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22.5.3.2 Besondere Vorauszahlung gemäß § 30b Abs. 4 EStG 1988

BMF2023-0.871.81913.3.2024

Rz 6733
Wird bei einer Veräußerung eines Grundstückes des Privat- oder Betriebsvermögens keine Selbstberechnung der ImmoESt gemäß § 30c Abs. 2 EStG 1988 vorgenommen, ist vom Steuerpflichtigen grundsätzlich gemäß § 30b Abs. 4 EStG 1988 eine besondere Vorauszahlung zu entrichten.

Der wichtigste Anwendungsfall ist jener, in dem für den Erwerbsvorgang im Sinne des § 1 GrEStG 1987 keine Selbstberechnung der Grunderwerbsteuer gemäß § 11 GrEStG 1987 vorgenommen, sondern eine Abgabenerklärung im Sinne des § 10 GrEStG 1987 vorgelegt wird.

Weiters ist eine besondere Vorauszahlung zu entrichten, wenn gemäß § 11 GrEStG 1987 eine Selbstberechnung der Grunderwerbsteuer erfolgt, aber eine Ausnahme von der Verpflichtung der ImmoESt-Selbstberechnung vorliegt (siehe dazu Rz 6714 ff: bei Zufluss außerhalb der Jahresfrist oder Zwangsversteigerung).

Die besondere Vorauszahlung ist weiters dann zu entrichten, wenn trotz Vornahme der ImmoESt-Selbstberechnung die Pflicht des Parteienvertreters zur Entrichtung der ImmoESt nachträglich erlischt, weil der tatsächliche Zufluss gemäß § 19 EStG 1988 nach einem Jahr ab Vornahme der Mitteilung gemäß § 30c Abs. 2 Z 1 EStG 1988 stattfindet.

Rz 6733a
Wird der Anteil einer Personengesellschaft veräußert, löst dies mangels grunderwerbsteuerlichen Tatbestands keine Grunderwerbsteuer aus. Es gibt somit keine Abgabe einer GrESt-Erklärung.

Die Verpflichtung, eine besondere Vorauszahlung zu entrichten, ist aber von der Vornahme einer Mitteilung nach § 30c Abs. 1 EStG 1988 unabhängig. Der Steuerpflichtige ist nach § 30b Abs. 4 EStG 1988 immer dann zur Entrichtung der besonderen Vorauszahlung verpflichtet, wenn keine ImmoESt entrichtet wurde und die in § 30b Abs. 4 EStG 1988 genannten Ausnahmen nicht anwendbar sind (beispielsweise in Fällen, in denen ein Mitunternehmeranteil veräußert wird und es dadurch zu einer anteiligen Grundstücksveräußerung nach § 32 Abs. 2 EStG 1988 kommt; zivilrechtlich befindet sich das Grundstück im Eigentum der Mitunternehmerschaft, daher löst dies keinen grunderwerbsteuerlichen Tatbestand und damit keine Verpflichtung zur Abgabe einer GrESt-Erklärung aus. Der Gesellschafter ist jedoch zur Entrichtung einer besonderen Vorauszahlung und Erklärung der Einkünfte verpflichtet.).

Rz 6733b
Wird gemäß § 16 Abs. 6 UmgrStG in der Einbringungsbilanz der Grund und Boden des Altvermögens mit dem gemeinen Wert angesetzt (Aufwertungsoption), kommt es zu einer sofortigen Realisierung von stillen Reserven. Dabei kann die pauschale Besteuerung nach § 30 Abs. 4 EStG 1988 angewendet werden. Da die Einbringung einen Erwerb durch Umgründung darstellt, kann eine Abgabenerklärung durch den Parteienvertreter vorgenommen werden und es ist gemäß § 30b Abs. 4 EStG 1988 eine besondere Vorauszahlung vom Einbringenden zu entrichten (siehe auch Rz 6706a oder UmgrStR 2002 Rz 928).

Rz 6734
Die besondere Vorauszahlung beträgt 25% der "Bemessungsgrundlage" bzw. 30% der "Bemessungsgrundlage" bei Grundstücksveräußerungen nach dem 31.12.2015. Dabei sind Beträge unter 0,50 Euro abzurunden und Beträge ab 0,50 Euro aufzurunden. Die Bemessungsgrundlage für die besondere Vorauszahlung sind die Einkünfte aus der Grundstücksveräußerung, die entsprechend der Einkunftsart, unter der sie zu erfassen sind, ermittelt werden. Die besondere Vorauszahlung entspricht somit dem Steuerbetrag, der auf die Einkünfte aus der Grundstücksveräußerung entfällt. Anders als bei der ImmoESt-Selbstberechnung kommt der besonderen Vorauszahlung naturgemäß keine Abgeltungswirkung zu.

Rz 6735
Die besondere Vorauszahlung ist gemäß § 30b Abs. 4 iVm § 30b Abs. 1 EStG 1988 bis zum 15. Tag des auf den Kalendermonat des Zuflusses gemäß § 19 EStG 1988 zweitfolgenden Kalendermonats durch den Veräußerer des Grundstücks zu entrichten. Bei ratenweisem Zufluss ist daher auf den Zufluss jener Erlösanteile abzustellen, die die Buchwerte bzw. die Anschaffungs- oder Herstellungskosten nach Berücksichtigung allfälliger zulässiger Korrektur- und Abzugsposten gemäß § 30 Abs. 3 EStG 1988 übersteigen. Von diesen Erlösanteilen sind jeweils 25% bzw. 30% bei Veräußerungen nach dem 31.12.2015 als besondere Vorauszahlung zu entrichten. Dies gilt sowohl für die Veräußerung von Grundstücken des Privat- als auch für solche des Betriebsvermögens unabhängig von der Gewinnermittlungsart.

In jenen Fällen, in denen es zu einer zeitlichen Überschneidung der Fälligkeit der besonderen Vorauszahlung und der Einreichfrist der Steuererklärung kommt, gelten die Aussagen zur ImmoESt in der Rz 6707 sinngemäß.

Rz 6736
Die Entrichtung der besonderen Vorauszahlung entfaltet keine Abgeltungswirkung, womit die Einkünfte aus der Grundstücksveräußerung gemäß § 41 Abs. 1 Z 10 bzw. § 42 Abs. 1 Z 5 EStG 1988 in der Steuererklärung angegeben werden müssen. Die entrichtete besondere Vorauszahlung wird gemäß § 46 Abs. 1 Z 2 EStG 1988 auf die Einkommensteuerschuld angerechnet.

Rz 6737
Die besondere Vorauszahlung ist grundsätzlich immer dann zu entrichten, wenn bei einer Veräußerung eines Grundstückes des Privat- oder Betriebsvermögens keine Selbstberechnung der ImmoESt gemäß § 30c Abs. 2 EStG 1988 vorgenommen wird. Davon abweichend ist gemäß § 30b Abs. 4 erster Satz EStG 1988 keine besondere Vorauszahlung zu entrichten, wenn gemäß § 30c Abs. 4 erster, dritter und vierter Teilstrich EStG 1988 die Selbstberechnung der ImmoESt gemäß § 30c Abs. 2 EStG 1988 auch bei Vornahme einer Selbstberechnung gemäß § 11 GrEStG 1987 unterbleiben kann.

Dies ist dann der Fall, wenn die Grundstücksveräußerung gemäß § 30 Abs. 2 EStG 1988 oder § 21 Abs. 3 Z 4 iVm Abs. 2 KStG 1988 steuerfrei ist, wenn stille Reserven nach § 12 EStG 1988 übertragen oder einer Übertragungsrücklage (steuerfreien Betrag) zugeführt werden oder wenn der Veräußerungserlös in Form einer Rente geleistet wird. In allen anderen Fällen ist eine besondere Vorauszahlung zu leisten.

Rz 6738
Wird ein Gebäude aus dem Betriebsvermögen entnommen, ist mangels Veräußerungsvorgangs keine besondere Vorauszahlung zu entrichten.

Rz 6739
Ist eine besondere Vorauszahlung seitens des Verlassenschaftskurators für einen herrenlosen Nachlass zu entrichten, besteht eine Haftung für die Abfuhr der besonderen Vorauszahlung nur insoweit, als sich eine solche aus den einschlägigen zivilrechtlichen und berufsrechtlichen Haftungsbestimmungen ergibt.

Rz 6740
Für Körperschaften, die nicht unter § 7 Abs. 3 KStG 1988 fallen (zB Körperschaften öffentlichen Rechts oder gemeinnützige Körperschaften), sind die Bestimmungen der §§ 30b und 30c EStG 1988 anwendbar. Da die Einkünfte aus Grundstücksveräußerungen bei den übrigen Körperschaften im Kalenderjahr 2023 mit 24% Körperschaftsteuer bzw. ab dem Kalenderjahr 2024 mit 23% Körperschaftsteuer besteuert werden, wird aus Vereinfachungsgründen für Steuerpflichtige die Möglichkeit geschaffen, eine besondere Vorauszahlung in Höhe von 24% (für im Kalenderjahr 2023 zugeflossene Einkünfte) bzw. 23% (für ab dem Kalenderjahr 2024 zugeflossene Einkünfte) auch für Veräußerungen nach dem 31.12.2015 (an Stelle von 30%) zu entrichten. Sollte dennoch eine besondere Vorauszahlung in Höhe von 30% entrichtet worden sein, kann die Körperschaft die Regelbesteuerungsoption nach § 30a Abs. 2 EStG 1988 ausüben, um eine Veranlagung der steuerabzugspflichtigen Einkünfte aus Grundstücksveräußerungen zum 24%- bzw. 23%-Satz zu erwirken.

Randzahlen 6741 bis 6750: derzeit frei

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