22.5.3.1 Ausgangspunkt: Abgabenerklärung nach § 10 GrEStG 1987
Mit dem 1. StabG 2012 wurde § 10 GrEStG 1987 dahingehend abgeändert, dass die Abgabenerklärung für Erwerbsvorgänge, die dem GrEStG 1987 unterliegen und für die die Steuerschuld nach dem 31. Dezember 2012 entsteht oder entstehen würde (§ 18 Abs. 2j GrEStG 1987), zwingend durch einen Parteienvertreter im Sinne des § 11 GrEStG 1987 - somit durch Notare oder Rechtsanwälte - vorzulegen ist. Diese haben die Abgabenerklärung zwingend elektronisch über FinanzOnline zu übermitteln (siehe § 1 Abs. 7 FOnErklV). Alternativ dazu hat der Parteienvertreter - bei Vorhandensein einer entsprechenden Vollmacht - weiterhin die Möglichkeit, die anfallende Grunderwerbsteuer innerhalb der für die Abgabenerklärung vorgesehenen Frist (bis zum 15. Tag des auf den Kalendermonat, in dem die Steuerschuld entstanden ist, zweitfolgenden Monats) selbst zu berechnen und zu entrichten (§ 11 Abs. 1 GrEStG 1987).Wie schon nach der bisherigen Rechtslage wird es auch zukünftig für Zwecke der Grunderwerbsteuer möglich sein, für verwirklichte Erwerbsvorgänge eine Abgabenerklärung nach § 10 GrEStG 1987 vorzulegen. Eine Verpflichtung zur Vornahme einer Selbstberechnung der Grunderwerbsteuer besteht somit weiterhin nicht. Legt der Parteienvertreter für einen Erwerbsvorgang im Sinne des § 1 GrEStG 1987 eine Abgabenerklärung im Sinne des § 10 GrEStG 1987 vor, hat er zusätzliche Informationen zum Erwerbsvorgang mitzuteilen. Der Veräußerer ist dabei verpflichtet, sämtliche notwendigen Unterlagen vorzulegen und Angaben zu machen, damit der Parteienvertreter die Mitteilung nach § 30c Abs. 1 EStG 1988 vornehmen kann.Nach § 30c Abs. 1 EStG 1988 hat der Parteienvertreter dem für die ertragsteuerliche Erfassung der Grundstücksveräußerung zuständigen Finanzamt zunächst mitzuteilen, ob aus dem der Abgabenerklärung zugrundeliegenden Erwerbsvorgang Einkünfte gemäß § 2 Abs. 3 Z 1 bis 3 oder 7 EStG 1988 erzielt werden.Der Parteienvertreter muss daher anhand des ihm bekannt gewordenen Sachverhalts beurteilen, ob durch den verwirklichten Erwerbsvorgang - positive oder negative - Einkünfte im Sinne des EStG 1988 erzielt werden. Dies ist grundsätzlich immer dann der Fall, wenn der Erwerbsvorgang zugleich eine Veräußerung eines Grundstücks des Privat- oder Betriebsvermögens darstellt.
Unabhängig von der Beurteilung des Parteienvertreters über das Vorliegen von Einkünften gemäß § 2 Abs. 3 Z 1 bis 3 oder 7 EStG 1988 muss dieser jedenfalls die am Erwerbsvorgang beteiligten Parteien sowie ihre Steuernummer dem für die ertragsteuerliche Erfassung der Grundstücksveräußerung zuständigen Finanzamt mitteilen. Durch die Verpflichtung, die Mitteilung gemäß § 30c Abs. 1 EStG 1988 im Zuge der - zwingend elektronisch vorzunehmenden - Vorlage der Abgabenerklärung nach § 10 GrEStG 1987 vorzunehmen, werden die bereits für Zwecke der Abgabenerklärung nach § 10 GrEStG 1987 erfassten Grunddaten der am Grundstückserwerb beteiligten Parteien ebenfalls übermittelt.Zuletzt hat der Parteienvertreter die Höhe der zu entrichtenden besonderen Vorauszahlung gemäß § 30b Abs. 4 EStG 1988 (dazu siehe Rz 6733 ff) mitzuteilen.Werden durch den Erwerbsvorgang gemäß § 1 GrEStG 1987 keine Einkünfte gemäß § 2 Abs. 3 Z 1 bis 3 oder 7 EStG 1988 erzielt - etwa weil keine Veräußerung im Sinne des § 30 Abs. 1 EStG 1988 vorliegt - ist der Grundstückserwerb auf Seiten des Übergebers ertragsteuerlich nicht relevant. Dies ist insbesondere bei unentgeltlichen Übertragungen - unter Beachtung der in Rz 6625 erwähnten Grenze - wie Schenkungen oder Erbschaften der Fall. Liegen keine Einkünfte vor, muss auch keine besondere Vorauszahlung entrichtet werden, womit der durch den Parteienvertreter bekanntzugebende Wert Null beträgt.
Werden durch den Erwerbsvorgang gemäß § 1 GrEStG 1987 zwar Einkünfte gemäß § 2 Abs. 3 Z 1 bis 3 oder 7 EStG 1988 erzielt, sind diese aber entweder befreit oder negativ, hat der Veräußerer ebenfalls keine besondere Vorauszahlung zu entrichten, womit der durch den Parteienvertreter bekanntzugebende Wert ebenso Null beträgt.
Werden durch den Erwerbsvorgang gemäß § 1 GrEStG 1987 positive Einkünfte gemäß § 2 Abs. 3 Z 1 bis 3 oder 7 EStG 1988 erzielt und sind diese entweder gar nicht oder nur teilweise befreit, hat der Parteienvertreter anhand des ihm bekannt gewordenen Sachverhalts - etwa durch die vorliegenden Unterlagen und gemachten Angaben des Steuerpflichtigen - die Höhe der erzielten Einkünfte und die sich daraus ergebende Höhe der zu entrichtenden besonderen Vorauszahlung zu ermitteln und mitzuteilen.
Können die erzielten Einkünfte aufgrund der Umstände des Sachverhalts nur mit einem unverhältnismäßig hohen Aufwand ermittelt werden, bestehen keine Bedenken, wenn der Parteienvertreter die Höhe der zu entrichtenden Vorauszahlung plausibel schätzt.
Kommt der Veräußerer seiner Verpflichtung nicht nach, sämtliche notwendigen Unterlagen vorzulegen und Angaben zu machen, damit der Parteienvertreter die richtige Höhe der zu entrichtenden besonderen Vorauszahlung ermitteln kann (siehe Rz 6734), hat der Parteienvertreter die Höhe der zu entrichtenden besonderen Vorauszahlung mit 25% bzw. 30% des Veräußerungserlöses bei Veräußerungen nach dem 31.12.2015 des Veräußerungserlöses anzugeben.
Nach § 30c Abs. 1 EStG 1988 ist eine abgabenrechtliche Haftung des Parteienvertreters für die Richtigkeit der mitgeteilten Daten nicht vorgesehen. Der Parteienvertreter haftet daher auch nicht, wenn er die Höhe der durch den Steuerpflichtigen zu entrichtenden Vorauszahlung nicht richtig ermittelt oder plausibel schätzt.Die in § 30c Abs. 1 EStG 1988 vorgesehene Mitteilungsverpflichtung stellt allerdings eine abgabenrechtliche Anzeigepflicht dar. Die finanzstrafrechtliche Verantwortlichkeit im Falle der Verletzung dieser Verpflichtung bleibt unberührt.
Wird die Höhe der zu entrichtenden besonderen Vorauszahlung durch den Parteienvertreter plausibel geschätzt, weil die erzielten Einkünfte aufgrund der Umstände des Sachverhalts nur mit einem unverhältnismäßig hohen Aufwand ermittelt werden könnten, stellt dies in der Regel keine Verletzung der Mitteilungsverpflichtung dar.