303. Verordnung des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz zur Neufassung der Vorschriften bezüglich der Prävention der Hochpathogenen Aviären Influenza in Betrieben
Aufgrund von § 2 Abs. 4, § 8 und § 17 des Tiergesundheitsgesetzes 2024, BGBl. I Nr. 53/2024, wird verordnet:
Artikel 1
Verordnung des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz über Maßnahmen zur Überwachung und Prävention von Tierseuchen von Vögeln (Vogelgesundheitsverordnung – VGV)
1. Abschnitt
Allgemeines
Anwendungsbereich
§ 1. Diese Verordnung dient der Prävention des Eintrages von Vogelseuchen in Betriebe sowie der Überwachung von Vogelseuchen in Österreich.
Begriffsbestimmungen
§ 2. (1) Im Sinne dieser Verordnung sind:
- 1. AGES: die Österreichische Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit GmbH;
- 2. Bundesminister: sofern nicht ausdrücklich anders angegeben der Bundesminister bzw. die Bundesministerin für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz;
- 3. Behörde: sofern nicht ausdrücklich anders angegeben die örtlich zuständige Bezirksverwaltungsbehörde;
- 4. VIS: das Verbrauchergesundheitsinformationssystem;
- 5. Vogelseuche: gelistete Seuchen, die gemäß der Durchführungsverordnung (EU) 2018/1882 über die Anwendung bestimmter Bestimmungen zur Seuchenprävention und –bekämpfung auf Kategorien gelisteter Seuchen und zur Erstellung gelisteter Arten und Artengruppen, die ein erhebliches Risiko für die Ausbreitung dieser gelisteten Seuchen darstellen, ABl. Nr. 308 vom 4.12.2018 S. 21, zuletzt geändert durch die Durchführungsverordnung (EU) 2022/925, ABl. Nr. L 160 vom 15.6.2022 S. 30, für Vögel gelistet sind sowie sonstige, nicht in dieser Durchführungsverordnung gelistete Tierseuchen im Sinne des § 2 Abs. 1 und 2 des Tiergesundheitsgesetzes 2024 (TGG 2024), BGBl. I Nr. 53/2024, für die Vögel empfänglich sind;
- 6. HPAI-Risikogebiete: Die in den Amtlichen Verbraucher- und Veterinärnachrichten kundgemachten Gebiete, die aufgrund von epidemiologischen Kriterien als Gebiete mit erhöhtem und stark erhöhtem Risiko des Auftretens der Hochpathogenen Aviären Influenza definiert wurden.
- 7. HPAI: Hochpathogene Aviäre Influenza
(2) Sofern in Abs. 1 nicht ausdrücklich anderes bestimmt ist, gelten die Begriffsbestimmungen des Tiergesundheitsgesetzes 2024 als Begriffsbestimmungen dieser Verordnung.
2. Abschnitt
Überwachung
Aviäre Influenza
§ 3. Vögel und andere empfängliche Tierarten müssen im Rahmen eines Überwachungsprogrammes zur Überprüfung der Prävalenz von Aviären Influenza-Viren stichprobenartig einer Untersuchung auf Vorhandensein eines Erregers unterzogen werden. Hiefür gilt Folgendes:
- 1. Unter Berücksichtigung der epidemiologischen Gegebenheiten wird vom Bundesminister regelmäßig ein Stichprobenplan für alle Bundesländer erstellt und in den „Amtlichen Veterinär- und Verbrauchernachrichten“ kundgemacht.
- 2. Bei der Erstellung des Überwachungsprogrammes ist die Risikobewertung der AGES, die laufend aktualisiert wird, zu berücksichtigen.
- 3. Die Koordination der Probennahmen und die Wahl der Untersuchungsmethode haben durch das nationale Referenzlabor zu erfolgen. Die Probennahmen sind unter der Verantwortung des Landeshauptmannes bzw. der Landeshauptfrau von den amtlichen Tierärzten durchzuführen. Der Landeshauptmann bzw. die Landeshauptfrau hat die Proben unmittelbar nach der Probenahme im VIS zu erfassen.
- 4. Die Untersuchungen sind durch das nationale Referenzlabor durchzuführen.
Allgemeine Meldepflicht bei Auffinden toter Wasser- oder Greifvögel
§ 4. Jede Person, die tote Wasservögel oder tote Greifvögel auffindet, hat dies unverzüglich der Bezirksverwaltungsbehörde zu melden. Die Bezirksverwaltungsbehörde hat gegebenenfalls die Bergung verendeter Wasser- oder Greifvögel zu veranlassen, diese an das nationale Referenzlabor einzusenden und im VIS zu erfassen. Dabei sind entsprechende Biosicherheitsmaßnahmen zu beachten.
Nationales Referenzlabor; Berichte
§ 5. (1) Das nationale Referenzlabor für Vogelseuchen ist die AGES.
(2) Das nationale Referenzlabor hat dem Bundesminister regelmäßig einen Bericht über die Ergebnisse der Untersuchungen nach § 3 und § 4 zu übermitteln.
Allgemeine Meldepflicht für Halter von Geflügel und anderen Vögeln
§ 6. (1) Die Haltung von Geflügel oder anderen in Gefangenschaft gehaltenen Vögeln ist der Behörde binnen einer Woche ab Aufnahme der Haltung zu melden. Diese Meldepflicht gilt auch für Zoos, Tierheime, Hobbyhaltungen und Kleinhaltungen sowie für Haltungen zu jagdlichen Zwecken (zB Jagdgatter). Ausgenommen von der Meldepflicht ist die Haltung von Heimvögeln, die dauerhaft in geschlossenen Räumen und ohne direkten oder indirekten Kontakt zu anderen Vögeln gehalten werden.
(2) Die Meldung gemäß Abs. 1 hat schriftlich an die Behörde zu erfolgen und folgende Meldedaten zu enthalten:
- 1. Name, Anschrift und Geburtsdatum des Tierhalters,
- 2. eine allfällig vorhandene LFBIS-Nummer,
- 3. Art der gehaltenen Vögel und deren jeweilige Anzahl sowie
- 4. gegebenenfalls die Meldung einer Freilandhaltung.
(3) Die Meldung gemäß Abs. 1 und 2 entfällt für Tierhalter, die
- 1. bereits eine Meldung auf Grund der jeweils geltenden Bestimmungen
- a) der Verordnung zur Verhinderung der Einschleppung der Geflügelpest, BGBl. II Nr. 348/2005, oder
- b) der Verordnung zur Festlegung von Maßnahmen zur Verhinderung der Einschleppung der Geflügelpest durch Wildvögel, BGBl. II Nr. 427/2005, oder
- c) der Geflügelpest-Risikogebietsverordnung 2006, BGBl. II Nr. 75/2006 in der Fassung von BGBl. II Nr. 173/2006, oder
- d) der Geflügelpest-Biosicherheitsverordnung 2006 abgegeben haben, oder
- 2. die Haltung von in Abs. 1 genannten Vögeln in einem „Mehrfachantrag Flächen“ (Tierliste) gemäß § 5 der Tierkennzeichnungs- und Registrierungsverordnung 2005 oder 2007 gegenüber der Agrarmarkt Austria (AMA) angegeben haben, oder
- 3. die Geflügelhaltung in der VIS-Jahreserhebung gemäß Tierkennzeichnungs- und Registrierungsverordnung 2005 oder 2007 gegenüber der Statistik Österreich angegeben haben, sofern keine Enten und Gänse gehalten werden, oder
- 4. einen Betrieb haben, der gemäß § 3 Abs. 6 der Geflügelhygieneverordnung 2007, BGBl. II Nr. 100/2007, registriert ist, oder
- 5. einen Betrieb haben, der als Erzeugungsbetrieb gemäß der Verordnung über Vermarktungsnormen für Eier, BGBl. II Nr. 347/2004, registriert ist (Amtliches Legehennenregister), oder
- 6. Mitglieder des anerkannten Geflügelgesundheitsdienstes (Österreichische Qualitätsgeflügelvereinigung, QGV) sind.
(4) Ebenso ist der Behörde binnen einer Woche ab Beendigung einer Haltung von Geflügel oder anderen in Gefangenschaft gehaltenen Vögeln diese Beendigung schriftlich unter Angabe von
- 1. Name, Anschrift und Geburtsdatum des Tierhalters, sowie
- 2. einer allfällig vorhandenen LFBIS-Nummer,
zu melden.
3. Abschnitt
Biosicherheitsmaßnahmen
Meldepflicht für Veranstaltungen mit Vögeln
§ 7. (1) Die Abhaltung von Tierausstellungen, Tierschauen, Tiermärkten, Tierbörsen und sonstigen Veranstaltungen, bei denen Vögel ausgestellt, getauscht, gehandelt oder vorgeführt werden, sowie von Vogelflugwettbewerben unterliegt der amtstierärztlichen Überwachung. Derartige Veranstaltungen sind bei der Behörde mindestens eine Woche vor ihrer Abhaltung unter Angabe von Zeit und Ort der Veranstaltung sowie Zahl und Art der verwendeten Vögel anzuzeigen.
(2) Die Anzeige gemäß Abs. 1 kann auch bei jener Behörde eingebracht werden, die nach den Vorschriften über das Veranstaltungsrecht zur Entgegennahme von Meldungen für die jeweilige Veranstaltung zuständig ist. Diese Behörde hat die Anzeige sodann an die für die Veranstaltung örtlich zuständige Bezirksverwaltungsbehörde weiterzuleiten.
(3) Die Behörde kann in HPAI-Risikogebieten, die als Gebiete mit stark erhöhtem Risiko ausgewiesen sind, unter Berücksichtigung der epidemiologischen Situation Veranstaltungen gemäß Abs. 1 durch Bescheid untersagen oder nur unter Vorschreibung bestimmter Auflagen und Bedingungen zulassen.
Pflichten des Unternehmers in Risikogebieten
§ 8. (1) In HPAI-Risikogebieten, die als Gebiete mit stark erhöhtem Risiko ausgewiesen sind, sind gehaltene Vögel dauerhaft in Stallungen oder jedenfalls in geschlossenen Haltungsvorrichtungen, die zumindest oben abgedeckt sind, so zu halten, dass der Kontakt zu wild lebenden Vögeln und deren Kot bestmöglich hintangehalten wird und zu wild lebenden Wasservögeln jedenfalls ausgeschlossen ist.
(2) Ausgenommen von den Anforderungen von Abs. 1 sind Betriebe oder Haushalte,
- 1. in denen weniger als 50 Vögel oder ausschließlich Heimtiere gehalten werden oder es sich um zoologische Gärten, Zirkusse oder Versuchslaboratorien handelt,
- 2. in denen sichergestellt ist, dass Enten und Gänse so von anderen Vögeln getrennt gehalten werden, sodass ein direkter und indirekter Kontakt ausgeschlossen ist, und
- 3. dafür gesorgt ist, dass
- a. das Geflügel durch Netze, Dächer, horizontal angebrachte Gewebe oder andere geeignete Mittel vor dem Kontakt mit Wildvögeln geschützt ist oder
- b. die Fütterung und Tränkung der Tiere nur im Stall oder unter einem Unterstand erfolgt, der das Zufliegen von Wildvögeln erschwert und verhindert, dass Wildvögel mit Futter oder Wasser, das für Geflügel und andere in Gefangenschaft gehaltene Vögel bestimmt ist, in Berührung kommt und die Ausläufe gegenüber Oberflächengewässern, an denen sich wildlebende Wasservögel aufhalten können, ausbruchssicher abgezäunt sind.
(3) In HPAI-Risikogebieten, die als Gebiete mit erhöhtem Risiko ausgewiesen sind, sind Vögel in Haltungen zu halten, bei denen sichergestellt ist, dass
- 1. Enten und Gänse so von anderen Vögeln getrennt gehalten werden, sodass ein direkter und indirekter Kontakt ausgeschlossen ist, und
- 2. dafür gesorgt ist, dass
- a. das Geflügel durch Netze, Dächer, horizontal angebrachte Gewebe oder andere geeignete Mittel vor dem Kontakt mit Wildvögeln geschützt ist oder
- b. die Fütterung und Tränkung der Tiere nur im Stall oder unter einem Unterstand erfolgt, der das Zufliegen von Wildvögeln erschwert und verhindert, dass Wildvögel mit Futter oder Wasser, das für Geflügel und andere in Gefangenschaft gehaltene Vögel bestimmt ist, in Berührung kommt und die Ausläufe gegenüber Oberflächengewässern, an denen sich wildlebende Wasservögel aufhalten können, ausbruchssicher abgezäunt sind.
(4) Die Tränkung der Tiere in Betrieben gemäß den Abs. 1 bis 3 darf nicht mit Wasser aus Sammelbecken für Oberflächenwasser, zu dem wild lebende Vögel Zugang haben, erfolgen. Brieftauben dürfen jedenfalls in der Umgebung der Schläge zu Übungs- und Trainingszwecken aufgelassen werden, vorausgesetzt, die Tiere werden im Schlag gefüttert und getränkt.
(5) Die Reinigung und Desinfektion der Beförderungsmittel, Ladeplätze und Gerätschaften hat mit besonderer Sorgfalt zu erfolgen.
(6) Über die Meldepflicht gemäß § 36 TGG 2024 hinausgehend, haben Unternehmer und Heimtierhalter, die Vögel in den HPAI-Risikogebieten halten, jedenfalls folgende Anzeichen der Behörde zu melden:
- 1. Abfall der Futter- und Wasseraufnahme von mehr als 20% oder
- 2. Abfall der Eierproduktion um mehr als 5% für mehr als zwei Tage oder
- 3. Mortalitätsrate höher als 3% in einer Woche.
Reinigung und Desinfektion
§ 9. Sollte im Zuge eines Ausbruches mit der HPAI eine Reinigung und Desinfektion erforderlich sein, ist hiebei nach den Vorgaben von Anlage 2 der Geflügelpest-Verordnung 2007, BGBl. II Nr. 309/2007, in der jeweils geltenden Fassung, vorzugehen.
Abgrenzung zu anderen Rechtsakten
§ 10. Diese Verordnung gilt unbeschadet der Geflügelhygieneverordnung 2007, in der jeweils geltenden Fassung.
Inkrafttretensbestimmung
§ 11. Diese Verordnung tritt mit Ablauf des Tages der Kundmachung im Bundesgesetzblatt in Kraft.
Artikel 2
Änderung der Geflügelpest-Verordnung 2007
Die Geflügelpest-Verordnung 2007, BGBl. II Nr. 309/2007, zuletzt geändert durch die Verordnung BGBl. II Nr. 284/2024, wird wie folgt geändert:
1. Das Inhaltsverzeichnis lautet:
„Inhaltsverzeichnis
Art / Paragraph | Gegenstand / Bezeichnung |
1. Teil | |
1. Abschnitt | |
§ 1. | Anwendungsbereich |
§ 2. | Begriffsbestimmungen |
4. Teil | |
1. Abschnitt | |
§ 42. | Maßnahmen in Betrieben bei NPAI-Ausbruch |
§ 43. | Ausnahmen für bestimmte Betriebe bei NPAI-Ausbruch |
§ 44. | Maßnahmen in Kontaktbetrieben bei NPAI-Ausbruch |
2. Abschnitt | |
§ 45. | Einrichtung von NPAI-Restriktionsgebieten |
§ 46. | Verbringungsbeschränkungen für Geflügel und Eier innerhalb von NPAI-Restriktionsgebieten |
§ 47. | Verbringungsbeschränkungen für Geflügel und Eier in Betriebe außerhalb von NPAI-Restriktionsgebieten |
§ 48. | Verbringungsbeschränkungen für Geflügel, andere in Gefangenschaft gehaltene Vögel und Haussäugetiere in NPAI-Restriktionsgebieten |
§ 49. | Verbringungsbeschränkungen für benutzte Einstreu, Kot oder Gülle in NPAI-Restriktionsgebieten |
§ 50. | Veranstaltungs- und Freisetzungsverbot in NPAI-Restriktionsgebieten; weitere Maßnahmen |
§ 51. | Ausnahmen für bestimmte Betriebe in NPAI-Restriktionsgebieten |
§ 52. | Aufhebung der Maßnahmen in NPAI-Restriktionsgebieten |
§ 62. | In-Kraft-Treten |
Anlage 2 | Grundsätze und Verfahrensvorschriften für die Reinigung, Desinfektion und Behandlung von Betrieben |
Anlage 3 | Kriterien für die Entscheidung über die Anwendung von Maßnahmen bei NPAI in Betrieben |
Anlage 4 | Hauptkriterien für eine Bestandsräumung in Kontaktbetrieben oder in Betrieben in gefährdeten Gebieten innerhalb der Pufferzone“ |
2. § 1 samt Überschrift lautet:
„Anwendungsbereich
§ 1. Diese Verordnung ist anzuwenden auf die Bekämpfung der Infektion mit den niedrigpathogenen Viren der Aviären Influenza.“
3. Die §§ 3 bis 9, die §§ 53 bis 61 sowie die Anlage 1 werden samt Überschriften aufgehoben.
4. Dem § 62 wird folgender Abs. 17 angefügt:
„(17) Das Inhaltsverzeichnis sowie der § 1 samt Überschrift in der Fassung von BGBl. II Nr. 303/2024 treten mit Ablauf des Tages der Kundmachung im Bundesgesetzblatt in Kraft. Die §§ 3 bis 9, die §§ 53 bis 61 sowie die Anlage 1 samt Überschriften treten mit Ablauf des Tages der Kundmachung im Bundesgesetzblatt außer Kraft.“
Rauch
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