60. Verordnung des Bundesministers für Wirtschaft, Familie und Jugend, mit der Vorschriften über das Sprengen im Bergbau erlassen werden (Bergbau-Sprengverordnung - BSpV) sowie die Bohrlochbergbau-Verordnung geändert wird
Auf Grund der §§ 2 Abs. 3, 107 Abs. 2, 109 Abs. 1 und 3, 181 sowie 195 Abs. 2 des Mineralrohstoffgesetzes - MinroG, BGBl. I Nr. 38/1999, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 113/2006, wird, soweit es sich um Regelungen zum Schutz der Umwelt handelt, im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft, verordnet:
Artikel I
Verordnung, mit der Vorschriften über das Sprengen im Bergbau erlassen werden (Bergbau-Sprengverordnung - BSpV)
1. Abschnitt
Allgemeine Bestimmungen
Ziele
§ 1. Ziele dieser Verordnung sind
- 1. der Schutz von Personen (ausgenommen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer) vor einer Gefährdung des Lebens und der Gesundheit,
- 2. der Schutz von fremden nicht zur Benützung überlassenen Sachen vor einer Gefährdung,
- 3. der Schutz der Umwelt und von Gewässern vor einer über das zumutbare Maß hinausgehenden Beeinträchtigung,
- 4. der Schutz der Lagerstätte und
- 5. der Schutz der Oberfläche sowie die Sicherung der Oberflächennutzung nach Beendigung der Bergbautätigkeit.
Sachlicher Geltungsbereich
§ 2. (1) Diese Verordnung gilt für die Durchführung von Sprengarbeiten bei der Ausübung folgender Tätigkeiten:
- 1. Aufsuchen und Gewinnen der bergfreien, bundeseigenen und grundeigenen mineralischen Rohstoffe,
- 2. Aufbereiten dieser Rohstoffe, soweit es durch Bergbauberechtigte in betrieblichem Zusammenhang mit dem Aufsuchen oder Gewinnen erfolgt,
- 3. Suchen und Erforschen geologischer Strukturen, die zum Speichern flüssiger oder gasförmiger Kohlenwasserstoffe verwendet werden sollen, und unterirdisches behälterloses Speichern solcher Kohlenwasserstoffe.
(2) Diese Verordnung gilt weiters für die bergbautechnischen Aspekte
- 1. des Suchens und Erforschens von Vorkommen geothermischer Energie sowie des Gewinnens dieser Energie (Erdwärme, Wärmenutzung der Gewässer), soweit hiezu Stollen, Schächte oder mehr als 300 Meter tiefe Bohrlöcher hergestellt oder benützt werden,
- 2. des Untersuchens des Untergrundes auf Eignung zum Lagern von Materialien in unterirdischen Hohlräumen, bei der Herstellung und Benützung von solchen unterirdischen Hohlräumen,
- 3. des Suchens und Erforschens von geologischen Strukturen, die sich zur Aufnahme von einzubringenden Stoffen eignen,
- 4. des Einbringens der Stoffe in die geologischen Strukturen und des Lagerns in diesen sowie
- 5. der Benützung von Grubenbauen eines stillgelegten Bergwerks zu anderen Zwecken als dem Gewinnen mineralischer Rohstoffe.
Persönlicher Geltungsbereich
§ 3. (1) Die Bestimmungen dieser Verordnung sind von Bergbauberechtigten (§ 1 Z 20 MinroG) und Fremdunternehmern/innen (§ 1 Z 21 MinroG) einzuhalten.
(2) Als Bergbauberechtigte(r) im Sinne dieser Verordnung gilt auch, wer die in § 2 Abs. 2 genannten Tätigkeiten ausübt, sofern dies nicht nur im Rahmen eines dem ArbeitnehmerInnenschutzgesetz, BGBl. Nr. 450/1994, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 147/2006 und der Verordnung BGBl. II Nr. 13/2007, unterliegendem Beschäftigtenverhältnisses geschieht.
(3) Bestimmungen zum Schutz der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sind nicht Gegenstand dieser Verordnung und bleiben unberührt.
Begriffsbestimmungen
§ 4. In dieser Verordnung verwendete Begriffe haben folgende Bedeutung:
- 1. Maximale Schwinggeschwindigkeit (vi): der größte durch geeignete Messgeräte (§ 9 Abs. 2) gemessene Wert einer der drei Einzelkomponenten x (horizontal), y (transversal) und z (vertikal).
- 2. Anhaltswert für die maximale Schwinggeschwindigkeit: ein unter Einbeziehung der begleitenden Frequenz festgelegter Wert, bei dessen Einhaltung ein Schaden an Gebäuden nicht zu erwarten ist.
Anwendung der Sprengarbeitenverordnung
§ 5. Zum Schutz der in § 1 genannten Schutzgüter haben Bergbauberechtigte und Fremdunternehmer/innen, unbeschadet des 2. Abschnittes, die §§ 2 bis 23 sowie 28 der Sprengarbeitenverordnung - SprengV, BGBl. II Nr. 358/2004, in der Fassung der Verordnung BGBl. II Nr. 13/2007, einzuhalten; dabei gilt:
- 1. § 2 Abs. 1 Z 1 und § 3 Abs. 4 Z 1 lit. a SprengV sind jeweils mit der Maßgabe anzuwenden, dass der Ausdruck „innerhalb der Arbeitsstätte, Arbeitsstelle oder Baustelle“ durch den Ausdruck „in einer Betriebsstätte (§ 1 Z 26 MinroG)“ ersetzt wird.
- 2. Zu § 4 SprengV (Allgemeine Pflichten):
- a) § 4 Abs. 1 Z 2 SprengV (Kenntnis über Sprengsignale) ist mit der Maßgabe anzuwenden, dass der Ausdruck „alle in der Arbeitsstätte, an der Arbeitsstelle oder auf der Baustelle anwesenden Personen“ durch den Ausdruck „alle im Gefahrenbereich anwesenden Personen“ ersetzt wird.
- b) § 4 Abs. 1 Z 3 SprengV (Sprengzeiten) ist mit der Maßgabe anzuwenden, dass der Ausdruck „Arbeitnehmer/innen“ durch den Ausdruck „Personen“ ersetzt wird.
- 3. Zu § 5 SprengV (Gefahrenermittlung und -beurteilung sowie Festlegung von Maßnahmen):
- a) § 5 Abs. 1 SprengV ist mit der Maßgabe anzuwenden, dass der Ausdruck „Arbeitnehmer/innen“ durch den Ausdruck „in § 1 genannten Schutzgüter“ ersetzt wird.
- b) § 5 Abs. 2 Z 2 SprengV ist mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Auswirkungen von gefährlichen Arbeitsstoffen auf die in § 1 genannten Schutzgüter zu berücksichtigen sind.
- c) § 5 Abs. 3 letzter Satz ist nicht anzuwenden.
- 4. Zu § 8 SprengV (Zwischenlagerung von Sprengmitteln):
- a) § 8 Abs. 2 Z 2 SprengV ist mit der Maßgabe anzuwenden, dass der Ausdruck „Deckungs-, Arbeits-, Aufenthalts- und Unterkunftsräume“ durch den Ausdruck „in § 1 genannte Schutzgüter“ ersetzt wird.
- b) § 8 Abs. 2 Z 6 erster Satz SprengV ist mit der Maßgabe anzuwenden, dass der Ausdruck „Arbeitsstätte, Arbeitsstelle oder Baustelle“ durch den Ausdruck „Sprengort“ ersetzt wird.
- 5. Zu § 9 SprengV (Transport von Sprengmitteln): § 9 Abs. 1 Z 3 und 6 SprengV ist mit der Maßgabe anzuwenden, dass jeweils der Ausdruck „Arbeitnehmer/innen“ durch den Ausdruck „Personen“ ersetzt wird.
- 6. Zu § 11 SprengV (Laden und Besetzen): § 11 Abs. 2 Z 1 SprengV ist mit der Maßgabe anzuwenden, dass der Ausdruck „Arbeitnehmer/innen“ durch den Ausdruck „in § 1 genannten Schutzgüter“ ersetzt wird.
- 7. Zu § 14 SprengV (Zündung mit Sicherheitsanzündschnur): § 14 Z 2 SprengV ist mit der Maßgabe anzuwenden, dass der Ausdruck „Arbeitnehmern/Arbeitnehmerinnen“ durch den Ausdruck „Personen“ ersetzt wird.
- 8. Der 4. Abschnitt der SprengV ist mit der Maßgabe anzuwenden, dass damit Sicherheitsvorkehrungen gegen eine Gefährdung der in § 1 genannten Schutzgüter angeordnet werden.
- 9. Zu § 15 SprengV (Gefahrenbereich): § 15 Abs. 1 Z 2 und Abs. 3 letzter Satz SprengV ist mit der Maßgabe anzuwenden, dass jeweils der Ausdruck „Arbeitnehmer/innen“ durch den Ausdruck „in § 1 genannte Schutzgüter“ ersetzt wird.
- 10. Zu § 18 SprengV (Versager): § 18 Abs. 2 Z 1 SprengV ist mit der Maßgabe anzuwenden, dass der Ausdruck „der Arbeitnehmer/innen“ durch den Ausdruck „von Personen“ ersetzt wird.
- 11. Zu § 19 SprengV (Funde): § 19 Abs. 1 SprengV ist mit der Maßgabe anzuwenden, dass dafür zu sorgen ist, dass Personen, die sich befugt in einer Betriebsstätte (§ 1 Z 26 MinroG) aufhalten, nachweislich unterwiesen werden, gefundene Sprengmittel nicht zu berühren und unverzüglich die/den Bergbauberechtigte(n), den/die Fremdunternehmer/in oder eine Person gemäß § 45 VPB-V über den Fund zu informieren.
- 12. Zu § 21 (Tiefbohrlochsprengungen - Großbohrlochsprengungen):
- a) § 21 Abs. 1, 2 und 5 SprengV ist auf seismische Großbohrlochsprengungen nicht anzuwenden.
- b) § 21 Abs. 3 SprengV (Bohrprotokolle) ist mit der Maßgabe anzuwenden, dass der Ausdruck „Arbeitnehmer/innen“ durch den Ausdruck „Personen“ ersetzt wird.
- 13. Zu § 22 (Sprengarbeiten unter Tage): § 22 Abs. 2 (Auswettern unter Tage) und 4 Z 1 und 2 SprengV (Gegenortvortrieb) ist mit der Maßgabe anzuwenden, dass jeweils der Ausdruck „Arbeitnehmer/innen“ durch den Ausdruck „Personen“ ersetzt wird.
- 14. Zu § 23 (Sprengarbeiten in untertägigen Grubengas führenden Bergbauen und in untertägigen Bergbauen mit entzündlichen Stäuben - Kohlenbergbauen):
- a) § 23 Abs. 3 SprengV ist mit der Maßgabe anzuwenden, dass in den genannten Fällen keine Sprengarbeit durchgeführt werden darf.
- b) § 23 Abs. 5 SprengV ist mit der Maßgabe anzuwenden, dass der Ausdruck „Arbeitnehmer/innen dürfen mit Sprengarbeiten nur beschäftigt werden“ durch den Ausdruck „Sprengarbeiten dürfen nur dann durchgeführt werden“ ersetzt wird.
- 15. § 28 SprengV (Anwendungsbeschränkungen) ist mit der Maßgabe anzuwenden, dass der Ausdruck „Mit folgenden Sprengarten dürfen Arbeitnehmer/innen nicht beschäftigt werden“ durch den Ausdruck „Folgende Sprengarbeiten dürfen nicht durchgeführt werden“ ersetzt wird.
Abtun der Schüsse
§ 6. Bei jeder Sprengung über Tage müssen alle geladenen Schüsse möglichst unmittelbar nach dem Laden und Besetzen in einem Zündgang (gemeinsames Zünden zusammen gehörender Sprengladungen) abgetan werden.
2. Abschnitt
Schutz von fremden Gebäuden
Anhaltswerte für die maximale Schwinggeschwindigkeit zum Schutz von Gebäuden
§ 7. Zum Schutz von fremden nicht zur Benützung überlassenen Gebäuden vor Beschädigungen durch Sprengerschütterungen müssen die in der Anlage festgelegten Anhaltswerte für die maximale Schwinggeschwindigkeit eingehalten werden.
Pflicht zur Prognose
§ 8. (1) Sofern die Gefahrenermittlung und -beurteilung nach § 5 in Verbindung mit § 5 SprengV eine Gefährdung von fremden nicht zur Benützung überlassenen Gebäuden nicht ausschließt, ist eine Prognose der Sprengerschütterungen durchzuführen und zu dokumentieren. Dabei sind zu ermitteln
- 1. die zu erwartende maximale Schwinggeschwindigkeit vi und
- 2. die begleitenden Frequenzen. Wenn keine Erfahrungs- oder Messwerte vorliegen, ist die begleitende Frequenz mit 10 Hz anzunehmen.
(2) Ergibt die Prognose eine Überschreitung eines in der Anlage genannten Anhaltswertes für die maximale Schwinggeschwindigkeit, so ist die Lademenge je Zeitzündstufe zu ändern oder eine Maßnahme gleicher Wirkung zu setzen und ist neuerlich eine Prognose zu erstellen.
Pflicht zur Messung
§ 9. (1) Ist gemäß § 8 eine Prognose erstellt worden, sind die Sprengerschütterungen (Schwinggeschwindigkeiten und begleitende Frequenzen) durch geeignete Messgeräte (Abs. 2) zu erfassen.
(2) Messgeräte sind geeignet, wenn sie einen 3-Komponentengeber x, y, z für einen Frequenzbereich von mindestens 2 bis 100 Hz aufweisen.
Bewertung der Messung - Festlegen von Maßnahmen
§ 10. Ergibt eine Messung eine Überschreitung eines in der Anlage genannten Anhaltswertes für die maximale Schwinggeschwindigkeit, so ist die Lademenge je Zeitzündstufe zu ändern oder eine Maßnahme gleicher Wirkung zu setzen und ist neuerlich eine Prognose (§ 8) zu erstellen.
Vorlage an die Behörde
§ 11. Die Prognosen und Messergebnisse sind drei Jahre aufzubewahren. Sie sind der Behörde auf Verlangen unverzüglich und in einer technischen Form, welche die Behörde zu empfangen in der Lage ist, zu übermitteln.
3. Abschnitt
Schlussbestimmungen
Behörde
§ 12. Behörde im Sinn dieser Verordnung ist die gemäß §§ 170 und 171 MinroG zuständige Behörde.
Ausnahmen
§ 13. (1) Über Ansuchen der/des Bergbauberechtigten oder einer Fremdunternehmerin/eines Fremdunternehmers hat die Behörde eine Ausnahme von Bestimmungen dieser Verordnung, erforderlichenfalls unter Auflagen und Bedingungen, zu bewilligen, wenn dadurch die in § 1 genannten Schutzgüter im konkreten Fall nicht beeinträchtigt werden.
(2) Einem Ansuchen um Ausnahmebewilligung nach Abs. 1 sind alle Beschreibungen und Behelfe, die für die Beurteilung der begehrten Ausnahme maßgebend sind (wie z. B. Darstellung der in diesem Bergbau geplanten Sprengungen in beschreibender und planlicher Art, Prognose gemäß § 8, Übersichtsplan in einem geeigneten Maßstab, in dem alle Bauwerke im Umkreis von wenigstens 500 Meter um den Sprengort eingezeichnet sind), anzuschließen.
Inkrafttreten
§ 14. Die Verordnung tritt mit dem der Kundmachung folgenden Monatsersten in Kraft.
Feststellung gemäß § 195 Abs. 2 MinroG
§ 15. Gemäß § 195 Abs. 2 MinroG wird festgestellt, dass mit Inkrafttreten dieser Verordnung die §§ 139 bis 156, 158 bis 171, 173 bis 184, 275 bis 281 und 285 der Allgemeinen Bergpolizeiverordnung, BGBl. Nr. 114/1959, zuletzt geändert durch die Verordnung BGBl. II Nr. 298/2006, soweit sie nicht bereits durch die SprengV als Belange des Arbeitnehmerschutzes betreffende Bestimmungen außer Kraft getreten sind, außer Kraft treten.
Anlage
zu § 7, § 8 Abs. 2 und § 10
Anhaltswerte für die maximale Schwinggeschwindigkeit
Art des Gebäudes | maximale Schwinggeschwindigkeit vi [mm/s] | |||
Frequenz f [Hz] am Fundament | Oberste Deckenebene, horizontal | |||
1 bis 10 Hz | 10 bis 50 Hz | 50 bis 100 Hz | Alle Frequenzen | |
Gewerblich genutzte Gebäude, Industriebauten | 20 | 15 + 0,5 f | 30 + 0,2 f | 40 |
Wohngebäude | 5 | 2,5 + 0,25 f | 10 + 0,1 f | 15 |
Besonders erschütterungs-empfindliche Gebäude (z. B. denkmalgeschützte) | 3 | 1,75 + 0,125 f | 6 + 0,04 f | 8 |
Artikel II
Änderung der Bohrlochbergbau-Verordnung
Die Bohrlochbergbau-Verordnung, BGBl. II Nr. 367/2005, wird wie folgt geändert:
§ 63 Abs. 1 erster und zweiter Satz wird durch folgende Sätze ersetzt:
„Bergbauanlagen und Bohrlöcher, mit deren Herstellung (Errichtung) vor Inkrafttreten dieser Verordnung bereits begonnen wurde, dürfen nach den bis zum Inkrafttreten dieser Verordnung in Geltung gewesenen Bestimmungen fertiggestellt werden. Auf den Betrieb (die Benützung) der genannten Bergbauanlagen und Bohrlöcher sowie auf sonstige unter § 2 fallende Tätigkeiten ist diese Verordnung anzuwenden. In der Fällen des ersten und zweiten Satzes gilt jedoch Folgendes:“
Mitterlehner
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