Im Fall einer Hausgemeinschaft mit Vermietungseinkünften ist die ImmoESt nicht im Feststellungsverfahren gemäß § 188 BAO auszuweisen, weil Einkünfte aus Grundstücksveräußerungen davon nicht erfasst sind.
22.4.8 Besonderer Steuersatz, Regelbesteuerungsoption, Ausnahmen vom besonderen Steuersatz (§ 30a EStG 1988)
Dem besonderen Steuersatz nach § 30a Abs. 1 EStG 1988 unterliegen - soweit nicht in § 30a Abs. 3 Z 1 bis 4 oder Abs. 4 EStG 1988 Ausnahmen vorsehen oder eine Regelbesteuerung beantragt wird - folgende Tatbestände:- Einkünfte aus privaten Grundstückveräußerungen,
- betriebliche Einkünfte aus der Veräußerung, Zuschreibung oder Entnahme von Grundstücken,
- eine (im betrieblichen Bereich) steuerpflichtige Versicherungsentschädigung, die für die Grundstücksentwertung aufgrund eines Schadensfalles geleistet wird (Analogie zu § 30a Abs. 3 erster Satz EStG 1988; VwGH 22.9.2021, Ra 2020/15/0003; vgl. Rz 765).
Der besondere Steuersatz von 25% bzw. 30% bei Veräußerungen nach dem 31.12.2015 kommt sowohl beim Abzug der Immobilienertragsteuer als auch bei einer Festsetzung im Rahmen der Veranlagung zum Tragen. Sofern auf Einkünfte der besondere Steuersatz anzuwenden ist, bleiben diese Einkünfte bei der Ermittlung des Gesamtbetrags der Einkünfte und des Einkommens außer Ansatz. Dies hat für alle Anknüpfungen an den Gesamtbetrag der Einkünfte (vgl. zB § 18 Abs. 1 Z 7 und Abs. 3 Z 2 EStG 1988) oder das Einkommen (vgl. zB § 33 Abs. 1, § 34 Abs. 4 EStG 1988) Bedeutung. Dies gilt jedoch nur für die Berechnung der Einkommensteuer des Steuerpflichtigen. Mit dem besonderen Steuersatz besteuerte Einkünfte des Ehepartners sind hingegen für die Einkunftsgrenze gemäß § 33 Abs. 4 Z 1 EStG 1988 zu berücksichtigen (der Betrag unterliegt der jährlichen Indexierung gemäß § 33 Abs. 1a EStG 1988 iVm § 33a EStG 1988; siehe die Tabelle in Rz 6224d).
Der Steuerpflichtige kann beantragen, dass die unter den besonderen Steuersatz fallenden Einkünfte mit dem allgemeinen Steuertarif versteuert werden (Regelbesteuerungsoption). Die Regelbesteuerung bewirkt, dass alle Einkünfte aus privaten Grundstücksveräußerungen sowie allfällige betriebliche Einkünfte aus Grundstücken, die sonst unter den besonderen Steuersatz fallen würden, in den Gesamtbetrag der Einkünfte und ins Einkommen (§ 2 Abs. 2 EStG 1988) miteinbezogen und nicht dem 25- bzw. 30-prozentigen Steuersatz unterzogen werden. Damit können beispielsweise im Rahmen anderer Einkünfte (zB Gewerbebetrieb oder Vermietung und Verpachtung) erlittene Verluste mit positiven Einkünften aus privaten Grundstücksveräußerungen ausgeglichen werden. Ebenso können offene Verlustabzüge mit regelbesteuerten Einkünften aus privaten Grundstücksveräußerungen gegengerechnet werden. Umgekehrt (Verlust aus privaten Grundstücksveräußerungen und Gewinn oder Überschuss aus anderen Einkünften) führt die Regelbesteuerung aber nicht zu einer Erweiterung des Verlustausgleichs über die Grenzen des § 30 Abs. 7 EStG 1988 hinaus.Bei Regelbesteuerung können bei Veräußerungen nach dem 31.12.2015 alle mit der Veräußerung im Zusammenhang stehenden Aufwendungen in Abzug gebracht werden.
Dieser Antrag kann nur für sämtliche davon betroffenen Tatbestände gemeinsam gestellt werden. Er ist mangels besonderer gesetzlicher Regelung bis zur Rechtskraft des Bescheides möglich (BFG 22.1.2016, RV/3100951/2014). Der Antrag kann auch bis zur Rechtskraft widerrufen werden.
Im Falle eines ratenweisen Zuflusses der Einkünfte kann die Regelbesteuerungsoption jedes Jahr von Neuem in Anspruch genommen werden. Durch eine Optionsausübung im Vorjahr besteht keine Bindungswirkung für die Folgejahre, weil die Regelbesteuerungsoption für alle im jeweiligen Veranlagungszeitraum zufließenden Einkünfte einer bestimmten Einkunftsart neu ausgeübt werden kann.
Die Regelbesteuerung (§ 30a Abs. 2 EStG 1988) ist von der Regeleinkünfteermittlung (§ 30 Abs. 3 EStG 1988) zu unterscheiden und davon unabhängig. Der Regelbesteuerung können daher auch nach § 30 Abs. 4 EStG 1988 pauschal ermittelte Einkünfte für Altgrundstücke unterliegen. Durch die Regelbesteuerung können beispielweise die für Veräußerungsgewinne iSd § 24 EStG 1988 bestehenden Begünstigungen (Freibetrag nach § 24 Abs. 4 EStG 1988, Hälftesteuersatz nach § 37 Abs. 5 EStG 1988, Dreijahresverteilung nach § 37 Abs. 2 Z 1 EStG 1988) genutzt werden.
In § 30a Abs. 3 Z 1 bis 4 EStG 1988 ist geregelt, in welchen Fällen der besondere Steuersatz im Rahmen der betrieblichen Einkünfte nicht anzuwenden ist:- Wenn das Grundstück dem Umlaufvermögen zuzurechnen ist. Maßgeblich ist dabei die Zurechnung im Zeitpunkt der Veräußerung. Wurde das Grundstück zunächst als Anlagevermögen verwendet und erst später dem Umlaufvermögen gewidmet, ist der besondere Steuersatz nicht anzuwenden. Wurde das Grundstück hingegen zunächst privat genutzt und erst später in das Betriebsvermögen eingelegt und als Umlaufvermögen veräußert, ist hinsichtlich der Differenz zwischen einem höheren Teilwert im Zeitpunkt der Einlage und den niedrigeren Anschaffungs- oder Herstellungskosten der besondere Steuersatz anteilig anzuwenden (zur anteilig zu entrichtenden ImmoESt bzw. besonderen Vorauszahlung siehe Rz 6706). Dies gilt auch, wenn die Einlage nach § 6 Z 5 EStG 1988 ab dem 1.4.2012 mit den Anschaffungs- oder Herstellungskosten zu bewerten war. Damit wird sichergestellt, dass private Wertsteigerungen - auch wenn sie im Rahmen betrieblicher Einkünfte miterfasst werden - jedenfalls unter den besonderen Steuersatz fallen.
Beispiel:
Anschaffung Grundstück 2005 um 100, Einlage 7/2012, Teilwert 140, Verkauf als Umlaufvermögen in 2013 um 170. Da es sich um Neuvermögen handelt, erfolgt die Einlage mit den Anschaffungskosten. Der Einlagewert 2012 ist daher nach § 6 Z 5 EStG 1988 100, er führt auch im Rahmen der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG 1988 nicht zu einer Betriebsausgabe durch Bezahlung 2012.
2013 sind als betriebliche Einkünfte steuerpflichtig:
30 zum allgemeinen Tarif
40 mit 25% (ausgenommen bei Regelbesteuerung).
- Wenn ein Schwerpunkt der betrieblichen Tätigkeit in der gewerblichen Überlassung und Veräußerung von Grundstücken liegt. Diese Ausnahme vom besonderen Steuersatz zielt auf (nicht rein vermögensverwaltende) Immobilienentwicklungsgesellschaften ab, bei denen Grundstücke dem Anlagevermögen angehören (sonst käme bereits die für Umlaufvermögen bestehende Ausnahme vom besonderen Steuersatz zur Anwendung). Damit soll eine Gleichbehandlung mit anderen Steuerpflichtigen erreicht werden, deren Unternehmensschwerpunkt nicht im Immobilienbereich liegt. Voraussetzung ist allerdings die Gewerblichkeit, diese muss sich sowohl auf die Überlassung als auch auf die Veräußerung beziehen. Eine gewerbliche Überlassung (zB durch Nebenleistungen oder generell im Rahmen der Beherbergung) ohne gleichzeitige gewerbliche Veräußerung von Grundstücken (in der Art eines gewerblichen Grundstückshandels) reicht somit für den Entfall des besonderen Steuersatzes nicht aus. Andererseits genügt es, wenn ein Unternehmensschwerpunkt (neben einem oder mehreren weiteren) in der gewerblichen Überlassung und Veräußerung von Grundstücken besteht; wobei von einem Schwerpunkt auszugehen ist, wenn 20% der betrieblichen Tätigkeit (insbesondere der Umsatz) auf die gewerbliche Überlassung und Veräußerung von Grundstücken entfallen. Für vorbetriebliche Wertsteigerungen bleibt hier der besondere Steuersatz wiederum erhalten (siehe im Vorpunkt).
Beispiele:
WJ | Grund und Boden | Wert | Steuersatz | Buchwert |
2008 | Anschaffungskosten | 100 | - | 100 |
2011 | Teilwertabschreibung | -40 | Tarif | 60 |
2013 | Zuschreibung | 25 | Tarif | 85 |
2015 | Veräußerung um | 120 | ||
2015 | Veräußerungsgewinn | 35 | 15 zum Tarif | 0 |
WJ | Grund und Boden | Wert | Steuersatz | Buchwert |
2010 | Anschaffungskosten | 100 | - | 100 |
2013 | Teilwertabschreibung | -40 | - 20 zum Tarif | 60 |
2014 | Zuschreibung | 25 | 25% | 85 |
2015 | Veräußerung um | 120 | ||
2015 | Veräußerungsgewinn | 35 | 25% | 0 |
- Soweit stille Reserven übertragen wurden, die vor dem 1.4.2012 aufgedeckt worden sind. Die Ausnahme vom besonderen Steuersatz ist gerechtfertigt, weil solche "Alt-Stille Reserven" ohne die Begünstigung des § 12 EStG 1988 jedenfalls zum Tarif steuerpflichtig gewesen wären.
- Der besondere Steuersatz kommt bei der Übertragung stiller Reserven, die nach dem 31.3.2012 aufgedeckt wurden, insoweit nicht zur Anwendung, als in den nach dem 31.3.2012 aufgedeckten stillen Reserven vor dem 1.4.2012 aufgedeckte stille Reserven enthalten sind.
Soweit die übertragenen stillen Reserven bereits durch eine Auflösung der Bewertungsreserve steuerlich erfasst wurden, kommt der besondere Steuersatz zur Anwendung.
Beispiele:
1. Reservenaufdeckung vor dem 1.4.2012
WJ | Grund und Boden 1 | Wert | Steuersatz | Buchwert |
2004 | Anschaffungskosten | 100 | - | 100 |
3/2012 | Veräußerung GuB 1 um | 160 | steuerfrei § 12 EStG 1988 | 0 |
10/2012 | Anschaffung GuB 2 um | 110 | - | 501) |
2015 | Veräußerung GuB 2 um | 120 | 50 | |
2015 | Veräußerungsgewinn | 70 | 60 zum Tarif | 0 |
1) Nach Reservenübertragung von 60
2. Reservenaufdeckung nach dem 31.3.2012 in Kombination mit "Alt-Teilwertabschreibung"
WJ | Grund und Boden 1 | Wert | Steuersatz | Buchwert |
2004 | Anschaffungskosten | 100 | - | 100 |
2009 | Teilwertabschreibung | 30 | Tarif | 70 |
8/2012 | Veräußerung GuB 1 um | 160 | steuerfrei § 12 EStG 1988 | 0 |
10/2012 | Anschaffung GuB 2 um | 110 | - | 201) |
2015 | Veräußerung GuB 2 um | 120 | 20 | |
2015 | Veräußerungsgewinn | 100 | 30 zum Tarif | 0 |
1) Nach Reservenübertragung von 90
3. Reservenaufdeckung nach dem 31.3.2012 in Kombination mit "Altübertragungen stiller Reserven"
WJ | Grund und Boden 1 | Wert | Steuersatz | Buchwert |
1990 | Anschaffungskosten | 100 | - | 100 |
2000 | Veräußerung GuB 1 um | 130 | steuerfrei § 12 EStG 1988 | 0 |
2000 | Anschaffung GuB 2 um | 120 | - | 901) |
2016 | Veräußerung GuB 2 um | 160 | steuerfrei § 12 EStG 1988 | 0 |
2016 | Anschaffung GuB 3 um | 150 | - | 802) |
2018 | Veräußerung GuB 3 um | 170 | - | 80 |
2018 | Veräußerungsgewinn | 90 | 30 zum Tarif | 0 |
1) Nach Reservenübertragung von 30
2) Nach Reservenübertragung von 70
Entsteht im Rahmen der Veräußerung gegen Rente ausnahmsweise ein Verlust (Rentenempfänger stirbt vor dem Entstehen von Einkünften), unterliegt dieser nicht den Ausgleichsbeschränkungen des § 30 Abs. 7 EStG 1988, weil der besondere Steuersatz im Falle eines Überschusses nicht zur Anwendung käme.
Randzahlen 6690 bis 6700: derzeit frei