OGH 1Ob169/71 (RS0014753)

OGH1Ob169/7124.6.1971

Rechtssatz

Wer eine Urkunde unterfertigt, macht den durch seine Unterschrift gedeckten Text zum Inhalt seiner Erklärung, auch wenn er ihm unbekannt ist oder er ihn nicht verstanden hat. Das schließt aber eine Anfechtung wegen Irrtums keineswegs aus. Der Irrende kann die Erklärung vielmehr noch unter den gleichen Voraussetzungen anfechten wie eine ausdrücklich abgegebene oder eine schriftliche Erklärung nach Durchlesen der Urkunde.

Normen

ABGB §870 A
ABGB §871 A

1 Ob 169/71OGH24.06.1971
1 Ob 199/71OGH26.08.1971
5 Ob 46/72OGH08.03.1972
1 Ob 34/72OGH05.04.1972

Veröff: SZ 45/38 = JBl 1972,469

4 Ob 52/72OGH12.09.1972

Veröff: SozM IAd1019 = ZAS 1973,223 (zustimmend Wresounig) = Arb 9211

7 Ob 613/76OGH01.07.1976

Beisatz: Listige Irreführung (T1) Veröff: HS 9450

8 Ob 544/77OGH05.10.1977

Beisatz: Die Anfechtung eines Vertrages wegen Irrtums muss aber eingewendet werden; die bloße Behauptung der unzureichenden Kenntnis der deutschen Sprache reicht nicht aus. (T2)

1 Ob 708/77OGH09.11.1977

Beisatz: Wenn er eine klare Vorstellung über den Inhalt der Urkunde hatte und glaubte, es stehe darin das seiner Meinung nach mündlich Vereinbarte. (T3)

8 Ob 152/79OGH13.09.1979
8 Ob 304/79OGH21.02.1980

nur: Wer eine Urkunde unterfertigt, macht den durch seine Unterschrift gedeckten Text zum Inhalt seiner Erklärung, auch wenn er ihm unbekannt ist oder er ihn nicht verstanden hat. (T4)

8 Ob 7/80OGH20.03.1980

nur T4

5 Ob 512/80OGH01.04.1980

Beis wie T3

8 Ob 140/80OGH30.10.1980
8 Ob 177/80OGH20.11.1980
8 Ob 229/83OGH12.04.1984

Auch; nur T4

1 Ob 608/84OGH11.07.1984

Beisatz: Ausgeschlossen ist die Irrtumsanfechtung nur dann, wenn dem Vertragspartner die Festlegung des Vertragsinhalts überlassen wurde. (T5)

1 Ob 691/84OGH08.05.1985

Veröff: SZ 58/69 = NZ 1987,179

7 Ob 639/85OGH21.11.1985

Beis wie T3; Veröff: SZ 58/183 = ÖBA 1986,356

6 Ob 526/86OGH27.02.1986

nur T4; nur: Das schließt aber eine Anfechtung wegen Irrtums keineswegs aus. (T6); Beisatz: Hier: Auch Arglist (T7)

6 Ob 529/89OGH27.04.1989
3 Ob 522/89OGH12.04.1989
9 ObS 42/94OGH16.03.1994

nur T4; nur T6; Beisatz: Die Erklärung ist insbesondere anfechtbar, wenn es sich um außergewöhnliche unübliche Klauseln handelt, die durch die "Rahmenvorstellung", die derjenige von einer Urkunde haben muss, die er ungelesen unterfertigt, nicht gedeckt sind oder der Inhalt einer Urkunde in Täuschungsabsicht erschlichen wurde. (T8)

1 Ob 604/94OGH23.11.1994

Auch; nur T4; Beisatz: Wenn er nicht vom Vertragspartner in zurechenbarer Weise vom Lesen abgehalten worden ist. (T9)

1 Ob 551/94OGH29.08.1994

Auch; Beis wie T3; Beis wie T5; Beis wie T8; Veröff: SZ 67/136

9 Ob 515/95OGH12.07.1995

nur T4; nur T6; Beis wie T5

8 Ob 2172/96mOGH28.11.1996

Beis wie T3

4 Ob 98/97hOGH15.04.1997

nur T4; nur T6

8 Ob 303/99pOGH09.03.2000

nur T4

9 Ob 302/99yOGH26.01.2000

nur: Wer eine Urkunde unterfertigt, macht den durch seine Unterschrift gedeckten Text zum Inhalt seiner Erklärung. (T10); nur T6

8 Ob 300/99xOGH09.03.2000

nur T4

9 ObA 197/01pOGH05.09.2001

nur T10; Beisatz: Er hat sich dabei allfällige Fehler in der Urkunde anrechnen zu lassen. (T11)

1 Ob 29/01yOGH27.11.2001

Auch; Beis ähnlich wie T8

5 Ob 277/01yOGH29.01.2002

Vgl; nur T10; Beisatz: Der Inhalt einer Urkunde wird durch deren Unterfertigung nur dann zum Inhalt der Willenserklärung des Unterfertigenden, wenn der andere Teil aus den Umständen nicht etwas anderes entnehmen musste. (T12)

9 Ob 186/02xOGH02.10.2002

Beis wie T7

1 Ob 30/04zOGH16.04.2004

Teilweise abweichend; nur T4; Beisatz: Ausführlich zu Einbeziehung von AGB - Sprachenproblem; ausdrücklich abweichend von 5 Ob 289/66. (T13); Veröff: SZ 2004/53

1 Ob 64/04zOGH16.04.2004

Auch; Beisatz: Ist der Inhalt einer Vertragsurkunde anders, als ihn sich der Unterzeichnende vorstellte, so ist zu unterscheiden: Hatte der Unterfertigende eine klare Vorstellung vom Urkundeninhalt, war er daher überzeugt, dass darin das mündlich Abgemachte festgeschrieben sei, so unterlag er einem Erklärungsirrtum, der ihn bei Zutreffen der übrigen Voraussetzungen zur Anfechtung berechtigt. Hatte er dagegen keine genaue Vorstellung vom Inhalt des Schriftstücks, nahm er den (fremdbestimmten) Inhalt somit bewusst in Kauf, so ist ihm die Irrtumsanfechtung - abgesehen vom Fall ungewöhnlicher Bestimmungen - verwehrt. (T14)

7 Ob 1/05fOGH26.01.2005

Auch; nur T4

6 Ob 272/05aOGH16.02.2006

Beisatz: Wer eine Urkunde unterfertigt, macht den durch seine Unterschrift gedeckten Text auch dann zum Inhalt seiner Erklärung, wenn er ihm unbekannt ist. (T15); Beisatz: Hier: Gewährleistungsausschluss in Allgemeinen Geschäftsbedingungen. (T16); Veröff: SZ 2006/19

9 Ob 72/07iOGH28.11.2007

nur T4

3 Ob 111/08gOGH03.09.2008

Auch; Veröff: SZ 2008/125

10 Ob 26/08hOGH23.09.2008

Vgl auch; Beisatz: Auch bei „ungelesenem" Unterfertigen einer Urkunde ist es für die Geltung als Willenserklärung notwendig, dass der die Erklärung Abgebende Rechtsfolgen herbeiführen will. Ist das erkennbar nicht der Fall, kann keine wirksame Willenserklärung angenommen werden. (T17)

3 Ob 194/10sOGH11.11.2010

Auch; Beis wie T14

1 Ob 132/11kOGH29.09.2011

Auch

1 Ob 243/16sOGH10.02.2017
3 Ob 67/17zOGH07.06.2017

nur T4; Beis wie T12; Beis wie T14

1 Ob 112/17bOGH29.11.2017

Vgl auch; Beisatz: Dies kann jedoch Schadenersatzpflichten einer Partei nicht verhindern, die unrichtige Angaben über den Inhalt der unterfertigten Unterlagen macht, auf die ihr Vertragspartner vertraut. (T18)

9 ObA 18/17pOGH24.05.2017

Auch; Beis wie T12; Beis wie T17

10 Ob 35/17wOGH20.02.2018

Veröff: SZ 2018/9

Dokumentnummer

JJR_19710624_OGH0002_0010OB00169_7100000_001