Spruch:
Der Revision wird Folge gegeben.
Die Urteile der Vorinstanzen werden aufgehoben. Die Rechtssache wird zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.
Text
Begründung
Die am 31. 5. 1990 geborene Klägerin war Alleinerbin nach ihrem am 21. 10. 1997 verstorbenen Vater. Nach Einantwortung überwies die Gerichtskommissärin 285.969,72 ATS (20.782,23 EUR) auf ein auf den Namen der Klägerin lautendes Mündelkonto.
Nach einem Wohnsitzwechsel sprach die Mutter der Klägerin am 2. 3. 2000 beim Bezirksgericht ***** als dem zuständigen Pflegschaftsgericht vor, weil sie das Vermögen der damals Minderjährigen in einem Immobilienfonds bis zu deren Volljährigkeit, also über einen Zeitraum von acht bis neun Jahren, anlegen wollte. Die Klägerin hatte zu diesem Zeitpunkt über den ererbten Bargeldbetrag hinausgehend kein nennenswertes Vermögen. Anlässlich ihrer Vorsprache legte die Mutter der Klägerin die Seiten 1 und 24 eines insgesamt 24 Seiten umfassenden Gutachtens des Nebenintervenienten, eines allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Sachverständigen für die Fachgebiete Börsewesen, Bankwesen, Buchführung, Bilanzierung, Jahresabschluss und Personalverrechnung vor. Der Nebenintervenient hatte dieses Gutachten im Auftrag der C***** AG zur Beurteilung der Mündelsicherheit einer Geldanlage in Aktien der I***** AG erstellt. Darin ist unter Punkt 1. „Auftrag und Unterlagen“ unter anderem festgehalten:
„Ein solches Gutachten kann eine Mündelsicherheit dieser Aktien nicht feststellen. Ein positives Gutachten stellt jedoch gemäß § 230e ABGB die Voraussetzung für die Genehmigung eines Erwerbs solcher Wertpapiere durch das Vormundschafts- oder Pflegschaftsgericht dar.“
Unter Punkt 6. „Gutachten“ wird festgehalten:
„Gemäß § 230d ABGB sind zur Anlegung von Mündelgeld inländische Liegenschaften geeignet, wenn sich ihr Wert nicht wegen eines darauf befindlichen Abbaubetriebes ständig oder beträchtlich vermindert und sie nicht ausschließlich oder überwiegend industriellen oder gewerblichen Zwecken dienen. Gemäß § 230e Abs 1 ABGB ist die Anlegung von Mündelgeld im Falle des Erwerbs von Wertpapieren zu genehmigen, wenn sie nach den Verhältnissen des Einzelfalles den Grundsätzen einer wirtschaftlichen Vermögensverwaltung entspricht.
Unter diesen Voraussetzungen sind gemäß § 230e Abs 2 Z 1 ABGB Wertpapiere, die in § 230b ABGB nicht genannt sind, zur Anlegung von Mündelgeld geeignet, sofern dafür vorgesorgt ist, dass die Verwaltung der Wertpapiere einschließlich eines Verkaufes, falls dies durch die Marktlage geboten sein sollte, sachkundig vorgenommen wird.
Die Aktien der I***** AG verbriefen keine direkten Rechte in Liegenschaften. Die mit den Geldern über Beteiligungen indirekt angeschafften Liegenschaften beinhalten keine Industriegrundstücke und keine überwiegend gewerblich genutzten Grundstücke, sodass den Veranlagungsbeschränkungen gemäß § 230d ABGB - für diese indirekte Veranlagung - entsprochen ist. Aus der Analyse des Gegenstands und den Unternehmenszielen der I***** AG und der für die Zukunft zu erwartenden Entwicklung der Mietpreise ist anzunehmen, daß die Aktien der I***** AG ihren Wert dauerhaft erhalten.
Nach Meinung des Sachverständigen sind daher Aktien der I***** AG derzeit gemäß § 230e ABGB zur Anlegung von Mündelgeld geeignet.“
Ausschließlich auf Grundlage des auszugsweise vorgelegten Gutachtens wies das Bezirksgericht mit Beschluss vom 13. 3. 2000 die bisher kontoführende Bank an, das Mündelgeld an die C***** AG mit der Widmung „mj A***** W***** Immobilienfonds“ einzuzahlen und hierüber sowie über den Kontostand zum gegebenen Zeitpunkt zu berichten. Die I***** AG wurde angewiesen, den Betrag von 285.000 ATS in Immobilienfonds, langfristig, lautend auf „Mündelgeld mj A***** W*****“, anzulegen und gerichtlich zu sperren.
Die Klägerin begehrt 22.297,36 EUR sA als Ersatz für jenen Schaden, der ihr unter Berücksichtigung von Alternativanlagen dadurch entstanden sei, dass die mit dem Mündelgeld erworbenen Wertpapiere einen massiven Kursverlust erlitten hätten, sodass sie nur noch einen Verkaufserlös von 3.538,45 EUR lukrieren habe können. Das Pflegschaftsgericht hätte die Genehmigung erst nach Anhörung eines Sachverständigen für das Börse- oder Bankwesen erteilen und sich nicht mit dem vorgelegten Privatgutachten begnügen dürfen. Die allein auf dieses gestützte Veranlagung des gesamten Mündelgelds beruhe auf einer unvertretbaren Rechtsauffassung. Das Pflegschaftsgericht habe sich offenbar mit der Frage, ob die konkret beabsichtigte Veranlagung des gesamten Vermögens überhaupt in ihrem Interesse gelegen gewesen sei, nicht auseinandersetzt.
Der beklagte Bund wendete ein, in Anbetracht des vorgelegten Gutachtens habe das Pflegschaftsgericht in zumindest vertretbarer Weise davon ausgehen können, dass die Voraussetzungen des § 230e ABGB erfüllt gewesen seien. Auch bei Anhörung eines Sachverständigen iSd § 230e ABGB wäre die gewählte Anlageform pflegschaftsgerichtlich zu genehmigen gewesen, weil diese aus damaliger Sicht einer wirtschaftlichen Vermögensverwaltung entsprochen habe. Die Klägerin habe ihrer Verpflichtung zur Schadensminderung nicht entsprochen, weil sie die Aktien im Februar 2009 zu einem äußerst niedrigen Kurswert und damit zur Unzeit veräußert habe. Ein Zuwarten mit dem Verkauf wäre ihr zumutbar gewesen.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Dem Pflegschaftsgericht könne der Umstand, dass es seiner Entscheidung alleine das von der Mutter der Klägerin vorgelegte Gutachten zugrunde gelegt habe, ohne ein - mit Kosten verbundenes - gerichtliches Sachverständigengutachten einzuholen, nicht zum Vorwurf gemacht werden. Der Nebenintervenient sei bereits damals als allgemein beeideter und gerichtlich zertifizierter Sachverständiger in der Liste des Handelsgerichts Wien eingetragen gewesen und als solcher zum eindeutigen Schluss gekommen, dass die konkrete Veranlagung zum Anlegen von Mündelgeldern geeignet sei.
Das Gericht zweiter Instanz gab den Berufungen der Klägerin und des Nebenintervenienten Folge und verurteilte die beklagte Partei zur Zahlung von 22.297,36 EUR sA. Es ergänzte den vom Erstgericht festgestellten Sachverhalt und führte in rechtlicher Hinsicht aus, § 230e ABGB sei ein Schutzgesetz zugunsten des Mündels und verpflichte zur Anhörung eines Sachverständigen vor dem Erwerb von Wertpapieren. Privatgutachten seien keine Sachverständigengutachten im Sinne der ZPO, sodass die Entscheidung des Pflegschaftsgerichts auf einer unvertretbaren Rechtsansicht beruhe. Der Einwand der Beklagten, die gewählte Anlageform wäre auch bei Anhörung eines Sachverständigen iSd § 230e ABGB zu genehmigen gewesen, sei nicht zielführend, weil es einer allgemeinen und weithin bekannten Erfahrungstatsache entspreche, dass die Veranlagung des gesamten Bargeldvermögens in einem einzigen Wertpapier unter dem Gesichtspunkt einer anzustrebenden Risikostreuung, wie sie auch aus § 230 Abs 2 ABGB abzuleiten sei, nicht einer wirtschaftlichen Vermögensverwaltung entspreche. Bei lebensnaher Betrachtungsweise hätte die Beklagte diese Einwendung selbst mit dem von ihr angebotenen Beweismittel eines Sachverständigen nicht unter Beweis stellen können.
Über Antrag der Beklagten nach § 508 Abs 1 ZPO ließ das Berufungsgericht die ordentliche Revision zu, weil gesicherte Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs dazu fehle, ob der Bestimmung des § 230e ABGB durch Vorlage eines Privatgutachtens genüge getan werde. Die Begründung für das implizit verneinte Mitverschulden der Klägerin sei nur aus Versehen unterblieben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist zulässig und auch im Sinne des hilfsweise gestellten Aufhebungsantrags berechtigt.
1. Die maßgeblichen Grundsätze für die Veranlagung von Mündelgeld sind in § 230 ABGB festgehalten. Danach soll die Anlage sicher und - entsprechend einer wirtschaftlichen Vermögensverwaltung - möglichst fruchtbringend sein. Beide Anlagekriterien, Wertsicherheit und Ertrag, sollen dem Einzelfall gerecht werden und in einem ausgewogenen, dem besonderen Schutzbedürfnis des Minderjährigen entsprechenden Verhältnis zum Tragen kommen (ErläutRV 73 BlgNR 14. GP 7). Dem Bedürfnis nach der Wertsicherheit der Anlage entsprechend sieht Abs 2 des § 230 ABGB bei wirtschaftlicher Zweckmäßigkeit die Streuung der Veranlagung vor. Dadurch soll ein Ausgleich zwischen dem Sicherheits- und dem Ertragszweck erreicht werden, wobei die Streuung wegen der wirtschaftlichen Aspekte schon nach den Erläuterungen zur Regierungsvorlage (ErläutRV aaO 9) im Allgemeinen erst bei größeren Geldbeträgen in Betracht kommen soll. Auch Kathrein (in Fenyves/Kerschner/Vonkilch, Klang 3 § 230 ABGB Rz 9) vertritt die Auffassung, dass die Streuung der Veranlagung wegen der mit den einzelnen Anlageformen verbundenen Kosten und Gebühren nur bei größeren Vermögenswerten sinnvoll und wirtschaftlich zweckmäßig sein wird. Für eine Pflicht zur Streuung des Risikos durch Veranlagung auf mehrere der in den §§ 230a ff genannten Arten bei einem größeren Kapitalbetrag spricht sich auch Hopf (in KBB3 §§ 230-230e Rz 2) aus.
2. Auch die Anlegung von Mündelgeld „in anderer Weise“ im Sinn der Generalklausel des § 230e ABGB soll (in erster Linie) sicher, daneben aber möglichst ertragreich sein (1 Ob 40/99k; 7 Ob 29/10f). Den Erwerb von Wertpapieren [iSd Abs 2 Z 1 leg cit] als Anlage von Mündelgeld darf das Pflegschaftsgericht nur genehmigen, wenn dies nach den Verhältnissen des Einzelfalls den Grundsätzen einer wirtschaftlichen Vermögensverwaltung entspricht. Ob diese Voraussetzungen zutreffen, ist nach Anhörung eines Sachverständigen für das Börsen- oder Bankwesen zu entscheiden. Maßgebend wird dabei sein, ob auch ein Fachmann auf dem Gebiet der Vermögensverwaltung sein Geld auf die vom gesetzlichen Vertreter vorgeschlagene Weise anlegen würde (1 Ob 40/99k; RIS-Justiz RS0111790; ErläutRV BlgNr 14. GP 13 f). Im Fall der Veranlagung nach § 230e ABGB geht es demnach nicht nur um die Prüfung, ob die in Aussicht genommene Veranlagung den konkreten Interessen des Kindes dient, sondern auch ob sie überhaupt den allgemeinen Anforderungen der Mündelsicherheit nach § 230 ABGB entspricht (Hopf aaO Rz 10, 7 Ob 29/10f). Dem beizuziehenden Sachverständigen obliegt die Prüfung, ob dieser Erwerb den in § 230e Abs 1 und in § 230 Abs 1 und 2 ABGB festgelegten Grundsätze für die Anlegung des Mündelgelds entspricht (Kathrein aaO § 230e Rz 7).
3. Die Bestimmung des § 230e ABGB ist ein Schutzgesetz im Sinne des § 1311 ABGB zu Gunsten des Mündels beim Erwerb von Aktien (1 Ob 40/99k; RIS-Justiz RS0111789), sodass bei Vorliegen der sonstigen Haftungsvoraussetzungen auch der bloße Vermögensschaden zu ersetzen ist (RIS-Justiz RS0022813; RS0022462 [T1]).
4. Die Klägerin wirft dem Pflegschaftsgericht vor, dass es die Beiziehung eines Sachverständigen iSd § 230e ABGB unterließ und sich mit der Vorlage von Auszügen aus einem Privatgutachten begnügte.
Eine Haftung des Bundes für diese Vorgangsweise des Pflegschaftsgerichts kommt nach § 1 Abs 1 AHG nur in Betracht, wenn der Klägerin durch diese Unterlassung schuldhaft ein Schaden zugefügt wurde. Besteht die Schadensursache in einer rechtswidrigen Unterlassung, hat der beklagte Rechtsträger zu beweisen, dass die für ihn zur Handlung berufenen Organe die erforderlichen Maßnahmen zur Verhütung des Schadens getroffen hatten; steht die Übertretung eines Schutzgesetzes fest, kann sich der beklagte Rechtsträger von seiner Haftung nur befreien, wenn er mangelndes Verschulden seiner Organe nachweist oder die Kausalität der Pflichtwidrigkeit ernstlich zweifelhaft macht. Die Haftung für die Folgen einer rechtswidrigen Unterlassung ist wegen fehlender Kausalität zu verneinen, wenn der Nachteil, auf dessen Ersatz der Rechtsträger in Anspruch genommen wird, auch bei pflichtgemäßem Tun des Organs eingetreten wäre (Schragel, AHG3 Rz 141; 1 Ob 40/99k mwN).
Die Schutzbestimmung des § 230e ABGB ordnet unmissverständlich an, dass vor Genehmigung des Erwerbs von Wertpapieren, die (wie Aktien) nicht unter § 230b ABGB fallen, ein Sachverständiger für das Börsen- oder Bankwesen anzuhören ist. Damit ist die Beiziehung eines Sachverständigen aus diesem Fachgebiet durch das Pflegschaftsgericht angeordnet, sodass ein dem Gericht - zumal ein, wie im vorliegenden Fall, lediglich auszugsweise - vorgelegtes Privatgutachten, das nicht auf das konkrete Anlagevorhaben des jeweiligen Mündels Bezug nimmt, für die Genehmigung des Erwerbs der Wertpapiere nicht ausreicht.
Ein solches Vorgehen wird dem geforderten „Anhören“, auch wenn darunter nicht zwingend eine mündliche Gutachtenserstattung oder -erörterung zu verstehen ist, nicht gerecht. Das entspricht auch dem Verständnis der Lehre, die vom „Beiziehen“ eines Sachverständigen (Hopf aaO Rz 9; Weizenböck in Schwimann, ABGB3 I § 230e Rz 2) bzw noch deutlicher vom Bestellen eines solchen oder zumindest vom „Beiziehen“ eines solchen als sachverständigen Zeugen (Kathrein aaO Rz 7) spricht. Das folgt auch daraus, dass die Genehmigung nach § 230e Abs 1 ABGB voraussetzt, dass die Anlegung „nach den Verhältnissen des Einzelfalls“ zweckmäßig ist. Allenfalls kann ein solches Privatgutachten als Entscheidungsgrundlage für den vom Gericht beizuziehenden Sachverständigen mitherangezogen werden (3 Ob 79/10d).
5. Das Pflegschaftsgericht hat sich mit der Vorlage von Auszügen eines im Auftrag der C***** AG erstatteten Privatgutachtens begnügt und damit die zwingend vorgeschriebene Anhörung eines Sachverständigen vor Genehmigung des Erwerbs von Wertpapieren unterlassen. Damit hat die Berufungsinstanz zu Recht einen Verstoß eines Organs der Beklagten gegen die Schutzbestimmung des § 230e ABGB angenommen.
6. Die Beklagte hat jedoch schon in erster Instanz eingewendet, die gewählte Anlageform wäre auch bei Anhörung eines Sachverständigen iSd § 230e ABGB pflegschaftsgerichtlich zu genehmigen gewesen, weil sie aus damaliger Sicht (der des Jahres 2000) einer wirtschaftlichen Vermögensverwaltung entsprochen habe und dazu den Beweis durch einen Sachverständigen angeboten. Das Berufungsgericht sah es als allgemein und weithin bekannte Erfahrungstatsache an, dass die Veranlagung des gesamten Bargeldvermögens, insbesondere von Mündelgeld, in einem einzigen Wertpapier unter dem Gesichtspunkt einer anzustrebenden Risikostreuung nicht einer wirtschaftlichen Vermögensverwaltung entsprochen habe, weshalb die Beklagte ihre Behauptungen auch durch einen Sachverständigen nicht unter Beweis stellen hätte können.
7. Die Offenkundigkeit einer Tatsache iSd § 269 ZPO setzt voraus, dass sie ohne besonderes Fachwissen einem großen Personenkreis bekannt ist. Über solche Tatsachen muss sich jedermann aus zuverlässigen Quellen ohne besondere Fachkunde sicher unterrichten können (RIS-Justiz RS0110714 [T10]). Unter § 269 ZPO fallen somit vor allem die Erfahrungssätze der allgemeinen Lebenserfahrung, geographische Tatsachen, historische und politische Vorgänge sowie Ereignisse des Zeitgeschehens (Rechberger in Fasching/Konecny 2 III § 269 ZPO Rz 3 mwN). Wenn die Notorietät einer Tatsache nicht gänzlich außer Zweifel steht, muss das Gericht auch offenkundige Tatsachen mit den Parteien erörtern. Die Verletzung dieser Pflicht kann einen Verfahrensmangel begründen. Auch das Berufungsgericht kann offenkundige Tatsachen ohne Beweisaufnahme ergänzend seiner Entscheidung zugrunde legen (Rechberger aaO Rz 13, Rz 15; RIS-Justiz RS0040219). Das Berufungsgericht hat ein solches Vorgehen aber mit den Parteien zu erörtern, wenn der Gegenbeweis der Unrichtigkeit der offenkundigen Tatsache nicht geradezu aussichtslos erscheint (RIS-Justiz RS0040219 [T2]). Nur unzweifelhaft offenkundige Tatsachen darf das Berufungsgericht auch ohne Erörterung von Amts wegen zu Grunde legen (RIS-Justiz RS0040219 [T4]).
8. Die Streuung der Veranlagung iSd § 230 Abs 2 ABGB kommt wie dargelegt (oben 1.) aufgrund der damit verbundenen Kosten im Allgemeinen erst bei größeren Geldbeträgen in Betracht. Das Gebot zur Risikostreuung hängt also maßgeblich von der Kapitalhöhe ab. Auch wenn das im vorliegenden Fall veranlagte Kapital das einzige (nennnenswerte) Vermögen der Klägerin bildete, kann entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts allein aus der fehlenden Risikostreuung eine allgemein kundige Tatsache, auch aus der Sicht der im Jahr 2000 mit Kapitalanlagen befassten Personen wäre in der vom Pflegschaftsgericht genehmigten Veranlagung keine wirtschaftliche Vermögensverwaltung gelegen gewesen, sodass die von der Mutter der Klägerin angeregte Vermögensveranlagung auch nach Anhörung eines vom Gericht beigezogenen Sachverständigen nicht zu genehmigen gewesen wäre, nicht abgeleitet werden. Damit durfte das Berufungsgericht diese Annahme seiner Entscheidung nicht ohne Beweisaufnahme zu Grunde legen. Der Nachweis des von der Beklagten erhobenen Einwands kann auch nicht von vornherein als aussichtslos abgetan werden, sodass dem Berufungsurteil eine Mangelhaftigkeit anhaftet, die geeignet ist, eine unrichtige Entscheidung herbeizuführen.
9. Der Mangel des Berufungsurteils bedingt nicht nur dessen Aufhebung, sondern erfordert auch eine Verfahrensergänzung zur Beseitigung von Feststellungsmängeln. Damit ist ein Verfahrensaufwand wahrscheinlich, der die Grenzen des § 496 Abs 3 ZPO sprengt, sodass die Urteile beider Vorinstanzen aufzuheben sind und dem Erstgericht die Verfahrensergänzung über diesen Einwand der Beklagten aufzutragen ist (vgl Zechner in Fasching/Konecny 2 IV/1 § 510 ZPO Rz 8, 9).
Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 Abs 1 ZPO.
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