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BGBl I 119/2013

BUNDESGESETZBLATT

FÜR DIE REPUBLIK ÖSTERREICH

119. Bundesgesetz: Änderung des Gerichtsorganisationsgesetzes und des Rechtspraktikantengesetzes
(NR: GP XXIV RV 2306 AB 2372 S. 206 . BR: 9008 AB 9015 S. 822.)

119. Bundesgesetz, mit dem das Gerichtsorganisationsgesetz und das Rechtspraktikantengesetz geändert werden

Der Nationalrat hat beschlossen:

Artikel 1

Änderung des Gerichtsorganisationsgesetzes

Das Gerichtsorganisationsgesetz (GOG), RGBl. Nr. 217/1896, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 35/2012, wird wie folgt geändert:

1. In § 26 Abs. 1, § 32 Abs. 1 und § 45 Abs. 1 wird jeweils die Wortfolge „1. Februar bis 31. Jänner“ durch die Wortfolge „1. Jänner bis 31. Dezember“ ersetzt.

1a. § 26a Abs. 2 und 3 lauten:

„(2) Für folgende Funktionen sind Einschränkungen der Auslastung im nachgenannten Ausmaß zugrunde zu legen, wobei die Einschränkung pro Person ein Gesamtausmaß von 50 vH nicht überschreiten darf:

  1. 1. Präsidentin oder Präsident der Vereinigung der österreichischen Richterinnen und Richter und Vorsitzende oder Vorsitzender der Bundesvertretung Richter und Staatsanwälte in der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst im Ausmaß von je 50 vH,
  2. 2. drei Vizepräsidentinnen oder Vizepräsidenten der Vereinigung der österreichischen Richterinnen und Richter und eine Stellvertreterin oder ein Stellvertreter der Vorsitzenden oder des Vorsitzenden der Bundesvertretung Richter und Staatsanwälte in der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst im Ausmaß von je 25 vH,
  3. 3. Präsidentin oder Präsident der Internationalen oder der Europäischen Richtervereinigung im Ausmaß von je 25 vH.

(3) Die Namen der im Abs. 2 genannten Funktionsträgerinnen und -träger sind jeweils von den angeführten Organisationen dem Bundesministerium für Justiz bekannt zu geben, das seinerseits die zuständigen Dienststellen zu verständigen hat.“

2. In § 27 Abs. 1 und § 34 Abs. 1 wird jeweils die Wortfolge „15. Dezember bis einschließlich 10. Jänner“ durch die Wortfolge „15. November bis einschließlich 10. Dezember“ ersetzt.

3. In § 27 Abs. 3 und 5 wird jeweils der Ausdruck „10. Februar“ durch den Ausdruck „10. Jänner“, überdies in § 27 Abs. 3 erster Satz das Wort „Jänner“ durch das Wort „Dezember“ ersetzt.

4. Nach § 47a wird folgender § 47b samt Überschrift eingefügt:

„Justiz-Servicecenter

§ 47b. (1) Nach Maßgabe des Bedarfs der rechtsuchenden Bevölkerung und der regionalen Bedeutung eines Standorts, jedenfalls aber

  1. 1. an solchen Standorten, an denen Landes- und Bezirksgericht im selben Gebäude untergebracht sind, sowie
  2. 2. bei Bezirksgerichten mit zumindest fünf oder mehr systemisierten vollen Richterinnen- bzw. Richterplanstellen

    kann die Bundesministerin für Justiz zur Behandlung insbesondere von einfachen und rasch zu erledigenden Ansuchen und Auskünften ein Justiz-Servicecenter einrichten.

(2) Ein Justiz-Servicecenter kann auch gemeinsam mit einer Staatsanwaltschaft geführt werden.

(3) Zur Mitarbeit in einem Justiz-Servicecenter sind nur solche Bedienstete des Fachdienstes heranzuziehen, die über eine entsprechende Ausbildung und mehrjährige Erfahrung im Kanzleibereich insbesondere auch in Bezug auf die Informationstechnik-Anwendungen der Justiz sowie eine entsprechende Zusatzausbildung in Fragen der Kommunikation, der Kundinnen- und Kundenbetreuung sowie eine Schulung hinsichtlich praxisbezogener Fragestellungen in kundenorientierten Bereichen verfügen. Die näheren Festlegungen für diese spezifische Zusatzausbildung sind von der Bundesministerin für Justiz zu treffen.

(4) Für eine entsprechende personelle und räumliche Ausstattung der einzelnen Justiz-Servicecenter-Einrichtungen sowie für deren informationstechnische Anbindung an die IT-Applikationen der Justiz ist jeweils Sorge zu tragen.“

5. § 48a Abs. 1 lautet:

„(1) Nach Maßgabe der personellen und technischen Voraussetzungen sind die Bestimmungen des Bundesgesetzes über den Obersten Gerichtshof, BGBl. Nr. 328/1968, über die Entscheidungsdokumentation Justiz und die allgemeine Zugänglichkeit von Entscheidungen auch auf rechtskräftige Entscheidungen der Gerichte erster und zweiter Instanz sowie der im Bereich der Justiz eingerichteten weisungsfreien Kollegialbehörden, soweit diese Entscheidungen von allgemeinem, über den Einzelfall hinausgehenden Interesse sind, sinngemäß anzuwenden.“

6. In § 48b wird die Wendung „gerichtlicher Entscheidungen“ durch die Wendung „Entscheidungen gemäß § 48a GOG“ ersetzt.

7. Nach § 78c wird folgender § 78d samt Überschrift eingefügt:

„Kundmachung von allgemeinen Erlässen der Justizbehörden

§ 78d. (1) Allgemeine Erlässe der Justizbehörden werden durch Veröffentlichung im Justiz-Intranet verlautbart. Die darüber hinaus bestehende Möglichkeit einer zusätzlichen Veröffentlichung im Rechtsinformationssystem des Bundes (RIS) bleibt davon unberührt.

(2) Gegenüber Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die über keinen Zugang zum Justiz-Intranet verfügen, sind Erlässe im Sinne des Abs. 1 auf andere, geeignete Weise zu verlautbaren.

(3) Sobald ein Erlass im Sinne der Abs. 1 und 2 verlautbart wurde, kann niemand sich darauf berufen, dass ihr oder ihm derselbe nicht bekannt geworden sei.“

8. Die Überschrift des § 79 lautet:

„Ausfertigung von Erledigungen“

9. § 89c Abs. 5 lautet:

„Nach Maßgabe der technischen Möglichkeiten sind

  1. 1. Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte sowie Verteidigerinnen und Verteidiger in Strafsachen,
  2. 2. Notarinnen und Notare,
  3. 3. Kredit- und Finanzinstitute (§ 1 Abs. 1 und 2 BWG),
  4. 4. inländische Versicherungsunternehmen (§ 1 Abs. 1 VAG),
  5. 5. Sozialversicherungsträger (§§ 23 bis 25 ASVG, § 15 GSVG, § 13 BSVG,§ 9 B-KUVG, § 4 NVG 1972),
  6. 6. Pensionsinstitute (§ 479 ASVG), die Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungskasse (§ 14 BUAG), die Pharmazeutische Gehaltskasse (§ 1 Gehaltskassengesetz 2002), der Insolvenz-Entgelt-Fonds (§ 13 IESG) und die IEF-Service GmbH (§ 1 IEFG),
  7. 7. der Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger (§ 31 ASVG),
  8. 8. die Finanzprokuratur (§ 1 ProkG) und
  9. 9. die Rechtsanwaltskammern

    zur Teilnahme am elektronischen Rechtsverkehr verpflichtet.

10. Nach § 89n wird folgender § 89o samt Überschrift eingefügt:

„Automationsunterstützte Verarbeitung von Zustelldaten

§ 89o. Die personenbezogene, automationsunterstützte Verarbeitung von Zustelldaten nach dem Zustellgesetz, BGBl. Nr. 200/1982, einschließlich elektronischer Zustelldaten nach § 22 Abs. 4 des Zustellgesetzes ist zur Verfahrensführung zulässig.“

11. Dem § 98 wird folgender Abs. 17 angefügt:

„(17) In der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 119/2013 treten in Kraft:

  1. 1. § 26 Abs. 1, § 27 Abs. 1, 3 und 5, § 32 Abs. 1, § 34 Abs. 1 und § 45 Abs. 1 GOG mit 1. September 2013 mit der Maßgabe, dass die Änderungen erstmals auf die Geschäftsverteilungen für das Geschäftsverteilungsjahr vom 1. Jänner 2014 bis 31. Dezember 2014 anzuwenden sind;
  2. 2. § 26a Abs. 2 und 3, § 48a Abs. 1, § 48b, § 78d, die Überschrift des § 79 und § 89o samt Überschrift mit 1. September 2013;
  3. 3. § 47b samt Überschrift mit 1. September 2013 mit der Maßgabe, dass für Bedienstete, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens bereits mit einem bewerteten Arbeitsplatz in einem Justiz-Servicecenter betraut sind, keine Verpflichtung zur Ablegung der Zusatzausbildung besteht, doch bei Bedarf eine Teilnahme und Absolvierung auch von Teilen davon im Rahmen der Fortbildung ermöglicht werden soll;
  4. 4. § 89c Abs. 5 mit 1. Jänner 2014, wobei § 89c Abs. 5 Z 5 bis 7 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 26/2012 nicht in Kraft tritt.“

Artikel 2

Änderung des Rechtspraktikantengesetzes

Das Rechtspraktikantengesetz (RPG), BGBl. Nr. 644/1987, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 111/2010, wird wie folgt geändert:

1. § 6 Abs. 3 lautet:

„(3) Rechtspraktikantinnen und Rechtspraktikanten können nach einer fünfmonatigen Ausbildung bei einem Bezirks- und Landesgericht (bzw. bei einer Staatsanwaltschaft) unter sinngemäßer Anwendung dieses Bundesgesetzes auch

  1. 1. bei einem Oberlandesgericht,
  2. 2. bei einer Oberstaatsanwaltschaft,
  3. 3. beim Obersten Gerichtshof, wie insbesondere im Evidenzbüro,
  4. 4. bei der Generalprokuratur,
  5. 5. in einer Justizanstalt,
  6. 6. in der Vollzugsdirektion und
  7. 7. im Bundesministerium für Justiz

    ausgebildet werden.“

2. Die §§ 7 und 8 lauten jeweils samt Überschrift:

„Übungskurse

§ 7. Rechtspraktikantinnen und Rechtspraktikanten haben - nach Maßgabe der organisatorischen, personellen und räumlichen Möglichkeiten - an den für Richteramtsanwärterinnen und Richteramtsanwärter eingerichteten Übungskursen (§ 14 RStDG) oder an für Rechtspraktikantinnen und Rechtspraktikanten eingerichteten eigenen Übungskursen teilzunehmen.

Ausbildungsausweis und Beurteilung

§ 8. (1) Für Rechtspraktikantinnen und Rechtspraktikanten ist ein Ausbildungsausweis zu führen, in dem jeweils nach Ablauf einer Zuweisung das Gericht bzw. die Staatsanwaltschaft, der Ausbildungszeitraum, die Geschäftssparten und die oder der mit der Ausbildung betraute Richterin oder Richter bzw. die oder der mit der Ausbildung betraute Staatsanwältin oder Staatsanwalt sowie die von dieser oder diesem abgegebene Beurteilung anzuführen sind.

(2) Die Beurteilung der jeweils erbrachten Leistungen hat unter sinngemäßer Anwendung der Bestimmungen der §§ 12 Abs. 1 und 2 sowie 54 Abs. 3 RStDG zu erfolgen.

(3) Bei Rechtspraktikantinnen und Rechtspraktikanten, die eine Aufnahme in den richterlichen Vorbereitungsdienst nicht anstreben, kann sich die Begründung der Beurteilung auf eine komprimierte Beschreibung und zusammenfassende Darstellung der Erwägungen beschränken.

(4) Nach Beendigung der Gerichtspraxis ist der Ausbildungsausweis von der Präsidentin bzw. vom Präsidenten des Oberlandesgerichts aufzubewahren.“

3. § 13 lautet samt Überschrift:

„Freistellung

§ 13. (1) Bezogen auf ein Ausbildungsjahr hat die Rechtspraktikantin oder der Rechtspraktikant Anspruch auf Freistellung im Ausmaß von 25 Arbeitstagen. Der Verbrauch des Freistellungsanspruches ist jedoch in den ersten drei Monaten der Gerichtspraxis auf zwei Arbeitstage für jeden in der Gerichtspraxis zurückgelegten Kalendermonat beschränkt.

(2) Die Freistellung hat unter Bedachtnahme auf die Erfordernisse der Ausbildung durch die Leitung der jeweiligen Dienststelle, dem die Rechtspraktikantin oder der Rechtspraktikant zur Ausbildung zugewiesen ist, im Einvernehmen mit der Rechtspraktikantin oder dem Rechtspraktikanten zu erfolgen. Kommt ein Einvernehmen nicht zustande, entscheidet über die Freistellung die Präsidentin oder der Präsident des Oberlandesgerichts.

(3) Aus wichtigen persönlichen Gründen kann der Rechtspraktikantin oder dem Rechtspraktikanten von der Leitung der jeweiligen Dienststelle über das im Abs. 1 angeführte Ausmaß hinaus eine dem Anlass angemessene Freistellung bis zu drei Arbeitstagen im Ausbildungsjahr gewährt werden.“

4. § 15 lautet samt Überschrift:

„Unterbrechung durch Zeitablauf

§ 15. Ist eine Rechtspraktikantin oder ein Rechtspraktikant aus anderen Gründen als wegen Freistellung insgesamt länger als zwölf Arbeitstage von der Gerichtspraxis abwesend, so gilt ihre oder seine Gerichtspraxis als unterbrochen.“

5. § 26 lautet samt Überschrift:

„Amtsbestätigung

§ 26. (1) Die Rechtspraktikantin oder der Rechtspraktikant hat Anspruch auf eine Amtsbestätigung über die Gerichtspraxis. Die Amtsbestätigung ist nur auf Antrag auszustellen.

(2) In der Amtsbestätigung ist der wesentliche Inhalt des Ausbildungsausweises und der jeweiligen Beurteilungen hinsichtlich der absolvierten Ausbildungsstationen (§ 8) darzustellen.“

6. Dem § 29 wird folgender Abs. 2g angefügt:

„(2g) § 6 Abs. 3 sowie §§ 7, 8, 13, 15 und 26 jeweils samt Überschrift in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 119/2013 treten mit 1. September 2013 mit der Maßgabe in Kraft, dass die Neuregelungen auch auf die bereits in Ausbildung stehenden Rechtspraktikantinnen und Rechtspraktikanten anzuwenden sind.

Fischer

Faymann

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