Spruch:
Nicht nur die Rechte der Mitglieder einer Wassergenossenschaft untereinander, sondern auch die der Wassergenossenschaft zu außenstehenden Interessenten werden im öffentlichen Recht geregelt;
privatrechtliche Vereinbarungen zwischen Wassergenossenschaften untereinander, wie auch die der Wassergenossenschaft zu außenstehenden Interessenten werden im öffentlichen Recht geregelt;
privatrechtliche Vereinbarungen zwischen Wassergenossenschaft und Interessenten über den Zweck der Genossenschaft betreffende Angelegenheiten kommen daher grundsätzlich nicht in Betracht
Die Zuwendung eines aus einem Geschäft entstandenen Vorteils gilt nur dann als Genehmigung des Geschäfts, wenn das vom Gewalthaber in Überschreitung seiner Vollmacht geschlossene Geschäft in seinem Inhalt bekannt war
OGH 22. Dezember 1976, 1 Ob 27/76 (OLG Graz 6 R 4/76; LG Klagenfurt 20 Cg 290/75)
Text
Da W über keine Fließwasserversorgung verfügt, traten die Bewohner dieses Gebietes an den Landwirt Felix V mit der Bitte heran, eine Wasserleitung zu errichten. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Völkermarkt vom 20. Oktober 1966, 7 G-16/66, wurde die auf Grund der Gründungsversammlung vom 3. Feber 1966 gebildete Wassergenossenschaft W, die nunmehrige klagende Partei, anerkannt und deren Satzungen genehmigt, Felix V wurde zum Obmann gewählt. Gemäß § 8 Z. 1 der Satzungen vertritt der Obmann und bei seiner Verhinderung sein Stellvertreter die Genossenschaft nach außen; gemäß § 8 Z. 2 müssen jedoch Urkunden, durch welche die Genossenschaft Rechtsverbindlichkeiten eingeht, vom Obmann oder dessen Stellvertreter und einem zweiten Ausschußmitglied gefertigt sein. Mit Bescheid vom 11. September 1967. 7G-22/67, genehmigte die Bezirkshauptmannschaft Völkermarkt das Wasserleitungsprojekt der Genossenschaft.
Felix V und sein Stellvertreter Richard P ersuchten Franz S, den Beklagten, vor dem 14. November 1968, der Wassergenossenschaft beizutreten. Nach längerem Zögern ersuchte der Beklagte um den Anschluß. Felix V verfaßte darauf einen schriftlichen Vertrag, nach dem der Beklagte eine Anschlußgebühr von 16 850 S zu bezahlen habe. Nach Beratung mit dem Gendarmeriebeamten Josef Z verfaßte sodann dessen Gattin Hildegard Z einen sprachlich etwas geänderten Vertrag, der am 14. November 1968 von Felix V, dem Beklagten und Josef Z unterfertigt wurde. Er lautete: "Vertrag abgeschlossen zwischen der Wassergenossenschaft W, vertreten durch Herrn Felix V, Obmann der Wassergenossenschaft, und Herrn Franz S, Landwirt in G Nr. 17. Die Wassergenossenschaft verlangt für die Anschlußgebühr den einmaligen Betrag von 16 850 S (in Worten: sechzehntausendachthundertfünfzig Schilling), die Franz S bis zum 15. November 1968 bei der Raiffeisenkasse in B einzuzahlen hat. Die Wassergenossenschaft W hat daher keinerlei Forderungen mehr an den Franz S zu stellen. Vom Abschluß des Vertrages durch Felix V und auch vom Anschluß des Anwesens des Beklagten an die Genossenschaftswasserleitung hatten die Mitglieder der Genossenschaft Kenntnis. Am 18. November 1971 stellte die Bezirkshauptmannschaft Völkermarkt fest, die Wasserleitung sei bescheid- und planmäßig ausgeführt worden.
Mit Bescheid vom 10. Jänner 1973, 7 G-3/70, stellte die Bezirkshauptmannschaft Völkermarkt fest, der Beklagte sei nicht Mitglied der Wassergenossenschaft, weil er unbestrittenermaßen an der Gründungsversammlung der Wassergenossenschaft am 3. Feber 1966 nicht teilgenommen habe und auch im Mitgliederverzeichnis der Satzungen, die der Wasserrechtsbehörde am 20. Oktober 1966 zur Genehmigung vorgelegt wurden, nicht aufscheine. Die Unterfertigung des Mitgliederverzeichnisses durch den Beklagten in einer der drei Ausfertigungen der Satzungen müsse nach der behördlichen Anerkennung der Genossenschaft erfolgt sein. Daher hätte die Liegenschaft nur nachträglich einbezogen werden können, wofür die Bestimmungen des § 81 WRG und des § 4 Z. 2 lit. a der Satzungen gelten, wonach die Genossenschaft über die nachträgliche Einbeziehung von Liegenschaften zu beschließen habe. Ein solcher Beschluß sei nicht gefaßt worden.
Am 12. Dezember 1973 beantragte die klagende Partei bei der Bezirkshauptmannschaft Völkermarkt, dem Beklagten einen Kostenbeitrag und die Bezahlung eines Wasserzinses für die Jahre 1969 bis 1972 bescheidmäßig vorzuschreiben; außerdem sei der Beklagte verpflichtet, mit 12% zu jenen Kosten beizutragen, die durch unvorhergesehene Ereignisse bzw. durch größere Reparaturen an der Wasserleitung anfielen, soweit nicht die von Interessenten und Genossenschaftsmitgliedern entrichteten Wasserzinse zu deren Deckung ausreichten. Am 25. März 1975 teilte die Bezirkshauptmannschaft Völkermarkt der klagenden Partei mit, sie halte es für angebracht, eine Feststellungsklage hinsichtlich der Gültigkeit des Vertrages anzustrengen, da die Rechtswirksamkeit des Vertrages vom 14. November 1968 für die Entscheidung auf der Grundlage des § 86 WRG von wesentlicher Bedeutung sei.
Mit der Behauptung, der Obmann der klagenden Partei sei nach § 8 Z. 2 letzter Satz der Satzungen nicht berechtigt gewesen, für die klagende Partei verbindliche Vereinbarungen abzuschließen, der Obmann habe nur beabsichtigt gehabt, dem Beklagten die voraussichtlich erwachsenden Kosten aus dem Beitritt als Mitglied zu bestätigen, der Beklagte sei aber nach rechtskräftiger Entscheidung der Wasserrechtsbehörde nicht Mitglied der klagenden Partei, begehrt diese das Urteil, es werde festgestellt, daß der am 14. November 1968 in G zwischen der klagenden Partei, vertreten durch den Obmann Felix V, und dem Beklagten abgeschlossene Vertrag rechtsunwirksam sei. Der Beklagte wendete Unzulässigkeit des Rechtsweges ein und behauptete, Anspruch auf Wasserbezug aus dem Vertrag vom 14. November 1968 zu haben; mit dem einmaligen Betrag von 16 850 S sollten die Anschluß- und künftigen Wasserbezugskosten abgegolten sein.
Das Erstgericht wies die vom Beklagten erhobene Einrede der Unzulässigkeit des Rechtsweges zurück und gab dem Klagebegehren statt.
Das Berufungsgericht änderte nach Beweiswiederholung das erstgerichtliche Urteil dahin ab, daß es das Klagebegehren abwies; es sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes 1000 S übersteige. Es stellte im wesentlichen fest: Kurz nach Unterfertigung des Vertrages vom 14. November 1968 habe der Beklagte die im Vertrag angeführten 16 850 S auf das Konto der klagenden Partei eingezahlt; darauf sei das Anwesen des Beklagten von der klagenden Partei an die Wasserleitung angeschlossen worden und werde seither aus dieser Anlage versorgt. Die vom Beklagten eingezahlten 16 850 S seien zur anteiligen Bezahlung der Kosten der Wasserversorgungsanlage verwendet worden. Davon hätten die Mitglieder der klagenden Partei Kenntnis gehabt, jedoch den Standpunkt vertreten, daß der Beklagte einen allfälligen Rest nach Abschluß der Arbeiten nachbezahlen und ebenso wie sie finanziell zum Wasserbezug beitragen müsse. Zwischen Felix V und dem Beklagten seien die einzelnen möglichen Kostenarten (Anschlußgebühren, Wasserzins, sowie allfällige Reparatur- und Wartungskosten) nicht erwähnt worden. Bei seiner rechtlichen Beurteilung ging das Berufungsgericht davon aus, es sei nicht einzusehen, weshalb ein von einer Genossenschaft mit einem Dritten, der nicht Genossenschaftsmitglied sei, geschlossener Vertrag unwirksam sein müsse, wenn § 86 WRG, die Wasserversorgung von Nichtmitgliedern und deren Beitragsleistungen regle. Auf dem Vertrag mit dem Beklagten habe allerdings die satzungsgemäß erforderliche Unterschrift eines zweiten Ausschußmitgliedes der klagenden Partei gefehlt. Die Genehmigung eines Vertrages, die den Vollmachtsmangel heile, könne ausdrücklich, schlüssig oder dadurch erfolgen, daß der Vertretene dem aus dem Geschäft entstandenen Vorteil sich zuwende. Die schlüssige Genehmigung des Vertrages durch die klagende Partei sei dadurch erfolgt, daß sie den Wasserbezug, den Inhalt der geschuldeten Leistung, erbringe; die klagende Partei habe aber auch den vom Beklagten erhaltenen Betrag zur anteiligen Bezahlung der Kosten der Wasserversorgungsanlage verwendet. Daß der Vorteil aus dem mit dem Beklagten abgeschlossenen Geschäft stamme, sei hiebei ebenso klar gewesen wie der weitere Umstand, daß Felix V nicht im eigenen Namen, sondern im Namen der Genossenschaft kontrahiert habe. In Wahrheit gehe es der klagenden Partei auch nicht um die Unwirksamkeit, sondern um die Auslegung des Vertrages, ob der Beklagte verpflichtet sei, auch Wasserzins und anteilige Reparaturkosten zu bezahlen oder ob er, wie er glaube, "ewiges Wasser" gekauft habe. Diese Frage werde jedoch durch das Klagebegehren nicht berührt.
Der Oberste Gerichtshof stellte über Revision der klagenden Partei das Urteil des Erstgerichtes wieder her.
Rechtliche Beurteilung
Aus den Entscheidungsgründen:
Wassergenossenschaften sind Körperschaften des öffentlichen Rechtes (§ 74 Abs. 2 WRG), deren Zweck u. a., wie auch im Falle der klagenden Partei, die Versorgung der Mitglieder mit Trink- und Nutzwasser sein kann (§ 73 Abs. 1 lit. b WRG). Auch wenn es sich um durch freie Vereinbarungen der beteiligten Personen beabsichtigte sogenannte freiwillige Genossenschaften handelt, werden sie erst durch Bescheid der Wasserrechtsbehörde gebildet (§ 74 Abs. 1 lit. a in Verbindung mit § 74 Abs. 2 WRG; EvBl. 1976/81; Krzizek, Kommentar zum WRG, 297). Da der Anerkennungsbescheid die Genehmigung der Satzungen in sich schließt (§ 74 Abs. 2 WRG), muß bereits der Beschluß der Proponenten, der Grundlage für die behördliche Anerkennung bilden soll, die Satzungen umfassen (Hartig - Grabmayr,
Das österreichische Wasserrecht, 239; Krzizek, 310), die u. a. Bestimmungen über die Mitgliedschaft und die Rechte und Pflichten der Mitglieder (§ 77 Abs. 3 lit. b WRG), aber auch über eine gerechte Kostenaufteilung (§ 77 Abs. 3 lit. d WRG) enthalten müssen. Entstehen Meinungsverschiedenheiten darüber, wer in die Genossenschaft aufzunehmen ist, gibt das Gesetz verschiedene Möglichkeiten. Wenn über Zweck, Umfang und Art der Ausführung eines Unternehmens keine Vereinbarung aller Beteiligten zustandekommt, das Unternehmen aber von einer Mehrheit der Beteiligten begehrt wird und ohne Beteiligung der Widerstrebenden das Unternehmen in Frage gestellt ist oder nicht wirtschaftlich geführt werden kann (Krzizek, 304), können die widerstrebenden Beteiligten auf Antrag der Mehrheit von der Wasserrechtsbehörde mit Bescheid verhalten werden, der zu bildenden Genossenschaft beizutreten (§ 75 Abs. 1 WRG). Andererseits ist aber auch die Genossenschaft, soweit deren Zweck dadurch nicht geändert wird, verpflichtet, benachbarte und im Bereich des genossenschaftlichen Unternehmens befindliche Liegenschaften und Anlagen auf Antrag ihrer Eigentümer oder der Berechtigten nachträglich einzubeziehen, wenn ihnen hiedurch wesentliche Vorteile und den bisherigen Mitgliedern keine wesentlichen Nachteile erwachsen können (§ 81 Abs. 2 WRG). Dem Sinn des Gesetzes entspricht es, daß auch schon bei der Bildung einer Genossenschaft die Eigentümer benachbarter Grundstücke und Anlagen ihre Aufnahme in die zu grundende Genossenschaft begehren können (Krzizek, 323). Aus diesen gesetzlichen Bestimmungen ergibt sich, daß Wassergenossenschaften nicht nur Körperschaften öffentlichen Rechtes sind, sondern, auch die Leistungen zur Erreichung des Zweckes, zu dem sie geschaffen wurden, im Wirkungsbereich des öffentlichen Rechtes erbringen; die Rechte sowohl der Genossenschaftsmitglieder untereinander als auch der Genossenschaft zu außenstehenden Interessenten werden ebenfalls im Rahmen des öffentlichen Rechtes geregelt und gewahrt, indem ein Widerstrebender zum Beitritt, aber auch die Genossenschaft zur Aufnahme von Interessenten gezwungen werden kann. Wie sehr der öffentlich-rechtliche Charakter der Wassergenossenschaften im Vordergrund steht, ergibt sich auch daraus, daß sie rückständige Genossenschaftsbeiträge nicht bei Gericht einklagen müssen, sondern die Eintreibung durch die Vollstreckungsbehörde (Bezirksverwaltungsbehörde) verlangen können (§ 84 WRG; Krzizek, 331). Ein mit der Vollstreckbarkeitsklausel versehener Rückstandsausweis einer Genossenschaft über Genossenschaftsbeiträge ist darüber hinaus unmittelbar ein Exekutionstitel im Sinne des § 1 EO (SZ 33/121). Es sind zudem Eigentümer von Liegenschaften, die einer Wassergenossenschaft nicht angehören, jedoch aus deren Einrichtungen einen wesentlichen Nutzen ziehen, auf Antrag der Genossenschaft durch Bescheid zu verhalten, einen angemessenen Kostenbeitrag zu leisten (§ 86 Abs. 1 WRG). Auch daraus ergibt sich der weitgehend öffentlich-rechtliche Charakter der Beziehungen einer Wassergenossenschaft zur durch ihre Existenz und Tätigkeit berührten Außenwelt, so daß es nicht recht verständlich ist, daß das Berufungsgericht gerade aus § 86 Abs. 1 WRG den Schluß ziehen will, daß von einer Genossenschaft mit einem Dritten, der nicht Genossenschaftsmitglied ist, geschlossene Verträge zulässig sein müssen; bei Bestehen (und Zulässigkeit) eines Vertrages gilt ja auch über die Leistung von Beiträgen Vertragsrecht, so daß es eines § 86 Abs. 1 WRG nicht bedarf; diese Bestimmung geht vielmehr gewiß vom Nichtbestehen eines Vertragsverhältnisses aus und soll gerade jene erfassen, die weder in einem öffentlich-rechtlichen noch in einem privatrechtlichen Verhältnis zur Genossenschaft stehen und aus ihren - Einrichtungen faktisch Nutzen ziehen. Es wird wohl mit Recht die Auffassung vertreten, daß § 86 Abs. 1 WRG vor allem Fälle betrifft, in denen die Einbeziehung von Liegenschaften und Anlagen nach § 75 Abs. 1 WRG nicht möglich ist, weil diese Einbeziehung nicht erforderlich ist oder der Widerstrebende nicht den gleichen, sondern einen anderen Nutzen aus dem Genossenschaftsunternehmen zieht (Krzizek, 339). Auch die freiwillige Aufnahme eines Interessenten in eine bestehende Wassergenossenschaft ist im Wasserrechtsgesetz geregelt (§ 81 Abs. 1) und unterliegt ebenfalls öffentlichem Recht. Die Einbeziehung einer Liegenschaft oder Anlage ist nämlich eine Änderung des Umfanges der Genossenschaft, der gemäß § 77 Abs. 3 lit. a WRG, in den Satzungen festgelegt sein muß, und stellt eine Satzungsänderung dar; der darauf gerichtete Beschluß der Genossenschaft bedarf einer Zweidrittelmehrheit (§ 77 Abs. 5 WRG) und der Genehmigung der Wasserrechtsbehörde (Krzizek, 323).
Diese praktisch vollständige Einordnung der Wassergenossenschaften in das öffentliche Recht ergibt sich aus dem Zweck der öffentlichrechtlichen Ordnung des Wasserrechtes an sich, die grundsätzlich nicht der privatrechtlichen Willenseinigung überlassen werden kann. Die Wassergenossenschaften unterstehen demgemäß und wegen ihrer Eigenschaft als Selbstverwaltungskörper auch der Aufsicht der zuständigen Wasserrechtsbehörde, die zudem über alle aus dem Genossenschaftsverhältnis und den Verpflichtungen der Genossenschaft entspringenden Streitfälle zu entscheiden hat, die nicht nach den Satzungen (§ 77 Abs. 3 lit. i WRG) geschlichtet werden können (§ 85 Abs. 1 WRG). Diese umfassende Regelung aller Beziehungen zwischen Wassergenossenschaften und Beteiligten im öffentlichen Recht läßt den Willen des Gesetzgebers erkennen, daß privatrechtliche Vereinbarungen zwischen Genossenschaften und Interessenten über den Zweck der Genossenschaft betreffende Angelegenheiten nicht stattzufinden haben. Insbesondere kann es nicht im Sinne des Gesetzes sein, daß privatrechtliche Verträge über Rechte geschlossen werden dürfen, für deren Wirksamwerden das Wasserrechtsgesetz öffentlich-rechtliche Genehmigungen voraussetzt. Das muß insbesondere auch für die nachträgliche Einbeziehung von Dritten gelten, selbst wenn sie in der Form erfolgt, daß dem Dritten zwar volle Mitgliedschaftsrechte und -pflichten, nicht aber die Mitgliedschaft selbst zuerkannt wird; geradezu undenkbar muß es aber sein, daß zwischen einer Wassergenossenschaft und einem Dritten - noch dazu ohne Genehmigung der Wasserrechtsbehörde - privatrechtliche Vereinbarungen getroffen werden dürfen, mit denen dem Dritten zwar Genossenschafterrechte eingeräumt, nicht aber gleichzeitig die Pflichten eines Genossenschafters überbunden werden. Es müssen daher erhebliche Bedenken dagegen bestehen, daß die klagende Partei überhaupt berechtigt gewesen wäre, mit dem Beklagten einen privatrechtlichen Vertrag darüber zu schließen, daß er die vollen Wasserbezugsrechte aus der Wasserversorgungsanlage der klagenden Partei auf privatrechtlicher Basis erhält, auch wenn ihmgleichzeitig dieselben Pflichten wie einem Genossenschaftsmitglied überbunden wurden. Gewiß ist aber die Einräumung von Genossenschafterrechten ohne Übernahme gleichartiger Pflichten kaum denkbar. Die öffentlichrechtliche Konstruktion der Wassergenossenschaften verbietet vielmehr offensichtlich ein solches Vorgehen, so daß durchaus die Auffassung vertreten werden könnte, daß der Vertrag, der Gegenstand dieses Rechtsstreites ist, im falle seines Zustandekommens als gegen ein gesetzliches Verbot verstoßend nichtig wäre (§ 879 Abs. 1 ABGB). Aus diesem Grund allein kann die Wiederherstellung des erstgerichtlichen Urteiles nur deswegen nicht erfolgen, weil die klagende Partei diesen Rechtsgrund auch nicht implicite geltend machte, Nichtigkeit aber nicht von Amts wegen wahrgenommen werden kann (SZ 46/69; EvBl. 1973/277 u. a.; Gschnitzer in Klang[2]IV/1, 171; Koziol - Welser[4]I, 120) und darüber hinaus die zuständige Wasserrechtsbehörde von ihrem Aufsichtsrecht nicht Gebrauch machte, sondern im Gegenteil die Streitteile auf den Rechtsweg verwies.
Grundsätzlich ist allerdings auch die Wassergenossenschaft wie jede juristische Person öffentlichen Rechtes berechtigt, privatrechtliche Verbindlichkeiten einzugehen. Daher ist auch in den Satzungen (§ 77 Abs. 3 lit. f WRG) festzulegen, wer die Genossenschaft nach außen vertritt und wer die Urkunden zu fertigen hat, durch die rechtliche Verpflichtungen der Genossenschaft begrundet werden. Das Gesetz hat wohl in erster Linie an Verträge gedacht, die die Genossenschaft in Durchführung ihrer satzungsgemäßen Aufgaben zu schließen hat, also vor allem über Herstellungs- und Instandsetzungsarbeiten. Selbstverständlich müssen aber auch für die von Wassergenossenschaften geschlossenen privatrechtlichen Verträge die allgemeinen Rechtsgrundsätze gelten, die das Vertragsrecht beherrschen. Für das Zustandekommen eines Vertrages ist die Einigung der Vertragsteile über den Vertragsinhalt und die ausdrückliche oder stillschweigende Erklärung des Abschlußwillens erforderlich (JBl. 1974, 146; JBl. 1973, 617 u. a.). Eine Einigung der Parteien über den Vertragsinhalt ist erst anzunehmen, wenn über alle wesentlichen Vertragsbestimmungen Einigkeit besteht. Solange über solche Vertragsbestimmungen Fragen noch offen sind, ist der Vertrag nicht zustandegekommen (JBl. 1973, 617; SZ 44/73 u. a.). Waren die Parteien zwar zunächst überzeugt, eine Einigung erzielt zu haben, traf dies aber tatsächlich nicht zu, weil die eine und die andere Willenserklärung - z. B. auf Grund einer mehrdeutigen Offerte (Gschnitzer in Klang[2] IV/1, 97 lit. b zweiter Fall, sowie in Allgemeiner Teil des bürgerlichen Rechtes, 192, Z. 3; Koziol - Welser[4] I, 91 Z. 3) - trotz ihrer scheinbaren Übereinstimmung jeweils anders gemeint waren, liegt ein sogenannter versteckter Dissens vor; betraf die Abweichung des beiderseitigen Vertragswillens einen Hauptpunkt, konnte von Anfang an ein Vertrag nicht zustandekommen (1 Ob 762/76; MietSlg. 20 094; SZ 32/37; Koziol - Welser, 91 Z. 3; Kramer, Grundfragen der vertraglichen Einigung, 60; Ehrenzweig[2] I/1, 240). So kommt ein Vertrag auch nicht zustande, wenn darüber, welches Entgelt ein Bezieher von Wasser aus der Wasserversorgungsanlage einer Genossenschaft bezahlen soll, insoweit keine Einigung erzielt wird, als die Genossenschaft meint, dem anderen nicht nur alle Rechte, sondern auch alle Pflichten eines Genossenschafters zu überbinden (oder ihn in die Genossenschaft aufzunehmen), der Partner hingegen der Auffassung ist, für die ständige Wasserversorgung nur eine einmalige Leistung in Höhe der Anschlußkosten erbringen zu müssen. Es ist anzunehmen, daß schon zwischen dem zum alleinigen Handeln für die klagende Partei nicht berechtigten Felix V und dem Beklagten keine Willenseinigung zustandekam, jedoch traf das Berufungsgericht darüber keine ausdrückliche Feststellung. Selbst wenn man aber annehmen wollte, es sei zwischen Felix V und dem Beklagten eine Willenseinigung im Sinne der Vorstellungen des Beklagten zustandegekommen, wäre, wie das Berufungsgericht an sich richtig darlegte, die klagende Partei nur verbunden, wenn sie das Geschäft genehmigte oder den aus dem Geschäft entstandenen Vorteil sich zuwendete (§ 1016 ABGB). Voraussetzung für eine auf diese Weise eintretende Verbindlichkeit der klagenden Partei ist es aber selbstverständlich, daß ihr das von Felix V abgeschlossene Geschäft in seinem Inhalt bekannt war und der Zuwendung daher keine andere Bedeutung als jene der Genehmigung beigelegt werden kann (vgl. Stanzl in Klang[2] IV/1, 853). Eine ausdrückliche Genehmigung eines bestimmten Geschäftes erfolgte nicht; konkludent hätte aber die klagende Partei nur durch ihre berufenen Organe jenes Verhalten setzen können, welches den Voraussetzungen des § 863 ABGB entspricht (vgl. SZ 43/213). Das Berufungsgericht stellte jedoch fest, daß die Mitglieder der klagenden Partei der Meinung waren, daß der Beklagte einen allfälligen Rest der Anschlußgebühr nach Abschluß der Arbeiten nachbezahlen und ebenso wie sie selbst finanziell zu den Kosten des Wasserbezuges beitragen müsse, wogegen der Beklagte glaubte, um 16850 S "ewiges Wasser" gekauft zu haben. Es handelte sich dabei um einen Dissens, um ein Mißverständnis über die Willensbildung des anderen, und nicht um einen Irrtum, ein Mißverständnis über die Bedeutung und der Rechtsfolgen der eigenen Erklärung (JBl. 1975, 161 u. a.). Zu diesem Dissens ist es gekommen, weil der schriftliche Vertragstext undeutlich war und über Wasserzins sowie Reparatur- und Wartungskosten nicht gesprochen worden war. Dieser Dissens war der klagenden Partei zunächst offenbar nicht klar, so daß sie dem Beklagten Leistungen wie einem Genossenschafter in der Annahme erbrachte, daß auch dieser Verbindlichkeiten wie ein solcher anerkannt hatte. Wenn sie unter diesen Voraussetzungen die 16 850 S annahm und Wasserleistungen an den Beklagten erbrachte, kann darin entgegen der Auffassung des Berufungsgerichtes weder eine Genehmigung des Geschäftes des Felix V noch eine Zuwendung des daraus entstandenen Vorteiles erblickt werden.
Im Ergebnis mit Recht gelangte das Erstgericht zu dem Schluß, daß die Vereinbarung vom 14. November 1968 nicht rechtswirksam zustandekam.
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