OGH 1Ob23/91 (RS0020733)

OGH1Ob23/9122.11.2022

Rechtssatz

Vom Zweck der Fristsetzung hängt es ab, ob Verjährungsvorschriften auf an anderer Stelle geregelte kurze Fristen anzuwenden sind. § 1111 ABGB bezweckt die möglichst rasche Klärung, ob dem Bestandgeber Ansprüche wegen Beschädigung oder missbräuchlicher Abnützung der Bestandsache gegen den Bestandnehmer zustehen. Der Bestandgeber hat daher nach Rückstellung der Bestandsache von sich aus tätig zu werden und die Bestandsache auf Mängel hin zu untersuchen. Handelt es sich um objektiv erkennbare Schäden, ist § 1489 ABGB auf die Frist des § 1111 ABGB nicht anzuwenden.

Normen

ABGB §1111 B
ABGB §1451 ff
ABGB §1489 I

1 Ob 23/91OGH10.07.1991

Veröff: SZ 64/91 = EvBl 1991/170 S 739 = WoBl 1992,9

4 Ob 1626/95OGH19.09.1995

nur: Der Bestandgeber hat daher nach Rückstellung der Bestandsache von sich aus tätig zu werden und die Bestandsache auf Mängel hin zu untersuchen. (T1)

4 Ob 258/98iOGH20.10.1998

Auch; nur: § 1111 ABGB bezweckt die möglichst rasche Klärung, ob dem Bestandgeber Ansprüche wegen Beschädigung oder missbräuchlicher Abnützung der Bestandsache gegen den Bestandnehmer zustehen. (T2) <br/>Veröff: SZ 71/169

7 Ob 120/99vOGH12.05.1999

Auch; nur T2

1 Ob 195/01kOGH22.10.2001

Auch; nur T2

10 Ob 10/05aOGH22.03.2005

Auch; Beisatz: Die einjährige Frist des § 1111 ABGB bezieht sich auf den Sonderfall der Geltendmachung des Ersatzes von Beschädigungen (Veränderungen) des Bestandobjekts, nicht auf die Verletzung von anderen Pflichten aus einem Bestandverhältnis. Vom Gesetzeswortlaut und -zweck her betrachtet unterliegt ein Anspruch aus culpa in contrahendo (der darauf beruht, dass eben kein Bestandverhältnis zustande gekommen ist) nicht der einjährigen Frist des § 1111 ABGB. (T3)

4 Ob 220/07tOGH22.01.2008

nur T2; Beis ähnlich wie T3; Beisatz: Hier: Aufwand für Entfernung von Sondermüll auf dem Bestandobjekt. (T4)

10 Ob 63/08zOGH14.10.2008

Auch; Beisatz: Der Zweck der Vorschrift des § 1111 ABGB liegt darin, die Ansprüche des Bestandgebers nach Rückstellung der Bestandsache möglichst rasch einer Klärung zuzuführen. (T5)<br/>Beisatz: Es handelt sich um eine Präklusivfrist, die auch für Ersatzansprüche wegen Nichtwiederherstellung des ursprünglichen Zustands oder Fehlens von Inventar, nicht aber wegen Verletzung der Rückstellungspflicht oder für Benützungsentgeltansprüche gilt. (T6)

6 Ob 272/08fOGH16.10.2009

Vgl auch; Bem: Hier: Anspruch auf Ersatz des Aufwands zur Beseitigung von Schimmel verneint. (T7)

2 Ob 144/09dOGH28.01.2010

Auch; nur T2; Beis wie T5

6 Ob 25/11mOGH24.11.2011

nur T1; Beis wie T5

1 Ob 131/13sOGH19.09.2013

Auch; nur T1; nur T2

3 Ob 234/13bOGH22.01.2014

Auch

1 Ob 206/19dOGH16.12.2019

Vgl auch

4 Ob 122/22bOGH22.11.2022

Beisatz: Hier: Zur Frage, ob der Vermieter seinen Schaden auch dann binnen der dreißigjährigen Verjährungsfrist nach § 1489 S 2 ABGB geltend machen muss, wenn die einjährige Präklusivfrist gemäß § 1111 ABGB noch nicht abgelaufen ist: <br/><br/>Eine kumulative Einhaltung aller Fristen nach §§ 1111 und 1489 ABGB ist nicht erforderlich. Die Präklusivfrist des § 1111 ABGB soll zwar eine rasche Klärung von Ansprüchen aus dem Bestandverhältnis herbeiführen, aber die Möglichkeit gerichtlicher Durchsetzung nicht jedenfalls zum frühest möglichen Zeitpunkt beenden. Die „lange“ Verjährungsfrist nach § 1489 S 2 ABGB spielt bei Ansprüchen nach § 1111 ABGB folglich keine Rolle. Damit kann der Vermieter seine Schadenersatzansprüche gegen den Mieter gemäß § 1111 ABGB binnen einem Jahr ab Rückstellung des Bestandgegenstands auch noch dann geltend machen, wenn der Schaden schon mehr als 30 Jahre zuvor verursacht wurde. Eine analoge Anwendung der in § 1489 S 2 ABGB geregelten absoluten Verjährungsfrist für allgemeine Schadenersatzansprüche findet in diesem Zusammenhang nicht statt. (T8)

Dokumentnummer

JJR_19910710_OGH0002_0010OB00023_9100000_001