OGH 4Ob258/98i

OGH4Ob258/98i20.10.1998

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kodek als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Graf, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr. Griß und Dr. Schenk sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Vogel als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. Manfred W*****, vertreten durch Mag. Klaus Tusch und andere Rechtsanwälte in Feldkirch, wider die beklagte Partei T***** Aktiengesellschaft, *****, vertreten durch Dr. Hannes Pflaum und Dr. Peter Karlberger, Rechtsanwälte in Wien, wegen S 238.945,65 s.A., infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Feldkirch als Berufungsgericht vom 5. Mai 1998, GZ 2 R 167/98v-11, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Feldkirch vom 11. Februar 1998, GZ 7 C 1769/97a-7, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 11.430.- (darin S 1.905.- USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Rechtsvorgänger des Klägers hat mit Mietvertrag vom 2. 7. 1965, ergänzt mit Vertrag vom 31. 3. 1992, der Rechtsvorgängerin der Beklagten Teile des Hauses G*****, S*****weg 22 (ehemals Gasthof Z*****), vermietet. Nach dem Mietvertrag war die Mieterin berechtigt, bauliche Änderungen am Mietgegenstand vorzunehmen; sie war aber auch verpflichtet, bei Beendigung des Mietverhältnisses den früheren Zustand wiederherzustellen. Das Mietverhältnis wurde mit 31. 12. 1995, hinsichtlich der Büroräume am 31. 1. 1996, beendet.

Mit Klage vom 21. 11. 1997 begehrt der Kläger zuletzt S 210.491,59 s. A. als Kosten der Wiederherstellung des früheren Zustandes des Mietobjektes zuzüglich S 28.454,06 s.A. als Benützungsentgelt für 22 Monate infolge verspäteter Entfernung des Öltanks aus dem Keller. Die Beklagte habe den Mietgegenstand zurückgestellt, ohne vorher die - vertraglich erlaubten - baulichen Änderungen wieder rückgängig gemacht zu haben. Der im Keller aufgestellte Öltank sei erst im November 1997, also lange nach Beendigung des Mietverhältnisses, entfernt worden; für diesen Zeitraum titelloser Benützung stehe dem Kläger ein Benützungsentgelt zumindest in der Höhe des bisherigen Entgelts für den Tankraum zu.

Die Beklagte beantragt Klageabweisung und wendet ein, der Kläger habe das Bestandobjekt unbeanstandet und ohne Vorbehalte zurückgenommen und bei Übernahme der Schlüssel auf die Wiederherstellung des früheren Zustandes verzichtet; auch sei sein Recht, Ersatzansprüche zu verlangen, gem. § 1111 ABGB infolge Ablaufs der Jahresfrist präkludiert. Ein allfälliger Anspruch auf Benützungsentgelt sei gegenüber der Firma Zima geltend zu machen, die im Dezember 1996 die Nachbarliegenschaft erworben habe, welche auch mit Hilfe des im Objekt des Klägers befindlichen Öltanks beheizt worden sei.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es stellte fest, daß die Vermieterin im Zuge des Mietverhältnisses verschiedene Umbauarbeiten im Mietobjekt durchgeführt habe (Abtragung von Zwischenwänden und Teilen der Decke, Errichtung von Büroräumen durch Aufstellen von Holzwänden, Anbringung von Elektroinstallationen über Putz, Ausbau bzw. Versetzen einer Türe, Herstellung eines Durchbruchs in der Decke und Einbau einer gewendelten Holztreppe, Montage von Heizkörpern, Aufstellen eines Öltanks im Keller ua). Ein Verzicht des Klägers auf Wiederherstellung des früheren Zustandes bei Übernahme der Schlüssel anläßlich der Beendigung des Mietvertrages sei nicht erwiesen. Der Kläger habe die Beklagte vielmehr schriftlich dazu aufgefordert und ihr zugleich mitgeteilt, daß auch er seinen eigenen Öltank abbauen lassen wolle, sodaß insoweit eine koordinierte Vorgangsweise zweckmäßig erscheine. Der Abbruch des Öltanks der Mieterin sei erst im Oktober 1997 erfolgt. Die bisher vom Kläger für Renovierungsarbeiten des ehemaligen Bestandobjekts aufgewendeten Kosten überstiegen S 219.409,66 netto.

Rechtlich vertrat das Erstgericht die Ansicht, die vom Kläger geltend gemachte Forderung auf Wiederherstellung des früheren Zustandes der Bestandsache sei ein Schadenersatzanspruch, der der (im Zeitpunkt der Klageeinbringung bereits abgelaufenen) Frist des § 1111 ABGB unterliege. Ein Benützungsentgelt für das Verbleiben des Öltanks im Keller sei nicht berechtigt, weil das Zurückstellen des Bestandobjektes in vertragswidrigem Zustand nicht bedeute, daß das Bestandobjekt nicht als zurückgestellt anzusehen wäre.

Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung. Es teilte die Rechtsauffassung des Erstgerichtes und sprach zunächst aus, daß die ordentliche Revision nicht zulässig sei. Auf Antrag des Klägers änderte es diesen Ausspruch in der Folge dahin ab, daß es die ordentliche Revision für zulässig erachtete.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision des Klägers ist zulässig, weil höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage fehlt, ob auch die Kosten der Wiederherstellung des vorigen Zustandes eines Bestandobjektes nach vertraglich gestattetem Umbau der Jahresfrist des § 1111 ABGB unterliegen; sie ist aber nicht berechtigt.

I. Zum Anspruch auf Benützungsentgelt

Bei unbeweglichen Sachen erfordert die rechtlich einwandfreie Zurückstellung des Bestandobjekts, daß dem Bestandgeber die Innehabung und tatsächliche Verfügungsmöglichkeit über den Bestandgegenstand eingeräumt wird und die dem Bestandnehmer gehörenden Fahrnisse vollständig aus den Bestandräumlichkeiten entfernt werden; die Räumung und Übergabe der Bestandsache umfaßt bei versperrbaren Objekten auch die Schlüsselübergabe (MietSlg 24.153; JBl 1986, 257; SZ 60/229; JBl 1989, 527 ua). Im Sinne dieser Ausführungen wurde das Bestandobjekt nicht einwandfrei zurückgestellt, weil zwar die Schlüssel übergeben worden sind, ein Öltank der Bestandnehmerin in den Bestandräumlichkeiten aber zurückgeblieben ist. Demnach wäre ein Verwendungsanspruch des Klägers (auf ein angemessenes Benützungsentgelt) gemäß § 1041 ABGB nicht von vornherein ausgeschlossen. Für den Zuspruch eines solchen Benützungsentgelts kommt es aber allein auf den Entgang der Nutzungschance des Eigentümers an (MietSlg 45.072 ua). Der Bestandnehmer, der die Rückstellung der Bestandsache verzögert, hat für die Zeit der vertragswidrigen Weiterbenützung ein Entgelt in der Höhe des bisherigen oder eines sonst angemessenen Bestandzinses weiter zu zahlen. Diese Verpflichtung als Folge des Zuwiderhandelns gegen die Rückstellungspflicht beruht auf § 1041 ABGB; es handelt sich dabei um keinen Schadenersatzanspruch, weshalb weder ein Verschulden des früheren Bestandnehmers noch ein Schaden des Eigentümers vorausgesetzt ist. In der neuesten Rechtsprechung wird auch die Höhe des Benützungsentgelts mit jener des vorher zu zahlenden Mietzinses keinesfalls gleichgesetzt. Der titellose Benützer einer fremden Sache hat vielmehr ein angemessenes Benützungsentgelt zu leisten, für dessen Höhe der früher zu entrichtende Bestandzins (nur) Anhaltspunkte liefert (SZ 58/104; 1 Ob 595/90; SZ 65/61 ua).

Mangels eines entsprechenden Vorbringens kann im vorliegenden Fall ein Benützungsentgelt nicht zuerkannt werden. Entscheidend ist nämlich immer nur, auf welche Tatsachen der Kläger seine Forderung gründet. Er hat die rechtserzeugenden Tatsachen (= den Klagegrund), auf die sich sein Anspruch stützt, knapp, aber vollständig anzugeben (§ 226 Abs 1 ZPO). Die von ihm behauptete Rechtsfolge muß sich aus diesem Vorbringen ableiten lassen. Maßgeblich sind also der vom Kläger vorgetragene Sachverhalt und die hiefür angegebenen Tatsachen (MietSlg 38.775 f). Der Kläger hat nun im vorliegenden Fall kein Vorbringen dahin erstattet, aus welchem Grund ihm ein Benützungsentgelt zustehe; er hat bloß darauf hingewiesen, daß die Beklagte einen Öltank im Keller zurückgelassen habe. Inwiefern ihm aber dadurch die Nutzung des Mietobjekts entgangen sein soll, hat er nicht dargestellt. Es kommt aber in diesem Zusammenhang - wie schon oben ausgeführt - allein auf den Entgang der Nutzungschance des Eigentümers an. Keinesfalls kann die Tatsache, daß vor Auflösung des Mietverhältnisses ein Bestandzins zu entrichten war, einen Anhaltspunkt dafür bieten, daß dem Kläger Benützungsentgelt - selbst in der Höhe des vormaligen Bestandzinses - gebühre. Es mangelt sohin bereits an entsprechendem Sachvorbringen des Klägers, um die Frage eines ihm allenfalls gebührenden Benützungsentgelts im vorliegenden Verfahren prüfen zu können. Die Vorinstanzen haben diesen Teil des Klagebegehrens deshalb frei von Rechtsirrtum abgewiesen. In diesem Umfang war die angefochtene Entscheidung somit als Teilurteil zu bestätigen.

II. Zum Anspruch auf Wiederherstellung des früheren Zustandes

Der Revisionswerber vertritt die Ansicht, der Gesetzgeber habe keineswegs sämtliche Ansprüche aus vertragswidriger Rückgabe eines Bestandobjektes der Bestimmung des § 1111 ABGB unterstellt, sondern nur solche wegen schuldhafter Beschädigung oder mißbräuchlicher Abnützung, bei denen (wegen der Gefahr, daß der Mieter derartige Verstöße zu verbergen suche) ein erhöhtes Verkehrsschutzbedürfnis bestehe; vertraglich gestattete Umbauarbeiten fänden demgegenüber in aller Öffentlichkeit statt, seien einfach nachzuweisen und machten keine rasche Aufklärung nach Rückgabe des Bestandobjekts erforderlich. Der Senat hat dazu erwogen:

§ 1111 ABGB normiert eine verschuldensabhängige Haftung des Bestandnehmers für Beschädigung oder mißbräuchliche Abnützung des Bestandobjekts und befristet darauf gestützte Ersatzansprüche auf gerichtliche Geltendmachung mit einem Jahr ab Zurückstellung des Bestandobjekts. Lehre und Rechtsprechung sehen den Zweck dieser Norm übereinstimmend darin, daß nach Rückstellung des Bestandobjektes möglichst rasch endgültig geklärt werden soll, ob dem Bestandgeber Ansprüche wegen Beschädigung oder mißbräuchlicher Abnützung der Bestandsache gegen den Bestandgeber zustehen (Binder in Schwimann ABGB**2 Rz 9 zu § 1111; ecolex 1992, 90; RZ 1993/61; SZ 64/91 mwN; SZ 64/157).

Die Rechtsprechung hat den Anwendungsbereich dieser Norm für solche Schadenersatzansprüche bejaht, die auf vorsätzlicher Beschädigung (WoBl 1991/139), auf der vereinbarten Übernahme einer Zufallshaftung (SZ 41/82), auf einer im Mietvertrag sonst getroffenen Sonderabrede (MietSlg 27.195) oder auch auf dem gänzlichen Fehlen von Inventarstücken (SZ 37/165; SZ 60/229 = JBl 1988, 245; SZ 64/157) beruhen, und hat auch Vertretungskosten zur Durchsetzung derartiger Schadenersatzansprüche der Einjahresfrist unterstellt (MietSlg 37.167).

Ausdrücklich abgelehnt wurde hingegen, § 1111 ABGB auch auf Schadenersatzansprüche anzuwenden, die nicht aus der Beschädigung der Bestandsache, sondern aus der Verletzung sonstiger Vertragspflichten abgeleitet werden (MietSlg 24.154: unterlassener Abschluß einer Brandschadenversicherung), auf den Anspruch auf Rückstellung des Bestandobjektes selbst oder der daraus entfernten Inventargegenstände (SZ 60/229 = JBl 1988, 245 = MietSlg 39.149; SZ 60/229) sowie auf Übergabe des vertragsgemäß verbrauchten, aber in gleicher Art und Zahl zurückzustellenden Inventars (SZ 8/38: Holzvorrat; MietSlg 17.180).

Im deutschen Recht fehlt zur angesprochenen Frage eine völlig idente Norm. § 558 Abs 1 BGB enthält zwar eine kurze Verjährungsfrist von sechs Monaten, beschränkt diese aber nach seinem Wortlaut nicht auf Ansprüche aus schuldhafter Beschädigung, sondern gilt ganz allgemein für Ersatzansprüche des Vermieters wegen Veränderungen oder Verschlechterungen der vermieteten Sache sowie des Mieters auf Ersatz von Verwendungen oder auf Gestattung der Wegnahme einer Einrichtung. Diese Bestimmung wird von Lehre und Rsp sehr weit ausgelegt (Emmerich in Staudinger BGB13 Rz 2 zu § 558), sodaß sie insbesondere auch dann Anwendung findet, wenn der Mieter die Sache aufgrund des Vertrages umgestalten durfte, sie jedoch bei Vertragsende wieder in den früheren Zustand versetzen mußte (Emmerich aaO Rz 13; BGH NJW 1980, 389 mwN).

Anzusetzen ist beim Wortlaut des § 1111 ABGB, der an eine Beschädigung bzw. mißbräuchliche Abnützung des Bestandobjektes durch den Bestandnehmers eine verschuldensabhängige Haftung knüpft, die binnen Jahresfrist nach Rückstellung des Bestandobjektes gerichtlich geltend zu machen ist. Die auszulegende Norm stellt also ausdrücklich auf alle solche Veränderungen des Bestandobjektes ab, die - aus der Sicht des Bestandgebers gesehen, dem ja das Bestandobjekt zurückzustellen ist - als Schaden zu beurteilen sind. Darunter fallen aber nicht etwa nur die Verunreinigung oder Devastierung des Bestandobjektes; auch solche willentlichen Veränderungen des Bestandobjektes, die geeignet sind, den Gebrauchsnutzen des Bestandobjektes für den Bestandnehmer zu steigern, wie etwa Umbauarbeiten (die Errichtung von Zwischenwänden, der Einbau von Verbindungstüren, die Verlegung zusätzlicher Installationsleitungen uä) führen nämlich dann zu einem Schaden iS eines geldwerten Nachteils für den Bestandgeber, wenn sie zum Zeitpunkt der Beendigung des Vertragsverhältnisses noch vorliegen und auf Kosten des Bestandgebers wieder rückgängig gemacht werden müssen. Dabei macht es keinen Unterschied, ob der Bestandnehmer zur Vornahme solcher Veränderungen vertraglich berechtigt war oder nicht: Entscheidend ist in diesem Zusammenhang allein der schadensstiftende Verstoß gegen die dem Bestandnehmer vertraglich auferlegte Pflicht, das Bestandobjekt dem Bestandgeber wieder im ursprünglichen Zustand zurückzustellen. Diese Auslegung hält sich auch im Rahmen der von der Lehre billigten Rechtsprechung, daß die Jahresfrist des § 1111 ABGB für alle Ersatzansprüche gilt, die aus der Verletzung von Vertragsbestimmungen abgeleitet werden (Ehrenzweig**2 II/1, 460; Würth in Rummel ABGB**2 Rz 5 zu § 1111; Klang in Klang**2 V 95; JBl 1924, 45; SZ 41/82; SZ 43/142; NRsp 1988/135).

Es unterliegen demnach der Frist des § 1111 ABGB auch Ansprüche des Vermieters gegen den Mieter, der abredewidrig das von ihm mit Erlaubnis des Vermieters durch Umbauarbeiten veränderte Bestandobjekt bei Vertragsbeendigung nicht wieder in den früheren Zustand zurückversetzt hat. Die Vorinstanzen haben deshalb die auf diesen Sachverhalt gestützten Ersatzansprüche des Klägers zutreffend als verfristet abgewiesen.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41, 50 Abs 1 ZPO.

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