OGH 1Ob148/54 (RS0044678)

OGH1Ob148/5426.5.1954

Rechtssatz

Die Untersuchung, ob die Behauptungen in der Wiederaufnahmsklage über das Vorliegen des geltend gemachten Wiederaufnahmsgrundes nach § 530 Abs 1 Z 7 ZPO richtig sind, muss im judicium rescindens vorgenommen werden, da nur einer gerechtfertigten Klage stattgegeben werden kann. Hiezu gehört notwendig auch die Prüfung, ob die klagende Partei von den neuen Tatsachen oder Beweismitteln innerhalb der Frist des § 534 ZPO. Kenntnis erlangt hatte und ob die Kenntnisnahme erst nach Schluss der Verhandlung erster Instanz im Hauptprozess nicht auf ein Verschulden der klagenden Partei zurückzuführen ist. Darüber müssen im Wiederaufnahmeverfahren Beweise aufgenommen und diese gewürdigt werden. Diese Würdigung der Beweise kann nicht abschließend sein, weil sie zumeist nur im Zusammenhang mit den früheren Beweisergebnissen im Hauptprozess möglich ist. Wohl aber muss eine Würdigung der neuen Beweise für sich allein betrachtet, und soweit es sich um das Vorliegen der Voraussetzungen für die Bewilligung der Wiederaufnahme handelt, schon im judicium rescindens vorgenommen werden.

Normen

ZPO §530 Abs1 Z7 G1
ZPO §530 Abs1 Z7 G4
ZPO §538
ZPO §541

1 Ob 148/54OGH26.05.1954

Veröff: SZ 27/149

1 Ob 416/56OGH24.10.1956
1 Ob 528/56OGH31.10.1956
7 Ob 526/57OGH27.11.1957
2 Ob 479/58OGH14.01.1959
1 Ob 357/59OGH09.12.1959
6 Ob 291/62OGH12.12.1962
6 Ob 34/64OGH19.02.1964

Beisatz: Über Verschulden an nicht rechtzeitiger Urkundenvorlage ist mit Urteil zu entscheiden. (T1)

6 Ob 87/65OGH31.03.1965
5 Ob 348/66OGH12.01.1967

Beisatz: Ein erbbiologisch - anthropologisches Gutachten, wonach der Wiederaufnahmskläger nur mit großer Unwahrscheinlichkeit als Vater des beklagten Kindes in Betracht kommt, rechtfertigt die Bewilligung der Wiederaufnahmsklage des Paternitätsprozesses. (T2) Veröff: EFSlg 8990

1 Ob 223/68OGH20.09.1968
5 Ob 42/70OGH25.03.1970

Ähnlich

6 Ob 192/05mOGH06.10.2005

Vgl auch; Beisatz: Hier: Die Klägerin macht geltend, die von ihr nachträglich aufgefundenen Briefe und Karten stammten vom Erblasser und könnten beweisen, dass dieser des Schreibens - und damit auch des Lesens - kundig gewesen sei. Sie konnte aber nicht beweisen, dass die vorgelegten Urkunden tatsächlich vom Erblasser stammten. Damit ist aber auch die (schon im Aufhebungsverfahren) zu prüfende Richtigkeit der Behauptungen über das Vorliegen der als Wiederaufnahmsgrund geltend gemachten Umstände nicht bewiesen. (T3)

7 Ob 65/09yOGH03.06.2009

Auch

6 Ob 230/09fOGH18.12.2009

Vgl auch; Beisatz: Ein die Wiederaufnahmsklage ausschließendes Verschulden ist aber von Amts wegen zu berücksichtigen. (T4)

2 Ob 206/09xOGH28.01.2010

Auch; Beisatz: Nur die endgültige, in der Zusammenschau mit den Beweisergebnissen des Hauptprozesses vorzunehmende Beweiswürdigung bleibt im Regelfall dem Hauptprozess vorbehalten, falls dessen Wiederaufnahme bewilligt wird. (T5)

9 Ob 19/10zOGH24.03.2010

Vgl; Beisatz: Die Wiederaufnahmsklage aus den Gründen des § 530 Abs 1 Z 6 und Z 7 ZPO kommt nur dann in Betracht, wenn die Partei ohne ihr Verschulden außer Stande war, die neuen Tatsachen oder Beweismittel vor Schluss der mündlichen Verhandlung, auf welche die Entscheidung erster Instanz erging, geltend zu machen. Es ist nicht Sinn und Zweck der Wiederaufnahmsklage, Fehler einer Partei bei der Führung des Vorprozesses zu korrigieren. (T6)

2 Ob 37/10wOGH22.04.2010

Vgl; Beis wie T5

2 Ob 70/18kOGH25.04.2018

Vgl auch

Dokumentnummer

JJR_19540526_OGH0002_0010OB00148_5400000_001

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