein können (1 Ob 634/88; SZ 54/111; Koziol/Welser I12 117 f). Dass aber der im Subventionsvertrag verwendete Begriff "ortsüblicher Mietzins" eines objektiven Erklärungswerts wegen Unbestimmtheit entbehre, behauptet nicht einmal die beklagte Partei.

Soweit der Begriff "ortsüblicher Mietzins" im angefochtenen Urteil nicht als "Bruttowohnungsaufwand" - entsprechend der Ansicht der beklagten Partei -, sondern als Nettomietzins - nämlich exklusive Mehrwertsteuer, sonstiger öffentlicher Abgaben und der Summe aller Betriebskosten entsprechend der Auffassung der klagenden Partei - ausgelegt wurde, ist eine gravierende Fehlbeurteilung als Voraussetzung für die Zulässigkeit der Revision nach § 502 Abs 1 ZPO nicht erkennbar. Gleiches gilt für die in der Revision aufgeworfene weitere Frage der Vertragsauslegung. Deren Lösung hing davon ab, ob die Subvention der beklagten Partei nach dem Willen der Streitteile der Förderung des Gesamtobjekts oder letztlich der Förderung jedes einzelnen künftigen Mieters dienen sollte. Es ist angesichts der für jeden Mieter bestehenden Möglichkeit, die Angemessenheit des von ihm zu zahlenden Hauptmietzinses gerichtlich überprüfen zu lassen, vertretbar, die Subvention der beklagten Partei nach den für die Auslegung bedeutsamen urkundlichen Erklärungen als Förderung des Gesamtobjekts aufzufassen und daher nicht darauf abzustellen, ob keiner der mit den einzelnen Mietern vereinbarten Mietzinse die Grenze der Ortsüblichkeit überschreitet, sondern die Erfüllung der Förderungsrichtlinien der beklagten Partei auf dem Boden eines Vergleichs der Summe der vereinbarten Mietzinse mit der Summe der ortsüblichen Mietzinse für alle Mietobjekte zu beurteilen. Nach Ansicht der beklagten Partei zeitigt eine solche Vertragsauslegung ein "absurdes Ergebnis", weil dann "bei einzelnen nur ganz gering - vielleicht auch nur zum Schein - vermieteten Wohnungen oder bei Leerstand einzelner Wohnungen (!) ... die anderen Wohnungen umso teurer und weit über dem ortsüblichen Mietzins vermietet werden" könnten. Darauf ist zu entgegnen, dass im Anlassfall nicht zu klären ist, ob und bejahendenfalls in welcher Höhe erzielbare Mietzinse für leerstehende oder nur zum Schein um sehr geringe Mietzinse vermietete Objekte in die von den Vorinstanzen angestellte Vergleichsrechnung einzubeziehen wären, hat doch die klagende Partei alle Wohnungen vermietet, ohne dass nach den getroffenen Feststellungen das eine oder andere Objekt um einen sehr geringen Mietzins vermietet wäre. Nach allen bisherigen Erwägungen ist somit die außerordentliche Revision gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückzuweisen.

Stichworte