OGH 10ObS239/98i (RS0110714)

OGH10ObS239/98i15.9.1998

Rechtssatz

Allgemeinkundig sind nur jene Tatsachen, die einer beliebig großen Anzahl von Menschen bekannt oder doch ohne Schwierigkeiten jederzeit zuverlässig wahrnehmbar sind. Gemeint sind zum Beispiel Erfahrungssätze der allgemeinen Lebenserfahrung, geographische Tatsachen oder Ereignisse des Zeitgeschehens; ebenso wird man etwa die Tatsachen einer Eintragung im Firmenbuch oder Grundbuch als notorisch ansehen können.

Bem: Vgl nunmehr RS0111112

 

Normen

ZPO §269

10 ObS 239/98iOGH15.09.1998
3 Ob 224/97fOGH11.11.1998

Vgl; Beisatz: Der Umstand, dass ein Register (Firmenbuch, Grundbuch) öffentlich ist, bedeutet nicht, dass die dem Register zu entnehmenden Tatsachen allgemein bekannt oder auch nur gerichtskundig sind. Die Gerichtskundigkeit erfordert, dass der Richter die Tatsache kennt, ohne erst in bestimmte Unterlagen Einsicht nehmen zu müssen; andernfalls kann er nämlich nicht als "kundig" angesehen werden. Es reicht auch nicht aus, wenn Tatsachen ohne weiteres aus den Akten desselben Gerichtes zu ersehen sind (so schon 3 Ob 2122/96x). (T1)

9 ObA 326/98aOGH23.12.1998

Vgl aber; Beis wie T1; Beisatz: Nur dieses Verständnis des § 269 ZPO entspricht auch der Bestimmung des § 133 Abs 2 EO, die darin vorgesehene Verpflichtung zur Vorlage einer Grundbuchsabschrift wäre überflüssig, wenn der Inhalt des Grundbuchs eine offenkundige Tatsache im Sinn des § 269 ZPO wäre. (T2)

4 Ob 129/99wOGH22.06.1999

Auch; Beis wie T1 nur: Die Gerichtskundigkeit erfordert, dass der Richter die Tatsache kennt, ohne erst in bestimmte Unterlagen Einsicht nehmen zu müssen. (T3)<br/>Beisatz: Dies gilt genauso für Tatsachen, die in Amtsblättern bekanntzumachen sind. (T4)

9 Ob 174/99zOGH09.07.1999

Vgl aber; Beis wie T1 nur: Der Umstand, dass ein Register (Firmenbuch, Grundbuch) öffentlich ist, bedeutet nicht, dass die dem Register zu entnehmenden Tatsachen allgemein bekannt oder auch nur gerichtskundig sind. (T5)<br/>Beisatz: Dass jemand Kaufmann kraft Eintragung im Firmenbuch ist, ist mangels Offenkundigkeit zu behaupten. (T6)

9 ObA 89/00dOGH12.07.2000

Vgl aber; Beis wie T1

6 Ob 36/00pOGH05.10.2000

Auch; Beis wie T5; Beisatz: Dass sich die wahren Miteigentumsverhältnisse am dienenden Gut aus dem Grundbuchstand ergeben, besagt daher noch nicht, dass damit dem Gericht und den Gegnern klar sein musste, der Kläger habe schon mit seiner Klage auch die nun als Dritt- und Viertbeklagte bezeichneten Personen in Anspruch nehmen wollen. (T7)

4 Ob 153/03hOGH08.07.2003

Auch; Beis wie T3

9 Ob 143/03zOGH03.12.2003

Vgl; Beis wie T5

9 ObA 93/04xOGH11.02.2004

Vgl; Beis wie T5

10 ObS 277/03pOGH10.02.2004

Auch; Beisatz: Bei zweifelbarer Offenkundigkeit muss den Parteien Gelegenheit geboten werden, den Beweis der Unrichtigkeit einer vom Gericht als offenkundig beurteilten Tatsache anzutreten. (T8)

6 Ob 147/05vOGH01.12.2005

Vgl; Beis wie T8; Beisatz: Hier: Unklar blieb, ob damit gemeint ist, dass dieser Umstand dem erkennenden Richter aus seiner amtlichen Wahrnehmung bekannt ist oder ob er sein Privatwissen verwertete. (T9)

9 ObA 119/06zOGH19.12.2007

Vgl auch; Beisatz: Offenkundigkeit einer Tatsache im Sinn des § 269 ZPO setzt voraus, dass sie ohne besonderes Fachwissen einem großen Personenkreis bekannt ist. (T10)

3 Ob 115/08wOGH11.06.2008

Vgl aber; Beis wie T5

5 Ob 168/08dOGH09.12.2008

Vgl aber; Beis wie T1; Beis wie T5

3 Ob 28/09bOGH22.04.2009

Beisatz: Hier: § 33 Abs 1 AußStrG. (T11)<br/>Beisatz: Die auf keiner Sachverhaltsgrundlage und auf keiner allgemeinkundigen Tatsache basierende Annahme höherer Wohnungskosten in Deutschland rechtfertigt den Abzug sämtlicher Wohnungskosten des Vaters von der Unterhaltsbemessungsgrundlage nicht. (T12)

5 Ob 6/10hOGH22.06.2010

Vgl; Beisatz: Allgemeinkundigkeit einer Tatsache setzt voraus, dass sie ohne besondere Fachkenntnisse einer beliebig großen Anzahl von Menschen bekannt oder doch ohne Schwierigkeiten jederzeit zuverlässig wahrnehmbar ist. (T13)

1 Ob 210/10dOGH23.02.2011

Auch; Beis wie T10

4 Ob 189/14vOGH16.12.2014

Beisatz: Es ist kein Grund ersichtlich, weshalb die für das Patent‑ und Markenrecht zuständigen Behörden ihre Entscheidungen nicht auch auf offenkundige („notorische“) Tatsachen stützen dürften. (T14)

6 Ob 38/17gOGH29.03.2017

Auch; nur: Allgemeinkundig sind nur jene Tatsachen, die einer beliebig großen Anzahl von Menschen bekannt oder doch ohne Schwierigkeiten jederzeit zuverlässig wahrnehmbar sind. Gemeint sind zum Beispiel Erfahrungssätze der allgemeinen Lebenserfahrung, geographische Tatsachen oder Ereignisse des Zeitgeschehens. (T15)

8 Ob 48/17tOGH24.08.2017

Auch; Beis wie T3; nur: Allgemeinkundig sind Tatsachen, die einer beliebig großen Anzahl von Menschen bekannt oder doch ohne Schwierigkeiten jederzeit zuverlässig wahrnehmbar sind. (T16)<br/>Beisatz: Demgegenüber sind gerichtskundige Tatsachen dem Gericht aus eigener amtlicher Wahrnehmung bekannt, ohne dass erst in bestimmte Unterlagen Einsicht genommen werden müsste. (T17)<br/>Veröff: SZ 2017/85

3 Ob 205/17vOGH21.03.2018

Auch; Beis wie T1

Dokumentnummer

JJR_19980915_OGH0002_010OBS00239_98I0000_003

Stichworte