OGH 15Os175/08m (RS0124514)

OGH15Os175/08m21.1.2009

Rechtssatz

Eine weitere Voraussetzung für einen Anspruch nach § 7 Abs 1 MedienG ist, dass die Erörterung oder Darstellung des höchstpersönlichen Lebensbereichs in einer Weise erfolgt, die geeignet ist, den Betroffenen in der Öffentlichkeit bloßzustellen.

Normen

MedienG §7 Abs1
MRK Art8 IV3e

15 Os 175/08mOGH21.01.2009

Beisatz: Auf eine tatsächlich eingetretene Ansehensminderung oder Gefährdung des Rufes des Betroffenen kommt es nicht an; bloßstellend kann auch eine Veröffentlichung privater Angelegenheiten sein, die weder subjektiv noch objektiv die Gefahr einer negativ abwertenden Einschätzung durch die Umwelt nach sich zieht. Der Eingriff in das Persönlichkeitsrecht liegt schon darin, dass der Einzelne gezwungen wird, sich mit öffentlicher Neugierde, unerwünschter Anteilnahme oder ungebetenem Mitleid in einer Angelegenheit seiner Intimsphäre auseinanderzusetzen. Entscheidend ist letztlich, inwieweit durch die Preisgabe höchstpersönlicher Umstände und Tatsachen die Möglichkeit des Einzelnen, über das der Umwelt eröffnete Persönlichkeitsbild selbst zu bestimmen, beschnitten wird. (T1)<br/>Beisatz: Bei der Prüfung der Bloßstellungseignung nach Art eines beweglichen Systems ist der betroffene private Bereich stets im Verhältnis zur Darstellung zu beurteilen. Je reißerischer die Textierung und Aufmachung einer solchen ist, je eher sie darauf abzielt, beim Rezipienten eine bestimmte Bewertung hervorzurufen, desto eher ist sie im Vergleich zu einer reinen Sachinformation als bloßstellend anzusehen. (T2)

15 Os 81/09iOGH19.08.2009

Auch; Beis wie T2; Beisatz: Der Schutzbereich des § 7 Abs 1 MedienG ist nicht statisch auf den engsten Kreis der menschlichen Intimsphäre beschränkt. (T3)<br/>Beisatz: Es werden - unter der Voraussetzung der konkreten Eignung der Art und Weise der medialen Erörterung oder Darstellung zur Bloßstellung - auch nicht der engsten Intimsphäre zuzuordnende Angelegenheiten des Privatlebens, mithin auch Gegebenheiten der sogenannten „Privatöffentlichkeit" erfasst. (T4)<br/>Beis wie T1

15 Os 32/09hOGH19.08.2009

Beis wie T3; Beisatz: Da bei Angelegenheiten der intimsten Sphäre bereits jede Informationsteilhabe durch Außenstehende per se eine Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs bedeutet, mithin bereits die mediale Indiskretion ohne weiteres bloßstellend wirkt, wäre diesfalls die gesonderte Umschreibung des spezifischen Verletzungstatbestands nach § 7 MedienG durch Hinzufügung des Tatbestandsmerkmals der Bloßstellung entbehrlich. (T5)<br/>Beis wie T4

15 Os 5/09pOGH19.08.2009

Beisatz: Die Bestimmung des § 7 Abs 1 MedienG schützt nicht das gesamte private Leben eines Menschen, der höchstpersönliche Lebensbereich umfasst vielmehr nur solche Angelegenheiten, deren Kenntnisnahme durch Außenstehende die persönliche Integrität im besonderen Maß berührt. Dazu gehören vor allem das Leben in der Familie, die Gesundheitssphäre und das Sexualleben, aber auch Kontakte mit engsten Vertrauten. (T6)<br/>Beis wie T1; Beisatz: Dabei spielt auch das Erscheinungsbild und der Ton einer Publikation eine Rolle. (T7)<br/>Beis wie T2; Beisatz: Die konkrete Gestaltung der Beziehung von Ehegatten zueinander ist ebenso wie deren - mitunter konfliktbeladene - Kommunikation im häuslichen Bereich dem engsten Kernbereich der Privatsphäre zuzuordnen. Die mediale Verbreitung von diesbezüglichen Informationen ist daher in jedem Fall bloßstellend. Wird durch solche Mitteilungen darüber hinaus ein Charakterbild gezeichnet, dem die Gesellschaft mit Geringschätzung und Abwertung begegnet, wird die Bloßstellungseignung noch verstärkt. (T8)

15 Os 6/09kOGH19.08.2009

Auch; Beisatz: Das Unterhalten privater Beziehungen zählt zur relativ geschützten Privatsphäre. (T9)<br/>Beisatz: Verwiesen wird ausdrücklich auf 15 Os 175/08m. In dieser Entscheidung werden Anwendungsbereich und Grenzen des höchstpersönlichen Lebensbereichs sowie die sich aus Art 10 MRK ergebenden Beschränkungen des durch § 7 MedienG gewährten Schutzes des Privat- und Familienlebens nach Art 8 MRK erörtert. (T10)

15 Os 98/10sOGH16.03.2011

Vgl auch; Beis wie T1; Beis ähnlich wie T5; Beisatz: Für die Beurteilung der Eignung zur Bloßstellung iSd § 7 MedienG spielt auch Erscheinungsbild und Ton einer Publikation eine Rolle. Je reißerischer die Textierung und Aufmachung einer Darstellung ist, je eher sie darauf abzielt, beim Rezipienten eine bestimmte Bewertung hervorzurufen, desto eher ist sie im Vergleich zur reinen Sachinformation als bloßstellend anzusehen. Ob die Berichterstattung „zu Gunsten“ der Person erfolgt und ihr allenfalls zum Vorteil gereicht, ist rechtlich irrelevant. (T11)

15 Os 121/11zOGH21.09.2011

Vgl auch; Beis ähnlich wie T5; Beisatz: Das Tatbestandselement der Eignung zur Bloßstellung beschreibt die Gefahr einer mit dem medialen Eindringen in eine schutzwürdige Privatsphäre verbundenen Beschädigung der persönlichen Integrität. (T12)<br/>Beisatz: Bezogen auf das Schutzgut der Privatsphäre wirken insbesondere jene Darstellungen bloßstellend, die dem Einzelnen die Chance auf Selbstbestimmung über das der Umwelt eröffnete Persönlichkeitsbild nehmen. (T13)<br/>Beisatz: Hier wurde die Bloßstellungseignung unabhängig von der Darstellungsform bejaht. (T14)

15 Os 116/11iOGH21.09.2011

Vgl auch; Beis ähnlich wie T5

15 Os 11/13aOGH13.11.2013

Auch; Beis wie T1

4 Ob 216/13pOGH20.01.2014

Vgl auch; Beisatz: Hier: Keine unzulässige Bildnisveröffentlichung nach § 78 UrhG. (T15)

4 Ob 124/13hOGH17.02.2014

Vgl auch

15 Os 28/15dOGH25.03.2015

Auch; Beis wie T5; Beis wie T7; Beis wie T11; Beis wie T12; Beis wie T13; Beis wie T14; Beisatz: Ein Bericht, wonach ein Kindesvater die Kindesmutter vor den Augen der gemeinsamen (minderjährigen, im Kindergartenalter befindlichen) Tochter tötete, betrifft den engsten Kernbereich der Privatsphäre des Kindes, sodass die Eignung zur Bloßstellung unabhängig von der Art der Publikation zu bejahen ist. (T16)

15 Os 53/15fOGH29.04.2015

Vgl; Beis wi eT5; Beis wie T7; Beis wie T11; Beis wie T12; Beis wie T13

Dokumentnummer

JJR_20090121_OGH0002_0150OS00175_08M0000_001