Anlage 1
Schlussprotokoll.
Bei der Unterzeichnung des Vertrages, betreffend den Anschluss der österreichischen Gemeinde Mittelberg an das Zollsystem des Deutschen Reichs, haben die beiderseitigen Bevollmächtigten hinsichtlich des Vertrages die nachstehenden Erklärungen abgegeben:
I. Zu Artikel 1.
Es bestand Einverständnis darüber, dass in der Gemeinde Mittelberg auch die für das Deutsche Reich geltenden Bestimmungen über Ein-, Aus- und Durchfuhrverbote, und zwar sowohl diejenigen, welche auf der Zollgesetzgebung, als diejenigen, welche auf Sanitäts- oder veterinärpolizeilichen Bestimmungen beruhen, ebenso wie in Bayern zur Anwendung zu bringen sind.
Zu diesem Zwecke wird die königlich bayerische Regierung die auf Grund der bezeichneten Bestimmungen seitens des Deutschen Reichs, beziehungsweise Bayerns ergehenden Ein-, Aus- und Durchfuhrverbote, welche auf die Gemeinde Mittelberg Anwendung finden sollen, ohne Verzug zur Kenntnis der k. k. österreichischen Regierung bringen.
Die königlich bayerische Regierung wird der k. k. österreichischen Regierung diejenigen Gesetze und Verordnungen mittheilen, welche von der letzteren in der Gemeinde Mittelberg in Wirksamkeit zu setzen sind. Durch die Verabredung im Artikel 5 wird selbstverständlich in keiner Weise verhindert, dass die k. k. österreichische Regierung in der Gemeinde Mittelberg Volkszählungen nach den diesfalls für das österreichische Staatsgebiet giltigen Bestimmungen auch fernerhin wird vornehmen können.
III. Zu Artikel 8.
- 1. Der anzuschließende Gebietstheil wird Grenzbezirk im Sinne des deutschen Zollgesetzes.
- 2. Die Anordnungen der bayerischen Zoll- und Steuerverwaltung werden auf Ersuchen durch die zuständigen österreichischen Behörden zur Veröffentlichung gebracht.
- 3. Von österreichischer Seite wird zu denjenigen Maßnahmen, welche seitens der königlich bayerischen Verwaltung in Betreff der Einrichtung des Zoll- und Steuerdienstes in der Gemeinde Mittelberg getroffen werden, im voraus die Zustimmung, sowie ferner die Bereitwilligkeit erklärt, auf Ersuchen der bezeichneten Verwaltung für die Beschaffung der erforderlichen Räumlichkeiten zur Unterbringung der Amtsstellen und Beamten gegen entstprechende Vergütung Sorge zu tragen.
- 4. Bei der Ausübung dieses Amtes verfahren die bayerischen Beamten nach den in Bayern geltenden Bestimmungen, sonach insbesondere auch in Bezug auf den Waffengebrauch, die provisorische Festnahme von Personen, die vorläufige Beschlagnahme von Waren.
- 5. Die österreichischen Justiz- und Polizeibehörden werden den bayerischen Zoll- und Steuerbeamten in dem anzuschließenden Gebietstheile in Beziehung auf die Ausübung ihres Amtes vollen Schutz und jeden gesetzlich zulässigen Beistand gewähren.
- 6. Für strafbare Handlungen im Amte, welche in dem anzuschließenden Gebietstheile von bayerischen Zoll- oder Steuerbeamten begangen werden, sind die österreichischen Gerichte nicht zuständig.
- 7. Die bayerischen Zoll- und Steuerbeamten sollen in dem angeschlossenen Gebietstheil zu directen, an den Staat, das Land oder die Gemeinde zu entrichtenden Personalabgaben nicht herangezogen werden.
IV. Zu Artikel 9.
- 1. Auf die Zoll- und Steuervergehen sind die im Deutschen Reich, beziehungsweise in Bayern geltenden Strafbestimmungen in Anwendung zu bringen. Für das Verfahren sind vorbehaltlich der Bestimmung in Ziffer 4 die österreichischen Gesetze maßgebend, deren bezügliche Bestimmungen die k. k. österreichische Regierung der königlich bayerischen Regierung mittheilen wird.
- 2. Die Acten über Zoll- und Steuervergehen sind, soweit thunlich, vor der Entscheidung zu etwaiger Äußerung, jedenfalls aber nach erfolgter Entscheidung zur Kenntnisnahme von den betreffenden österreichischen Behörden dem zuständigen bayerischen Hauptzollamt mitzutheilen.
- 3. Begnadigungs- oder Strafverwandlungsgesuche werden der königlich bayerischen Regierung vor der Bescheidung zu etwaiger Äußerung mitgetheilt werden. Von der ergangenen Entschließung ist dieselbe in Kenntnis zu setzen.
- 4. In Fällen des Absatzes 1 des Artikels 9 sind auch für das Verfahren die in Bayern geltenden Bestimmungen maßgebend.
V. Zu Artikel 11.
Die im Artikel 11 ausgesprochene Gleichstellung erstreckt sich selbstverständlich auch auf die veterinäre Zulassung des Mittelberger Viehes in Bayern, beziehentlich im deutschen Zollgebiete.
VI. Zu Artikel 12.
Die Auszahlung des auf Österreich-Ungarn entfallenden Antheils an dem Ertrage der Zölle und gemeinschaftlichen Steuern erfolgt im Anschluss an die für das deutsche Zollgebiet stattfindenden Einnahme-Feststellungen an das k. und k. gemeinsame Ministerium des Äußern in Wien.
VII. Zu Artikel 13.
Die k. k. österreichische Regierung wird die im gemeinsamen Einvernehmen festgestellte Verordnung über die Nachversteuerung und über die Abstempelung der Spielkarten erlassen.
Die Nachsteuercommission soll aus einem Vorsitzenden und zwei Mitgliedern bestehen, von denen die königlich bayerische Regierung den Vorsitzenden und eines der Mitglieder, die k. k. österreichische Regierung das andere Mitglied bestellt.
Die zur Vornahme der Revisionen erforderlichen Zollbeamten stellt die königlich bayerische Regierung zur Verfügung; dieselbe bestimmt auch die Zollstelle, an welche die Anmeldungen einzureichen und die Nachsteuerzahlungen zu leisten sind. Die erforderlichen Bekanntmachungen erfolgen durch die k. k. österreichische Regierung.
Bei Durchführung der Nachversteuerung wird im allgemeinen mit möglichster Schonung und Raschheit verfahren und so vorgegangen werden, dass der landwirtschaftliche und gewerbliche Verkehr der Nachsteuerpflichtigen nicht darunter leidet.
Insbesondere wird für die aus dem anzuschließenden Gebietstheile herstammenden gewöhnlichen Landesproducte (Holz, Vieh, Käse, Butter u. d. gl.) der zur Befreiung von der Nachsteuer erforderliche Nachweis dieses Ursprunges thunlichst erleichtert werden.
Schlagworte
Einfuhrverbot, Ausfuhrverbot, Gebietsteil, Zollverwaltung,
Zolldienst, Justizbehörde, Zollbeamter, Zollvergehen,
Begnadigungsgesuch, Anteil, Nachsteuerkommission, Landesprodukt
Zuletzt aktualisiert am
25.09.2017
Gesetzesnummer
10003734
Dokumentnummer
NOR12041290
alte Dokumentnummer
N3189152403L
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