OGH 1Ob198/71 (RS0012910)

OGH1Ob198/7116.9.1971

Rechtssatz

Die Schenkung ist "gemacht", wenn ein formgerechter Schenkungsvertrag abgeschlossen worden ist; der Zeitpunkt der Erfüllung ist gleichgültig. Die zweijährige Frist des § 785 ABGB beginnt daher nicht mit der Leistung - wie die des deutschen Rechtes (§ 2325 III BGB) - sondern schon mit der Vertragsschließung (Ehrenzweig 2 II/2, § 531 §§ 594, 595, Weiß in Klang 2 III, 914).

Normen

ABGB §785 Abs3
ABGB §956

1 Ob 198/71OGH16.09.1971

Veröff: SZ 44/137 = EvBl 1972/184 S 348

5 Ob 155/74OGH04.09.1974

nur: Die Schenkung ist "gemacht", wenn ein formgerechter Schenkungsvertrag abgeschlossen worden ist. (T1)<br/>Beisatz: Hier Verzichtserklärung. (T2)

1 Ob 652/92OGH15.12.1992

nur T1; Beisatz: Der Zeitpunkt der Erfüllung ist gleichgültig. (T3)

6 Ob 37/02pOGH18.04.2002

Vgl

2 Ob 39/14wOGH11.09.2014

Abweichend; Beisatz: Hier: Im Fall einer umfassenden und weitreichenden Beschneidung des übertragenen Eigentums durch Fruchtgenuss samt Veräußerungs‑ und Belastungsverbot ist im Sinne der Vermögensopfertheorie davon auszugehen, dass bis zum Wegfall der Einschränkungen durch den Tod der Geschenkgeberin, die den Genuss der geschenkten Sache vorher nicht aufgegeben hatte, die Schenkung iSd § 785 Abs 3 ABGB noch nicht „gemacht“ wurde und daher die dort normierte Frist noch nicht zu laufen begonnen hat. (T4)<br/>Beisatz: Ausführliche Darstellung von österr. und deutscher Judikatur und Lehre zur „Vermögensopfertheorie“. (T5)

2 Ob 125/15vOGH06.08.2015

Abweichend; Beis wie T4; Beisatz: An der Entscheidung 2 Ob 39/14w ist im Kern festzuhalten. § 785 Abs 3 Satz 2 ABGB ist bei Schenkung einer Liegenschaft nicht anwendbar, wenn die Schenkung unter Widerrufsvorbehalt erfolgt oder sich der Geschenkgeber alle Nutzungen der geschenkten Sache in Form eines dinglichen Fruchtgenussrechts zurückbehält. In einem solchen Fall tritt das (für den Fristbeginn maßgebende) „Vermögensopfer“ erst mit dem Tod oder einem wirksamen Verzicht des Geschenkgebers auf diese Rechte ein. Unerheblich sind demgegenüber die Vereinbarung eines Belastungs- und „Veräußerungsverbots“ und die tatsächliche Ausübung oder Nichtausübung eines Widerrufs- oder Nutzungsrechts. (T6); Veröff: SZ 2015/78

2 Ob 185/15tOGH25.02.2016

Abweichend; Beis wie T6

2 Ob 144/16iOGH29.09.2016

Abweichend, Beis wie T4; Beis ähnlich wie T6; Beisatz: Wird dem Geschenkgeber die Dienstbarkeit des Wohnungsgebrauchs samt Belastungs‑ und Veräußerungsverbot eingeräumt, ist ein Vermögensopfer selbst dann anzunehmen, wenn das zu verbüchernde Wohnungsgebrauchsrecht – rein obligatorisch – ausgedehnt wurde. (T7)<br/>Beisatz: Aus Gründen der Rechtssicherheit ist eine typisierende Betrachtung erforderlich (so schon 2 Ob 125/15v; 2 Ob 185/15t). (T8)

2 Ob 142/18yOGH24.09.2018

Beisatz: Wird der Vertrag unter einer aufschiebenden Bedingung abgeschlossen, deren Eintritt nicht vom Willen des Erblassers abhängt, wird das Vermögensopfer schon im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses erbracht. (T9)<br/>Beisatz: Dies trifft etwa zu, wenn die Schenkung der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung bedarf. (T10)

Dokumentnummer

JJR_19710916_OGH0002_0010OB00198_7100000_001

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